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Allgemeine Zeitung, Nr. 164, 12. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] über den Antrag des Grafen Barkoczi, zuerst die Dringlichkeit des Regie-
rungsentwurfs zu einer neuen Grundbuchsordnung zu untersuchen, eine über-
aus lebhafte Debatte, an der sich namentlich der Justizminister, Frhr. v. Lichten
fels und Graf Hartig betheiligten. Die ungarischen Reichsräthe nahmen
dabei Anlaß speciell von den Bedürfnissen Ungarns, insbesondere von der
Commassation zu sprechen, das österreichische Beamtenthum in Ungarn zu
tadeln, und die Sprachenfrage anzuregen. Kurz die Debatte nahm einen
Anlauf sich von dem rein fachlichen Gegenstand zu einer allgemeinen politi-
schen Explication zu erheben. Näheres folgt im Hauptblatt.

Heute nehmen der Kaiser und die Kaiserin ihren Sommeraufenthalt zu
Laxenburg. Fürst Retimo Vicenzo Ruffo ist sammt Gefolge aus Palermo
hier eingetroffen.

Aus Messina wird gemeldet: österreichischen Schiffen
seyen von dort lebenden Familien bis zu 8 Pf. St. (pro Person?) den Tag
geboten worden, wenn sie einen Monat im Hafen liegen bleiben wollten.
(O. Bl.)

Neueste Ueberlandpost. Schanghai, 17 April. Der
englische Gesandte erklärte in Folge der Erwiederung der Chinesen auf das
Ultimatum: wenn die Chinesen alle übrigen Bedingungen des Ultimatums
annehmen, werde auf der geforderten Entschädigung nicht bestanden werden,
im andern Fall sollen die Feindseligkeiten sogleich beginnen. Die Rebellen
haben sich aus der Gegend von Hangesow zurückgezogen. Um dem zunehmen-
den Unwesen der Rebellen in der Nähe von Canton zu steuern, sind 70,000
Mann kaiserliche Truppen ausgeschickt worden. Fürst Meto, ein Gegner
der Fremden in Japan, ist im offenen Aufftand gegen die dortige Regierung.
Man hegt große Besorgniß wegen der Sicherheit der fremden Gesandt-
schaften und Niederlassungen. -- Calcutta, 4 Mai. Die Lords Canning
und Clyde wurden am 20 hier erwartet. Letzterer kehrt nach England zu-
rück, und wird durch Sir Hugh Rose ersetzt. In Madras hat ein Meeting
gegen die Finanzplane Wilsons stattgefunden. (O. Bl.)

Die Genfer Revue meldet als zuverlässig daß
die definitive französische Besitzergreifung Savoyens nächsten Donnerstag
stattfindet. Die Truppen sollen nach Anneci, St. Julien und selbst bis nach
Bonneville und Thonon gezogen werden. (Frkf. Bl.)

Der Moniteur veröffentlicht folgende Depesche
aus Cagliari vom 9 Juni: "Am 6 wurde eine Convention zwischen den
königl. Commissären und Garibaldi unterzeichnet. Achtzehntausend Neapo-
litaner haben diesen Morgen ihre Stellungen mit ihren Waffen geräumt,
und lagern am Hafendamm um sofort abzugehen. Die Citadelle wird nach
Einschiffung der Truppen und Austausch der Gefangenen geräumt werden."

Im Constitutionnel findet sich folgende Note: "Man scheint sich
heute in Paris viel mit den in einer Turiner Depesche enthaltenen Nachrichten
abgegeben zu haben. Sie ist indessen so abgefaßt daß über den Charakter der
vom Commandanten des englischen Geschwaders ergriffenen Maßregel kein
Zweifel bestehen kann. Indem er sich im Fort Castellamare festsetzte, hat der
englische Admiral ohne Zweifel nur den von den Unterzeichnern der Capitu-
lation ausgedrückten Wünschen nachgegeben. Seine augenblickliche Anwe-
senheit an diesem Punkt konnte als eine nothwendige Bürgschaft der vollständigen
Ausführung der beiderseits angenommenen Bedingungen angesehen werden.
Auf Seiten der neapolitanischen Armee konnte man befürchten die Räumung
möchte durch irgendeine unvorhergesehene Bewegung des siegreichen Aufstands
gestört werden, während man auf Garibaldi's Seite befürchten konnte die
Räumung möchte nicht dem Uebereinkommen gemäß geschehen. Bemerken wir
ferner daß es auf den ersten Anblick nicht unmöglich ist daß der Commandant
des englischen Geschwaders aufgefordert wurde das Fort Caftellamare zu be-
setzen, da die erste Zusammenkunft zwischen den Generalen Lanza und Gari-
baldi an Bord der "Hannibal" stattfand.

Der Siecle bringt einen Artikel mit der Ueberschrift "die Bourbonen
von Neapel," in welchem der Sturz derselben vorhergesagt wird. Die ita-
lienische Revolution werde ihren Gang vollenden und Neapel im Süden an-
greifen, da sie den Kirchenstaat jetzt nicht durchschreiten könne.

Der Monde scheint ebenfalls der Ansicht daß Garibaldi von Sicilien
nach Calabrien übergehen wird, und bemerkt daß die Auflösung der neapoli-
tanischen Armee im raschen Fortschreiten begriffen ist.

Der Courrier du Dimanche erklärt ziemlich unverholen daß die
friedlichen Versicherungen des Staatsministers Fould im Widerspruch mit den
Thatsachen stehen. Kein Mensch vermöge mehr den Sturz des Alten in Eu-
ropa aufzuhalten, welcher der Freiheit der Völker vorhergehen werde.

Ein Correspondent schreibt von der Rhede von
Palermo vom 3: Vor seiner Einschiffung sey er durch die Stadt gegangen; die
Straßen seyen entpflastert, und wurden von 300 Barricaden versperrt, wovon
mehrere aus ungeheuren Blöcken erbaut seyen. An jenem Tag hielten sich
die Soldaten nur noch im k. Schloß und in der Citadelle, auch im Finanz-
palast, der Polizeipräfectur und der erzbischöflichen Wohnung; aber den Trup-
pen giengen die Lebensmittel aus, das mehreremale angegriffene Finanzhotel
[Spaltenumbruch] sollte 20 bis 30 Millionen enthalten, welche theils Privatleuten, theils der
Regierung gehörten. Die Garnison hatte versprochen zu capituliren wenn
man das Schloß schonen wollte. Garibaldi hatte angenommen. (T. Hav.)

Vier Kriegsschiffe sind von Toulon nach Neapel
abgegangen. Der Genueser Handelscourier sagt: die Räumung der Lom-
bardei durch die Franzosen sey beendet. (T. Hav.)

Gestern ist der Commandeur Martino, neapolitanischer
Gesandter in Rom, von Gaeta zurückgekehrt, und heute nach Paris abgereist.
(T. Havas.)

Marschall Vaillant wird Dienstag erwartet. Die
Zolllinie nach Savoyen hin ist festgelegt. Die erste französische Linie ist bei
Lanslebourg, die zweite bei St. Jean Maurienne; die sardinische Linie ist
bei Susa. (T. Hav.)

Der Senat hat den Abtretungsvertrag über Sa-
voyen und Nizza mit 92 gegen 10 Stimmen genehmigt. (Schw. M.)

Handelsberichte.

Die eben abgelaufene Börsenwoche hielt
sich ziemlich unabhängig von dem Einfluß der politischen Telegramme. Je weniger
diese bei ihrer Unzuverlässigkeit und ihren fortwährenden Widersprüchen das Publi-
cum in Stand setzen sich über den Verlauf der Dinge ein sicheres Urtheil zu bil-
den, desto mehr gewöhnt man sich sie zu ignoriren. Das was ursprünglich be-
stimmt war die öffentliche Ausmerksamkeit vorzugsweise in einzelnen Momenten zu
fesseln, sinkt sonach zur Alltäglichkeit herab, und wird kaum mehr beachtet. Ja es
gibt Momente wo man sich auf dem Wunsch ertappt wieder in die guten alten
Zeiten versetzt worden zu seyn, wo wir zwar noch keine blitzähnlichen, dafür aber
zuverlässigere und weniger begriffs- und sinnverwirende Verkehrsmittel besaßen.
So kann die herrlichste Erfindung durch Mißbrauch entweiht, und denen für die sie
zum Segen gereichen sollte verleidet werden! Uebrigens hat man es aufgegeben
die Räthsel der großen Politik von Tag zu Tag ergründen zu wollen. Da die
italienische Frage sich nur allmählich abwickelt, die orientalische mehr in den Hinter-
grund tritt, so wendet sich der Blick näher liegenden Erscheinungen zu. Da tritt
uns denn vor allem die kaum mehr zu bezweifelnde erfreuliche Thatsache entgegen
daß die drohende äußere Gefahr endlich jene Einigung der deutschen Regierungen
zu Stande bringt die längst in den Wünschen ihrer Völker lag, die aber dem be-
kümmerten Auge des Patrioten mehr und mehr zu entschwinden drohte. In eini-
gem Zusammenhang mit dieser Erscheinung, und als eine weitere Bürgschaft für
dieselbe, sehen wir jene ersten Keime constitutioneller Entwicklung welche in der
Schaffung des verstärkten Reichsraths für Oesterreich liegen, sich schon im Beginn
seiner Wirksamkeit viel rascher und lebendiger entfalten als die Freunde gehofft und
die Gegner gefürchtet hatten. Der Ernst und die Entschiedenheit womit die
Berufenen an ihre große Aufgabe gehen, die feste und versöhnliche Gesinnung
die dabei an den Tag tritt, die Liberalität mit welcher die Regierung für freien
Spielraum der Berathungen und für unverkümmerte Oeffentlichkeit sorgt, dieß alles
scheint eine glückliche Lösung zu verdürgen. Vor allem möge die Herstellung geord-
neter Finanzzustände rasch und kräftig in Angriff genommen werden. Auf dieser
Grundlage wird der übrige Ban sich um so leichter erheben und um so sicherer
ruhen können. Die günstigen Aussichten für die Neugestaltung der österreichischen
Verhältnisse blieben in dieser Woche nicht ohne Einfluß auf die Stimmung der Börse,
zumal dieselbe, wie schon demerkt, sich von den Einwirkungen der äußeren Politik
weniger beherrschen ließ. Die Curse haben sämmtlich einen, wenn gleich nicht sehr
erheblichen, Fortschritt gemacht, und wurden nur durch den neuesten Rückgang der
Pariser Rentencurse in ihrer weitern Besserung gehemmt.

Seit mehreren Jahren machen wir die Erfahrung daß
unser Wollmarkt -- sey auch die Conjunctur schlecht oder gut -- einen sehr raschen
Verlauf nimmt. Man darf das wohl dem Umstand zuschreiben daß die Producenten,
durch tranrige Erfahrung gewitzigt, nicht mehr so unangemessene Forderungen wie
in frühern Jahren stellen, und daß dadurch das Geschäft erleichtert wird. Dießmal
trug zur schnellen Beendigung des Marktes auch das wesentlich bei daß ein großer
Theil (man darf die Hälfte annehmen) theils früher verkauft, theils aber auch in
den Tagen vor dem Markt bei den Producenten zu Hause aufgesucht und gekauft
worden war. Außerdem hatte man auch, trotz allem polizeilichen Berbot, so manche
Partie unter der Hand weggegeben. So sahen wir denn ein unverhältnißmäßig
kleines Quantum am Markt, und dieses ward, sobald nur der Morgen des ersten
Verkaufstags da war, so lebhaft gesucht, daß Nachmittags fast alles geräumt war.
Känfer und Berkäufer waren darüber einverstanden daß ein Steigen von 10 Thlru.
per Centner gegen voriges Jahr feststehe, und so machte sich denn die Sache immer
in wenig Minuten. Die Preise waren für die besten Schuren 130 Thlr., für die
geringsten 70 Thlr., und das meiste gieng in der Mitte dieser Extreme ab. Ueber
die Wäsche und die gute Behandlung der Waare sprachen sich die Käufer anerkennend
und zufrieden aus. Der Begehr war übrigens viel größer als das Angebot, und
es kamen insbesondere diejenigen zu kurz welche zu spät hier eingetroffen waren.
Der Ruhm der schlesischen Wolle hat sich übrigens auf diesem Markt aufs neue
glänzend bewährt, und wir dürfen für ihre Zukunft nicht in Sorgen seyn. Mit
dem Gesagten deute ich auf die in der neuesten Zeit stattgehabten Vorgänge in
unserer Merinozucht. Das Streben nach Reichwolligkeit hat zwar einzelne auf Irr-
wege geführt, die Masse unserer Züchter aber und vornehmlich die Koryphäen wandeln
auf sicherer Bahn, und suchen und finden die Mittel zur Vermehrung der Wollmenge
in den eigenen Stämmen, bewahren damit das edle Blut und sichern die Zukunft
unseres Erzeugnisses. Wie bildsam das Schaf hinsichtlich der von ihm zu ziehenden
Producte ist, sehen wir mit Bewunderung in unsern vorzüglichsten Heerden, wo
wir schon jetzt einen Wollreichthum und eine Ausbildung der Körperformen finden
die man bei dem Electoralschaf kaum für möglich gehalten hat. So ist denn schon
eine namhafte Menge von Schäfereien um 50 Proc., ja mehr, in ihrer Wollproduction
gestiegen, ohne die Zahl der Thiere vermehrt zu haben. Wozu wir uns dabei noch
besonders Glück zu wünschen haben, das ist die notorische Abnahme der Traber-
krankheit, die man endlich bei vorsichtiger und verständiger Züchtung völlig zu be-
seitigen hoffen darf.



Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges.

Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung.

[Spaltenumbruch] über den Antrag des Grafen Barkoczi, zuerſt die Dringlichkeit des Regie-
rungsentwurfs zu einer neuen Grundbuchsordnung zu unterſuchen, eine über-
aus lebhafte Debatte, an der ſich namentlich der Juſtizminiſter, Frhr. v. Lichten
fels und Graf Hartig betheiligten. Die ungariſchen Reichsräthe nahmen
dabei Anlaß ſpeciell von den Bedürfniſſen Ungarns, insbeſondere von der
Commaſſation zu ſprechen, das öſterreichiſche Beamtenthum in Ungarn zu
tadeln, und die Sprachenfrage anzuregen. Kurz die Debatte nahm einen
Anlauf ſich von dem rein fachlichen Gegenſtand zu einer allgemeinen politi-
ſchen Explication zu erheben. Näheres folgt im Hauptblatt.

Heute nehmen der Kaiſer und die Kaiſerin ihren Sommeraufenthalt zu
Laxenburg. Fürſt Retimo Vicenzo Ruffo iſt ſammt Gefolge aus Palermo
hier eingetroffen.

Aus Meſſina wird gemeldet: öſterreichiſchen Schiffen
ſeyen von dort lebenden Familien bis zu 8 Pf. St. (pro Perſon?) den Tag
geboten worden, wenn ſie einen Monat im Hafen liegen bleiben wollten.
(O. Bl.)

Neueſte Ueberlandpoſt. Schanghai, 17 April. Der
engliſche Geſandte erklärte in Folge der Erwiederung der Chineſen auf das
Ultimatum: wenn die Chineſen alle übrigen Bedingungen des Ultimatums
annehmen, werde auf der geforderten Entſchädigung nicht beſtanden werden,
im andern Fall ſollen die Feindſeligkeiten ſogleich beginnen. Die Rebellen
haben ſich aus der Gegend von Hangeſow zurückgezogen. Um dem zunehmen-
den Unweſen der Rebellen in der Nähe von Canton zu ſteuern, ſind 70,000
Mann kaiſerliche Truppen ausgeſchickt worden. Fürſt Meto, ein Gegner
der Fremden in Japan, iſt im offenen Aufftand gegen die dortige Regierung.
Man hegt große Beſorgniß wegen der Sicherheit der fremden Geſandt-
ſchaften und Niederlaſſungen. — Calcutta, 4 Mai. Die Lords Canning
und Clyde wurden am 20 hier erwartet. Letzterer kehrt nach England zu-
rück, und wird durch Sir Hugh Roſe erſetzt. In Madras hat ein Meeting
gegen die Finanzplane Wilſons ſtattgefunden. (O. Bl.)

Die Genfer Revue meldet als zuverläſſig daß
die definitive franzöſiſche Beſitzergreifung Savoyens nächſten Donnerſtag
ſtattfindet. Die Truppen ſollen nach Anneci, St. Julien und ſelbſt bis nach
Bonneville und Thonon gezogen werden. (Frkf. Bl.)

Der Moniteur veröffentlicht folgende Depeſche
aus Cagliari vom 9 Juni: „Am 6 wurde eine Convention zwiſchen den
königl. Commiſſären und Garibaldi unterzeichnet. Achtzehntauſend Neapo-
litaner haben dieſen Morgen ihre Stellungen mit ihren Waffen geräumt,
und lagern am Hafendamm um ſofort abzugehen. Die Citadelle wird nach
Einſchiffung der Truppen und Austauſch der Gefangenen geräumt werden.“

Im Conſtitutionnel findet ſich folgende Note: „Man ſcheint ſich
heute in Paris viel mit den in einer Turiner Depeſche enthaltenen Nachrichten
abgegeben zu haben. Sie iſt indeſſen ſo abgefaßt daß über den Charakter der
vom Commandanten des engliſchen Geſchwaders ergriffenen Maßregel kein
Zweifel beſtehen kann. Indem er ſich im Fort Caſtellamare feſtſetzte, hat der
engliſche Admiral ohne Zweifel nur den von den Unterzeichnern der Capitu-
lation ausgedrückten Wünſchen nachgegeben. Seine augenblickliche Anwe-
ſenheit an dieſem Punkt konnte als eine nothwendige Bürgſchaft der vollſtändigen
Ausführung der beiderſeits angenommenen Bedingungen angeſehen werden.
Auf Seiten der neapolitaniſchen Armee konnte man befürchten die Räumung
möchte durch irgendeine unvorhergeſehene Bewegung des ſiegreichen Aufſtands
geſtört werden, während man auf Garibaldi’s Seite befürchten konnte die
Räumung möchte nicht dem Uebereinkommen gemäß geſchehen. Bemerken wir
ferner daß es auf den erſten Anblick nicht unmöglich iſt daß der Commandant
des engliſchen Geſchwaders aufgefordert wurde das Fort Caftellamare zu be-
ſetzen, da die erſte Zuſammenkunft zwiſchen den Generalen Lanza und Gari-
baldi an Bord der „Hannibal“ ſtattfand.

Der Siècle bringt einen Artikel mit der Ueberſchrift „die Bourbonen
von Neapel,“ in welchem der Sturz derſelben vorhergeſagt wird. Die ita-
lieniſche Revolution werde ihren Gang vollenden und Neapel im Süden an-
greifen, da ſie den Kirchenſtaat jetzt nicht durchſchreiten könne.

Der Monde ſcheint ebenfalls der Anſicht daß Garibaldi von Sicilien
nach Calabrien übergehen wird, und bemerkt daß die Auflöſung der neapoli-
taniſchen Armee im raſchen Fortſchreiten begriffen iſt.

Der Courrier du Dimanche erklärt ziemlich unverholen daß die
friedlichen Verſicherungen des Staatsminiſters Fould im Widerſpruch mit den
Thatſachen ſtehen. Kein Menſch vermöge mehr den Sturz des Alten in Eu-
ropa aufzuhalten, welcher der Freiheit der Völker vorhergehen werde.

Ein Correſpondent ſchreibt von der Rhede von
Palermo vom 3: Vor ſeiner Einſchiffung ſey er durch die Stadt gegangen; die
Straßen ſeyen entpflaſtert, und wurden von 300 Barricaden verſperrt, wovon
mehrere aus ungeheuren Blöcken erbaut ſeyen. An jenem Tag hielten ſich
die Soldaten nur noch im k. Schloß und in der Citadelle, auch im Finanz-
palaſt, der Polizeipräfectur und der erzbiſchöflichen Wohnung; aber den Trup-
pen giengen die Lebensmittel aus, das mehreremale angegriffene Finanzhôtel
[Spaltenumbruch] ſollte 20 bis 30 Millionen enthalten, welche theils Privatleuten, theils der
Regierung gehörten. Die Garniſon hatte verſprochen zu capituliren wenn
man das Schloß ſchonen wollte. Garibaldi hatte angenommen. (T. Hav.)

Vier Kriegsſchiffe ſind von Toulon nach Neapel
abgegangen. Der Genueſer Handelscourier ſagt: die Räumung der Lom-
bardei durch die Franzoſen ſey beendet. (T. Hav.)

Geſtern iſt der Commandeur Martino, neapolitaniſcher
Geſandter in Rom, von Gaëta zurückgekehrt, und heute nach Paris abgereist.
(T. Havas.)

Marſchall Vaillant wird Dienſtag erwartet. Die
Zolllinie nach Savoyen hin iſt feſtgelegt. Die erſte franzöſiſche Linie iſt bei
Lanslebourg, die zweite bei St. Jean Maurienne; die ſardiniſche Linie iſt
bei Suſa. (T. Hav.)

Der Senat hat den Abtretungsvertrag über Sa-
voyen und Nizza mit 92 gegen 10 Stimmen genehmigt. (Schw. M.)

Handelsberichte.

Die eben abgelaufene Börſenwoche hielt
ſich ziemlich unabhängig von dem Einfluß der politiſchen Telegramme. Je weniger
dieſe bei ihrer Unzuverläſſigkeit und ihren fortwährenden Widerſprüchen das Publi-
cum in Stand ſetzen ſich über den Verlauf der Dinge ein ſicheres Urtheil zu bil-
den, deſto mehr gewöhnt man ſich ſie zu ignoriren. Das was urſprünglich be-
ſtimmt war die öffentliche Auſmerkſamkeit vorzugsweiſe in einzelnen Momenten zu
feſſeln, ſinkt ſonach zur Alltäglichkeit herab, und wird kaum mehr beachtet. Ja es
gibt Momente wo man ſich auf dem Wunſch ertappt wieder in die guten alten
Zeiten verſetzt worden zu ſeyn, wo wir zwar noch keine blitzähnlichen, dafür aber
zuverläſſigere und weniger begriffs- und ſinnverwirende Verkehrsmittel beſaßen.
So kann die herrlichſte Erfindung durch Mißbrauch entweiht, und denen für die ſie
zum Segen gereichen ſollte verleidet werden! Uebrigens hat man es aufgegeben
die Räthſel der großen Politik von Tag zu Tag ergründen zu wollen. Da die
italieniſche Frage ſich nur allmählich abwickelt, die orientaliſche mehr in den Hinter-
grund tritt, ſo wendet ſich der Blick näher liegenden Erſcheinungen zu. Da tritt
uns denn vor allem die kaum mehr zu bezweifelnde erfreuliche Thatſache entgegen
daß die drohende äußere Gefahr endlich jene Einigung der deutſchen Regierungen
zu Stande bringt die längſt in den Wünſchen ihrer Völker lag, die aber dem be-
kümmerten Auge des Patrioten mehr und mehr zu entſchwinden drohte. In eini-
gem Zuſammenhang mit dieſer Erſcheinung, und als eine weitere Bürgſchaft für
dieſelbe, ſehen wir jene erſten Keime conſtitutioneller Entwicklung welche in der
Schaffung des verſtärkten Reichsraths für Oeſterreich liegen, ſich ſchon im Beginn
ſeiner Wirkſamkeit viel raſcher und lebendiger entfalten als die Freunde gehofft und
die Gegner gefürchtet hatten. Der Ernſt und die Entſchiedenheit womit die
Berufenen an ihre große Aufgabe gehen, die feſte und verſöhnliche Geſinnung
die dabei an den Tag tritt, die Liberalität mit welcher die Regierung für freien
Spielraum der Berathungen und für unverkümmerte Oeffentlichkeit ſorgt, dieß alles
ſcheint eine glückliche Löſung zu verdürgen. Vor allem möge die Herſtellung geord-
neter Finanzzuſtände raſch und kräftig in Angriff genommen werden. Auf dieſer
Grundlage wird der übrige Ban ſich um ſo leichter erheben und um ſo ſicherer
ruhen können. Die günſtigen Ausſichten für die Neugeſtaltung der öſterreichiſchen
Verhältniſſe blieben in dieſer Woche nicht ohne Einfluß auf die Stimmung der Börſe,
zumal dieſelbe, wie ſchon demerkt, ſich von den Einwirkungen der äußeren Politik
weniger beherrſchen ließ. Die Curſe haben ſämmtlich einen, wenn gleich nicht ſehr
erheblichen, Fortſchritt gemacht, und wurden nur durch den neueſten Rückgang der
Pariſer Rentencurſe in ihrer weitern Beſſerung gehemmt.

Seit mehreren Jahren machen wir die Erfahrung daß
unſer Wollmarkt — ſey auch die Conjunctur ſchlecht oder gut — einen ſehr raſchen
Verlauf nimmt. Man darf das wohl dem Umſtand zuſchreiben daß die Producenten,
durch tranrige Erfahrung gewitzigt, nicht mehr ſo unangemeſſene Forderungen wie
in frühern Jahren ſtellen, und daß dadurch das Geſchäft erleichtert wird. Dießmal
trug zur ſchnellen Beendigung des Marktes auch das weſentlich bei daß ein großer
Theil (man darf die Hälfte annehmen) theils früher verkauft, theils aber auch in
den Tagen vor dem Markt bei den Producenten zu Hauſe aufgeſucht und gekauft
worden war. Außerdem hatte man auch, trotz allem polizeilichen Berbot, ſo manche
Partie unter der Hand weggegeben. So ſahen wir denn ein unverhältnißmäßig
kleines Quantum am Markt, und dieſes ward, ſobald nur der Morgen des erſten
Verkaufstags da war, ſo lebhaft geſucht, daß Nachmittags faſt alles geräumt war.
Känfer und Berkäufer waren darüber einverſtanden daß ein Steigen von 10 Thlru.
per Centner gegen voriges Jahr feſtſtehe, und ſo machte ſich denn die Sache immer
in wenig Minuten. Die Preiſe waren für die beſten Schuren 130 Thlr., für die
geringſten 70 Thlr., und das meiſte gieng in der Mitte dieſer Extreme ab. Ueber
die Wäſche und die gute Behandlung der Waare ſprachen ſich die Käufer anerkennend
und zufrieden aus. Der Begehr war übrigens viel größer als das Angebot, und
es kamen insbeſondere diejenigen zu kurz welche zu ſpät hier eingetroffen waren.
Der Ruhm der ſchleſiſchen Wolle hat ſich übrigens auf dieſem Markt aufs neue
glänzend bewährt, und wir dürfen für ihre Zukunft nicht in Sorgen ſeyn. Mit
dem Geſagten deute ich auf die in der neueſten Zeit ſtattgehabten Vorgänge in
unſerer Merinozucht. Das Streben nach Reichwolligkeit hat zwar einzelne auf Irr-
wege geführt, die Maſſe unſerer Züchter aber und vornehmlich die Koryphäen wandeln
auf ſicherer Bahn, und ſuchen und finden die Mittel zur Vermehrung der Wollmenge
in den eigenen Stämmen, bewahren damit das edle Blut und ſichern die Zukunft
unſeres Erzeugniſſes. Wie bildſam das Schaf hinſichtlich der von ihm zu ziehenden
Producte iſt, ſehen wir mit Bewunderung in unſern vorzüglichſten Heerden, wo
wir ſchon jetzt einen Wollreichthum und eine Ausbildung der Körperformen finden
die man bei dem Electoralſchaf kaum für möglich gehalten hat. So iſt denn ſchon
eine namhafte Menge von Schäfereien um 50 Proc., ja mehr, in ihrer Wollproduction
geſtiegen, ohne die Zahl der Thiere vermehrt zu haben. Wozu wir uns dabei noch
beſonders Glück zu wünſchen haben, das iſt die notoriſche Abnahme der Traber-
krankheit, die man endlich bei vorſichtiger und verſtändiger Züchtung völlig zu be-
ſeitigen hoffen darf.



Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges.

Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.

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[2741/0013] über den Antrag des Grafen Barkoczi, zuerſt die Dringlichkeit des Regie- rungsentwurfs zu einer neuen Grundbuchsordnung zu unterſuchen, eine über- aus lebhafte Debatte, an der ſich namentlich der Juſtizminiſter, Frhr. v. Lichten fels und Graf Hartig betheiligten. Die ungariſchen Reichsräthe nahmen dabei Anlaß ſpeciell von den Bedürfniſſen Ungarns, insbeſondere von der Commaſſation zu ſprechen, das öſterreichiſche Beamtenthum in Ungarn zu tadeln, und die Sprachenfrage anzuregen. Kurz die Debatte nahm einen Anlauf ſich von dem rein fachlichen Gegenſtand zu einer allgemeinen politi- ſchen Explication zu erheben. Näheres folgt im Hauptblatt. Heute nehmen der Kaiſer und die Kaiſerin ihren Sommeraufenthalt zu Laxenburg. Fürſt Retimo Vicenzo Ruffo iſt ſammt Gefolge aus Palermo hier eingetroffen. Trieſt, 8 Jun. Aus Meſſina wird gemeldet: öſterreichiſchen Schiffen ſeyen von dort lebenden Familien bis zu 8 Pf. St. (pro Perſon?) den Tag geboten worden, wenn ſie einen Monat im Hafen liegen bleiben wollten. (O. Bl.) Trieſt, 8 Jun. Neueſte Ueberlandpoſt. Schanghai, 17 April. Der engliſche Geſandte erklärte in Folge der Erwiederung der Chineſen auf das Ultimatum: wenn die Chineſen alle übrigen Bedingungen des Ultimatums annehmen, werde auf der geforderten Entſchädigung nicht beſtanden werden, im andern Fall ſollen die Feindſeligkeiten ſogleich beginnen. Die Rebellen haben ſich aus der Gegend von Hangeſow zurückgezogen. Um dem zunehmen- den Unweſen der Rebellen in der Nähe von Canton zu ſteuern, ſind 70,000 Mann kaiſerliche Truppen ausgeſchickt worden. Fürſt Meto, ein Gegner der Fremden in Japan, iſt im offenen Aufftand gegen die dortige Regierung. Man hegt große Beſorgniß wegen der Sicherheit der fremden Geſandt- ſchaften und Niederlaſſungen. — Calcutta, 4 Mai. Die Lords Canning und Clyde wurden am 20 hier erwartet. Letzterer kehrt nach England zu- rück, und wird durch Sir Hugh Roſe erſetzt. In Madras hat ein Meeting gegen die Finanzplane Wilſons ſtattgefunden. (O. Bl.) Bern, 10 Jun. Die Genfer Revue meldet als zuverläſſig daß die definitive franzöſiſche Beſitzergreifung Savoyens nächſten Donnerſtag ſtattfindet. Die Truppen ſollen nach Anneci, St. Julien und ſelbſt bis nach Bonneville und Thonon gezogen werden. (Frkf. Bl.) Paris, 10 Jun. Der Moniteur veröffentlicht folgende Depeſche aus Cagliari vom 9 Juni: „Am 6 wurde eine Convention zwiſchen den königl. Commiſſären und Garibaldi unterzeichnet. Achtzehntauſend Neapo- litaner haben dieſen Morgen ihre Stellungen mit ihren Waffen geräumt, und lagern am Hafendamm um ſofort abzugehen. Die Citadelle wird nach Einſchiffung der Truppen und Austauſch der Gefangenen geräumt werden.“ Im Conſtitutionnel findet ſich folgende Note: „Man ſcheint ſich heute in Paris viel mit den in einer Turiner Depeſche enthaltenen Nachrichten abgegeben zu haben. Sie iſt indeſſen ſo abgefaßt daß über den Charakter der vom Commandanten des engliſchen Geſchwaders ergriffenen Maßregel kein Zweifel beſtehen kann. Indem er ſich im Fort Caſtellamare feſtſetzte, hat der engliſche Admiral ohne Zweifel nur den von den Unterzeichnern der Capitu- lation ausgedrückten Wünſchen nachgegeben. Seine augenblickliche Anwe- ſenheit an dieſem Punkt konnte als eine nothwendige Bürgſchaft der vollſtändigen Ausführung der beiderſeits angenommenen Bedingungen angeſehen werden. Auf Seiten der neapolitaniſchen Armee konnte man befürchten die Räumung möchte durch irgendeine unvorhergeſehene Bewegung des ſiegreichen Aufſtands geſtört werden, während man auf Garibaldi’s Seite befürchten konnte die Räumung möchte nicht dem Uebereinkommen gemäß geſchehen. Bemerken wir ferner daß es auf den erſten Anblick nicht unmöglich iſt daß der Commandant des engliſchen Geſchwaders aufgefordert wurde das Fort Caftellamare zu be- ſetzen, da die erſte Zuſammenkunft zwiſchen den Generalen Lanza und Gari- baldi an Bord der „Hannibal“ ſtattfand. Der Siècle bringt einen Artikel mit der Ueberſchrift „die Bourbonen von Neapel,“ in welchem der Sturz derſelben vorhergeſagt wird. Die ita- lieniſche Revolution werde ihren Gang vollenden und Neapel im Süden an- greifen, da ſie den Kirchenſtaat jetzt nicht durchſchreiten könne. Der Monde ſcheint ebenfalls der Anſicht daß Garibaldi von Sicilien nach Calabrien übergehen wird, und bemerkt daß die Auflöſung der neapoli- taniſchen Armee im raſchen Fortſchreiten begriffen iſt. Der Courrier du Dimanche erklärt ziemlich unverholen daß die friedlichen Verſicherungen des Staatsminiſters Fould im Widerſpruch mit den Thatſachen ſtehen. Kein Menſch vermöge mehr den Sturz des Alten in Eu- ropa aufzuhalten, welcher der Freiheit der Völker vorhergehen werde. Marſeille, 9 Jun. Ein Correſpondent ſchreibt von der Rhede von Palermo vom 3: Vor ſeiner Einſchiffung ſey er durch die Stadt gegangen; die Straßen ſeyen entpflaſtert, und wurden von 300 Barricaden verſperrt, wovon mehrere aus ungeheuren Blöcken erbaut ſeyen. An jenem Tag hielten ſich die Soldaten nur noch im k. Schloß und in der Citadelle, auch im Finanz- palaſt, der Polizeipräfectur und der erzbiſchöflichen Wohnung; aber den Trup- pen giengen die Lebensmittel aus, das mehreremale angegriffene Finanzhôtel ſollte 20 bis 30 Millionen enthalten, welche theils Privatleuten, theils der Regierung gehörten. Die Garniſon hatte verſprochen zu capituliren wenn man das Schloß ſchonen wollte. Garibaldi hatte angenommen. (T. Hav.) Marſeille, 10 Jun. Vier Kriegsſchiffe ſind von Toulon nach Neapel abgegangen. Der Genueſer Handelscourier ſagt: die Räumung der Lom- bardei durch die Franzoſen ſey beendet. (T. Hav.) Rom, 8 Jun. Geſtern iſt der Commandeur Martino, neapolitaniſcher Geſandter in Rom, von Gaëta zurückgekehrt, und heute nach Paris abgereist. (T. Havas.) Turin, 10 Jun. Marſchall Vaillant wird Dienſtag erwartet. Die Zolllinie nach Savoyen hin iſt feſtgelegt. Die erſte franzöſiſche Linie iſt bei Lanslebourg, die zweite bei St. Jean Maurienne; die ſardiniſche Linie iſt bei Suſa. (T. Hav.) Turin, 10 Jun. Der Senat hat den Abtretungsvertrag über Sa- voyen und Nizza mit 92 gegen 10 Stimmen genehmigt. (Schw. M.) Handelsberichte. || Frankfurt a. M., 10 Jun. Die eben abgelaufene Börſenwoche hielt ſich ziemlich unabhängig von dem Einfluß der politiſchen Telegramme. Je weniger dieſe bei ihrer Unzuverläſſigkeit und ihren fortwährenden Widerſprüchen das Publi- cum in Stand ſetzen ſich über den Verlauf der Dinge ein ſicheres Urtheil zu bil- den, deſto mehr gewöhnt man ſich ſie zu ignoriren. Das was urſprünglich be- ſtimmt war die öffentliche Auſmerkſamkeit vorzugsweiſe in einzelnen Momenten zu feſſeln, ſinkt ſonach zur Alltäglichkeit herab, und wird kaum mehr beachtet. Ja es gibt Momente wo man ſich auf dem Wunſch ertappt wieder in die guten alten Zeiten verſetzt worden zu ſeyn, wo wir zwar noch keine blitzähnlichen, dafür aber zuverläſſigere und weniger begriffs- und ſinnverwirende Verkehrsmittel beſaßen. So kann die herrlichſte Erfindung durch Mißbrauch entweiht, und denen für die ſie zum Segen gereichen ſollte verleidet werden! Uebrigens hat man es aufgegeben die Räthſel der großen Politik von Tag zu Tag ergründen zu wollen. Da die italieniſche Frage ſich nur allmählich abwickelt, die orientaliſche mehr in den Hinter- grund tritt, ſo wendet ſich der Blick näher liegenden Erſcheinungen zu. Da tritt uns denn vor allem die kaum mehr zu bezweifelnde erfreuliche Thatſache entgegen daß die drohende äußere Gefahr endlich jene Einigung der deutſchen Regierungen zu Stande bringt die längſt in den Wünſchen ihrer Völker lag, die aber dem be- kümmerten Auge des Patrioten mehr und mehr zu entſchwinden drohte. In eini- gem Zuſammenhang mit dieſer Erſcheinung, und als eine weitere Bürgſchaft für dieſelbe, ſehen wir jene erſten Keime conſtitutioneller Entwicklung welche in der Schaffung des verſtärkten Reichsraths für Oeſterreich liegen, ſich ſchon im Beginn ſeiner Wirkſamkeit viel raſcher und lebendiger entfalten als die Freunde gehofft und die Gegner gefürchtet hatten. Der Ernſt und die Entſchiedenheit womit die Berufenen an ihre große Aufgabe gehen, die feſte und verſöhnliche Geſinnung die dabei an den Tag tritt, die Liberalität mit welcher die Regierung für freien Spielraum der Berathungen und für unverkümmerte Oeffentlichkeit ſorgt, dieß alles ſcheint eine glückliche Löſung zu verdürgen. Vor allem möge die Herſtellung geord- neter Finanzzuſtände raſch und kräftig in Angriff genommen werden. Auf dieſer Grundlage wird der übrige Ban ſich um ſo leichter erheben und um ſo ſicherer ruhen können. Die günſtigen Ausſichten für die Neugeſtaltung der öſterreichiſchen Verhältniſſe blieben in dieſer Woche nicht ohne Einfluß auf die Stimmung der Börſe, zumal dieſelbe, wie ſchon demerkt, ſich von den Einwirkungen der äußeren Politik weniger beherrſchen ließ. Die Curſe haben ſämmtlich einen, wenn gleich nicht ſehr erheblichen, Fortſchritt gemacht, und wurden nur durch den neueſten Rückgang der Pariſer Rentencurſe in ihrer weitern Beſſerung gehemmt. * Breslau, 8 Jun. Seit mehreren Jahren machen wir die Erfahrung daß unſer Wollmarkt — ſey auch die Conjunctur ſchlecht oder gut — einen ſehr raſchen Verlauf nimmt. Man darf das wohl dem Umſtand zuſchreiben daß die Producenten, durch tranrige Erfahrung gewitzigt, nicht mehr ſo unangemeſſene Forderungen wie in frühern Jahren ſtellen, und daß dadurch das Geſchäft erleichtert wird. Dießmal trug zur ſchnellen Beendigung des Marktes auch das weſentlich bei daß ein großer Theil (man darf die Hälfte annehmen) theils früher verkauft, theils aber auch in den Tagen vor dem Markt bei den Producenten zu Hauſe aufgeſucht und gekauft worden war. Außerdem hatte man auch, trotz allem polizeilichen Berbot, ſo manche Partie unter der Hand weggegeben. So ſahen wir denn ein unverhältnißmäßig kleines Quantum am Markt, und dieſes ward, ſobald nur der Morgen des erſten Verkaufstags da war, ſo lebhaft geſucht, daß Nachmittags faſt alles geräumt war. Känfer und Berkäufer waren darüber einverſtanden daß ein Steigen von 10 Thlru. per Centner gegen voriges Jahr feſtſtehe, und ſo machte ſich denn die Sache immer in wenig Minuten. Die Preiſe waren für die beſten Schuren 130 Thlr., für die geringſten 70 Thlr., und das meiſte gieng in der Mitte dieſer Extreme ab. Ueber die Wäſche und die gute Behandlung der Waare ſprachen ſich die Käufer anerkennend und zufrieden aus. Der Begehr war übrigens viel größer als das Angebot, und es kamen insbeſondere diejenigen zu kurz welche zu ſpät hier eingetroffen waren. Der Ruhm der ſchleſiſchen Wolle hat ſich übrigens auf dieſem Markt aufs neue glänzend bewährt, und wir dürfen für ihre Zukunft nicht in Sorgen ſeyn. Mit dem Geſagten deute ich auf die in der neueſten Zeit ſtattgehabten Vorgänge in unſerer Merinozucht. Das Streben nach Reichwolligkeit hat zwar einzelne auf Irr- wege geführt, die Maſſe unſerer Züchter aber und vornehmlich die Koryphäen wandeln auf ſicherer Bahn, und ſuchen und finden die Mittel zur Vermehrung der Wollmenge in den eigenen Stämmen, bewahren damit das edle Blut und ſichern die Zukunft unſeres Erzeugniſſes. Wie bildſam das Schaf hinſichtlich der von ihm zu ziehenden Producte iſt, ſehen wir mit Bewunderung in unſern vorzüglichſten Heerden, wo wir ſchon jetzt einen Wollreichthum und eine Ausbildung der Körperformen finden die man bei dem Electoralſchaf kaum für möglich gehalten hat. So iſt denn ſchon eine namhafte Menge von Schäfereien um 50 Proc., ja mehr, in ihrer Wollproduction geſtiegen, ohne die Zahl der Thiere vermehrt zu haben. Wozu wir uns dabei noch beſonders Glück zu wünſchen haben, das iſt die notoriſche Abnahme der Traber- krankheit, die man endlich bei vorſichtiger und verſtändiger Züchtung völlig zu be- ſeitigen hoffen darf. Verantwortliche Redaction: Dr. G. Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. H. Orges. Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung.

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 164, 12. Juni 1860, S. 2741. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine164_1860/13>, abgerufen am 17.06.2024.