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Allgemeine Zeitung, Nr. 158, 6. Juni 1860.

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[Spaltenumbruch] ehrenvollen Narben bedeckt sey und an den Nachwehen schwerer Verwundung
leide. Hr. Adderley behauptet, mit Berufung auf den Bericht des Colo-
nialvertheidigungsausschusses, daß von den 15 Mill. Pf. St. auf dem
dießjährigen Armeebudget vier gestrichen werden sollten, indem es billiger
wäre wenn die Colonien die Kosten ihrer Vertheidigung allein zu bestreiten
hätten. Lord Robert Cecil hält diese Ansicht für nicht stichhaltig. Als Bei-
spiel führt er die Capcolonie an, in deren Nähe die Regierung, gegen den
Wunsch der Colonisten, eine Anzahl unabhängiger Staaten entstehen ließ,
die zur Wachsamkeit herausfordern. Ueberhaupt solle man die Colonien nicht
zu sehr vom Mutterland entwöhnen. Derselben Meinung ist Hr. Fortescue,
der den Grund für die Unterhaltung einer Militärmacht in den Colonien
weniger in der Möglichkeit eines europäischen Kriegs als in der von einheimi-
schen Stämmen fortwährend drohenden Gefahr erblicken will. Hr. Wil-
liams
(für den Londoner Wahlbezirk Lambeth, radicaler Sparsamkeits-
mann) glaubt schier England müsse seinen Muth verloren haben, da es bei
einer regulären Armee von 140,000 Mann und andern Vertheidigungscorps,
die das große Schützencorps mitgerechnet 200,000 Mann mehr machen, noch
immer des Invasionssiebers nicht los werden könne. Er sehe nicht ein warum
die englischen Colonien nicht ebenso gut wie die holländischen ihre eigene Land-
wehr stellen und bezahlen könnten. Der Admiral Sir C. Napier gibt dem
ehrenw. Mitglied für Lambeth zu verstehen daß die Armee noch lange nicht
ausreichend, und daß die Kriegsflotte immer noch zu schwach sey. Zur Spar-
samkeit werde es nach einigen Jahren fortgesetzter energischer Nüstung Zeit
seyn. Nach mehreren andern Ansragen und Zwischenreden erhebt sich Hr.
Sidney Herbert (der Kriegsminister) zur Entgegnung. Den Oekonomen
gibt er zu bedenken daß das Kriegsbudget nur deßhalb 11 oder 12 Millionen
mehr als in einem der frühern Jahre betrage, weil das Land jetzt die un-
weisen Neductionen des abgelaufenen Decenniums gut machen müsse. Was
die Ernennung des ehrenw. C. Grey betreffe, so habe derselbe neun Jahre
das 71ste Negiment in Canada befehligt. Während der ganzen Zeit daß er
in der Armee diente, seyen nur zwei auswärtige Erpeditionen, die eine nach
Portugal, die andere nach Quebec, unternommen worden, und zufällig habe
der ehrenw. C. Grey beide mitgemacht. Die Ernennung sey Sache des Kriegs
ministers, allein der Obercommandant (Herzog v. Cambridge) habe sie be-
stätigt -- nicht weil der Ernannte eine Stelle bei Hof angenommen, sondern
weil seine vorhergegangene militärische Laufbahn ihn der Ernennung würdig
erscheinen ließ. Es würde die größte Ungerechtigkeit seyn einen Officier ins
schwarze Buch einzutragen weil er eine Hofstelle bekleide. Hr. Disraeli
bemerkt: er habe gewiß keine besondere persönliche Vorliebe für den tapfern
General von dem er einst in drei Parlamentswahlen geschlagen worden. Doch
könne er das Argument nicht gelten lassen daß ein Mann in General Grey's
Stellung den gerechten Lohn für seine Dienste verwirken sollte, weil er auf
einen Posten im königlichen Haushalt berufen worden. Wenn dieses Princip
zur Anerkennung gelangte, so würde die militärische Umgebung der Königin
und der andern Mitglieder der königlichen Familie bald aus Ofsicieren von
sehr untergeordnetem Kaliber bestehen. Das Haus constituirt sich darauf
als Bewilligungsausschuß, und es gehen zwei Posten durch.

Die bereits vorgestern skizzirte Erklärung Lord John Russells in der
Unterhaussitzung vom 2 Jun. lautete des näheren also: Ich will mich
bemühen die verschiedenen an mich gerichteten Fragen so vollständig als mög-
lich zu beantworten. Zuerst muß ich bemerken daß die Angabe als wäre Sir
H. Rawlison in Folge einer zwischen ihm und Ihrer Majestät Regierung
herrschenden Meinungsverschiedenheit über die in Persien zu beobachtende
Politik abberufen worden, eine reine Fabel ist. (Hört! Hört!) Sir Henry
Rawlinson ist ein Mann von außerordentlicher Begabung und in den Ange-
legenheiten des Morgenlandes sehr zu Hause; seine persische Politik wurde
von Ihrer Majestät Regierung vollkommen gebilligt, und ich gab mich der
Hoffnung hin daß er geneigt seyn werde auf seinem Gesandtschaftsposten in
Persien zu bleiben. Der Grund seiner Rückkehr ist von dem ehrenwerthen
Mitglied für Liskeard (Osborne) richtig errathen worden. Die Leitung der
persischen Angelegenheiten war vom Jahr 1835 bis 1858 ausschließliche
Sache des auswärtigen Amtes. Während der vorigen (Derbyitischen) Ver-
waltung wurde Persien unter das indische Aufsichtsamts gestellt. Mein
edler Freund an der Spitze (Lord Palmerston) fand für gut die frühere Ein-
richtung wieder herzustellen; denn er dachte daß die Hauptaufgabe in Persien
-- obgleich manches dort ohne Zweifel mit den indischen Angelegenheiten zu-
sammenhängt -- darin bestehe, die Beziehungen zwischen jenem Lande und
England und Rußland zu ordnen. Dieß ist in der That der Fall, so viel
ich aus eigener Erfahrung weiß. Wenn eine Frage zwischen Persten und
Rußland schwebt, so wird die Meinung des englischen Gesandten darüber
eingeholt; und wenn eine Frage zwischen Persien und England vorhanden
ist, wird der russische Gesandte zu Rath gezogen. Ich übernahm die mir
übertragene Verantwortlichkeit, und hoffte in der That auf Sir Henry's Ge-
neigtheit zu bleiben. Aber nicht lange nachdem die eingetretene Veränderung
in Persien bekannt geworden war, erfuhr ich von einem Gentleman im aus-
[Spaltenumbruch] wärtigen Amt, Sir. H. Rawlinson habe ihm in einem Privatschreiben mit-
getheilt daß er gleich nach Empfang der amtlichen Anzeige von der getroffe-
nen Aeuderung seine Entlassung einreichen und heimkehren werde. Seine
Einwände waren, glaube ich, vorzugsweise gegen die verschiedene Ge-
schästsführung in den beiden Aemtern gerichtet, und der eine bezog sich
allerdings auf das Geschenkemachen, was vom auswärtigen Amt nie ge-
stattet wurde. Einige Zeit nachher schrieb mir Sir Henry Rawlinson selber,
und ich fand mich bewogen, nachdem ich seine Entlassung mit Bedauern
angenommen, an seiner Stelle Hrn. Alison zu ernennen, einen Gentleman
der lange im diplomatischen Dienst im Orient stand, und dessen Depeschen und
Berichte ich oft zu bewundern Gelegenheit hatte. Unsere persische Politik ist
leicht erklärt. Sie besteht darin die Integrität und Unabhängigkeit Persiens
aufrecht zu halten, aber zugleich der persischen Regierung von Angriffen auf
andere unabhängige Nationen abzurathen. (Hört, hört!) Wir wünschen der
persischen Regierung nichts aufzudrängen und sie zu nichts zu zwingen. Der
hiesige persische Gesandte hat unserm Rath gerne beigestimmt, und unsere Be-
ziehungen zum Schah sind der freundschaftlichsten Art. (Hört, hört!) In
einem Punkt jedoch ist unsere Ansicht vielleicht eigenthümlich. Von Zeit zu
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in Persien. Die Anhänger Großbritanniens wußten immer eine oder die an-
dere Geschichte von russischer Unterdrückungslust zu erzählen, und umgekehrt
wurde die brittische Politik von den Freunden Rußlands denuncirt. Ich hielt
es für das beste von dieser Nebenbuhlerei abzumahnen (hört!), und so oft ich
nach St. Petersburg zu schreiben oder mit dem russischen Gesandten zu reden
hatte, sagte ich immer: wenn nur Rußland die Unabhängigkeit Persiens auf-
rechthalten wolle, so würden wir gern im selben Sinne Rath ertheilen; daß
wir kein besonders gegen Rußland gerichtetes Interesse in Persien haben; daß
wir nur die manchmal schwache und manchmal bedrohte persische Regierung
stützen wollen, und daß wir vertrauten Rußland werde im selben Sinne mit
uns handeln. Die Rückäußerungen die wir von Rußland erhielten zengen von
derselben Gesinnung, und wir haben daher allen Grund zu glauben daß die
persische Regierung in Zukunft eine mehr gleichförmige Politik befolgen wird
als sie zuweilen gethan hat. (Hört, hört!) Was die über Sicilien erschienene
Flugschrift angeht, so können wir ihr keine Autorität beilegen. Niemand als
der Gentleman der sie unterzeichnet hat, ist für sie verantwortlich; aber es
liegen leider in unserem auswärtigen Amt Berichte von unsern Consuln --
zwei oder drei aus dem Jahr 1857, einer vom 24 Juli 1859 und einige andere
-- über Grausamkeiten, und selbst Folteranwendungen welche die Polizei in
Sicilien sich erlaubt hat. Der Gegenstand ist ein sehr peinlicher, und ich
mag keine Einzelnheiten daraus erwähnen; aber genug daß Leute zu unsern
Vertretern kamen und erzählten wie sie bei den Handgelenken zusammen-
geschnürt, mit der sogenannten "Haube des Schweigens" geknebelt, und an-
dern Mißhandlungen, die man füglich als Folter bezeichnen kann, unterworfen
wurden. Ich zweifle nicht daß diese Dinge, nebst andern Umständen, die
jetzige Lage der Dinge in Sicilien herbeigeführt haben, über die niemand der
von der neapolitanischen Regierungsweise einen Begriff hat, erstaunt seyn
kann. (Hört, hört!) Ich komme jetzt zu den sehr wichtigen Fragen des Mitglieds
für Horsham (Hrn. S. Fitzgerald). Es wird am besten seyn vorerst eine vollkom-
mene Darstellung dessen zu geben was sich mit Bezug auf die türkischen Angelegen-
heiten in St. Petersburg begeben hat. Gegen Ende April that Fürst Gor-
tschakoff dem türkischen Gesandten am k. russischen Hof zu wissen daß die Be-
richte aus den christlichen Provinzen der Türkei von solchen Leiden und solcher
Erbilterung der christlichen Bevölkerung zeugten daß sie einen Aufstand be-
sürchten ließen, und daß wenn in solchem Fall die türkischen Truppen ein
Blutbad anrichten sollten, der Kaiser von Rußland kein ruhiger Zuschauer
bleiben würde. Einige Tage darauf gieng eine Depesche desselben Inhalts
nach Paris, und am 5 Mai versammelte Fürst Gortschakoff die Gesandten
der fünf Mächte in seiner Amtswohnung, und machte ihnen dieselbe Mit-
theilung. Nach einiger Erörterung setzte der französische Gesandte drei Vor-
schläge auf, über die man sich so weit einigte daß die Gesandten sie an ihre
respectiven Höfe zu senden übernahmen. Der erste besagte daß die Lage der
christlichen Provinzen der Türkei unerträglich geworden sey; der zweite daß
die Beamten des Sultans, mit der Unterstützung der Consuln der fünf Mächte,
eine Untersuchung anstellen sollten, und der dritte daß nachdem der Hat-Hu-
mayum seinen Zweck verfehlt habe, eine neue Organisation für die christlichen
Provinzen nothwendig geworden sey. Nach Empfang dieser drei Punkte
entgegneten wir daß Ihrer Maj. Regierung sich durch die ihr zugegangenen
Berichte nicht berechtigt glaube die Lage der christlichen Provinzen der Türkei
unerträglich zu nennen. (Hört, hört!) Das Haus weiß daß wir von der
innern Regierung des Sultans nicht mit sonderlichem Beifall, kaum besser
als von der Neapels reden können (Lachen); aber wir haben keine Berichte
über die von Rußland stets betonte Christenunterdrückung. (Hört, hört!) Alle
Berichte und alle mündlichen Mittheilungen urtheilsfähiger Personen sagen
mir daß man die türkische Verwaltung im einzelnen weder loben noch ver-
theidigen könne, daß aber die christlichen Unterthanen der Pforte keineswegs

[Spaltenumbruch] ehrenvollen Narben bedeckt ſey und an den Nachwehen ſchwerer Verwundung
leide. Hr. Adderley behauptet, mit Berufung auf den Bericht des Colo-
nialvertheidigungsausſchuſſes, daß von den 15 Mill. Pf. St. auf dem
dießjährigen Armeebudget vier geſtrichen werden ſollten, indem es billiger
wäre wenn die Colonien die Koſten ihrer Vertheidigung allein zu beſtreiten
hätten. Lord Robert Cecil hält dieſe Anſicht für nicht ſtichhaltig. Als Bei-
ſpiel führt er die Capcolonie an, in deren Nähe die Regierung, gegen den
Wunſch der Coloniſten, eine Anzahl unabhängiger Staaten entſtehen ließ,
die zur Wachſamkeit herausfordern. Ueberhaupt ſolle man die Colonien nicht
zu ſehr vom Mutterland entwöhnen. Derſelben Meinung iſt Hr. Fortescue,
der den Grund für die Unterhaltung einer Militärmacht in den Colonien
weniger in der Möglichkeit eines europäiſchen Kriegs als in der von einheimi-
ſchen Stämmen fortwährend drohenden Gefahr erblicken will. Hr. Wil-
liams
(für den Londoner Wahlbezirk Lambeth, radicaler Sparſamkeits-
mann) glaubt ſchier England müſſe ſeinen Muth verloren haben, da es bei
einer regulären Armee von 140,000 Mann und andern Vertheidigungscorps,
die das große Schützencorps mitgerechnet 200,000 Mann mehr machen, noch
immer des Invaſionsſiebers nicht los werden könne. Er ſehe nicht ein warum
die engliſchen Colonien nicht ebenſo gut wie die holländiſchen ihre eigene Land-
wehr ſtellen und bezahlen könnten. Der Admiral Sir C. Napier gibt dem
ehrenw. Mitglied für Lambeth zu verſtehen daß die Armee noch lange nicht
ausreichend, und daß die Kriegsflotte immer noch zu ſchwach ſey. Zur Spar-
ſamkeit werde es nach einigen Jahren fortgeſetzter energiſcher Nüſtung Zeit
ſeyn. Nach mehreren andern Anſragen und Zwiſchenreden erhebt ſich Hr.
Sidney Herbert (der Kriegsminiſter) zur Entgegnung. Den Oekonomen
gibt er zu bedenken daß das Kriegsbudget nur deßhalb 11 oder 12 Millionen
mehr als in einem der frühern Jahre betrage, weil das Land jetzt die un-
weiſen Neductionen des abgelaufenen Decenniums gut machen müſſe. Was
die Ernennung des ehrenw. C. Grey betreffe, ſo habe derſelbe neun Jahre
das 71ſte Negiment in Canada befehligt. Während der ganzen Zeit daß er
in der Armee diente, ſeyen nur zwei auswärtige Erpeditionen, die eine nach
Portugal, die andere nach Quebec, unternommen worden, und zufällig habe
der ehrenw. C. Grey beide mitgemacht. Die Ernennung ſey Sache des Kriegs
miniſters, allein der Obercommandant (Herzog v. Cambridge) habe ſie be-
ſtätigt — nicht weil der Ernannte eine Stelle bei Hof angenommen, ſondern
weil ſeine vorhergegangene militäriſche Laufbahn ihn der Ernennung würdig
erſcheinen ließ. Es würde die größte Ungerechtigkeit ſeyn einen Officier ins
ſchwarze Buch einzutragen weil er eine Hofſtelle bekleide. Hr. Diſraeli
bemerkt: er habe gewiß keine beſondere perſönliche Vorliebe für den tapfern
General von dem er einſt in drei Parlamentswahlen geſchlagen worden. Doch
könne er das Argument nicht gelten laſſen daß ein Mann in General Grey’s
Stellung den gerechten Lohn für ſeine Dienſte verwirken ſollte, weil er auf
einen Poſten im königlichen Haushalt berufen worden. Wenn dieſes Princip
zur Anerkennung gelangte, ſo würde die militäriſche Umgebung der Königin
und der andern Mitglieder der königlichen Familie bald aus Ofſicieren von
ſehr untergeordnetem Kaliber beſtehen. Das Haus conſtituirt ſich darauf
als Bewilligungsausſchuß, und es gehen zwei Poſten durch.

Die bereits vorgeſtern ſkizzirte Erklärung Lord John Ruſſells in der
Unterhausſitzung vom 2 Jun. lautete des näheren alſo: Ich will mich
bemühen die verſchiedenen an mich gerichteten Fragen ſo vollſtändig als mög-
lich zu beantworten. Zuerſt muß ich bemerken daß die Angabe als wäre Sir
H. Rawliſon in Folge einer zwiſchen ihm und Ihrer Majeſtät Regierung
herrſchenden Meinungsverſchiedenheit über die in Perſien zu beobachtende
Politik abberufen worden, eine reine Fabel iſt. (Hört! Hört!) Sir Henry
Rawlinſon iſt ein Mann von außerordentlicher Begabung und in den Ange-
legenheiten des Morgenlandes ſehr zu Hauſe; ſeine perſiſche Politik wurde
von Ihrer Majeſtät Regierung vollkommen gebilligt, und ich gab mich der
Hoffnung hin daß er geneigt ſeyn werde auf ſeinem Geſandtſchaftspoſten in
Perſien zu bleiben. Der Grund ſeiner Rückkehr iſt von dem ehrenwerthen
Mitglied für Liskeard (Osborne) richtig errathen worden. Die Leitung der
perſiſchen Angelegenheiten war vom Jahr 1835 bis 1858 ausſchließliche
Sache des auswärtigen Amtes. Während der vorigen (Derbyitiſchen) Ver-
waltung wurde Perſien unter das indiſche Aufſichtsamts geſtellt. Mein
edler Freund an der Spitze (Lord Palmerſton) fand für gut die frühere Ein-
richtung wieder herzuſtellen; denn er dachte daß die Hauptaufgabe in Perſien
— obgleich manches dort ohne Zweifel mit den indiſchen Angelegenheiten zu-
ſammenhängt — darin beſtehe, die Beziehungen zwiſchen jenem Lande und
England und Rußland zu ordnen. Dieß iſt in der That der Fall, ſo viel
ich aus eigener Erfahrung weiß. Wenn eine Frage zwiſchen Perſten und
Rußland ſchwebt, ſo wird die Meinung des engliſchen Geſandten darüber
eingeholt; und wenn eine Frage zwiſchen Perſien und England vorhanden
iſt, wird der ruſſiſche Geſandte zu Rath gezogen. Ich übernahm die mir
übertragene Verantwortlichkeit, und hoffte in der That auf Sir Henry’s Ge-
neigtheit zu bleiben. Aber nicht lange nachdem die eingetretene Veränderung
in Perſien bekannt geworden war, erfuhr ich von einem Gentleman im aus-
[Spaltenumbruch] wärtigen Amt, Sir. H. Rawlinſon habe ihm in einem Privatſchreiben mit-
getheilt daß er gleich nach Empfang der amtlichen Anzeige von der getroffe-
nen Aeuderung ſeine Entlaſſung einreichen und heimkehren werde. Seine
Einwände waren, glaube ich, vorzugsweiſe gegen die verſchiedene Ge-
ſchäſtsführung in den beiden Aemtern gerichtet, und der eine bezog ſich
allerdings auf das Geſchenkemachen, was vom auswärtigen Amt nie ge-
ſtattet wurde. Einige Zeit nachher ſchrieb mir Sir Henry Rawlinſon ſelber,
und ich fand mich bewogen, nachdem ich ſeine Entlaſſung mit Bedauern
angenommen, an ſeiner Stelle Hrn. Aliſon zu ernennen, einen Gentleman
der lange im diplomatiſchen Dienſt im Orient ſtand, und deſſen Depeſchen und
Berichte ich oft zu bewundern Gelegenheit hatte. Unſere perſiſche Politik iſt
leicht erklärt. Sie beſteht darin die Integrität und Unabhängigkeit Perſiens
aufrecht zu halten, aber zugleich der perſiſchen Regierung von Angriffen auf
andere unabhängige Nationen abzurathen. (Hört, hört!) Wir wünſchen der
perſiſchen Regierung nichts aufzudrängen und ſie zu nichts zu zwingen. Der
hieſige perſiſche Geſandte hat unſerm Rath gerne beigeſtimmt, und unſere Be-
ziehungen zum Schah ſind der freundſchaftlichſten Art. (Hört, hört!) In
einem Punkt jedoch iſt unſere Anſicht vielleicht eigenthümlich. Von Zeit zu
Zeit beſtand eine Art Nebenbuhlerei zwiſchen Großbritannien und Rußland
in Perſien. Die Anhänger Großbritanniens wußten immer eine oder die an-
dere Geſchichte von ruſſiſcher Unterdrückungsluſt zu erzählen, und umgekehrt
wurde die brittiſche Politik von den Freunden Rußlands denuncirt. Ich hielt
es für das beſte von dieſer Nebenbuhlerei abzumahnen (hört!), und ſo oft ich
nach St. Petersburg zu ſchreiben oder mit dem ruſſiſchen Geſandten zu reden
hatte, ſagte ich immer: wenn nur Rußland die Unabhängigkeit Perſiens auf-
rechthalten wolle, ſo würden wir gern im ſelben Sinne Rath ertheilen; daß
wir kein beſonders gegen Rußland gerichtetes Intereſſe in Perſien haben; daß
wir nur die manchmal ſchwache und manchmal bedrohte perſiſche Regierung
ſtützen wollen, und daß wir vertrauten Rußland werde im ſelben Sinne mit
uns handeln. Die Rückäußerungen die wir von Rußland erhielten zengen von
derſelben Geſinnung, und wir haben daher allen Grund zu glauben daß die
perſiſche Regierung in Zukunft eine mehr gleichförmige Politik befolgen wird
als ſie zuweilen gethan hat. (Hört, hört!) Was die über Sicilien erſchienene
Flugſchrift angeht, ſo können wir ihr keine Autorität beilegen. Niemand als
der Gentleman der ſie unterzeichnet hat, iſt für ſie verantwortlich; aber es
liegen leider in unſerem auswärtigen Amt Berichte von unſern Conſuln —
zwei oder drei aus dem Jahr 1857, einer vom 24 Juli 1859 und einige andere
— über Grauſamkeiten, und ſelbſt Folteranwendungen welche die Polizei in
Sicilien ſich erlaubt hat. Der Gegenſtand iſt ein ſehr peinlicher, und ich
mag keine Einzelnheiten daraus erwähnen; aber genug daß Leute zu unſern
Vertretern kamen und erzählten wie ſie bei den Handgelenken zuſammen-
geſchnürt, mit der ſogenannten „Haube des Schweigens“ geknebelt, und an-
dern Mißhandlungen, die man füglich als Folter bezeichnen kann, unterworfen
wurden. Ich zweifle nicht daß dieſe Dinge, nebſt andern Umſtänden, die
jetzige Lage der Dinge in Sicilien herbeigeführt haben, über die niemand der
von der neapolitaniſchen Regierungsweiſe einen Begriff hat, erſtaunt ſeyn
kann. (Hört, hört!) Ich komme jetzt zu den ſehr wichtigen Fragen des Mitglieds
für Horsham (Hrn. S. Fitzgerald). Es wird am beſten ſeyn vorerſt eine vollkom-
mene Darſtellung deſſen zu geben was ſich mit Bezug auf die türkiſchen Angelegen-
heiten in St. Petersburg begeben hat. Gegen Ende April that Fürſt Gor-
tſchakoff dem türkiſchen Geſandten am k. ruſſiſchen Hof zu wiſſen daß die Be-
richte aus den chriſtlichen Provinzen der Türkei von ſolchen Leiden und ſolcher
Erbilterung der chriſtlichen Bevölkerung zeugten daß ſie einen Aufſtand be-
ſürchten ließen, und daß wenn in ſolchem Fall die türkiſchen Truppen ein
Blutbad anrichten ſollten, der Kaiſer von Rußland kein ruhiger Zuſchauer
bleiben würde. Einige Tage darauf gieng eine Depeſche desſelben Inhalts
nach Paris, und am 5 Mai verſammelte Fürſt Gortſchakoff die Geſandten
der fünf Mächte in ſeiner Amtswohnung, und machte ihnen dieſelbe Mit-
theilung. Nach einiger Erörterung ſetzte der franzöſiſche Geſandte drei Vor-
ſchläge auf, über die man ſich ſo weit einigte daß die Geſandten ſie an ihre
reſpectiven Höfe zu ſenden übernahmen. Der erſte beſagte daß die Lage der
chriſtlichen Provinzen der Türkei unerträglich geworden ſey; der zweite daß
die Beamten des Sultans, mit der Unterſtützung der Conſuln der fünf Mächte,
eine Unterſuchung anſtellen ſollten, und der dritte daß nachdem der Hat-Hu-
mayum ſeinen Zweck verfehlt habe, eine neue Organiſation für die chriſtlichen
Provinzen nothwendig geworden ſey. Nach Empfang dieſer drei Punkte
entgegneten wir daß Ihrer Maj. Regierung ſich durch die ihr zugegangenen
Berichte nicht berechtigt glaube die Lage der chriſtlichen Provinzen der Türkei
unerträglich zu nennen. (Hört, hört!) Das Haus weiß daß wir von der
innern Regierung des Sultans nicht mit ſonderlichem Beifall, kaum beſſer
als von der Neapels reden können (Lachen); aber wir haben keine Berichte
über die von Rußland ſtets betonte Chriſtenunterdrückung. (Hört, hört!) Alle
Berichte und alle mündlichen Mittheilungen urtheilsfähiger Perſonen ſagen
mir daß man die türkiſche Verwaltung im einzelnen weder loben noch ver-
theidigen könne, daß aber die chriſtlichen Unterthanen der Pforte keineswegs

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[2634/0006] ehrenvollen Narben bedeckt ſey und an den Nachwehen ſchwerer Verwundung leide. Hr. Adderley behauptet, mit Berufung auf den Bericht des Colo- nialvertheidigungsausſchuſſes, daß von den 15 Mill. Pf. St. auf dem dießjährigen Armeebudget vier geſtrichen werden ſollten, indem es billiger wäre wenn die Colonien die Koſten ihrer Vertheidigung allein zu beſtreiten hätten. Lord Robert Cecil hält dieſe Anſicht für nicht ſtichhaltig. Als Bei- ſpiel führt er die Capcolonie an, in deren Nähe die Regierung, gegen den Wunſch der Coloniſten, eine Anzahl unabhängiger Staaten entſtehen ließ, die zur Wachſamkeit herausfordern. Ueberhaupt ſolle man die Colonien nicht zu ſehr vom Mutterland entwöhnen. Derſelben Meinung iſt Hr. Fortescue, der den Grund für die Unterhaltung einer Militärmacht in den Colonien weniger in der Möglichkeit eines europäiſchen Kriegs als in der von einheimi- ſchen Stämmen fortwährend drohenden Gefahr erblicken will. Hr. Wil- liams (für den Londoner Wahlbezirk Lambeth, radicaler Sparſamkeits- mann) glaubt ſchier England müſſe ſeinen Muth verloren haben, da es bei einer regulären Armee von 140,000 Mann und andern Vertheidigungscorps, die das große Schützencorps mitgerechnet 200,000 Mann mehr machen, noch immer des Invaſionsſiebers nicht los werden könne. Er ſehe nicht ein warum die engliſchen Colonien nicht ebenſo gut wie die holländiſchen ihre eigene Land- wehr ſtellen und bezahlen könnten. Der Admiral Sir C. Napier gibt dem ehrenw. Mitglied für Lambeth zu verſtehen daß die Armee noch lange nicht ausreichend, und daß die Kriegsflotte immer noch zu ſchwach ſey. Zur Spar- ſamkeit werde es nach einigen Jahren fortgeſetzter energiſcher Nüſtung Zeit ſeyn. Nach mehreren andern Anſragen und Zwiſchenreden erhebt ſich Hr. Sidney Herbert (der Kriegsminiſter) zur Entgegnung. Den Oekonomen gibt er zu bedenken daß das Kriegsbudget nur deßhalb 11 oder 12 Millionen mehr als in einem der frühern Jahre betrage, weil das Land jetzt die un- weiſen Neductionen des abgelaufenen Decenniums gut machen müſſe. Was die Ernennung des ehrenw. C. Grey betreffe, ſo habe derſelbe neun Jahre das 71ſte Negiment in Canada befehligt. Während der ganzen Zeit daß er in der Armee diente, ſeyen nur zwei auswärtige Erpeditionen, die eine nach Portugal, die andere nach Quebec, unternommen worden, und zufällig habe der ehrenw. C. Grey beide mitgemacht. Die Ernennung ſey Sache des Kriegs miniſters, allein der Obercommandant (Herzog v. Cambridge) habe ſie be- ſtätigt — nicht weil der Ernannte eine Stelle bei Hof angenommen, ſondern weil ſeine vorhergegangene militäriſche Laufbahn ihn der Ernennung würdig erſcheinen ließ. Es würde die größte Ungerechtigkeit ſeyn einen Officier ins ſchwarze Buch einzutragen weil er eine Hofſtelle bekleide. Hr. Diſraeli bemerkt: er habe gewiß keine beſondere perſönliche Vorliebe für den tapfern General von dem er einſt in drei Parlamentswahlen geſchlagen worden. Doch könne er das Argument nicht gelten laſſen daß ein Mann in General Grey’s Stellung den gerechten Lohn für ſeine Dienſte verwirken ſollte, weil er auf einen Poſten im königlichen Haushalt berufen worden. Wenn dieſes Princip zur Anerkennung gelangte, ſo würde die militäriſche Umgebung der Königin und der andern Mitglieder der königlichen Familie bald aus Ofſicieren von ſehr untergeordnetem Kaliber beſtehen. Das Haus conſtituirt ſich darauf als Bewilligungsausſchuß, und es gehen zwei Poſten durch. Die bereits vorgeſtern ſkizzirte Erklärung Lord John Ruſſells in der Unterhausſitzung vom 2 Jun. lautete des näheren alſo: Ich will mich bemühen die verſchiedenen an mich gerichteten Fragen ſo vollſtändig als mög- lich zu beantworten. Zuerſt muß ich bemerken daß die Angabe als wäre Sir H. Rawliſon in Folge einer zwiſchen ihm und Ihrer Majeſtät Regierung herrſchenden Meinungsverſchiedenheit über die in Perſien zu beobachtende Politik abberufen worden, eine reine Fabel iſt. (Hört! Hört!) Sir Henry Rawlinſon iſt ein Mann von außerordentlicher Begabung und in den Ange- legenheiten des Morgenlandes ſehr zu Hauſe; ſeine perſiſche Politik wurde von Ihrer Majeſtät Regierung vollkommen gebilligt, und ich gab mich der Hoffnung hin daß er geneigt ſeyn werde auf ſeinem Geſandtſchaftspoſten in Perſien zu bleiben. Der Grund ſeiner Rückkehr iſt von dem ehrenwerthen Mitglied für Liskeard (Osborne) richtig errathen worden. Die Leitung der perſiſchen Angelegenheiten war vom Jahr 1835 bis 1858 ausſchließliche Sache des auswärtigen Amtes. Während der vorigen (Derbyitiſchen) Ver- waltung wurde Perſien unter das indiſche Aufſichtsamts geſtellt. Mein edler Freund an der Spitze (Lord Palmerſton) fand für gut die frühere Ein- richtung wieder herzuſtellen; denn er dachte daß die Hauptaufgabe in Perſien — obgleich manches dort ohne Zweifel mit den indiſchen Angelegenheiten zu- ſammenhängt — darin beſtehe, die Beziehungen zwiſchen jenem Lande und England und Rußland zu ordnen. Dieß iſt in der That der Fall, ſo viel ich aus eigener Erfahrung weiß. Wenn eine Frage zwiſchen Perſten und Rußland ſchwebt, ſo wird die Meinung des engliſchen Geſandten darüber eingeholt; und wenn eine Frage zwiſchen Perſien und England vorhanden iſt, wird der ruſſiſche Geſandte zu Rath gezogen. Ich übernahm die mir übertragene Verantwortlichkeit, und hoffte in der That auf Sir Henry’s Ge- neigtheit zu bleiben. Aber nicht lange nachdem die eingetretene Veränderung in Perſien bekannt geworden war, erfuhr ich von einem Gentleman im aus- wärtigen Amt, Sir. H. Rawlinſon habe ihm in einem Privatſchreiben mit- getheilt daß er gleich nach Empfang der amtlichen Anzeige von der getroffe- nen Aeuderung ſeine Entlaſſung einreichen und heimkehren werde. Seine Einwände waren, glaube ich, vorzugsweiſe gegen die verſchiedene Ge- ſchäſtsführung in den beiden Aemtern gerichtet, und der eine bezog ſich allerdings auf das Geſchenkemachen, was vom auswärtigen Amt nie ge- ſtattet wurde. Einige Zeit nachher ſchrieb mir Sir Henry Rawlinſon ſelber, und ich fand mich bewogen, nachdem ich ſeine Entlaſſung mit Bedauern angenommen, an ſeiner Stelle Hrn. Aliſon zu ernennen, einen Gentleman der lange im diplomatiſchen Dienſt im Orient ſtand, und deſſen Depeſchen und Berichte ich oft zu bewundern Gelegenheit hatte. Unſere perſiſche Politik iſt leicht erklärt. Sie beſteht darin die Integrität und Unabhängigkeit Perſiens aufrecht zu halten, aber zugleich der perſiſchen Regierung von Angriffen auf andere unabhängige Nationen abzurathen. (Hört, hört!) Wir wünſchen der perſiſchen Regierung nichts aufzudrängen und ſie zu nichts zu zwingen. Der hieſige perſiſche Geſandte hat unſerm Rath gerne beigeſtimmt, und unſere Be- ziehungen zum Schah ſind der freundſchaftlichſten Art. (Hört, hört!) In einem Punkt jedoch iſt unſere Anſicht vielleicht eigenthümlich. Von Zeit zu Zeit beſtand eine Art Nebenbuhlerei zwiſchen Großbritannien und Rußland in Perſien. Die Anhänger Großbritanniens wußten immer eine oder die an- dere Geſchichte von ruſſiſcher Unterdrückungsluſt zu erzählen, und umgekehrt wurde die brittiſche Politik von den Freunden Rußlands denuncirt. Ich hielt es für das beſte von dieſer Nebenbuhlerei abzumahnen (hört!), und ſo oft ich nach St. Petersburg zu ſchreiben oder mit dem ruſſiſchen Geſandten zu reden hatte, ſagte ich immer: wenn nur Rußland die Unabhängigkeit Perſiens auf- rechthalten wolle, ſo würden wir gern im ſelben Sinne Rath ertheilen; daß wir kein beſonders gegen Rußland gerichtetes Intereſſe in Perſien haben; daß wir nur die manchmal ſchwache und manchmal bedrohte perſiſche Regierung ſtützen wollen, und daß wir vertrauten Rußland werde im ſelben Sinne mit uns handeln. Die Rückäußerungen die wir von Rußland erhielten zengen von derſelben Geſinnung, und wir haben daher allen Grund zu glauben daß die perſiſche Regierung in Zukunft eine mehr gleichförmige Politik befolgen wird als ſie zuweilen gethan hat. (Hört, hört!) Was die über Sicilien erſchienene Flugſchrift angeht, ſo können wir ihr keine Autorität beilegen. Niemand als der Gentleman der ſie unterzeichnet hat, iſt für ſie verantwortlich; aber es liegen leider in unſerem auswärtigen Amt Berichte von unſern Conſuln — zwei oder drei aus dem Jahr 1857, einer vom 24 Juli 1859 und einige andere — über Grauſamkeiten, und ſelbſt Folteranwendungen welche die Polizei in Sicilien ſich erlaubt hat. Der Gegenſtand iſt ein ſehr peinlicher, und ich mag keine Einzelnheiten daraus erwähnen; aber genug daß Leute zu unſern Vertretern kamen und erzählten wie ſie bei den Handgelenken zuſammen- geſchnürt, mit der ſogenannten „Haube des Schweigens“ geknebelt, und an- dern Mißhandlungen, die man füglich als Folter bezeichnen kann, unterworfen wurden. Ich zweifle nicht daß dieſe Dinge, nebſt andern Umſtänden, die jetzige Lage der Dinge in Sicilien herbeigeführt haben, über die niemand der von der neapolitaniſchen Regierungsweiſe einen Begriff hat, erſtaunt ſeyn kann. (Hört, hört!) Ich komme jetzt zu den ſehr wichtigen Fragen des Mitglieds für Horsham (Hrn. S. Fitzgerald). Es wird am beſten ſeyn vorerſt eine vollkom- mene Darſtellung deſſen zu geben was ſich mit Bezug auf die türkiſchen Angelegen- heiten in St. Petersburg begeben hat. Gegen Ende April that Fürſt Gor- tſchakoff dem türkiſchen Geſandten am k. ruſſiſchen Hof zu wiſſen daß die Be- richte aus den chriſtlichen Provinzen der Türkei von ſolchen Leiden und ſolcher Erbilterung der chriſtlichen Bevölkerung zeugten daß ſie einen Aufſtand be- ſürchten ließen, und daß wenn in ſolchem Fall die türkiſchen Truppen ein Blutbad anrichten ſollten, der Kaiſer von Rußland kein ruhiger Zuſchauer bleiben würde. Einige Tage darauf gieng eine Depeſche desſelben Inhalts nach Paris, und am 5 Mai verſammelte Fürſt Gortſchakoff die Geſandten der fünf Mächte in ſeiner Amtswohnung, und machte ihnen dieſelbe Mit- theilung. Nach einiger Erörterung ſetzte der franzöſiſche Geſandte drei Vor- ſchläge auf, über die man ſich ſo weit einigte daß die Geſandten ſie an ihre reſpectiven Höfe zu ſenden übernahmen. Der erſte beſagte daß die Lage der chriſtlichen Provinzen der Türkei unerträglich geworden ſey; der zweite daß die Beamten des Sultans, mit der Unterſtützung der Conſuln der fünf Mächte, eine Unterſuchung anſtellen ſollten, und der dritte daß nachdem der Hat-Hu- mayum ſeinen Zweck verfehlt habe, eine neue Organiſation für die chriſtlichen Provinzen nothwendig geworden ſey. Nach Empfang dieſer drei Punkte entgegneten wir daß Ihrer Maj. Regierung ſich durch die ihr zugegangenen Berichte nicht berechtigt glaube die Lage der chriſtlichen Provinzen der Türkei unerträglich zu nennen. (Hört, hört!) Das Haus weiß daß wir von der innern Regierung des Sultans nicht mit ſonderlichem Beifall, kaum beſſer als von der Neapels reden können (Lachen); aber wir haben keine Berichte über die von Rußland ſtets betonte Chriſtenunterdrückung. (Hört, hört!) Alle Berichte und alle mündlichen Mittheilungen urtheilsfähiger Perſonen ſagen mir daß man die türkiſche Verwaltung im einzelnen weder loben noch ver- theidigen könne, daß aber die chriſtlichen Unterthanen der Pforte keineswegs

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2021-11-18T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 158, 6. Juni 1860, S. 2634. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine158_1860/6>, abgerufen am 23.11.2024.