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Allgemeine Zeitung, Nr. 15, 15. Januar 1872.

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Republik proclamiren zu lassen, ist zu schließen erlaubt daß der Präsident der Re-
publik selbst mit dem Gedanken umgehe dem Provisorium ein Ende zu machen.
Einstweilen mag es sich freilich nur erst um einen ballon d'essai handeln. Daß
die provisorischen Einrichtungen auf die öffentliche Stimmung drücken, läßt sich
übrigens nicht verkennen. Deßhalb können die zahlreichen Enthaltungen bei den
Wahlen in Paris vorzugsweise nur aus der immer mehr sich bahnbrechenden
Ueberzeugung des Publicums erklärt werden: daß die gegenwärtige Regierung und
Assemblee unfähig seien etwas erspießliches zu schaffen. Es unterliegt sogar kei-
nem Zweifel daß die 93,000 Stimmen welche Victor Hugo fand zu seiner Ernen-
nung hingereicht haben würden, wenn nicht ein großer Theil der Bourgeosie sich
durch die Aussicht auf die unmittelbare Rückkehr der Regierung nach Paris hätte
verlocken lassen. Wie es mit der Verheißung des Candidaten des Hrn. Thiers
steht, wissen Sie; unter dem Vorwande daß die Debatten über die finanziellen
Fragen nicht unterbrochen werden dürfen, hat Hr. Thiers die Vertagung des Ge-
setzvorschlages Duchatel beantragen lassen. Die Commission unterstützte ihn bei die-
ser Gelegenheit. Ob der Vorschlag schließlich votirt werden wird, läßt sich bei
dem Hin- und Herschwanken der Parteistellungen nicht ermessen. Was die Wahlen
in den Provinzen anbelangt, so suchen die Regierungsblätter vergebens die Bedeu-
tung derselben abzuschwächen oder gar abzuläugnen. Das Resultat ist ein Erfolg
des Radicalismus und Bonapartismus, für diesen letztern um so wichtiger, als
sich herausstellte daß der Klerus anfängt imperialistische Sympathien kund zu
geben; denn es ist erwiesen daß die bonapartistischen Candidaten ihre Ernennung
theilweise klerikalen Einflüssen verdanken. Das Unterrichtsgesetz des Hrn. Simon
und die Angelegenheit Littre haben die gründliche Feindseligkeit des Cpiskopats
gegen die gegenwärtige Ordnung der Dinge hervorgerufen. An schwarzen Punkten
am politischen Horizont des Hrn. Thiers und Frankreichs fehlt es nicht, und der
kleinste ist nicht die Thatsache daß man an der Möglichkeit des Empire nicht mehr
zweifelt, sei es nun vor oder nach einer zweiten Auflage der Commune, während
man immer mehr daran zweifelt daß Hr. Thiers, trotz seiner unläugbaren Ge-
wandtheit und Thätigkeit, seiner Aufgabe gewachsen sei. -- Das Amtsblatt meldet
heute erst daß Graf Arnim am 9 d. seine Beglaubigungsschreiben als Botschafter
Deutschlands dem Präsidenten der Republik überreicht habe. Politische Kanne-
gießer legen dieser Säumniß des Amtsblattes eine gewisse Wichtigkeit bei. Mit
Unrecht, es ist nur Mangel an Lebensart und keine schlimme Meinung. Andrer-
seits sind die Versicherungen der Officiösen in Berlin und in Paris: die Unterhal-
tungen zwischen dem Hrn. Thiers und dem Grafen Arnim, sowie die zwischen dem
Fürsten Bismarck und dem französischen Botschafter seien sehr cordiale gewesen, von
keiner Bedeutung, weil es sich von selbst versteht daß die Wiederherstellung regel-
mäßiger diplomatischer Beziehungen zwischen zwei Mächten nur in durchaus cour-
toiser Weise vollbracht werden kann. -- Die Pariser Tagespresse hat von dem
Wiedererscheinen des "Memorial Diplomatique" nicht die entfernteste Notiz ge-
nommen. Nur der "Constitutionnel" hat es erwähnt, da der Director des
"Memorial" gleichzeitig ein Mitarbeiter jenes Blattes ist. Die im vorigen Monat
suspendirten Blätter, "Rappel," "Pays" und "Avenir liberal," wissen noch immer
nicht ob und wann sie von neuem erscheinen dürfen. Nur mündlich und nicht officiell ist
den Eigenthümern damals gesagt worden: die Suspendirung sei eine zweimonatliche.
Die beiden erstgenannten (bonaparstitische) Blätter werden schwerlich vor dem
1 Febr. begnadigt werden, da an diesem Tage Hr. Rouher sein Heil in der Ergän-
zungswahl von Corsica versuchen wird.

Nationalversammlung, Hr. Jean Brunet,
Abgeordneter von Paris, erhielt das Wort. Ich habe die Ehre, sagt er, den Antrag
zu stellen daß die Nationalversammlung erkläre: Frankreich lege seine Geschicke in die
Hände Christi. (Allgemeines Erstaunen, Unruhe links.) Dieser Antrag charakterisirt
sich selbst als ein dringlicher. Gott hat in seiner Gerechtigkeit Frankreich mit schrecklichen
Strafen heimgesucht, weil dieses Land, ehedem das Schwert des Herrn und des Erlösers
der Völker, sich von den Gottlosen, den Gauklern, Schönrednern und Kupplern ver-
führen ließ. (Gelächter links, Bischof Dupanloup und andere Mitglieder der Rechten
klatschen Beifall.) Es gilt unser Land zum Glauben zurückzuführen. Darum stelle ich
folgenden Antrag: Art. 1. Frankreich widmet sich, um von seinen Leiden zu genesen
und zu neuem Leben aufzuerstehen, gänzlich dem allmächtigen Gott und Christo, dem
Erlöser. Art. 2. Zum Zeugniß seiner unerschütterlichen Hingebung errichtet Frankreich
einen Tempel im Innern von Paris auf der Anhöhe welche nach dem König von Rom
benannt worden ist (Trocadero). Art. 3. Dieser Tempel Christi sowie die Standarte
Frankreichs sollen folgende Inschrift tragen: "Gott beschütze Frankreich; Christus ist der
Sieger, er herrscht und befiehlt." (Eine Stimme: Wie auf unsern alten Münzen:
Christus vincit, regnat, imperat. Eine andere: Kehren wir zu den Rohstoffen zurück!
Eine andere: Dieser "Stoff" hat auch sein Interesse!) Die Dringlichkeit wird für den
Antrag des Hrn. Jean Brunet nicht anerkannt. Man nimmt die Steuerdebatte
wieder auf. Hr. Deseilligny bekämpft im Princip jede Besteuerung der Rohstoffe:
solange die Regierung nicht die von ihr projectirten Tarife vorlege, discutire man über-
dieß ins Blaue hinein. Hr. Thiers habe im Jahr 1870 treffend gesagt: eine Regierung
dürfe nicht alles selbst in die Hand nehmen wollen, nicht darauf Anspruch machen ein
besserer Militär als die Militärs, ein besserer Kaufmann als die Kaufleute zu sein.
Hört man aber die betheiligten Interessen, so ergibt sich daß von 60 Handelskammern
sich nur 9 fur das Regierungsproject erklären, und von diesen entfallen mehrere auf die
Normandie allein. Selbst im Norddepartement spricht man sich gegen den Regierungs-
vorschlag aus, weil auch die dortigen Fabricanten seit dem neuen Handelssystem expor-
tiren. Was den Commissionsantrag betrifft, so erklären sich 22 Handelskammern dafür
und 38 dagegen. Mit welchem Recht will man Industrien die sich zur Ausfuhrfähigkeit
emporgeschwungen haben, nun plötzlich sagen: "ihr dürft nicht fortbestehen!" Redner
macht den Gegenvorschlag eines Stempels von 1 pro 1000 für den gesammten Handels-
umsatz; da er den letztern auf 100 Milliarden veranschlagt, so würde diese Steuer, wie
er meint, 100 Millionen ergeben. Dieser Vorschlag sei bereits der Regierung unter-
breitet worden; der Finanzminister habe gesagt: er sei sinnreich, aber er gefalle ihm
nicht (Heiterkeit), und damit sei er begraben worden. Gleichwohl würde er in der
gesammten Handelswelt, in Marseille wie in Havre und Amiens, beifällig aufgenommen
und jedenfalls einer Steuer vorgezogen werden die jede Concurrenz mit dem Ausland
unmöglich mache. (Beifall.) Hr. Clapier erklärt sich ebenfalls gegen das Regierungs-
project und proponirt dagegen eine Steuer von 3 Procent auf die verarbeiteten Stoffe.

Der König wird demnächst die Villa Ludovisi beziehen,
die er dem Principe Piombino für den monatlichen Miethpfennig von 5000 Lire
abgemiethet hat. Im Quirinal muß erst eine für ihn passende Zimmerflucht herge-
[Spaltenumbruch] richtet werden, was Zeit kostet, vielleicht so viel Zeit daß darüber der Kronprinz, der
schon jetzt im Quirinal wohnt, König wird. Das Geschäft über den Ankauf des
Castel Pvrziano (eigentlich Porcellino) für Rechnung der Civilliste ist zwischen dem
Finanzminister und dem bisherigen Eigenthümer, dem Duca Grazioli, zu Stande
gekommen. Letzterer erhält fünfthalb Millionen Lire. Da der König durch
diesen Ankauf einen mit den nöthigen Jagdgründen ausgestatteten Landsitz in der
Nähe von Rom bekommen hat, so ist es für passend befunden worden die der
savoyischen Königsfamilie gehörige Villa bei Frascati, La Rufinella genannt, zu
veräußern. Der Principe Lancellotti hat sie für 300,000 Lire an sich gebracht.
Während der Ankauf des Castel Porziano allgemein gebilligt wird, da der König,
in allen Theilen der Halbinsel mit Villen und Gütern überreich versehen, noth-
wendiger Weise ein Jagdschloß bei Rom brauchte, so findet dagegen die Veräußerung
der Rufinella keinen Beifall. Gerade mehrere der Monarchie ergebene Blätter
sprechen ihren Tadel aus, indem sie denselben wohlweislich gegen die Beamten der
königlichen Hausverwaltung richten, während es doch in die Augen springt daß
die Beamten nicht ohne höheren Befehl gehandelt haben können. Die Rufinella,
durch ihre zum Theil nach dem Berliner Museum verbrachten Antiquitäten be-
rühmt, gehörte einst der Königin Christine, Wittwe des Königs Karl Felix, und
wurde von derselben den Jesuiten vermacht, jedoch unter der Bedingung daß, falls
bei ihrem Tode der Orden nicht existirte, das Haus Savoyen an dessen Stelle treten
sollte. Es traf sich daß, als die Königin starb, die Gesellschaft Jesu, wenn auch
zu Recht bestehend, doch thatsächlich aus Rom vertrieben war, und die Vertreter
des savoyischen Hauses drangen mit der Behauptung durch daß die im Testament
vorgesehene Bedingung eingetreten sei. Die savoyische Dynastie legte damals
einen Werth auf den Besitz, nicht um seines materiellen, sondern um seines histo-
rischen und archäologischen Werthes halber. Aber es scheint daß heutzutage die
Dynastie zu reich trägt an ihrer gegenwärtigen Herrlichkeit, als daß sie für solch
alten Plunder Interesse und Geld übrig hätte. -- Die Commission "der Fünf-
zehn," d. h. der fünfzehn Abgeordneten welche die verschiedenartigen Projecte des
Finanzministers Sella zu prüfen hat, ist seit zwei Tagen versammelt. Im ganzen
hat sie den ministeriellen Entwürfen eine günstige Stimmung entgegengebracht.
Den meisten Widerstand setzt sie der projectiven Steuer auf die Gewebe ent-
gegen. Namentlich die Bestimmung des Gesetzentwurfs welche den Steueragen-
ten das Recht gibt zu jeder Zeit in die Häuser zu dringen und die darin befindlichen
Webstühle zu controliren, wird völlig unannehmbar befunden. -- Aus Florenz
gehen mir Mittheilungen zu welche die ökonomische Lage der Stadt als verhältniß-
mäßig günstig darstellen. Der Ausfall im Ertrag der Verzehrsabgabe (dazio con-
sumo
) betraf für das abgelaufene Jahr nur 28,000 Lire. Allerdings befinden sich
noch mehrere der größten Administrationen, namentlich die der Finanzen und des
Kriegs, beinahe vollständig in der alten Hauptstadt, und es wird die Zahl der einst-
weilen noch dort wohnenden, aber auch zur Uebersiedelung nach Rom bestimmten
Beamten und ihrer Angehörigen auf etwa 12,000 geschätzt. Die letzten dieser
Nachzügler werden Florenz nicht vor zwei Jahren verlassen, und dann erst wird
sich zeigen wie das gänzlich enthauptete Florenz weiter zu leben vermag.

Die Regierung hat eine Anleihe von 15 Mill.
Fr. mit der austro-osmanischen Bank abgeschlossen. Der Vertrag wurde heute
unterzeichnet; die Bedingungen sind noch unbekannt. (T. N.)

Verschiedenes.

Schon seit einiger Zeit spielte hier ein Conflict zwi-
schen den Buchdruckerei-Inhabern und ihren Setzern,
der sich seit kurzem
noch auf andere Buchdruckerei-Angehörige, namentlich die in den Buchdruckereien für
Illustrationen sehr zahlreichen Maschinenmeister, ausgedehnt hat. (Die Hallber-
ger'sche und die Schönlein'sche Buchdruckerei, die Verleger illustrirter Zeitschriften und
Werke, haben allein etwa 50 Maschinenmeister, weil bei den feineren Holzschnitt-Drucken
fast jede Maschine ihren eigenen Maschinenmeister bedarf.) Dieser Conflict ist jetzt so
weit gediehen, daß ohne Zweifel morgen Abend fast alle Setzer und Maschinenmeister der
hiesigen Buchdruckereien -- im ganzen etwa 400 -- die Arbeit einstellen werden. Früher
herrschte im allgemeinen ein sehr freundliches Verhältniß zwischen den Principalen und
den Arbeitern der hiesigen Buchdruckereien, zumal da etwa die Hälfte der zahlreichen Ar-
beiter verheirathete und meist solide Leute sind. Seit der vor drei Jahren eingetretenen
Erhöhung der Arbeitslöhne scheint einige Spannung eingetreten zu sein, denn wenn die
Principale damals im allgemeinen auch den Forderungen der Gehülfen willfahrten, so
scheinen diese eben doch wohl am meisten, veranlaßt durch auswärtige Hetzer, in der
Form mit Mitteln durchgesetzt worden zu sein welche einige der Buchdruckerei-Inhaber
verletzten, selbst wenn sie bei dem veränderten Geldwerthe die materielle Berechtigung
der Forderungen anerkennen mußten. Dadurch veranlaßt, hat sich ein Principal-Verein
gebildet, welcher beabsichtigte bei Wiederkehr solcher Forderungen vereint aufzutreten.
Daß diese Wiederkehr kommen mußte, kann nicht wundernehmen, da seit dem letzten
Krieg der Geldwerth abermals gesunken, und alles noch viel theurer geworden ist als vor
3 Jahren. Die Eigenthümer der beiden Buchdruckereien der Cotta'schen Buchhandlung und
von Cotta's Erben hatten deßhalb aus freien Stücken, noch ehe wirkliche Forderungen an
sie herantraten, sich mit ihren Arbeitern verständigt und den Tarif erhöht. Die übrigen
Buchdruckerei-Inhaber aber gaben sich nun gegenseitig das Wort nur gemeinsam zu
handeln und bei einer gewissen Conventionalstrafe nichts allein zu verwilligen was nicht
von allen gutgeheißen werde. Da aber die von den Arbeitern geforderten 20 Procent
Erhöhung nicht geradezu abzuweisen waren, zumal in letzter Zeit die Arbeitslöhne in
allen hiesigen Geschäften aufgebessert wurden, so gestand man im Princip 15 Procent
Aufschlag zu, und der Unterschied von 5 Procent hätte auch wahrscheinlich zu keinem
Bruch geführt wenn nicht die Tarifberechnung nach der Behauptung der Gehülfen so
gestellt wäre, daß, trotz scheinbaren 15procentigen Lohnaufschlags, doch in Wirklichkeit
eher weniger als mehr als bisher bezahlt werden würde. Darum war die Verständigung
dießmal schwer, da gegenseitiges Mißtrauen überall vorherrschte. Auch die Vermittlung des
Oberbürgermeisters und des Gewerbevereinsvorstandes führte nicht zum Ziele. Es scheint
überhaupt jetzt daß weniger mehr die Lohnfrage, als vielmehr die Forderungder Principale
an die Gehülfen, aus dem allgemeinen deutschen Arbeiterverband auszutreten, und die Wei-
gerung der Gehülfen dieß zu thun den Hauptstein des Anstoßes bildet. Die Arbeiter haben
außerdem eine andere Forderung erhoben, indem sie gleichzeitig (außer der vor drei Jahren
gewährten) eine weitere Herabsetzung der Arbeitszeit (auf 10 Stunden) verlangten. Da
die Arbeiter ordnungsmäßig gekündigt haben und mit Geldmitteln auf einige Wochen
hinlänglich versehen sind, so wird morgen Abends in allen Buchdruckereien (außer den
beiden Cotta's) die Arbeit eingestellt werden. Doch soll es einigen Druckereien gelungen
sein sich theils durch erzieltes Abkommen mit einigen verheiratheten älteren Arbeitern
mittelst Erhöhung eines Wochenfixums, theils durch Beizug einiger auswärtigen Arbeiter,
eine kleinere Zahl von Arbeitern zu sichern. (Karlsr. Z.)



Republik proclamiren zu laſſen, iſt zu ſchließen erlaubt daß der Präſident der Re-
publik ſelbſt mit dem Gedanken umgehe dem Proviſorium ein Ende zu machen.
Einſtweilen mag es ſich freilich nur erſt um einen ballon d’essai handeln. Daß
die proviſoriſchen Einrichtungen auf die öffentliche Stimmung drücken, läßt ſich
übrigens nicht verkennen. Deßhalb können die zahlreichen Enthaltungen bei den
Wahlen in Paris vorzugsweiſe nur aus der immer mehr ſich bahnbrechenden
Ueberzeugung des Publicums erklärt werden: daß die gegenwärtige Regierung und
Aſſemblée unfähig ſeien etwas erſpießliches zu ſchaffen. Es unterliegt ſogar kei-
nem Zweifel daß die 93,000 Stimmen welche Victor Hugo fand zu ſeiner Ernen-
nung hingereicht haben würden, wenn nicht ein großer Theil der Bourgeoſie ſich
durch die Ausſicht auf die unmittelbare Rückkehr der Regierung nach Paris hätte
verlocken laſſen. Wie es mit der Verheißung des Candidaten des Hrn. Thiers
ſteht, wiſſen Sie; unter dem Vorwande daß die Debatten über die finanziellen
Fragen nicht unterbrochen werden dürfen, hat Hr. Thiers die Vertagung des Ge-
ſetzvorſchlages Duchâtel beantragen laſſen. Die Commiſſion unterſtützte ihn bei die-
ſer Gelegenheit. Ob der Vorſchlag ſchließlich votirt werden wird, läßt ſich bei
dem Hin- und Herſchwanken der Parteiſtellungen nicht ermeſſen. Was die Wahlen
in den Provinzen anbelangt, ſo ſuchen die Regierungsblätter vergebens die Bedeu-
tung derſelben abzuſchwächen oder gar abzuläugnen. Das Reſultat iſt ein Erfolg
des Radicalismus und Bonapartismus, für dieſen letztern um ſo wichtiger, als
ſich herausſtellte daß der Klerus anfängt imperialiſtiſche Sympathien kund zu
geben; denn es iſt erwieſen daß die bonapartiſtiſchen Candidaten ihre Ernennung
theilweiſe klerikalen Einflüſſen verdanken. Das Unterrichtsgeſetz des Hrn. Simon
und die Angelegenheit Littré haben die gründliche Feindſeligkeit des Cpiſkopats
gegen die gegenwärtige Ordnung der Dinge hervorgerufen. An ſchwarzen Punkten
am politiſchen Horizont des Hrn. Thiers und Frankreichs fehlt es nicht, und der
kleinſte iſt nicht die Thatſache daß man an der Möglichkeit des Empire nicht mehr
zweifelt, ſei es nun vor oder nach einer zweiten Auflage der Commune, während
man immer mehr daran zweifelt daß Hr. Thiers, trotz ſeiner unläugbaren Ge-
wandtheit und Thätigkeit, ſeiner Aufgabe gewachſen ſei. — Das Amtsblatt meldet
heute erſt daß Graf Arnim am 9 d. ſeine Beglaubigungsſchreiben als Botſchafter
Deutſchlands dem Präſidenten der Republik überreicht habe. Politiſche Kanne-
gießer legen dieſer Säumniß des Amtsblattes eine gewiſſe Wichtigkeit bei. Mit
Unrecht, es iſt nur Mangel an Lebensart und keine ſchlimme Meinung. Andrer-
ſeits ſind die Verſicherungen der Officiöſen in Berlin und in Paris: die Unterhal-
tungen zwiſchen dem Hrn. Thiers und dem Grafen Arnim, ſowie die zwiſchen dem
Fürſten Bismarck und dem franzöſiſchen Botſchafter ſeien ſehr cordiale geweſen, von
keiner Bedeutung, weil es ſich von ſelbſt verſteht daß die Wiederherſtellung regel-
mäßiger diplomatiſcher Beziehungen zwiſchen zwei Mächten nur in durchaus cour-
toiſer Weiſe vollbracht werden kann. — Die Pariſer Tagespreſſe hat von dem
Wiedererſcheinen des „Mémorial Diplomatique“ nicht die entfernteſte Notiz ge-
nommen. Nur der „Conſtitutionnel“ hat es erwähnt, da der Director des
„Mémorial“ gleichzeitig ein Mitarbeiter jenes Blattes iſt. Die im vorigen Monat
ſuspendirten Blätter, „Rappel,“ „Pays“ und „Avenir libéral,“ wiſſen noch immer
nicht ob und wann ſie von neuem erſcheinen dürfen. Nur mündlich und nicht officiell iſt
den Eigenthümern damals geſagt worden: die Suspendirung ſei eine zweimonatliche.
Die beiden erſtgenannten (bonaparſtitiſche) Blätter werden ſchwerlich vor dem
1 Febr. begnadigt werden, da an dieſem Tage Hr. Rouher ſein Heil in der Ergän-
zungswahl von Corſica verſuchen wird.

Nationalverſammlung, Hr. Jean Brunet,
Abgeordneter von Paris, erhielt das Wort. Ich habe die Ehre, ſagt er, den Antrag
zu ſtellen daß die Nationalverſammlung erkläre: Frankreich lege ſeine Geſchicke in die
Hände Chriſti. (Allgemeines Erſtaunen, Unruhe links.) Dieſer Antrag charakteriſirt
ſich ſelbſt als ein dringlicher. Gott hat in ſeiner Gerechtigkeit Frankreich mit ſchrecklichen
Strafen heimgeſucht, weil dieſes Land, ehedem das Schwert des Herrn und des Erlöſers
der Völker, ſich von den Gottloſen, den Gauklern, Schönrednern und Kupplern ver-
führen ließ. (Gelächter links, Biſchof Dupanloup und andere Mitglieder der Rechten
klatſchen Beifall.) Es gilt unſer Land zum Glauben zurückzuführen. Darum ſtelle ich
folgenden Antrag: Art. 1. Frankreich widmet ſich, um von ſeinen Leiden zu geneſen
und zu neuem Leben aufzuerſtehen, gänzlich dem allmächtigen Gott und Chriſto, dem
Erlöſer. Art. 2. Zum Zeugniß ſeiner unerſchütterlichen Hingebung errichtet Frankreich
einen Tempel im Innern von Paris auf der Anhöhe welche nach dem König von Rom
benannt worden iſt (Trocadero). Art. 3. Dieſer Tempel Chriſti ſowie die Standarte
Frankreichs ſollen folgende Inſchrift tragen: „Gott beſchütze Frankreich; Chriſtus iſt der
Sieger, er herrſcht und befiehlt.“ (Eine Stimme: Wie auf unſern alten Münzen:
Christus vincit, regnat, imperat. Eine andere: Kehren wir zu den Rohſtoffen zurück!
Eine andere: Dieſer „Stoff“ hat auch ſein Intereſſe!) Die Dringlichkeit wird für den
Antrag des Hrn. Jean Brunet nicht anerkannt. Man nimmt die Steuerdebatte
wieder auf. Hr. Deſeilligny bekämpft im Princip jede Beſteuerung der Rohſtoffe:
ſolange die Regierung nicht die von ihr projectirten Tarife vorlege, discutire man über-
dieß ins Blaue hinein. Hr. Thiers habe im Jahr 1870 treffend geſagt: eine Regierung
dürfe nicht alles ſelbſt in die Hand nehmen wollen, nicht darauf Anſpruch machen ein
beſſerer Militär als die Militärs, ein beſſerer Kaufmann als die Kaufleute zu ſein.
Hört man aber die betheiligten Intereſſen, ſo ergibt ſich daß von 60 Handelskammern
ſich nur 9 fur das Regierungsproject erklären, und von dieſen entfallen mehrere auf die
Normandie allein. Selbſt im Norddepartement ſpricht man ſich gegen den Regierungs-
vorſchlag aus, weil auch die dortigen Fabricanten ſeit dem neuen Handelsſyſtem expor-
tiren. Was den Commiſſionsantrag betrifft, ſo erklären ſich 22 Handelskammern dafür
und 38 dagegen. Mit welchem Recht will man Induſtrien die ſich zur Ausfuhrfähigkeit
emporgeſchwungen haben, nun plötzlich ſagen: „ihr dürft nicht fortbeſtehen!“ Redner
macht den Gegenvorſchlag eines Stempels von 1 pro 1000 für den geſammten Handels-
umſatz; da er den letztern auf 100 Milliarden veranſchlagt, ſo würde dieſe Steuer, wie
er meint, 100 Millionen ergeben. Dieſer Vorſchlag ſei bereits der Regierung unter-
breitet worden; der Finanzminiſter habe geſagt: er ſei ſinnreich, aber er gefalle ihm
nicht (Heiterkeit), und damit ſei er begraben worden. Gleichwohl würde er in der
geſammten Handelswelt, in Marſeille wie in Havre und Amiens, beifällig aufgenommen
und jedenfalls einer Steuer vorgezogen werden die jede Concurrenz mit dem Ausland
unmöglich mache. (Beifall.) Hr. Clapier erklärt ſich ebenfalls gegen das Regierungs-
project und proponirt dagegen eine Steuer von 3 Procent auf die verarbeiteten Stoffe.

Der König wird demnächſt die Villa Ludoviſi beziehen,
die er dem Principe Piombino für den monatlichen Miethpfennig von 5000 Lire
abgemiethet hat. Im Quirinal muß erſt eine für ihn paſſende Zimmerflucht herge-
[Spaltenumbruch] richtet werden, was Zeit koſtet, vielleicht ſo viel Zeit daß darüber der Kronprinz, der
ſchon jetzt im Quirinal wohnt, König wird. Das Geſchäft über den Ankauf des
Caſtel Pvrziano (eigentlich Porcellino) für Rechnung der Civilliſte iſt zwiſchen dem
Finanzminiſter und dem bisherigen Eigenthümer, dem Duca Grazioli, zu Stande
gekommen. Letzterer erhält fünfthalb Millionen Lire. Da der König durch
dieſen Ankauf einen mit den nöthigen Jagdgründen ausgeſtatteten Landſitz in der
Nähe von Rom bekommen hat, ſo iſt es für paſſend befunden worden die der
ſavoyiſchen Königsfamilie gehörige Villa bei Frascati, La Rufinella genannt, zu
veräußern. Der Principe Lancellotti hat ſie für 300,000 Lire an ſich gebracht.
Während der Ankauf des Caſtel Porziano allgemein gebilligt wird, da der König,
in allen Theilen der Halbinſel mit Villen und Gütern überreich verſehen, noth-
wendiger Weiſe ein Jagdſchloß bei Rom brauchte, ſo findet dagegen die Veräußerung
der Rufinella keinen Beifall. Gerade mehrere der Monarchie ergebene Blätter
ſprechen ihren Tadel aus, indem ſie denſelben wohlweislich gegen die Beamten der
königlichen Hausverwaltung richten, während es doch in die Augen ſpringt daß
die Beamten nicht ohne höheren Befehl gehandelt haben können. Die Rufinella,
durch ihre zum Theil nach dem Berliner Muſeum verbrachten Antiquitäten be-
rühmt, gehörte einſt der Königin Chriſtine, Wittwe des Königs Karl Felix, und
wurde von derſelben den Jeſuiten vermacht, jedoch unter der Bedingung daß, falls
bei ihrem Tode der Orden nicht exiſtirte, das Haus Savoyen an deſſen Stelle treten
ſollte. Es traf ſich daß, als die Königin ſtarb, die Geſellſchaft Jeſu, wenn auch
zu Recht beſtehend, doch thatſächlich aus Rom vertrieben war, und die Vertreter
des ſavoyiſchen Hauſes drangen mit der Behauptung durch daß die im Teſtament
vorgeſehene Bedingung eingetreten ſei. Die ſavoyiſche Dynaſtie legte damals
einen Werth auf den Beſitz, nicht um ſeines materiellen, ſondern um ſeines hiſto-
riſchen und archäologiſchen Werthes halber. Aber es ſcheint daß heutzutage die
Dynaſtie zu reich trägt an ihrer gegenwärtigen Herrlichkeit, als daß ſie für ſolch
alten Plunder Intereſſe und Geld übrig hätte. — Die Commiſſion „der Fünf-
zehn,“ d. h. der fünfzehn Abgeordneten welche die verſchiedenartigen Projecte des
Finanzminiſters Sella zu prüfen hat, iſt ſeit zwei Tagen verſammelt. Im ganzen
hat ſie den miniſteriellen Entwürfen eine günſtige Stimmung entgegengebracht.
Den meiſten Widerſtand ſetzt ſie der projectiven Steuer auf die Gewebe ent-
gegen. Namentlich die Beſtimmung des Geſetzentwurfs welche den Steueragen-
ten das Recht gibt zu jeder Zeit in die Häuſer zu dringen und die darin befindlichen
Webſtühle zu controliren, wird völlig unannehmbar befunden. — Aus Florenz
gehen mir Mittheilungen zu welche die ökonomiſche Lage der Stadt als verhältniß-
mäßig günſtig darſtellen. Der Ausfall im Ertrag der Verzehrsabgabe (dazio con-
sumo
) betraf für das abgelaufene Jahr nur 28,000 Lire. Allerdings befinden ſich
noch mehrere der größten Adminiſtrationen, namentlich die der Finanzen und des
Kriegs, beinahe vollſtändig in der alten Hauptſtadt, und es wird die Zahl der einſt-
weilen noch dort wohnenden, aber auch zur Ueberſiedelung nach Rom beſtimmten
Beamten und ihrer Angehörigen auf etwa 12,000 geſchätzt. Die letzten dieſer
Nachzügler werden Florenz nicht vor zwei Jahren verlaſſen, und dann erſt wird
ſich zeigen wie das gänzlich enthauptete Florenz weiter zu leben vermag.

Die Regierung hat eine Anleihe von 15 Mill.
Fr. mit der auſtro-osmaniſchen Bank abgeſchloſſen. Der Vertrag wurde heute
unterzeichnet; die Bedingungen ſind noch unbekannt. (T. N.)

Verſchiedenes.

Schon ſeit einiger Zeit ſpielte hier ein Conflict zwi-
ſchen den Buchdruckerei-Inhabern und ihren Setzern,
der ſich ſeit kurzem
noch auf andere Buchdruckerei-Angehörige, namentlich die in den Buchdruckereien für
Illuſtrationen ſehr zahlreichen Maſchinenmeiſter, ausgedehnt hat. (Die Hallber-
ger’ſche und die Schönlein’ſche Buchdruckerei, die Verleger illuſtrirter Zeitſchriften und
Werke, haben allein etwa 50 Maſchinenmeiſter, weil bei den feineren Holzſchnitt-Drucken
faſt jede Maſchine ihren eigenen Maſchinenmeiſter bedarf.) Dieſer Conflict iſt jetzt ſo
weit gediehen, daß ohne Zweifel morgen Abend faſt alle Setzer und Maſchinenmeiſter der
hieſigen Buchdruckereien — im ganzen etwa 400 — die Arbeit einſtellen werden. Früher
herrſchte im allgemeinen ein ſehr freundliches Verhältniß zwiſchen den Principalen und
den Arbeitern der hieſigen Buchdruckereien, zumal da etwa die Hälfte der zahlreichen Ar-
beiter verheirathete und meiſt ſolide Leute ſind. Seit der vor drei Jahren eingetretenen
Erhöhung der Arbeitslöhne ſcheint einige Spannung eingetreten zu ſein, denn wenn die
Principale damals im allgemeinen auch den Forderungen der Gehülfen willfahrten, ſo
ſcheinen dieſe eben doch wohl am meiſten, veranlaßt durch auswärtige Hetzer, in der
Form mit Mitteln durchgeſetzt worden zu ſein welche einige der Buchdruckerei-Inhaber
verletzten, ſelbſt wenn ſie bei dem veränderten Geldwerthe die materielle Berechtigung
der Forderungen anerkennen mußten. Dadurch veranlaßt, hat ſich ein Principal-Verein
gebildet, welcher beabſichtigte bei Wiederkehr ſolcher Forderungen vereint aufzutreten.
Daß dieſe Wiederkehr kommen mußte, kann nicht wundernehmen, da ſeit dem letzten
Krieg der Geldwerth abermals geſunken, und alles noch viel theurer geworden iſt als vor
3 Jahren. Die Eigenthümer der beiden Buchdruckereien der Cotta’ſchen Buchhandlung und
von Cotta’s Erben hatten deßhalb aus freien Stücken, noch ehe wirkliche Forderungen an
ſie herantraten, ſich mit ihren Arbeitern verſtändigt und den Tarif erhöht. Die übrigen
Buchdruckerei-Inhaber aber gaben ſich nun gegenſeitig das Wort nur gemeinſam zu
handeln und bei einer gewiſſen Conventionalſtrafe nichts allein zu verwilligen was nicht
von allen gutgeheißen werde. Da aber die von den Arbeitern geforderten 20 Procent
Erhöhung nicht geradezu abzuweiſen waren, zumal in letzter Zeit die Arbeitslöhne in
allen hieſigen Geſchäften aufgebeſſert wurden, ſo geſtand man im Princip 15 Procent
Aufſchlag zu, und der Unterſchied von 5 Procent hätte auch wahrſcheinlich zu keinem
Bruch geführt wenn nicht die Tarifberechnung nach der Behauptung der Gehülfen ſo
geſtellt wäre, daß, trotz ſcheinbaren 15procentigen Lohnaufſchlags, doch in Wirklichkeit
eher weniger als mehr als bisher bezahlt werden würde. Darum war die Verſtändigung
dießmal ſchwer, da gegenſeitiges Mißtrauen überall vorherrſchte. Auch die Vermittlung des
Oberbürgermeiſters und des Gewerbevereinsvorſtandes führte nicht zum Ziele. Es ſcheint
überhaupt jetzt daß weniger mehr die Lohnfrage, als vielmehr die Forderungder Principale
an die Gehülfen, aus dem allgemeinen deutſchen Arbeiterverband auszutreten, und die Wei-
gerung der Gehülfen dieß zu thun den Hauptſtein des Anſtoßes bildet. Die Arbeiter haben
außerdem eine andere Forderung erhoben, indem ſie gleichzeitig (außer der vor drei Jahren
gewährten) eine weitere Herabſetzung der Arbeitszeit (auf 10 Stunden) verlangten. Da
die Arbeiter ordnungsmäßig gekündigt haben und mit Geldmitteln auf einige Wochen
hinlänglich verſehen ſind, ſo wird morgen Abends in allen Buchdruckereien (außer den
beiden Cotta’s) die Arbeit eingeſtellt werden. Doch ſoll es einigen Druckereien gelungen
ſein ſich theils durch erzieltes Abkommen mit einigen verheiratheten älteren Arbeitern
mittelſt Erhöhung eines Wochenfixums, theils durch Beizug einiger auswärtigen Arbeiter,
eine kleinere Zahl von Arbeitern zu ſichern. (Karlsr. Z.)



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&#x017F;teht, wi&#x017F;&#x017F;en Sie; unter dem Vorwande daß die Debatten über die finanziellen<lb/>
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&#x017F;er Gelegenheit. Ob der Vor&#x017F;chlag &#x017F;chließlich votirt werden wird, läßt &#x017F;ich bei<lb/>
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&#x017F;ich heraus&#x017F;tellte daß der Klerus anfängt imperiali&#x017F;ti&#x017F;che Sympathien kund zu<lb/>
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Deut&#x017F;chlands dem Prä&#x017F;identen der Republik überreicht habe. Politi&#x017F;che Kanne-<lb/>
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Unrecht, es i&#x017F;t nur Mangel an Lebensart und keine &#x017F;chlimme Meinung. Andrer-<lb/>
&#x017F;eits &#x017F;ind die Ver&#x017F;icherungen der Officiö&#x017F;en in Berlin und in Paris: die Unterhal-<lb/>
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den Eigenthümern damals ge&#x017F;agt worden: die Suspendirung &#x017F;ei eine zweimonatliche.<lb/>
Die beiden er&#x017F;tgenannten (bonapar&#x017F;titi&#x017F;che) Blätter werden &#x017F;chwerlich vor dem<lb/>
1 Febr. begnadigt werden, da an die&#x017F;em Tage Hr. Rouher &#x017F;ein Heil in der Ergän-<lb/>
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Abgeordneter von Paris, erhielt das Wort. Ich habe die Ehre, &#x017F;agt er, den Antrag<lb/>
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Hände Chri&#x017F;ti. (Allgemeines Er&#x017F;taunen, Unruhe links.) Die&#x017F;er Antrag charakteri&#x017F;irt<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t als ein dringlicher. Gott hat in &#x017F;einer Gerechtigkeit Frankreich mit &#x017F;chrecklichen<lb/>
Strafen heimge&#x017F;ucht, weil die&#x017F;es Land, ehedem das Schwert des Herrn und des Erlö&#x017F;ers<lb/>
der Völker, &#x017F;ich von den Gottlo&#x017F;en, den Gauklern, Schönrednern und Kupplern ver-<lb/>
führen ließ. (Gelächter links, Bi&#x017F;chof Dupanloup und andere Mitglieder der Rechten<lb/>
klat&#x017F;chen Beifall.) Es gilt un&#x017F;er Land zum Glauben zurückzuführen. Darum &#x017F;telle ich<lb/>
folgenden Antrag: Art. 1. Frankreich widmet &#x017F;ich, um von &#x017F;einen Leiden zu gene&#x017F;en<lb/>
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Erlö&#x017F;er. Art. 2. Zum Zeugniß &#x017F;einer uner&#x017F;chütterlichen Hingebung errichtet Frankreich<lb/>
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benannt worden i&#x017F;t (Trocadero). Art. 3. Die&#x017F;er Tempel Chri&#x017F;ti &#x017F;owie die Standarte<lb/>
Frankreichs &#x017F;ollen folgende In&#x017F;chrift tragen: &#x201E;Gott be&#x017F;chütze Frankreich; Chri&#x017F;tus i&#x017F;t der<lb/>
Sieger, er herr&#x017F;cht und befiehlt.&#x201C; (Eine Stimme: Wie auf un&#x017F;ern alten Münzen:<lb/><hi rendition="#aq">Christus vincit, regnat, imperat.</hi> Eine andere: Kehren wir zu den Roh&#x017F;toffen zurück!<lb/>
Eine andere: Die&#x017F;er &#x201E;Stoff&#x201C; hat auch &#x017F;ein Intere&#x017F;&#x017F;e!) Die Dringlichkeit wird für den<lb/>
Antrag des Hrn. Jean Brunet <hi rendition="#g">nicht</hi> anerkannt. Man nimmt die <hi rendition="#g">Steuerdebatte</hi><lb/>
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&#x017F;olange die Regierung nicht die von ihr projectirten Tarife vorlege, discutire man über-<lb/>
dieß ins Blaue hinein. Hr. Thiers habe im Jahr 1870 treffend ge&#x017F;agt: eine Regierung<lb/>
dürfe nicht alles &#x017F;elb&#x017F;t in die Hand nehmen wollen, nicht darauf An&#x017F;pruch machen ein<lb/>
be&#x017F;&#x017F;erer Militär als die Militärs, ein be&#x017F;&#x017F;erer Kaufmann als die Kaufleute zu &#x017F;ein.<lb/>
Hört man aber die betheiligten Intere&#x017F;&#x017F;en, &#x017F;o ergibt &#x017F;ich daß von 60 Handelskammern<lb/>
&#x017F;ich nur 9 fur das Regierungsproject erklären, und von die&#x017F;en entfallen mehrere auf die<lb/>
Normandie allein. Selb&#x017F;t im Norddepartement &#x017F;pricht man &#x017F;ich gegen den Regierungs-<lb/>
vor&#x017F;chlag aus, weil auch die dortigen Fabricanten &#x017F;eit dem neuen Handels&#x017F;y&#x017F;tem expor-<lb/>
tiren. Was den Commi&#x017F;&#x017F;ionsantrag betrifft, &#x017F;o erklären &#x017F;ich 22 Handelskammern dafür<lb/>
und 38 dagegen. Mit welchem Recht will man Indu&#x017F;trien die &#x017F;ich zur Ausfuhrfähigkeit<lb/>
emporge&#x017F;chwungen haben, nun plötzlich &#x017F;agen: &#x201E;ihr dürft nicht fortbe&#x017F;tehen!&#x201C; Redner<lb/>
macht den Gegenvor&#x017F;chlag eines Stempels von 1 pro 1000 für den ge&#x017F;ammten Handels-<lb/>
um&#x017F;atz; da er den letztern auf 100 Milliarden veran&#x017F;chlagt, &#x017F;o würde die&#x017F;e Steuer, wie<lb/>
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breitet worden; der Finanzmini&#x017F;ter habe ge&#x017F;agt: er &#x017F;ei &#x017F;innreich, aber er gefalle ihm<lb/>
nicht (Heiterkeit), und damit &#x017F;ei er begraben worden. Gleichwohl würde er in der<lb/>
ge&#x017F;ammten Handelswelt, in Mar&#x017F;eille wie in Havre und Amiens, beifällig aufgenommen<lb/>
und jedenfalls einer Steuer vorgezogen werden die jede Concurrenz mit dem Ausland<lb/>
unmöglich mache. (Beifall.) Hr. <hi rendition="#g">Clapier</hi> erklärt &#x017F;ich ebenfalls gegen das Regierungs-<lb/>
project und proponirt dagegen eine Steuer von 3 Procent auf die verarbeiteten Stoffe.</p>
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die er dem Principe Piombino für den monatlichen Miethpfennig von 5000 Lire<lb/>
abgemiethet hat. Im Quirinal muß er&#x017F;t eine für ihn pa&#x017F;&#x017F;ende Zimmerflucht herge-<lb/><cb/>
richtet werden, was Zeit ko&#x017F;tet, vielleicht &#x017F;o viel Zeit daß darüber der Kronprinz, der<lb/>
&#x017F;chon jetzt im Quirinal wohnt, König wird. Das Ge&#x017F;chäft über den Ankauf des<lb/>
Ca&#x017F;tel Pvrziano (eigentlich Porcellino) für Rechnung der Civilli&#x017F;te i&#x017F;t zwi&#x017F;chen dem<lb/>
Finanzmini&#x017F;ter und dem bisherigen Eigenthümer, dem Duca Grazioli, zu Stande<lb/>
gekommen. Letzterer erhält fünfthalb Millionen Lire. Da der König durch<lb/>
die&#x017F;en Ankauf einen mit den nöthigen Jagdgründen ausge&#x017F;tatteten Land&#x017F;itz in der<lb/>
Nähe von Rom bekommen hat, &#x017F;o i&#x017F;t es für pa&#x017F;&#x017F;end befunden worden die der<lb/>
&#x017F;avoyi&#x017F;chen Königsfamilie gehörige Villa bei Frascati, La Rufinella genannt, zu<lb/>
veräußern. Der Principe Lancellotti hat &#x017F;ie für 300,000 Lire an &#x017F;ich gebracht.<lb/>
Während der Ankauf des Ca&#x017F;tel Porziano allgemein gebilligt wird, da der König,<lb/>
in allen Theilen der Halbin&#x017F;el mit Villen und Gütern überreich ver&#x017F;ehen, noth-<lb/>
wendiger Wei&#x017F;e ein Jagd&#x017F;chloß bei Rom brauchte, &#x017F;o findet dagegen die Veräußerung<lb/>
der Rufinella keinen Beifall. Gerade mehrere der Monarchie ergebene Blätter<lb/>
&#x017F;prechen ihren Tadel aus, indem &#x017F;ie den&#x017F;elben wohlweislich gegen die Beamten der<lb/>
königlichen Hausverwaltung richten, während es doch in die Augen &#x017F;pringt daß<lb/>
die Beamten nicht ohne höheren Befehl gehandelt haben können. Die Rufinella,<lb/>
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rühmt, gehörte ein&#x017F;t der Königin Chri&#x017F;tine, Wittwe des Königs Karl Felix, und<lb/>
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bei ihrem Tode der Orden nicht exi&#x017F;tirte, das Haus Savoyen an de&#x017F;&#x017F;en Stelle treten<lb/>
&#x017F;ollte. Es traf &#x017F;ich daß, als die Königin &#x017F;tarb, die Ge&#x017F;ell&#x017F;chaft Je&#x017F;u, wenn auch<lb/>
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Dyna&#x017F;tie zu reich trägt an ihrer gegenwärtigen Herrlichkeit, als daß &#x017F;ie für &#x017F;olch<lb/>
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Finanzmini&#x017F;ters Sella zu prüfen hat, i&#x017F;t &#x017F;eit zwei Tagen ver&#x017F;ammelt. Im ganzen<lb/>
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ten das Recht gibt zu jeder Zeit in die Häu&#x017F;er zu dringen und die darin befindlichen<lb/>
Web&#x017F;tühle zu controliren, wird völlig unannehmbar befunden. &#x2014; Aus Florenz<lb/>
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Nachzügler werden Florenz nicht vor zwei Jahren verla&#x017F;&#x017F;en, und dann er&#x017F;t wird<lb/>
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Daß die&#x017F;e Wiederkehr kommen <hi rendition="#g">mußte,</hi> kann nicht wundernehmen, da &#x017F;eit dem letzten<lb/>
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3 Jahren. Die Eigenthümer der beiden Buchdruckereien der Cotta&#x2019;&#x017F;chen Buchhandlung und<lb/>
von Cotta&#x2019;s Erben hatten deßhalb aus freien Stücken, noch ehe wirkliche Forderungen an<lb/>
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Auf&#x017F;chlag zu, und der Unter&#x017F;chied von 5 Procent hätte auch wahr&#x017F;cheinlich zu keinem<lb/>
Bruch geführt wenn nicht die Tarifberechnung nach der Behauptung der Gehülfen &#x017F;o<lb/>
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dießmal &#x017F;chwer, da gegen&#x017F;eitiges Mißtrauen überall vorherr&#x017F;chte. Auch die Vermittlung des<lb/>
Oberbürgermei&#x017F;ters und des Gewerbevereinsvor&#x017F;tandes führte nicht zum Ziele. Es &#x017F;cheint<lb/>
überhaupt jetzt daß weniger mehr die Lohnfrage, als vielmehr die Forderungder Principale<lb/>
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[213/0005] Republik proclamiren zu laſſen, iſt zu ſchließen erlaubt daß der Präſident der Re- publik ſelbſt mit dem Gedanken umgehe dem Proviſorium ein Ende zu machen. Einſtweilen mag es ſich freilich nur erſt um einen ballon d’essai handeln. Daß die proviſoriſchen Einrichtungen auf die öffentliche Stimmung drücken, läßt ſich übrigens nicht verkennen. Deßhalb können die zahlreichen Enthaltungen bei den Wahlen in Paris vorzugsweiſe nur aus der immer mehr ſich bahnbrechenden Ueberzeugung des Publicums erklärt werden: daß die gegenwärtige Regierung und Aſſemblée unfähig ſeien etwas erſpießliches zu ſchaffen. Es unterliegt ſogar kei- nem Zweifel daß die 93,000 Stimmen welche Victor Hugo fand zu ſeiner Ernen- nung hingereicht haben würden, wenn nicht ein großer Theil der Bourgeoſie ſich durch die Ausſicht auf die unmittelbare Rückkehr der Regierung nach Paris hätte verlocken laſſen. Wie es mit der Verheißung des Candidaten des Hrn. Thiers ſteht, wiſſen Sie; unter dem Vorwande daß die Debatten über die finanziellen Fragen nicht unterbrochen werden dürfen, hat Hr. Thiers die Vertagung des Ge- ſetzvorſchlages Duchâtel beantragen laſſen. Die Commiſſion unterſtützte ihn bei die- ſer Gelegenheit. Ob der Vorſchlag ſchließlich votirt werden wird, läßt ſich bei dem Hin- und Herſchwanken der Parteiſtellungen nicht ermeſſen. Was die Wahlen in den Provinzen anbelangt, ſo ſuchen die Regierungsblätter vergebens die Bedeu- tung derſelben abzuſchwächen oder gar abzuläugnen. Das Reſultat iſt ein Erfolg des Radicalismus und Bonapartismus, für dieſen letztern um ſo wichtiger, als ſich herausſtellte daß der Klerus anfängt imperialiſtiſche Sympathien kund zu geben; denn es iſt erwieſen daß die bonapartiſtiſchen Candidaten ihre Ernennung theilweiſe klerikalen Einflüſſen verdanken. Das Unterrichtsgeſetz des Hrn. Simon und die Angelegenheit Littré haben die gründliche Feindſeligkeit des Cpiſkopats gegen die gegenwärtige Ordnung der Dinge hervorgerufen. An ſchwarzen Punkten am politiſchen Horizont des Hrn. Thiers und Frankreichs fehlt es nicht, und der kleinſte iſt nicht die Thatſache daß man an der Möglichkeit des Empire nicht mehr zweifelt, ſei es nun vor oder nach einer zweiten Auflage der Commune, während man immer mehr daran zweifelt daß Hr. Thiers, trotz ſeiner unläugbaren Ge- wandtheit und Thätigkeit, ſeiner Aufgabe gewachſen ſei. — Das Amtsblatt meldet heute erſt daß Graf Arnim am 9 d. ſeine Beglaubigungsſchreiben als Botſchafter Deutſchlands dem Präſidenten der Republik überreicht habe. Politiſche Kanne- gießer legen dieſer Säumniß des Amtsblattes eine gewiſſe Wichtigkeit bei. Mit Unrecht, es iſt nur Mangel an Lebensart und keine ſchlimme Meinung. Andrer- ſeits ſind die Verſicherungen der Officiöſen in Berlin und in Paris: die Unterhal- tungen zwiſchen dem Hrn. Thiers und dem Grafen Arnim, ſowie die zwiſchen dem Fürſten Bismarck und dem franzöſiſchen Botſchafter ſeien ſehr cordiale geweſen, von keiner Bedeutung, weil es ſich von ſelbſt verſteht daß die Wiederherſtellung regel- mäßiger diplomatiſcher Beziehungen zwiſchen zwei Mächten nur in durchaus cour- toiſer Weiſe vollbracht werden kann. — Die Pariſer Tagespreſſe hat von dem Wiedererſcheinen des „Mémorial Diplomatique“ nicht die entfernteſte Notiz ge- nommen. Nur der „Conſtitutionnel“ hat es erwähnt, da der Director des „Mémorial“ gleichzeitig ein Mitarbeiter jenes Blattes iſt. Die im vorigen Monat ſuspendirten Blätter, „Rappel,“ „Pays“ und „Avenir libéral,“ wiſſen noch immer nicht ob und wann ſie von neuem erſcheinen dürfen. Nur mündlich und nicht officiell iſt den Eigenthümern damals geſagt worden: die Suspendirung ſei eine zweimonatliche. Die beiden erſtgenannten (bonaparſtitiſche) Blätter werden ſchwerlich vor dem 1 Febr. begnadigt werden, da an dieſem Tage Hr. Rouher ſein Heil in der Ergän- zungswahl von Corſica verſuchen wird. * Verſailles, 11 Jan. Nationalverſammlung, Hr. Jean Brunet, Abgeordneter von Paris, erhielt das Wort. Ich habe die Ehre, ſagt er, den Antrag zu ſtellen daß die Nationalverſammlung erkläre: Frankreich lege ſeine Geſchicke in die Hände Chriſti. (Allgemeines Erſtaunen, Unruhe links.) Dieſer Antrag charakteriſirt ſich ſelbſt als ein dringlicher. Gott hat in ſeiner Gerechtigkeit Frankreich mit ſchrecklichen Strafen heimgeſucht, weil dieſes Land, ehedem das Schwert des Herrn und des Erlöſers der Völker, ſich von den Gottloſen, den Gauklern, Schönrednern und Kupplern ver- führen ließ. (Gelächter links, Biſchof Dupanloup und andere Mitglieder der Rechten klatſchen Beifall.) Es gilt unſer Land zum Glauben zurückzuführen. Darum ſtelle ich folgenden Antrag: Art. 1. Frankreich widmet ſich, um von ſeinen Leiden zu geneſen und zu neuem Leben aufzuerſtehen, gänzlich dem allmächtigen Gott und Chriſto, dem Erlöſer. Art. 2. Zum Zeugniß ſeiner unerſchütterlichen Hingebung errichtet Frankreich einen Tempel im Innern von Paris auf der Anhöhe welche nach dem König von Rom benannt worden iſt (Trocadero). Art. 3. Dieſer Tempel Chriſti ſowie die Standarte Frankreichs ſollen folgende Inſchrift tragen: „Gott beſchütze Frankreich; Chriſtus iſt der Sieger, er herrſcht und befiehlt.“ (Eine Stimme: Wie auf unſern alten Münzen: Christus vincit, regnat, imperat. Eine andere: Kehren wir zu den Rohſtoffen zurück! Eine andere: Dieſer „Stoff“ hat auch ſein Intereſſe!) Die Dringlichkeit wird für den Antrag des Hrn. Jean Brunet nicht anerkannt. Man nimmt die Steuerdebatte wieder auf. Hr. Deſeilligny bekämpft im Princip jede Beſteuerung der Rohſtoffe: ſolange die Regierung nicht die von ihr projectirten Tarife vorlege, discutire man über- dieß ins Blaue hinein. Hr. Thiers habe im Jahr 1870 treffend geſagt: eine Regierung dürfe nicht alles ſelbſt in die Hand nehmen wollen, nicht darauf Anſpruch machen ein beſſerer Militär als die Militärs, ein beſſerer Kaufmann als die Kaufleute zu ſein. Hört man aber die betheiligten Intereſſen, ſo ergibt ſich daß von 60 Handelskammern ſich nur 9 fur das Regierungsproject erklären, und von dieſen entfallen mehrere auf die Normandie allein. Selbſt im Norddepartement ſpricht man ſich gegen den Regierungs- vorſchlag aus, weil auch die dortigen Fabricanten ſeit dem neuen Handelsſyſtem expor- tiren. Was den Commiſſionsantrag betrifft, ſo erklären ſich 22 Handelskammern dafür und 38 dagegen. Mit welchem Recht will man Induſtrien die ſich zur Ausfuhrfähigkeit emporgeſchwungen haben, nun plötzlich ſagen: „ihr dürft nicht fortbeſtehen!“ Redner macht den Gegenvorſchlag eines Stempels von 1 pro 1000 für den geſammten Handels- umſatz; da er den letztern auf 100 Milliarden veranſchlagt, ſo würde dieſe Steuer, wie er meint, 100 Millionen ergeben. Dieſer Vorſchlag ſei bereits der Regierung unter- breitet worden; der Finanzminiſter habe geſagt: er ſei ſinnreich, aber er gefalle ihm nicht (Heiterkeit), und damit ſei er begraben worden. Gleichwohl würde er in der geſammten Handelswelt, in Marſeille wie in Havre und Amiens, beifällig aufgenommen und jedenfalls einer Steuer vorgezogen werden die jede Concurrenz mit dem Ausland unmöglich mache. (Beifall.) Hr. Clapier erklärt ſich ebenfalls gegen das Regierungs- project und proponirt dagegen eine Steuer von 3 Procent auf die verarbeiteten Stoffe. ⵔ Rom, 11 Jan. Der König wird demnächſt die Villa Ludoviſi beziehen, die er dem Principe Piombino für den monatlichen Miethpfennig von 5000 Lire abgemiethet hat. Im Quirinal muß erſt eine für ihn paſſende Zimmerflucht herge- richtet werden, was Zeit koſtet, vielleicht ſo viel Zeit daß darüber der Kronprinz, der ſchon jetzt im Quirinal wohnt, König wird. Das Geſchäft über den Ankauf des Caſtel Pvrziano (eigentlich Porcellino) für Rechnung der Civilliſte iſt zwiſchen dem Finanzminiſter und dem bisherigen Eigenthümer, dem Duca Grazioli, zu Stande gekommen. Letzterer erhält fünfthalb Millionen Lire. Da der König durch dieſen Ankauf einen mit den nöthigen Jagdgründen ausgeſtatteten Landſitz in der Nähe von Rom bekommen hat, ſo iſt es für paſſend befunden worden die der ſavoyiſchen Königsfamilie gehörige Villa bei Frascati, La Rufinella genannt, zu veräußern. Der Principe Lancellotti hat ſie für 300,000 Lire an ſich gebracht. Während der Ankauf des Caſtel Porziano allgemein gebilligt wird, da der König, in allen Theilen der Halbinſel mit Villen und Gütern überreich verſehen, noth- wendiger Weiſe ein Jagdſchloß bei Rom brauchte, ſo findet dagegen die Veräußerung der Rufinella keinen Beifall. Gerade mehrere der Monarchie ergebene Blätter ſprechen ihren Tadel aus, indem ſie denſelben wohlweislich gegen die Beamten der königlichen Hausverwaltung richten, während es doch in die Augen ſpringt daß die Beamten nicht ohne höheren Befehl gehandelt haben können. Die Rufinella, durch ihre zum Theil nach dem Berliner Muſeum verbrachten Antiquitäten be- rühmt, gehörte einſt der Königin Chriſtine, Wittwe des Königs Karl Felix, und wurde von derſelben den Jeſuiten vermacht, jedoch unter der Bedingung daß, falls bei ihrem Tode der Orden nicht exiſtirte, das Haus Savoyen an deſſen Stelle treten ſollte. Es traf ſich daß, als die Königin ſtarb, die Geſellſchaft Jeſu, wenn auch zu Recht beſtehend, doch thatſächlich aus Rom vertrieben war, und die Vertreter des ſavoyiſchen Hauſes drangen mit der Behauptung durch daß die im Teſtament vorgeſehene Bedingung eingetreten ſei. Die ſavoyiſche Dynaſtie legte damals einen Werth auf den Beſitz, nicht um ſeines materiellen, ſondern um ſeines hiſto- riſchen und archäologiſchen Werthes halber. Aber es ſcheint daß heutzutage die Dynaſtie zu reich trägt an ihrer gegenwärtigen Herrlichkeit, als daß ſie für ſolch alten Plunder Intereſſe und Geld übrig hätte. — Die Commiſſion „der Fünf- zehn,“ d. h. der fünfzehn Abgeordneten welche die verſchiedenartigen Projecte des Finanzminiſters Sella zu prüfen hat, iſt ſeit zwei Tagen verſammelt. Im ganzen hat ſie den miniſteriellen Entwürfen eine günſtige Stimmung entgegengebracht. Den meiſten Widerſtand ſetzt ſie der projectiven Steuer auf die Gewebe ent- gegen. Namentlich die Beſtimmung des Geſetzentwurfs welche den Steueragen- ten das Recht gibt zu jeder Zeit in die Häuſer zu dringen und die darin befindlichen Webſtühle zu controliren, wird völlig unannehmbar befunden. — Aus Florenz gehen mir Mittheilungen zu welche die ökonomiſche Lage der Stadt als verhältniß- mäßig günſtig darſtellen. Der Ausfall im Ertrag der Verzehrsabgabe (dazio con- sumo) betraf für das abgelaufene Jahr nur 28,000 Lire. Allerdings befinden ſich noch mehrere der größten Adminiſtrationen, namentlich die der Finanzen und des Kriegs, beinahe vollſtändig in der alten Hauptſtadt, und es wird die Zahl der einſt- weilen noch dort wohnenden, aber auch zur Ueberſiedelung nach Rom beſtimmten Beamten und ihrer Angehörigen auf etwa 12,000 geſchätzt. Die letzten dieſer Nachzügler werden Florenz nicht vor zwei Jahren verlaſſen, und dann erſt wird ſich zeigen wie das gänzlich enthauptete Florenz weiter zu leben vermag. Konſtantinopel, 12 Jan. Die Regierung hat eine Anleihe von 15 Mill. Fr. mit der auſtro-osmaniſchen Bank abgeſchloſſen. Der Vertrag wurde heute unterzeichnet; die Bedingungen ſind noch unbekannt. (T. N.) Verſchiedenes. Stuttgart, 12 Jan. Schon ſeit einiger Zeit ſpielte hier ein Conflict zwi- ſchen den Buchdruckerei-Inhabern und ihren Setzern, der ſich ſeit kurzem noch auf andere Buchdruckerei-Angehörige, namentlich die in den Buchdruckereien für Illuſtrationen ſehr zahlreichen Maſchinenmeiſter, ausgedehnt hat. (Die Hallber- ger’ſche und die Schönlein’ſche Buchdruckerei, die Verleger illuſtrirter Zeitſchriften und Werke, haben allein etwa 50 Maſchinenmeiſter, weil bei den feineren Holzſchnitt-Drucken faſt jede Maſchine ihren eigenen Maſchinenmeiſter bedarf.) Dieſer Conflict iſt jetzt ſo weit gediehen, daß ohne Zweifel morgen Abend faſt alle Setzer und Maſchinenmeiſter der hieſigen Buchdruckereien — im ganzen etwa 400 — die Arbeit einſtellen werden. Früher herrſchte im allgemeinen ein ſehr freundliches Verhältniß zwiſchen den Principalen und den Arbeitern der hieſigen Buchdruckereien, zumal da etwa die Hälfte der zahlreichen Ar- beiter verheirathete und meiſt ſolide Leute ſind. Seit der vor drei Jahren eingetretenen Erhöhung der Arbeitslöhne ſcheint einige Spannung eingetreten zu ſein, denn wenn die Principale damals im allgemeinen auch den Forderungen der Gehülfen willfahrten, ſo ſcheinen dieſe eben doch wohl am meiſten, veranlaßt durch auswärtige Hetzer, in der Form mit Mitteln durchgeſetzt worden zu ſein welche einige der Buchdruckerei-Inhaber verletzten, ſelbſt wenn ſie bei dem veränderten Geldwerthe die materielle Berechtigung der Forderungen anerkennen mußten. Dadurch veranlaßt, hat ſich ein Principal-Verein gebildet, welcher beabſichtigte bei Wiederkehr ſolcher Forderungen vereint aufzutreten. Daß dieſe Wiederkehr kommen mußte, kann nicht wundernehmen, da ſeit dem letzten Krieg der Geldwerth abermals geſunken, und alles noch viel theurer geworden iſt als vor 3 Jahren. Die Eigenthümer der beiden Buchdruckereien der Cotta’ſchen Buchhandlung und von Cotta’s Erben hatten deßhalb aus freien Stücken, noch ehe wirkliche Forderungen an ſie herantraten, ſich mit ihren Arbeitern verſtändigt und den Tarif erhöht. Die übrigen Buchdruckerei-Inhaber aber gaben ſich nun gegenſeitig das Wort nur gemeinſam zu handeln und bei einer gewiſſen Conventionalſtrafe nichts allein zu verwilligen was nicht von allen gutgeheißen werde. Da aber die von den Arbeitern geforderten 20 Procent Erhöhung nicht geradezu abzuweiſen waren, zumal in letzter Zeit die Arbeitslöhne in allen hieſigen Geſchäften aufgebeſſert wurden, ſo geſtand man im Princip 15 Procent Aufſchlag zu, und der Unterſchied von 5 Procent hätte auch wahrſcheinlich zu keinem Bruch geführt wenn nicht die Tarifberechnung nach der Behauptung der Gehülfen ſo geſtellt wäre, daß, trotz ſcheinbaren 15procentigen Lohnaufſchlags, doch in Wirklichkeit eher weniger als mehr als bisher bezahlt werden würde. Darum war die Verſtändigung dießmal ſchwer, da gegenſeitiges Mißtrauen überall vorherrſchte. Auch die Vermittlung des Oberbürgermeiſters und des Gewerbevereinsvorſtandes führte nicht zum Ziele. Es ſcheint überhaupt jetzt daß weniger mehr die Lohnfrage, als vielmehr die Forderungder Principale an die Gehülfen, aus dem allgemeinen deutſchen Arbeiterverband auszutreten, und die Wei- gerung der Gehülfen dieß zu thun den Hauptſtein des Anſtoßes bildet. Die Arbeiter haben außerdem eine andere Forderung erhoben, indem ſie gleichzeitig (außer der vor drei Jahren gewährten) eine weitere Herabſetzung der Arbeitszeit (auf 10 Stunden) verlangten. Da die Arbeiter ordnungsmäßig gekündigt haben und mit Geldmitteln auf einige Wochen hinlänglich verſehen ſind, ſo wird morgen Abends in allen Buchdruckereien (außer den beiden Cotta’s) die Arbeit eingeſtellt werden. Doch ſoll es einigen Druckereien gelungen ſein ſich theils durch erzieltes Abkommen mit einigen verheiratheten älteren Arbeitern mittelſt Erhöhung eines Wochenfixums, theils durch Beizug einiger auswärtigen Arbeiter, eine kleinere Zahl von Arbeitern zu ſichern. (Karlsr. Z.)

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen, Susanne Haaf: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-04-08T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 15, 15. Januar 1872, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine15_1872/5>, abgerufen am 23.11.2024.