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Allgemeine Zeitung, Nr. 165, 13. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] als wäre Hr. Lafarina mit einer officiellen Sendung der sardinischen Re-
gierung nach Palermo gegangen, entbehrt jeder Begründung. (T. Havas.)

Das "Dagbladet" meldet daß der König
von Schweden und dessen Bruder, der Herzog von Dalekarlien, Mittags in
Helsingör angelangt und vom Erbprinzen Ferdinand und dem Prinzen
Christian von Dänemark empfangen worden sind. Um 1 Uhr fand ein
Dejeuner auf Marienlyst, dann ein Ausflug statt. Später Cour und Diner
auf Schloß Kronborg. (W. T. B.)

Handels- und Börsennachrichten.

Württemb. 41/2proc. Oblig. b. R. 1041/2 G.
3[unleserliches Material - 1 Zeichen fehlt]proc. 953/4 G.; bad. 41/2proc. Obl. 1021/2 G.; 4proc. 100 1/8 P.; 31/2proc. von 1842;
93 3/8 P.; 41/2proc. Pf. Max.-C.-A. b. R. 95 P.; Rhein-Nahe-Bahn 44 P.; bad.
50fl.-L. 88 1/8 P.; 35fl.-L. 52 3/8 G.; kurh. 40Thlr.-L. b. R. 42 P.; gr. heff. 50fl.-L.
b. R. 122 G.; 25fl.-L. 333/4 G.; naff. 25fl.-L. b. R. 331/2 G.; Ansbach-Gunzenh.
7 fl.-L. 9 5/8 P.; preuß. Friedrichsd'or fl. 9.57 1/2-581/2; holl. 10fl.-Stücke fl. 9.391/2-
401/2; Randducaten fl. 5.29-30; 20Fr.-Stücke fl. 9.181/2-191/2; engl. Sov.
fl. 11.38-42.

(Handelsübersicht der Woche.)

Es hat sich gegen
vorige Woche nichts wesentliches verändert. Feine Wechsel wurden zwar 1/8 unter
dem Bankminimum escomptirt, doch ist der Geldvorrath im ganzen eben nicht größer
als der Bedarf. Die Börse war durchwegs still, doch haben sich englische sowohl
wie auswärtige Fonds ziemlich fest gehalten, während englische Bahnen abermals
im Durchschnitt um 1/4 bis 1/2 Proc. in die Höhe giengen. Das Geschäft auf den
Productenmärkten blieb ein beschränktes, und fühlt den Druck des schlechten Wetters
nicht minder als den der politischen Zustände. Dem ersteren verdankt die Korn-
börse eine lebhaftere Nachfrage. Weizen ist um 1 bis 2 Shill. gestiegen, in dem-
selben Verhältniß alle andern Körnersorten. Eingeführt wurden 10,570 Quarters
Weizen, 2180 Q. Gerste, 26,230 Q. Hafer, 3080 Sack und 760 Faß Mehl.
Die Nachfrage auf dem Liverpooler Baumwollmarkt war limitirt; es wurden 48,000
Ballen verkauft, davon 1000 B. an Speculanten und 8000 B. an Exporteure.
Die Notirungen kaum verändert. Der Schluß jedoch entschieden flauer, nachdem
die Lagervorräthe ihre größte Höhe, nämlich 1,358,000 B., erreicht haben und die
Eigner froh sind zu realisiren. Thee still und unverändert. Rohzucker, aufangs ge-
drückt und mit 6 Pence niedriger abgegeben, hat sich in den letzten Tagen wieder
erholt. In Kaffee fanden zahlreichere Umsätze zu frühern Preisen statt. Auch Reis
war gefragter, dagegen Salpeter ohne Leben, und der Umsatz in Wolle limitirt.
In Indigo, Hauf, Flachs, Seide, Oelen und Talg keine Veränderung zu notiren. --
Bankausweis. Staatsdepositen 7,752,799 Pf. St. (Zuwachs 263,509 Pf. St.);
andere Depositen 12,180,599 Pf. St. (Abnahme 370,648 Pf. St.); Rest 3,226,268
Pf. St. (Zunahme 7420 Pf. St.); Regierungssicherheiten 9,759,003 Pf. St. (Zu-
nahme 30,060 Pf. St.); andere Sicherheiten 19,463,341 Pf. St. (Abnahme 370,090
Pf. St.); unverwendete Noten 8,388,005 Pf. St. (Zunahme 214,950 Pf. St.).
Es befinden sich Noten im Umlauf 21,267,630 Pf. St. (Abnahme 179,865 Pf. St.);
Metallvorrath 15,963,102 Pf. St. (Zunahme 70,990 Pf. St.).

3proc. 68.40; 41/2proc. 96.15; Bankactien 2835; landw.
Creditbank 860; Credit mobilier 667.50; piem. 5proc. 84.50: belg. 41/2proc. 97;
span. äußere 1852 -- 1856 48; innere Schuld 47 1/8 ; innere 3proc. 471/4;
1proc. 38 1/8 ; Zaragoza 526.25; Röm. 330; schweiz. Westbahn 230; Orleans
1330; Nord 978.75; Ost 595: Dauphine 590; Paris-Lyon-Mittelmeer 875; Süd
516.25; West 565; österr. Gesellschaft 516.25; Victor-Emmanuel 413.75; große
russ. Comp. 485.



Türkei.

Gestern Abends schiffte sich der Großwesir auf
einer Dampffregatte ein um sich nach Varna zu begeben, und von dort aus
seine Rundreise durch die slavischen Provinzen des Reichs zu unternehmen.
Ein ganzes Geschwader, bestehend aus einer Fregatte und zwei Corvetten, ist
ihm zur Verfügung gestellt, um sein zahlreiches Gefolge, in welchem sich auch
seine Familie, und namentlich viele solche Beamte der Pforte befinden die, in
Bulgarien oder den Donaufürstenthümern geboren, später im Staatsdienst
hohe Anstellungen gefunden haben, nach Varna mitnehmen zu können. Ueber
die Dauer seiner Abwesenheit circuliren verschiedene Gerüchte. Allgemein
hört man daß dieselbe wenigstens zwei bis drei Monate dauern werde,
während das officielle Blatt sie auf höchstens zwanzig Tage angibt; wahr-
scheinlich ist wohl hierüber noch gar nichts bestimmt, und die Rückkehr des
Großwesirs wird von der dringenderen Nothwendigkeit seiner Anwesenheit
hier oder dort abhängig gemacht werden. Jedenfalls gewinnt die Regierung
durch die Abwesenheit Kibrisli's eine kostbare Zeit um die Verhandlungen mit
Rußland in die Länge zu ziehen, und es könnte vielleicht auch aus diesem
Grund rathsam erscheinen der Reise eine weitere Ausdehnung zu geben als
die ursprünglich beabsichtigte bis nach Schumla, Sophia und Nisch. Die
ganze Expedition des Großwesirs ist ein Manöver, mit welchem man die
fremden Mächte von der Aufrichtigkeit der Regierung ihr möglichstes zur Ver-
besserung der Lage der Christen und zur Durchführung des Hat-Humayum
zu thun überzeugen will, und welches nothwendig war um der schmach-
vollen Bedingung die man gestellt hatte, durch fremde Commissäre eine Unter-
suchung der türkischen Mißregierung in den Provinzen vornehmen zu lassen,
zu entgehen. Am guten Willen der Pforte ihre Befehle wegen Gleich-
stellung aller Unterthanen, die sie aus freiem Antrieb früher gab, zur Wahr-
heit werden zu lassen, hat niemand ein gegründetes Recht zu zweifeln, sie hat
denselben durch mehrere blutige Feldzüge gegen die bosnischen Beys, die
[Spaltenumbruch] ärgsten Unterdrücker der Christen, bewiesen. Wohl aber muß die Macht der
Regierung ihre Befehle zur Geltung zu bringen stark bezweifelt werden, und
die Zukunft muß erst über den Erfolg des neuesten angewendeten Mittels,
der Reise des Großwestrs, entscheiden. Daß der Erfolg ein vollkommener
seyn werde, dazu ist nur wenig Hoffnung vorhanden, und selbst wenn er es
wäre, so würden Rußland und Frankreich, die schon im voraus entschlossen
scheinen sich nicht zufrieden zu geben, doch schwerlich damit zu beruhigen seyn.
In den Provinzen ist die Person des Großwesirs noch immer mit demselben
Nimbus umgeben wie in den glänzendsten Zeiten der türkischen Herrschaft,
und sein Erscheinen ist ein so seltenes Ereigniß, dem ein solcher Schrecken
vorangeht, daß es ihm allein leichter ist einen jeden Widerstand zu brechen
als einer ganzen abgesandten Armee. Uebrigens ist auch nichts versäumt
worden um Kibrisli Pascha in den Stand zu setzen seinen Worten Nachdruck
geben zu können. Couriere sind an alle Gouverneurs geschickt um diese auf
seine Ankunft vorzubereiten, und ihnen anzubefehlen Commissionen aus
ihnen selbst, den höchsten Beamten und den Notabilitäten des Landes zu-
sammenzusetzen, denen alsdann der Großwefir bei seiner Anwesenheit präfi-
diren soll. Die Truppen, deren es glücklicherweise jetzt genug in Rumelien
gibt, haben sich auf seinem Weg aufzustellen um zu seiner Verfügung zu
seyn. Die Türken sind ein Volk von Sklaven, die nur durch die grausame
Strenge der alten Sultans, nicht aber durch die Milde des jetzigen Kaisers
zu beherrschen sind, und wenn der Großwestr Energie genug besitzt nur vier
Wochen lang im Styl seiner großen Borfahren Beamte zu entsetzen und
reichlich Köpfe abzuschneiden, so kann er immerhin, für eine Zeitlang wenig-
stens, das Ansehen der Regierung, die Furcht vor ihren Befehlen, und somit
eine bessere Lage der Christen wiederherstellen. Es ist nicht zu läugnen daß
die Lage der Rajahs in einzelnen Provinzen, wie in Bosnien und in den süd-
lichen Bulgarien namentlich, eine traurige ist, und es ist leicht von dort der
Wahrheit getreu entsetzliche Gräuelthaten zu erzählen, so scheußlich daß sie in
Europa keinen Glauben finden würden; doch ist man im Irrthum, wenn
man annimmt daß nur die Christen und nicht auch die besitzlosen Musel-
manen dort vom Grundadel in der empörendsten Weise unterdrückt werden.
Daß die Regierung mit den Unthaten der Grundbesitzer, der Ueberreste des
Feudalwesens, einverstanden sey, davon kann gar keine Rede seyn, selbst wenn
dieser oder jener Gouverneur sich mit bei den Unterdrückungen und Erpressungen
betheiligt, ohne von der gerechten Strafe erreicht zu werden. Die Gleich-
stellung aller Unterthanen und die Vernichtung der Beys liegt ganz im Inter-
esse der Regierung, da es ihr viel leichter seyn muß über Unterthanen als
über zweifelhafte Vasallen zu herrschen. Der lange Kampf gegen diese über-
mächtigen Vasallen, den Sultan Mahmud mit so vielem, und der jetzige
Kaiser mit so wenigem Glück geführt, liefert den Beweis hiefür. Es kann
der Regierung unmöglich wünschenswerth erscheinen daß der Ackerbau von
Jahr zu Jahr mehr vernachlässigt wird, weil die Bey's alle Producte des
Bodens als ihr Monopol ansehen, und den kleineren Grundbesitzern, Christen
oder Türken, ihre Erzeugnisse um einen beliebigen niedrigen Preis weg-
nehmen. Es kann ihr auch nicht angenehm seyn wenn ihre Abgesandten
öffentlich von den Beys verhöhnt werden, wie es kürzlich Asiz Pascha in
Drama (einer Stadt in Macedonien) ergieng, der dorthin geschickt ward um einem
gewissen Mahmud Bey ein griechisches Mädchen abzunehmen welches dieser
Biedermann geraubt hatte. Er nahm es ihm wirklich ab, gab es aber nach
24 Stunden wieder heraus, als Mahmud Bey mit 350 Bewaffneten bei ihm
petitionirte, und ihn sammt seiner Familie todtzuschlagen drohte. Asiz Pascha
war froh mit heiler Haut wieder nach Konstantinopel zu kommen, und dem
Bey konnte nichts geschehen. Es ist die Unmacht der Regierung welche Schuld
an der Unterdrückung ihrer christlichen Unterthanen ist, und diese Unmacht
ist wiederum zum Theil die Folge der beständigen Unruhe in welcher die
Türkei von Europa erhalten wird. Europa mag vielleicht berechtigt seyn bis
zu einem gewissen Grad sich in die innern Angelegenheiten des türkischen
Reichs zu mischen, doch ist es unter allen Umständen empörend daß gerade
Rußland sich hier zum Ritter für die Menschlichkeit und Toleranz aufwerfen
will. Eine passende Antwort auf die russischen Forderungen wäre eine tür-
tische Note über Bedrückung der Tscherkessen und Tataren, illustrirt mit
100,000 von den verhungerten Auswanderern, die hier in immer größern
Massen ankommen, und von ganzen Stämmen sprechen die noch nachfolgen
werden. So hungerige und zerlumpte Gestalten werden selbst die russischen
Agenten, die jeden Winkel der europäischen Türkei durchstöbert haben, dort
nicht aufzufinden wissen. Um den Wünschen der fremden Mächte entgegen-
zukommen, soll auch nach Syrien eine Untersuchungscommission geschickt
werden, weil dort in den beständigen gegenseitigen Räubereien zwischen Ma-
roniten und Drusen Frankreich vielleicht ebenfalls eine Unterdrückung der
Christen wittern könnte. Der Rückkunft Kibrisli's sieht man allgemein mit
großer Beklemmung entgegen, und alle Veränderungen im Ministerium, die
noch immer wahrscheinlich sind, werden bis dorthin unterbleiben. Omer
Pascha sitzt auf seinem Gut, und wird erst in der nächsten Woche, und auch
dann noch nicht ganz bestimmt in die Stadt einziehen dürfen. Der diploma-

[Spaltenumbruch] als wäre Hr. Lafarina mit einer officiellen Sendung der ſardiniſchen Re-
gierung nach Palermo gegangen, entbehrt jeder Begründung. (T. Havas.)

Das „Dagbladet“ meldet daß der König
von Schweden und deſſen Bruder, der Herzog von Dalekarlien, Mittags in
Helſingör angelangt und vom Erbprinzen Ferdinand und dem Prinzen
Chriſtian von Dänemark empfangen worden ſind. Um 1 Uhr fand ein
Dejeuner auf Marienlyſt, dann ein Ausflug ſtatt. Später Cour und Diner
auf Schloß Kronborg. (W. T. B.)

Handels- und Börſennachrichten.

Württemb. 4½proc. Oblig. b. R. 104½ G.
3[unleserliches Material – 1 Zeichen fehlt]proc. 95¾ G.; bad. 4½proc. Obl. 102½ G.; 4proc. 100⅛ P.; 3½proc. von 1842;
93⅜ P.; 4½proc. Pf. Max.-C.-A. b. R. 95 P.; Rhein-Nahe-Bahn 44 P.; bad.
50fl.-L. 88⅛ P.; 35fl.-L. 52⅜ G.; kurh. 40Thlr.-L. b. R. 42 P.; gr. heff. 50fl.-L.
b. R. 122 G.; 25fl.-L. 33¾ G.; naff. 25fl.-L. b. R. 33½ G.; Ansbach-Gunzenh.
7 fl.-L. 9⅝ P.; preuß. Friedrichsd’or fl. 9.57 ½-58½; holl. 10fl.-Stücke fl. 9.39½-
40½; Randducaten fl. 5.29-30; 20Fr.-Stücke fl. 9.18½-19½; engl. Sov.
fl. 11.38-42.

(Handelsüberſicht der Woche.)

Es hat ſich gegen
vorige Woche nichts weſentliches verändert. Feine Wechſel wurden zwar ⅛ unter
dem Bankminimum escomptirt, doch iſt der Geldvorrath im ganzen eben nicht größer
als der Bedarf. Die Börſe war durchwegs ſtill, doch haben ſich engliſche ſowohl
wie auswärtige Fonds ziemlich feſt gehalten, während engliſche Bahnen abermals
im Durchſchnitt um ¼ bis ½ Proc. in die Höhe giengen. Das Geſchäft auf den
Productenmärkten blieb ein beſchränktes, und fühlt den Druck des ſchlechten Wetters
nicht minder als den der politiſchen Zuſtände. Dem erſteren verdankt die Korn-
börſe eine lebhaftere Nachfrage. Weizen iſt um 1 bis 2 Shill. geſtiegen, in dem-
ſelben Verhältniß alle andern Körnerſorten. Eingeführt wurden 10,570 Quarters
Weizen, 2180 Q. Gerſte, 26,230 Q. Hafer, 3080 Sack und 760 Faß Mehl.
Die Nachfrage auf dem Liverpooler Baumwollmarkt war limitirt; es wurden 48,000
Ballen verkauft, davon 1000 B. an Speculanten und 8000 B. an Exporteure.
Die Notirungen kaum verändert. Der Schluß jedoch entſchieden flauer, nachdem
die Lagervorräthe ihre größte Höhe, nämlich 1,358,000 B., erreicht haben und die
Eigner froh ſind zu realiſiren. Thee ſtill und unverändert. Rohzucker, aufangs ge-
drückt und mit 6 Pence niedriger abgegeben, hat ſich in den letzten Tagen wieder
erholt. In Kaffee fanden zahlreichere Umſätze zu frühern Preiſen ſtatt. Auch Reis
war gefragter, dagegen Salpeter ohne Leben, und der Umſatz in Wolle limitirt.
In Indigo, Hauf, Flachs, Seide, Oelen und Talg keine Veränderung zu notiren. —
Bankausweis. Staatsdepoſiten 7,752,799 Pf. St. (Zuwachs 263,509 Pf. St.);
andere Depoſiten 12,180,599 Pf. St. (Abnahme 370,648 Pf. St.); Reſt 3,226,268
Pf. St. (Zunahme 7420 Pf. St.); Regierungsſicherheiten 9,759,003 Pf. St. (Zu-
nahme 30,060 Pf. St.); andere Sicherheiten 19,463,341 Pf. St. (Abnahme 370,090
Pf. St.); unverwendete Noten 8,388,005 Pf. St. (Zunahme 214,950 Pf. St.).
Es befinden ſich Noten im Umlauf 21,267,630 Pf. St. (Abnahme 179,865 Pf. St.);
Metallvorrath 15,963,102 Pf. St. (Zunahme 70,990 Pf. St.).

3proc. 68.40; 4½proc. 96.15; Bankactien 2835; landw.
Creditbank 860; Credit mobilier 667.50; piem. 5proc. 84.50: belg. 4½proc. 97;
ſpan. äußere 1852 — 1856 48; innere Schuld 47⅛; innere 3proc. 47¼;
1proc. 38⅛; Zaragoza 526.25; Röm. 330; ſchweiz. Weſtbahn 230; Orleans
1330; Nord 978.75; Oſt 595: Dauphine 590; Paris-Lyon-Mittelmeer 875; Süd
516.25; Weſt 565; öſterr. Geſellſchaft 516.25; Victor-Emmanuel 413.75; große
ruſſ. Comp. 485.



Türkei.

Geſtern Abends ſchiffte ſich der Großweſir auf
einer Dampffregatte ein um ſich nach Varna zu begeben, und von dort aus
ſeine Rundreiſe durch die ſlaviſchen Provinzen des Reichs zu unternehmen.
Ein ganzes Geſchwader, beſtehend aus einer Fregatte und zwei Corvetten, iſt
ihm zur Verfügung geſtellt, um ſein zahlreiches Gefolge, in welchem ſich auch
ſeine Familie, und namentlich viele ſolche Beamte der Pforte befinden die, in
Bulgarien oder den Donaufürſtenthümern geboren, ſpäter im Staatsdienſt
hohe Anſtellungen gefunden haben, nach Varna mitnehmen zu können. Ueber
die Dauer ſeiner Abweſenheit circuliren verſchiedene Gerüchte. Allgemein
hört man daß dieſelbe wenigſtens zwei bis drei Monate dauern werde,
während das officielle Blatt ſie auf höchſtens zwanzig Tage angibt; wahr-
ſcheinlich iſt wohl hierüber noch gar nichts beſtimmt, und die Rückkehr des
Großweſirs wird von der dringenderen Nothwendigkeit ſeiner Anweſenheit
hier oder dort abhängig gemacht werden. Jedenfalls gewinnt die Regierung
durch die Abweſenheit Kibrisli’s eine koſtbare Zeit um die Verhandlungen mit
Rußland in die Länge zu ziehen, und es könnte vielleicht auch aus dieſem
Grund rathſam erſcheinen der Reiſe eine weitere Ausdehnung zu geben als
die urſprünglich beabſichtigte bis nach Schumla, Sophia und Niſch. Die
ganze Expedition des Großweſirs iſt ein Manöver, mit welchem man die
fremden Mächte von der Aufrichtigkeit der Regierung ihr möglichſtes zur Ver-
beſſerung der Lage der Chriſten und zur Durchführung des Hat-Humayum
zu thun überzeugen will, und welches nothwendig war um der ſchmach-
vollen Bedingung die man geſtellt hatte, durch fremde Commiſſäre eine Unter-
ſuchung der türkiſchen Mißregierung in den Provinzen vornehmen zu laſſen,
zu entgehen. Am guten Willen der Pforte ihre Befehle wegen Gleich-
ſtellung aller Unterthanen, die ſie aus freiem Antrieb früher gab, zur Wahr-
heit werden zu laſſen, hat niemand ein gegründetes Recht zu zweifeln, ſie hat
denſelben durch mehrere blutige Feldzüge gegen die bosniſchen Beys, die
[Spaltenumbruch] ärgſten Unterdrücker der Chriſten, bewieſen. Wohl aber muß die Macht der
Regierung ihre Befehle zur Geltung zu bringen ſtark bezweifelt werden, und
die Zukunft muß erſt über den Erfolg des neueſten angewendeten Mittels,
der Reiſe des Großweſtrs, entſcheiden. Daß der Erfolg ein vollkommener
ſeyn werde, dazu iſt nur wenig Hoffnung vorhanden, und ſelbſt wenn er es
wäre, ſo würden Rußland und Frankreich, die ſchon im voraus entſchloſſen
ſcheinen ſich nicht zufrieden zu geben, doch ſchwerlich damit zu beruhigen ſeyn.
In den Provinzen iſt die Perſon des Großweſirs noch immer mit demſelben
Nimbus umgeben wie in den glänzendſten Zeiten der türkiſchen Herrſchaft,
und ſein Erſcheinen iſt ein ſo ſeltenes Ereigniß, dem ein ſolcher Schrecken
vorangeht, daß es ihm allein leichter iſt einen jeden Widerſtand zu brechen
als einer ganzen abgeſandten Armee. Uebrigens iſt auch nichts verſäumt
worden um Kibrisli Paſcha in den Stand zu ſetzen ſeinen Worten Nachdruck
geben zu können. Couriere ſind an alle Gouverneurs geſchickt um dieſe auf
ſeine Ankunft vorzubereiten, und ihnen anzubefehlen Commiſſionen aus
ihnen ſelbſt, den höchſten Beamten und den Notabilitäten des Landes zu-
ſammenzuſetzen, denen alsdann der Großwefir bei ſeiner Anweſenheit präfi-
diren ſoll. Die Truppen, deren es glücklicherweiſe jetzt genug in Rumelien
gibt, haben ſich auf ſeinem Weg aufzuſtellen um zu ſeiner Verfügung zu
ſeyn. Die Türken ſind ein Volk von Sklaven, die nur durch die grauſame
Strenge der alten Sultans, nicht aber durch die Milde des jetzigen Kaiſers
zu beherrſchen ſind, und wenn der Großweſtr Energie genug beſitzt nur vier
Wochen lang im Styl ſeiner großen Borfahren Beamte zu entſetzen und
reichlich Köpfe abzuſchneiden, ſo kann er immerhin, für eine Zeitlang wenig-
ſtens, das Anſehen der Regierung, die Furcht vor ihren Befehlen, und ſomit
eine beſſere Lage der Chriſten wiederherſtellen. Es iſt nicht zu läugnen daß
die Lage der Rajahs in einzelnen Provinzen, wie in Bosnien und in den ſüd-
lichen Bulgarien namentlich, eine traurige iſt, und es iſt leicht von dort der
Wahrheit getreu entſetzliche Gräuelthaten zu erzählen, ſo ſcheußlich daß ſie in
Europa keinen Glauben finden würden; doch iſt man im Irrthum, wenn
man annimmt daß nur die Chriſten und nicht auch die beſitzloſen Muſel-
manen dort vom Grundadel in der empörendſten Weiſe unterdrückt werden.
Daß die Regierung mit den Unthaten der Grundbeſitzer, der Ueberreſte des
Feudalweſens, einverſtanden ſey, davon kann gar keine Rede ſeyn, ſelbſt wenn
dieſer oder jener Gouverneur ſich mit bei den Unterdrückungen und Erpreſſungen
betheiligt, ohne von der gerechten Strafe erreicht zu werden. Die Gleich-
ſtellung aller Unterthanen und die Vernichtung der Beys liegt ganz im Inter-
eſſe der Regierung, da es ihr viel leichter ſeyn muß über Unterthanen als
über zweifelhafte Vaſallen zu herrſchen. Der lange Kampf gegen dieſe über-
mächtigen Vaſallen, den Sultan Mahmud mit ſo vielem, und der jetzige
Kaiſer mit ſo wenigem Glück geführt, liefert den Beweis hiefür. Es kann
der Regierung unmöglich wünſchenswerth erſcheinen daß der Ackerbau von
Jahr zu Jahr mehr vernachläſſigt wird, weil die Bey’s alle Producte des
Bodens als ihr Monopol anſehen, und den kleineren Grundbeſitzern, Chriſten
oder Türken, ihre Erzeugniſſe um einen beliebigen niedrigen Preis weg-
nehmen. Es kann ihr auch nicht angenehm ſeyn wenn ihre Abgeſandten
öffentlich von den Beys verhöhnt werden, wie es kürzlich Aſiz Paſcha in
Drama (einer Stadt in Macedonien) ergieng, der dorthin geſchickt ward um einem
gewiſſen Mahmud Bey ein griechiſches Mädchen abzunehmen welches dieſer
Biedermann geraubt hatte. Er nahm es ihm wirklich ab, gab es aber nach
24 Stunden wieder heraus, als Mahmud Bey mit 350 Bewaffneten bei ihm
petitionirte, und ihn ſammt ſeiner Familie todtzuſchlagen drohte. Aſiz Paſcha
war froh mit heiler Haut wieder nach Konſtantinopel zu kommen, und dem
Bey konnte nichts geſchehen. Es iſt die Unmacht der Regierung welche Schuld
an der Unterdrückung ihrer chriſtlichen Unterthanen iſt, und dieſe Unmacht
iſt wiederum zum Theil die Folge der beſtändigen Unruhe in welcher die
Türkei von Europa erhalten wird. Europa mag vielleicht berechtigt ſeyn bis
zu einem gewiſſen Grad ſich in die innern Angelegenheiten des türkiſchen
Reichs zu miſchen, doch iſt es unter allen Umſtänden empörend daß gerade
Rußland ſich hier zum Ritter für die Menſchlichkeit und Toleranz aufwerfen
will. Eine paſſende Antwort auf die ruſſiſchen Forderungen wäre eine tür-
tiſche Note über Bedrückung der Tſcherkeſſen und Tataren, illuſtrirt mit
100,000 von den verhungerten Auswanderern, die hier in immer größern
Maſſen ankommen, und von ganzen Stämmen ſprechen die noch nachfolgen
werden. So hungerige und zerlumpte Geſtalten werden ſelbſt die ruſſiſchen
Agenten, die jeden Winkel der europäiſchen Türkei durchſtöbert haben, dort
nicht aufzufinden wiſſen. Um den Wünſchen der fremden Mächte entgegen-
zukommen, ſoll auch nach Syrien eine Unterſuchungscommiſſion geſchickt
werden, weil dort in den beſtändigen gegenſeitigen Räubereien zwiſchen Ma-
roniten und Druſen Frankreich vielleicht ebenfalls eine Unterdrückung der
Chriſten wittern könnte. Der Rückkunft Kibrisli’s ſieht man allgemein mit
großer Beklemmung entgegen, und alle Veränderungen im Miniſterium, die
noch immer wahrſcheinlich ſind, werden bis dorthin unterbleiben. Omer
Paſcha ſitzt auf ſeinem Gut, und wird erſt in der nächſten Woche, und auch
dann noch nicht ganz beſtimmt in die Stadt einziehen dürfen. Der diploma-

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[2757/0013] als wäre Hr. Lafarina mit einer officiellen Sendung der ſardiniſchen Re- gierung nach Palermo gegangen, entbehrt jeder Begründung. (T. Havas.) Kopenhagen, 10 Jun. Das „Dagbladet“ meldet daß der König von Schweden und deſſen Bruder, der Herzog von Dalekarlien, Mittags in Helſingör angelangt und vom Erbprinzen Ferdinand und dem Prinzen Chriſtian von Dänemark empfangen worden ſind. Um 1 Uhr fand ein Dejeuner auf Marienlyſt, dann ein Ausflug ſtatt. Später Cour und Diner auf Schloß Kronborg. (W. T. B.) Handels- und Börſennachrichten. Frankfurt a. M., 11 Jun. Württemb. 4½proc. Oblig. b. R. 104½ G. 3_proc. 95¾ G.; bad. 4½proc. Obl. 102½ G.; 4proc. 100⅛ P.; 3½proc. von 1842; 93⅜ P.; 4½proc. Pf. Max.-C.-A. b. R. 95[FORMEL] P.; Rhein-Nahe-Bahn 44 P.; bad. 50fl.-L. 88⅛ P.; 35fl.-L. 52⅜ G.; kurh. 40Thlr.-L. b. R. 42 P.; gr. heff. 50fl.-L. b. R. 122 G.; 25fl.-L. 33¾ G.; naff. 25fl.-L. b. R. 33½ G.; Ansbach-Gunzenh. 7 fl.-L. 9⅝ P.; preuß. 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Die Nachfrage auf dem Liverpooler Baumwollmarkt war limitirt; es wurden 48,000 Ballen verkauft, davon 1000 B. an Speculanten und 8000 B. an Exporteure. Die Notirungen kaum verändert. Der Schluß jedoch entſchieden flauer, nachdem die Lagervorräthe ihre größte Höhe, nämlich 1,358,000 B., erreicht haben und die Eigner froh ſind zu realiſiren. Thee ſtill und unverändert. Rohzucker, aufangs ge- drückt und mit 6 Pence niedriger abgegeben, hat ſich in den letzten Tagen wieder erholt. In Kaffee fanden zahlreichere Umſätze zu frühern Preiſen ſtatt. Auch Reis war gefragter, dagegen Salpeter ohne Leben, und der Umſatz in Wolle limitirt. In Indigo, Hauf, Flachs, Seide, Oelen und Talg keine Veränderung zu notiren. — Bankausweis. Staatsdepoſiten 7,752,799 Pf. St. (Zuwachs 263,509 Pf. St.); andere Depoſiten 12,180,599 Pf. St. (Abnahme 370,648 Pf. St.); Reſt 3,226,268 Pf. St. (Zunahme 7420 Pf. St.); Regierungsſicherheiten 9,759,003 Pf. St. (Zu- nahme 30,060 Pf. St.); andere Sicherheiten 19,463,341 Pf. St. (Abnahme 370,090 Pf. St.); unverwendete Noten 8,388,005 Pf. St. (Zunahme 214,950 Pf. St.). Es befinden ſich Noten im Umlauf 21,267,630 Pf. St. (Abnahme 179,865 Pf. St.); Metallvorrath 15,963,102 Pf. St. (Zunahme 70,990 Pf. St.). Paris, 11 Jun. 3proc. 68.40; 4½proc. 96.15; Bankactien 2835; landw. Creditbank 860; Credit mobilier 667.50; piem. 5proc. 84.50: belg. 4½proc. 97; ſpan. äußere 1852 — 1856 48[FORMEL]; innere Schuld 47⅛; innere 3proc. 47¼; 1proc. 38⅛; Zaragoza 526.25; Röm. 330; ſchweiz. Weſtbahn 230; Orleans 1330; Nord 978.75; Oſt 595: Dauphine 590; Paris-Lyon-Mittelmeer 875; Süd 516.25; Weſt 565; öſterr. Geſellſchaft 516.25; Victor-Emmanuel 413.75; große ruſſ. Comp. 485. Türkei. ⚌ Pera, 1 Jun. Geſtern Abends ſchiffte ſich der Großweſir auf einer Dampffregatte ein um ſich nach Varna zu begeben, und von dort aus ſeine Rundreiſe durch die ſlaviſchen Provinzen des Reichs zu unternehmen. Ein ganzes Geſchwader, beſtehend aus einer Fregatte und zwei Corvetten, iſt ihm zur Verfügung geſtellt, um ſein zahlreiches Gefolge, in welchem ſich auch ſeine Familie, und namentlich viele ſolche Beamte der Pforte befinden die, in Bulgarien oder den Donaufürſtenthümern geboren, ſpäter im Staatsdienſt hohe Anſtellungen gefunden haben, nach Varna mitnehmen zu können. Ueber die Dauer ſeiner Abweſenheit circuliren verſchiedene Gerüchte. Allgemein hört man daß dieſelbe wenigſtens zwei bis drei Monate dauern werde, während das officielle Blatt ſie auf höchſtens zwanzig Tage angibt; wahr- ſcheinlich iſt wohl hierüber noch gar nichts beſtimmt, und die Rückkehr des Großweſirs wird von der dringenderen Nothwendigkeit ſeiner Anweſenheit hier oder dort abhängig gemacht werden. Jedenfalls gewinnt die Regierung durch die Abweſenheit Kibrisli’s eine koſtbare Zeit um die Verhandlungen mit Rußland in die Länge zu ziehen, und es könnte vielleicht auch aus dieſem Grund rathſam erſcheinen der Reiſe eine weitere Ausdehnung zu geben als die urſprünglich beabſichtigte bis nach Schumla, Sophia und Niſch. Die ganze Expedition des Großweſirs iſt ein Manöver, mit welchem man die fremden Mächte von der Aufrichtigkeit der Regierung ihr möglichſtes zur Ver- beſſerung der Lage der Chriſten und zur Durchführung des Hat-Humayum zu thun überzeugen will, und welches nothwendig war um der ſchmach- vollen Bedingung die man geſtellt hatte, durch fremde Commiſſäre eine Unter- ſuchung der türkiſchen Mißregierung in den Provinzen vornehmen zu laſſen, zu entgehen. Am guten Willen der Pforte ihre Befehle wegen Gleich- ſtellung aller Unterthanen, die ſie aus freiem Antrieb früher gab, zur Wahr- heit werden zu laſſen, hat niemand ein gegründetes Recht zu zweifeln, ſie hat denſelben durch mehrere blutige Feldzüge gegen die bosniſchen Beys, die ärgſten Unterdrücker der Chriſten, bewieſen. Wohl aber muß die Macht der Regierung ihre Befehle zur Geltung zu bringen ſtark bezweifelt werden, und die Zukunft muß erſt über den Erfolg des neueſten angewendeten Mittels, der Reiſe des Großweſtrs, entſcheiden. Daß der Erfolg ein vollkommener ſeyn werde, dazu iſt nur wenig Hoffnung vorhanden, und ſelbſt wenn er es wäre, ſo würden Rußland und Frankreich, die ſchon im voraus entſchloſſen ſcheinen ſich nicht zufrieden zu geben, doch ſchwerlich damit zu beruhigen ſeyn. In den Provinzen iſt die Perſon des Großweſirs noch immer mit demſelben Nimbus umgeben wie in den glänzendſten Zeiten der türkiſchen Herrſchaft, und ſein Erſcheinen iſt ein ſo ſeltenes Ereigniß, dem ein ſolcher Schrecken vorangeht, daß es ihm allein leichter iſt einen jeden Widerſtand zu brechen als einer ganzen abgeſandten Armee. Uebrigens iſt auch nichts verſäumt worden um Kibrisli Paſcha in den Stand zu ſetzen ſeinen Worten Nachdruck geben zu können. Couriere ſind an alle Gouverneurs geſchickt um dieſe auf ſeine Ankunft vorzubereiten, und ihnen anzubefehlen Commiſſionen aus ihnen ſelbſt, den höchſten Beamten und den Notabilitäten des Landes zu- ſammenzuſetzen, denen alsdann der Großwefir bei ſeiner Anweſenheit präfi- diren ſoll. Die Truppen, deren es glücklicherweiſe jetzt genug in Rumelien gibt, haben ſich auf ſeinem Weg aufzuſtellen um zu ſeiner Verfügung zu ſeyn. Die Türken ſind ein Volk von Sklaven, die nur durch die grauſame Strenge der alten Sultans, nicht aber durch die Milde des jetzigen Kaiſers zu beherrſchen ſind, und wenn der Großweſtr Energie genug beſitzt nur vier Wochen lang im Styl ſeiner großen Borfahren Beamte zu entſetzen und reichlich Köpfe abzuſchneiden, ſo kann er immerhin, für eine Zeitlang wenig- ſtens, das Anſehen der Regierung, die Furcht vor ihren Befehlen, und ſomit eine beſſere Lage der Chriſten wiederherſtellen. Es iſt nicht zu läugnen daß die Lage der Rajahs in einzelnen Provinzen, wie in Bosnien und in den ſüd- lichen Bulgarien namentlich, eine traurige iſt, und es iſt leicht von dort der Wahrheit getreu entſetzliche Gräuelthaten zu erzählen, ſo ſcheußlich daß ſie in Europa keinen Glauben finden würden; doch iſt man im Irrthum, wenn man annimmt daß nur die Chriſten und nicht auch die beſitzloſen Muſel- manen dort vom Grundadel in der empörendſten Weiſe unterdrückt werden. Daß die Regierung mit den Unthaten der Grundbeſitzer, der Ueberreſte des Feudalweſens, einverſtanden ſey, davon kann gar keine Rede ſeyn, ſelbſt wenn dieſer oder jener Gouverneur ſich mit bei den Unterdrückungen und Erpreſſungen betheiligt, ohne von der gerechten Strafe erreicht zu werden. Die Gleich- ſtellung aller Unterthanen und die Vernichtung der Beys liegt ganz im Inter- eſſe der Regierung, da es ihr viel leichter ſeyn muß über Unterthanen als über zweifelhafte Vaſallen zu herrſchen. Der lange Kampf gegen dieſe über- mächtigen Vaſallen, den Sultan Mahmud mit ſo vielem, und der jetzige Kaiſer mit ſo wenigem Glück geführt, liefert den Beweis hiefür. Es kann der Regierung unmöglich wünſchenswerth erſcheinen daß der Ackerbau von Jahr zu Jahr mehr vernachläſſigt wird, weil die Bey’s alle Producte des Bodens als ihr Monopol anſehen, und den kleineren Grundbeſitzern, Chriſten oder Türken, ihre Erzeugniſſe um einen beliebigen niedrigen Preis weg- nehmen. Es kann ihr auch nicht angenehm ſeyn wenn ihre Abgeſandten öffentlich von den Beys verhöhnt werden, wie es kürzlich Aſiz Paſcha in Drama (einer Stadt in Macedonien) ergieng, der dorthin geſchickt ward um einem gewiſſen Mahmud Bey ein griechiſches Mädchen abzunehmen welches dieſer Biedermann geraubt hatte. Er nahm es ihm wirklich ab, gab es aber nach 24 Stunden wieder heraus, als Mahmud Bey mit 350 Bewaffneten bei ihm petitionirte, und ihn ſammt ſeiner Familie todtzuſchlagen drohte. Aſiz Paſcha war froh mit heiler Haut wieder nach Konſtantinopel zu kommen, und dem Bey konnte nichts geſchehen. Es iſt die Unmacht der Regierung welche Schuld an der Unterdrückung ihrer chriſtlichen Unterthanen iſt, und dieſe Unmacht iſt wiederum zum Theil die Folge der beſtändigen Unruhe in welcher die Türkei von Europa erhalten wird. Europa mag vielleicht berechtigt ſeyn bis zu einem gewiſſen Grad ſich in die innern Angelegenheiten des türkiſchen Reichs zu miſchen, doch iſt es unter allen Umſtänden empörend daß gerade Rußland ſich hier zum Ritter für die Menſchlichkeit und Toleranz aufwerfen will. Eine paſſende Antwort auf die ruſſiſchen Forderungen wäre eine tür- tiſche Note über Bedrückung der Tſcherkeſſen und Tataren, illuſtrirt mit 100,000 von den verhungerten Auswanderern, die hier in immer größern Maſſen ankommen, und von ganzen Stämmen ſprechen die noch nachfolgen werden. So hungerige und zerlumpte Geſtalten werden ſelbſt die ruſſiſchen Agenten, die jeden Winkel der europäiſchen Türkei durchſtöbert haben, dort nicht aufzufinden wiſſen. Um den Wünſchen der fremden Mächte entgegen- zukommen, ſoll auch nach Syrien eine Unterſuchungscommiſſion geſchickt werden, weil dort in den beſtändigen gegenſeitigen Räubereien zwiſchen Ma- roniten und Druſen Frankreich vielleicht ebenfalls eine Unterdrückung der Chriſten wittern könnte. Der Rückkunft Kibrisli’s ſieht man allgemein mit großer Beklemmung entgegen, und alle Veränderungen im Miniſterium, die noch immer wahrſcheinlich ſind, werden bis dorthin unterbleiben. Omer Paſcha ſitzt auf ſeinem Gut, und wird erſt in der nächſten Woche, und auch dann noch nicht ganz beſtimmt in die Stadt einziehen dürfen. Der diploma-

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 165, 13. Juni 1860, S. 2757. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine165_1860/13>, abgerufen am 11.06.2024.