Allgemeine Zeitung, Nr. 142, 26. März 1908.München, Donnerstag Allgemeine Zeitung 26. März 1908. Nr. 142. [Spaltenumbruch]
treffen, die ihm einen Teil der erworbenen Grubenfelderkostenlos zusichern; er wird sich mit diesem in die Kohlen- schätze Bayerns teilen. Es ist nicht ausgeschlossen, daß etwas derartiges seitens des Staatsärars mit der Inter- nationalen Bohrgesellschaft beabsichtigt ist. Vielleicht tritt dem Abkommen auch noch eine bayerische Gesellschaft bei, denn schließlich muß doch jemand dabei sein, der die Kosten der Bohrungen bezahlt. Wird bei den Versuchsbohrungen ein Erfolg nicht erzielt, so hört die Sache einfach auf. Das Gesetz der Anschlußmutung, das die freie Entwicklung des privaten Bergbaues hindert, aber bleibt bestehen. Bei der Beratung des Gesetzentwurfes in der Abgeord- Man hofft daher in industriellen Kreisen Bayerns, Politische Rundschau. Friede im Reichstag. Die Erklärung des Abg. Gröber, auf Grund deren die Im Anschluß daran ist noch zu erwähnen, daß die Ueber das 25 Pfennig-Stück heißt es in der Begründung der soeben erschienenen Novelle Der Herzog von Devonshire +. * Wie schon gemeldet, ist der Herzog von Devon- Politische Nachrichten. Zum Fall Schnitzer. * München, 25. März. Die Meldungen einer unmittel- Der Eindruck der Rede des Reichskanzlers im Auslande. z. London, 25. März, 11.10 V. (Privattelegramm.) Die liberale Daily News billigt Fürst Bülows Aeußerungen * Paris, 25. März. Ueber die Reden des Reichskanzlers (Weitere Nachrichten siehe Seite 6.) [Spaltenumbruch] Heimliche Liebe. (37) (Nachdruck verboten.) Hanna war mit der Bereitung des Tees beschäftigt, Georg beobachtete sie noch immer. "Was sagst du eigentlich zu der Geschichte von gestern Hanna hielt einen Augenblick inne und sah auf. "Was soll ich dazu sagen? Ich wollte, es wäre nicht "Zu bedauern? Wieso? ... Das ist seltsam! ... Du Seine Fragen hatten etwas rein Objektives, als spräche "Du sprachst so hilflos, so -- verzweifelt, trotz deines "Ich hatte zu viel getrunken, Hanna. Das sahst du "Gewiß. Aber das war es nicht allein. Du sprachst Georg hatte sich plötzlich erhoben und war an das "Sage, Hanna: wir müssen uns einmal ganz klar "Wir haben ja oft und viel darüber gesprochen, "Jawohl. Aber niemals mit der Ruhe und -- Ob- Er kam zurück und setzte sich wieder. "Ja. So ist es." Sie hatte sich zurückgelehnt, hatte die Hände gefaltet "Eine -- unverzeihliche Schuld?" Sie nickte nur. .. "An der wir zugrunde gehen werden?" [Spaltenumbruch]"Ja. Gestern begann die Vergeltung." "Erst gestern?" "Ich spreche von dem -- Richteramt, das die Welt sich Ein Hoffnungsschimmer stieg bei den letzten Worten "Das die Welt sich -- anmaßt, sagst du? Also die Hanna lächelte wehmütig. "Mein armer, lieber Freund! Weißt du nicht, daß "Du hast es selbst gesagt -- im Herbst, als wir zurück- "Jawohl. Damals brachte es die Stimmung mit sich "Hanna!" ... Georg sprang auf und trat zu ihr; im Augenblicke Wehmütig lächelnd wehrte sie ab, während sie noch ver- "O, mein armer, lieber Georg! Daß ich dir in einer Sie hatte den Kopf vornüber gebeugt, um die Tränen München, Donnerstag Allgemeine Zeitung 26. März 1908. Nr. 142. [Spaltenumbruch]
treffen, die ihm einen Teil der erworbenen Grubenfelderkoſtenlos zuſichern; er wird ſich mit dieſem in die Kohlen- ſchätze Bayerns teilen. Es iſt nicht ausgeſchloſſen, daß etwas derartiges ſeitens des Staatsärars mit der Inter- nationalen Bohrgeſellſchaft beabſichtigt iſt. Vielleicht tritt dem Abkommen auch noch eine bayeriſche Geſellſchaft bei, denn ſchließlich muß doch jemand dabei ſein, der die Koſten der Bohrungen bezahlt. Wird bei den Verſuchsbohrungen ein Erfolg nicht erzielt, ſo hört die Sache einfach auf. Das Geſetz der Anſchlußmutung, das die freie Entwicklung des privaten Bergbaues hindert, aber bleibt beſtehen. Bei der Beratung des Geſetzentwurfes in der Abgeord- Man hofft daher in induſtriellen Kreiſen Bayerns, Politiſche Rundſchau. Friede im Reichstag. Die Erklärung des Abg. Gröber, auf Grund deren die Im Anſchluß daran iſt noch zu erwähnen, daß die Ueber das 25 Pfennig-Stück heißt es in der Begründung der ſoeben erſchienenen Novelle Der Herzog von Devonſhire †. * Wie ſchon gemeldet, iſt der Herzog von Devon- Politiſche Nachrichten. Zum Fall Schnitzer. * München, 25. März. Die Meldungen einer unmittel- Der Eindruck der Rede des Reichskanzlers im Auslande. z. London, 25. März, 11.10 V. (Privattelegramm.) Die liberale Daily News billigt Fürſt Bülows Aeußerungen * Paris, 25. März. Ueber die Reden des Reichskanzlers (Weitere Nachrichten ſiehe Seite 6.) [Spaltenumbruch] Heimliche Liebe. (37) (Nachdruck verboten.) Hanna war mit der Bereitung des Tees beſchäftigt, Georg beobachtete ſie noch immer. „Was ſagſt du eigentlich zu der Geſchichte von geſtern Hanna hielt einen Augenblick inne und ſah auf. „Was ſoll ich dazu ſagen? Ich wollte, es wäre nicht „Zu bedauern? Wieſo? ... Das iſt ſeltſam! ... Du Seine Fragen hatten etwas rein Objektives, als ſpräche „Du ſprachſt ſo hilflos, ſo — verzweifelt, trotz deines „Ich hatte zu viel getrunken, Hanna. Das ſahſt du „Gewiß. Aber das war es nicht allein. Du ſprachſt Georg hatte ſich plötzlich erhoben und war an das „Sage, Hanna: wir müſſen uns einmal ganz klar „Wir haben ja oft und viel darüber geſprochen, „Jawohl. Aber niemals mit der Ruhe und — Ob- Er kam zurück und ſetzte ſich wieder. „Ja. So iſt es.“ Sie hatte ſich zurückgelehnt, hatte die Hände gefaltet „Eine — unverzeihliche Schuld?“ Sie nickte nur. .. „An der wir zugrunde gehen werden?“ [Spaltenumbruch]„Ja. Geſtern begann die Vergeltung.“ „Erſt geſtern?“ „Ich ſpreche von dem — Richteramt, das die Welt ſich Ein Hoffnungsſchimmer ſtieg bei den letzten Worten „Das die Welt ſich — anmaßt, ſagſt du? Alſo die Hanna lächelte wehmütig. „Mein armer, lieber Freund! Weißt du nicht, daß „Du haſt es ſelbſt geſagt — im Herbſt, als wir zurück- „Jawohl. Damals brachte es die Stimmung mit ſich „Hanna!“ ... Georg ſprang auf und trat zu ihr; im Augenblicke Wehmütig lächelnd wehrte ſie ab, während ſie noch ver- „O, mein armer, lieber Georg! Daß ich dir in einer Sie hatte den Kopf vornüber gebeugt, um die Tränen <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div type="jComment" n="2"> <p><pb facs="#f0002" n="2"/><fw place="top" type="header">München, Donnerstag Allgemeine Zeitung 26. März 1908. Nr. 142.</fw><lb/><cb/> treffen, die ihm einen Teil der erworbenen Grubenfelder<lb/> koſtenlos zuſichern; er wird ſich mit dieſem in die Kohlen-<lb/> ſchätze Bayerns teilen. Es iſt nicht ausgeſchloſſen, daß<lb/> etwas derartiges ſeitens des Staatsärars mit der Inter-<lb/> nationalen Bohrgeſellſchaft beabſichtigt iſt. Vielleicht tritt<lb/> dem Abkommen auch noch eine bayeriſche Geſellſchaft bei,<lb/> denn ſchließlich muß doch jemand dabei ſein, der die Koſten<lb/> der Bohrungen bezahlt. Wird bei den Verſuchsbohrungen<lb/> ein Erfolg nicht erzielt, ſo hört die Sache einfach auf. Das<lb/> Geſetz der Anſchlußmutung, das die freie Entwicklung des<lb/> privaten Bergbaues hindert, aber bleibt beſtehen.</p><lb/> <p>Bei der Beratung des Geſetzentwurfes in der Abgeord-<lb/> netenkammer iſt wiederholt betont worden, daß der baye-<lb/> riſche Staat noch nicht reif ſei, ſelbſt einen großen Bergbau<lb/> auf Kohlen ins Leben zu rufen, wenigſtens nicht in kurzer<lb/> Zeit. Noch mehr iſt jedoch die Notwendigkeit hervorgehoben<lb/> worden, für das bayeriſche Volk und ſeine Induſtrie bil-<lb/> lige Kohlen im eigenen Lande zu beſchaffen, damit Bayern<lb/> nicht vom Ausland abhängig bleibt. Soll das in abſeh-<lb/> barer Zeit erreicht werden, ſo wird es nur durch eine raſche<lb/> Entwicklung des <hi rendition="#g">Privatbergbaues</hi> möglich ſein.</p><lb/> <p>Man hofft daher in induſtriellen Kreiſen Bayerns,<lb/> daß ſich die <hi rendition="#g">Kammer der Reichsräte</hi> der Erkennt-<lb/> nis, daß das Geſetz der Anſchlußmutung ein Fehlgriff iſt,<lb/> nicht verſchließen wird.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Politiſche Rundſchau.</hi> </head><lb/> <div type="jComment" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Friede im Reichstag.</hi> </head><lb/> <p>Die Erklärung des Abg. Gröber, auf Grund deren die<lb/> Reichstagsjournaliſten morgen ihre Arbeit wieder auf-<lb/> nehmen, iſt unſeres Erachtens nicht ganz befriedigend, und<lb/> wenn ſie trotzdem als Friedensgrundlage akzeptiert worden<lb/> iſt, ſo zeigt das, wie fern die Reichstagsjournaliſten von<lb/> jeder Ueberſpannung ihrer Forderungen geweſen ſind. Län-<lb/> gere Epiloge zu dieſer eigenartigen Tragikomödie wird<lb/> man ſich gern erſparen, aber einige kurze Bemerkungen<lb/> drängen ſich noch auf. Der Zwiſchenfall Müller-Meinin-<lb/> gen, deſſen Eigentümlichkeiten eine uns neuerdings zu-<lb/> gehende Erklärung des Herrn Abgeordneten aus einem<lb/> „gegenſeitigen groben Mißverſtändnis“ zwiſchen ihm und<lb/> dem Journaliſten erklärt, mag beiſeite bleiben, ebenſo die<lb/> unwürdige Haltung eines großen Teiles der Zentrums-<lb/> preſſe die ſich bei dieſer Gelegenheit mit wenigen rühm-<lb/> lichen Ausnahmen völlig außerhalb der Solidarität der<lb/> Preſſe geſtellt und eine ſchlotternde Abhängigkeit von der<lb/> möglichen Ungnade ihrer Parteigewaltigen geoffenbart<lb/> hat. Aber das muß noch geſagt werden, daß die wenig er-<lb/> ſprießliche und wenig neidenswerte Situation, in welcher<lb/> der Deutſche Reichstag während der letzten Tage gearbeitet<lb/> hat — die Stimmen des Auslandes geben von dem Maß<lb/> ihrer Unerfreulichkeit ein beredtes Zeugnis —, nicht eben<lb/> ein Ruhmesblatt für den Reichstagspräſidenten bildet.<lb/><hi rendition="#g">Seine</hi> Schuld iſt es im Grunde, daß ein verhältnismäßig<lb/> einfacher Konflikt, der mit einem einzigen Worte hätte ge-<lb/> löſt werden können und gelöſt werden müſſen, ſo bedenklich<lb/> ſich verwirrt und ſo tiefgreifende Folgen gehabt hat. Es<lb/> handelte ſich um eine kleine und überdies noch immer nicht<lb/> ganz einwandfrei feſtgeſtellte Ungebühr eines einzigen<lb/> Reichstagsjournaliſten — die Bemerkung des Protokolls<lb/> bedarf unſeres Erachtens immer noch der Klärung — und<lb/> um eine ganz offenkundige grobe Ungebühr des Abgeord-<lb/> neten Gröber; die erſtere iſt vom Präſidenten zweimal<lb/> ſcharf gerügt worden, die letztere überhaupt nicht. Inſofern<lb/> hat ſeine Amtsführung verſagt und ſchließlich hat, wie es<lb/> ſcheint, der politiſche Druck der Mehrheitsparteien Platz<lb/> greifen müſſen, wenn eine Löſung erzielt werden wollte.<lb/> Das war inſofern in gewiſſem Sinne gerechtfertigt, als das<lb/> Zentrum mit dem Hinüberſpielen der reinen Anſtands- und<lb/> Ordnungsfrage auf das politiſche Gebiet vorangegangen<lb/> war. Aber unerfreulich iſt und bleibt es doch, daß man<lb/> im Reichstag derartiger Mittel bedarf, um einen Konflikt<lb/> zu löſen, der irgend welche Parteiverhältniſſe gar nicht<lb/> hätte berühren dürfen.</p><lb/> <p>Im Anſchluß daran iſt noch zu erwähnen, daß die<lb/> Rheiniſch-Weſtfäliſche Zeitung von der geſamten deutſchen<lb/> Preſſe, ſoweit ſie nicht dem Klerikalismus und ſeinen ver-<lb/> ſchiedenen Anhängſeln dienſtbar iſt, <hi rendition="#g">eine Ausnahme-<lb/><cb/> ſtellung</hi> eingenommen hat. Das Blatt verlangte von<lb/> ſeinem Berliner Vertreter, daß dieſer nach wie vor Bericht<lb/> und Stimmungsbild liefere, was dieſer unter Hinweis auf<lb/> die Solidarität der Kollegen ablehnte. Darauf erhob es<lb/> einen flammenden Proteſt gegen die Einmiſchung der aus-<lb/> ländiſchen Preſſevertreter in die Angelegenheiten der<lb/> Journaliſtentribüne des Deutſchen Reichstags, der allge-<lb/> meines Kopfſchütteln erregte; die Herren hatten nämlich<lb/> ihren deutſchen Kollegen lediglich ihre Sympathie aus-<lb/> gedrückt und ſich ſonſt in die Verhandlungen und Be-<lb/> ratungen mit keinem Worte eingemiſcht. Der Berliner<lb/> Vertreter der Rheiniſch-Weſtfäliſchen Zeitung gab denn<lb/> auch in einer Journaliſtenverſammlung ſeiner Anſicht dahin<lb/> Ausdruck, daß ſeine Zeitung in dieſer Frage ungenau unter-<lb/> richtet ſein müſſe. Am Abend desſelben Tages wurde der<lb/> Herr in brüsker Form telephoniſch entlaſſen.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Ueber das 25 Pfennig-Stück</hi> </head><lb/> <p>heißt es in der Begründung der ſoeben erſchienenen <hi rendition="#g">Novelle<lb/> zum Münzgeſetz,</hi> daß der Reichstag am 13. November 1906<lb/> die Petition der Handelskammer zu Osnabrück auf Einführung<lb/> eines Fünfundzwanzigpfennigſtücks dem Reichskanzler zur Er-<lb/> wägung überwieſen habe und daß ſeitdem aus den Kreiſen ſo-<lb/> wohl der Induſtrie wie der Landwirtſchaft in verſtärktem Maße<lb/> der Wunſch nach Schaffung dieſer Geldſorte laut geworden ſei.<lb/> Dieſer Wunſch werde damit begründet, daß eine ſolche Münz-<lb/> gattung weſentlich zu einer Vereinfachung des Zahlungsweſens<lb/> namentlich im Kleinverkehr beitragen würde, da häufig Zahlun-<lb/> gen mit den Beträgen von 25 und 75 Pfg. vorkämen und in die-<lb/> ſen Fällen das Fünfundzwanzigpfennigſtück drei Nickelmünzen<lb/> erſetzen könne, mithin auch das weitläufige Umwechſeln von<lb/> Münzen erübrige oder wenigſtens erleichtere. Dann heißt es<lb/> weiter: Die <hi rendition="#g">Berechtigung</hi> eines ſolchen Wunſches dürfte<lb/> nach Beſeitigung der Zwanzigpfennigſtücke aus Silber und aus<lb/> Nickel <hi rendition="#g">anzuerkennen</hi> ſein, die eine verhältnismäßig große,<lb/> namentlich im Kleinverkehr läſtig empfundene Lücke zwiſchen dem<lb/> Zehn- und Fünfzigpfennigſtücke hinterlaſſen hat und eine<lb/> größere Zahl von Nickelmünzen erheiſcht. Auch die in <hi rendition="#g">andern</hi><lb/> Ländern gemachten Erfahrungen laſſen erkennen, daß eine ent-<lb/> ſprechende Zwiſchenmünze einem wirklichen Verkehrsbedürfnis<lb/> entſpricht. Wenn gegen die Einführung eines Fünfundzwanzig-<lb/> pfennigſtücks nach der Richtung Bedenken erhoben worden ſind,<lb/> daß es geeignet ſei, eine <hi rendition="#g">preiserhöhende</hi> Wirkung inſofern<lb/> auszuüben, als der Entgelt für gewiſſe Waren und Leiſtungen<lb/> von 20 auf 25 Pfg. geſteigert werde, ſo möchten dieſe Bedenken<lb/> doch angeſichts des unleugbaren Vorteils einer Vereinfachung<lb/> des Zahlungsverkehrs um ſo weniger eine ausſchlaggebende Be-<lb/> deutung beanſpruchen, als die Regelung der fraglichen Preiſe<lb/> den Intereſſenten überlaſſen werden kann, ohne daß erheblichere<lb/> Benachteiligungen des Publikums zu beſorgen wären. Eine<lb/> ſolche Beſorgnis erſcheint auch um deswillen weniger begründet,<lb/> als bereits vor dem Erlaſſe des Münzgeſetzes vom 9. Juli 1873<lb/> in dem größten Teile Deutſchlands Münzen von ähnlichem Wert-<lb/> betrage, wie das Zweiundeinhalbgroſchenſtück, in Geltung waren.<lb/> Auch in Frankreich hat man kein Bedenken getragen, von dem<lb/> Zwanzig- zu dem Fünfundzwanzigcentimesſtück überzugehen.<lb/> Eine wichtige Vorbedingung für die Einführung eines Fünf-<lb/> undzwanzigpfennigſtücks bildet die Schaffung einer zweckent-<lb/> ſprechenden Form, die gerade bei den kleinen Scheidemünzen<lb/> von der größten Bedeutung iſt. Die geringe Beliebtheit der<lb/> Zwanzigpfennigſtücke aus Silber und aus Nickel beruhte weſent-<lb/> lich auf ihrer mangelhaften Geſtaltung. Das ſilberne Zwanzig-<lb/> pfennigſtück war zu klein und zu leicht (Durchmeſſer 16 Milli-<lb/> meter, Gewicht 1.1 Gramm), das Zwanzigpfennigſtück aus Nickel<lb/> hatte ein wenig gefälliges Ausſehen. Von beſonderer Wichtig-<lb/> keit iſt ferner die leichte Unterſcheidbarkeit von den geltenden<lb/> Münzgattungen, damit nachteilige Verwechslungen vermieden<lb/> werden. Aus dieſen Erwägungen wird ein Fündundzwanzig-<lb/> pfennigſtück aus Silber nicht in Ausſicht zu nehmen ſein. Es bleibt<lb/> nur übrig, Nickel als das Prägemetall zu wählen. Der Vorgang<lb/> Oeſtereich-Ungarns, Frankreichs, Italiens und der Schweiz weiſt<lb/> auf Reinnickel hin. Dieſes erfordert allerdings höhere Metall-<lb/> anſchaffungskoſten, gewährleiſtet aber dafür eine längere Halt-<lb/> barkeit des Gepräges. Auch würde ein aus Reinnickel hergeſtell-<lb/> tes Fünfundzwanzigpfennigſtück wegen des abweichenden Aus-<lb/> ſehens die Unterſcheidung von dem Zehnpfennigſtück und dem<lb/> Einmarkſtück erleichtern. Da erſtere Geldſorte bereits einen<lb/> Durchmeſſer von 21 Millimeter, letztere einen ſolchen von 24<lb/> Millimeter beſitzt, ſo könnte für das Fünfundzwanzigpfennigſtück<lb/> nur ein ſolcher von 22 oder 23 Millimeter ins Auge gefaßt wer-<lb/> den, wenn es zugleich vor einem mit der Doppelkrone gleichen<lb/> Durchmeſſer (22½ Millimeter) bewahrt werden ſoll. Der Ent-<lb/> wurf bringt weiter in Vorſchlag, dem Bundesrat auch die Er-<lb/> mächtigung zu erteilen, bei den in dieſem Paragraphen bezeich-<lb/> neten Münzen die Jahreszahl und die Inſchrift „Deutſches<lb/> Reich“ auf der Adlerſeite anbringen zu laſſen. Hierdurch ſoll die<lb/> Möglichkeit geſchaffen werden, nach Bedarf die Schriftſeite zu<lb/><cb/> entlaſten, damit auf ihr die Wertangabe deſto freier und deut-<lb/> licher in die außere Erſcheinung treten kann. Eine ſolche An-<lb/> ordnung der Geprägsmerkmale würde insbeſondere beim Fünf-<lb/> undzwanzigpfennigſtücke deſſen Erkennbarkeit erleichtern.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Herzog von Devonſhire †.</hi> </head><lb/> <p>* Wie ſchon gemeldet, iſt der Herzog von <hi rendition="#g">Devon-<lb/> ſhire</hi> in Cannes <hi rendition="#g">geſtorben. Spencer Campton<lb/> Cavendiſh,</hi> achter Herzog von Devonſhire, bis zum<lb/> Tode ſeines Vaters 1891 unter dem Namen Lord <hi rendition="#g">Har-<lb/> tington</hi> bekannt, hat ein Alter von 75 Jahren erreicht.<lb/> Er war ein bedeutender Politiker und ſpielte namentlich<lb/> auch durch die Gründung der Partei der liberalen Unio-<lb/> niſten eine Rolle. Als Haupt dieſer Partei bekämpfte er<lb/> die Gladſtoneſche Home-Rule-Politik und beantragte ſelbſt<lb/> die Verwerfung der Gladſtoneſchen Bill. Nach dem Tode<lb/> ſeines Vaters trat er als Herzog von Devonſhire in das<lb/> Oberhaus ein. Der Herzog von Devonſhire war eine wegen<lb/> ſeiner perſönlichen Vorzüge auch von den politiſchen Gegnern<lb/> geachtete Perſönlichkeit. Er iſt überdies auch bekannt als<lb/> einer der reichſten Grund- und Bergwerksbeſitzer Englands<lb/> Seinen ſchönſten Schatz bildete eine herrliche Bildergalerie,<lb/> die nun mit den übrigen Beſitztümern zuſammen auf den<lb/> Erben des Verſtorbenen, den Night Honourable Vikto-<lb/> Cavendiſh, übergeht.</p> </div> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Politiſche Nachrichten.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Zum Fall Schnitzer.</hi> </head><lb/> <dateline>* <hi rendition="#b">München, 25. März.</hi></dateline> <p>Die Meldungen einer unmittel-<lb/> bar bevorſtehenden oder bereits erfolgten Erledigung des<lb/><hi rendition="#g">Falles Schnitzer</hi> ſind falſch. Profeſſor Schnitzer iſt<lb/> bekanntlich im Urlaub und wird vorausſichtlich um Ver-<lb/> längerung dieſes Urlaubs über das Sommerſemeſter bitten.<lb/> Unter dieſen Umſtänden iſt der Fortgang der Angelegenheit<lb/> natürlich gehemmt und was über die mutmaßliche Art der<lb/> Entſcheidung geſagt wird, iſt mehr oder minder haltloſes<lb/> Gerede.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <head> <hi rendition="#b">Der Eindruck der Rede des Reichskanzlers im Auslande.</hi> </head><lb/> <dateline><hi rendition="#aq">z.</hi><hi rendition="#b">London,</hi> 25. März, 11.10 <hi rendition="#aq">V.</hi></dateline> <p>(<hi rendition="#g">Privattelegramm</hi>.)<lb/> Diesmal hat Fürſt Bülow keine gute Preſſe in England. Die<lb/> miniſteriellen Organe ſind durch die <hi rendition="#g">Kritik des engliſchen<lb/> Programms für Mazedonien verſtimmt</hi> und die<lb/> konſervativen Zeitungen lehnen die Erklärung über den Tweed-<lb/> mouthſchen Brief ab. Der konſervative Standard ſchreibt: Viel-<lb/> leicht wären wir geneigt, die Beteuerung des Fürſten Bülow,<lb/> daß Deutſchland nur freundliche und friedliche Abſichten gegen-<lb/> über England hege, zu akzeptieren, wenn wir nicht wüßten, daß<lb/> Deutſchland durch gewiſſe Handlungen ſeine Abſichten verraten<lb/> hat, eine Angriffspolitik zu betreiben. Es wäre unſrerſeits<lb/> töricht, die Möglichkeit einer ſolchen Aggreſſive zu ignorieren.<lb/> Der liberale Daily Chronicle verurteilt nochmals den Brief des<lb/> Kaiſers an Lord Tweedmouth und bedauert die Art und Weiſe,<lb/> wie der Reichskanzler die mazedoniſchen Vorſchläge der engliſchen<lb/> Regierung kritiſierte.</p><lb/> <p>Die liberale Daily News billigt Fürſt Bülows Aeußerungen<lb/> über die Angelegenheit der Korreſpondenz des Kaiſers mit Lord<lb/> Tweedmouth aufs wärmſte. Das miniſterielle Blatt erklärt, daß<lb/> er ſich gar nicht beſſer hätte ausdrücken können. Was er über den<lb/><hi rendition="#g">deutſchen Flottenbau</hi> ſagte, ſei durchaus billig geweſen.<lb/> Warum ſolle man immer die engliſchen Motive für den Bau einer<lb/> dreimal ſtärkeren Flotte für tadellos und ehrenhaft halten und<lb/> die deutſchen für finſter.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="3"> <dateline>* <hi rendition="#b">Paris,</hi> 25. März.</dateline> <p>Ueber die Reden des Reichskanzlers<lb/> Fürſten Bülow und des Staatsſekretärs v. Schoen ſchreibt der<lb/> Figaro: <cit><quote>Wir beglückwünſchen uns zu dem erfreulichen Zu-<lb/> ſammentreffen, daß der Reichskanzler Fürſt Bülow und Staats-<lb/> ſekretär v. Schoen gerade in dem Augenblick das Wort ergriffen<lb/> haben, wo ſich die franzöſiſche Kammer anſchickt, über die<lb/><hi rendition="#g">Marokkokredite</hi> zu verhandeln. Die amtlichen Berliner<lb/> Redner haben im voraus jenen franzöſiſchen Deputierten ge-<lb/> antwortet, die allzu beunruhigt und ſpitzfindig immer zu einem<lb/><hi rendition="#g">Konflikt Frankreichs mit Deutſchland</hi> führen<lb/> möchten. Die Sitzung des Reichstages beweiſt, daß unſere Ehr-<lb/> lichkeit und Aufrichtigkeit anerkannt wird. Wir werden alle<lb/> unſere Rechte verteidigen, indem wir dabei die übernommenen<lb/> Verpflichtungen reſpektieren und das Vertrauen Europas recht-<lb/> fertigen.</quote></cit></p> </div> </div><lb/> <div n="2"> <note> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#b">(Weitere Nachrichten ſiehe Seite 6.)</hi> </hi> </note><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <cb/> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="a1a" next="a1b" type="jArticle" n="2"> <head> <hi rendition="#b">Heimliche Liebe.</hi> </head><lb/> <byline>Roman von <hi rendition="#g">Konrad Remling.</hi></byline><lb/> <note>(37) <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> (Nachdruck verboten.)</note><lb/> <p>Hanna war mit der Bereitung des Tees beſchäftigt,<lb/> achtete aber auf jedes Wort, das er ſprach; ſie hatte einen<lb/> nachdenklichen Zug im Geſicht, nicht unfreundlich, aber ein<lb/> wenig müde und verſonnen.</p><lb/> <p>Georg beobachtete ſie noch immer.</p><lb/> <p>„Was ſagſt du eigentlich zu der Geſchichte von geſtern<lb/> abend?“ fragte er endlich gerade heraus, ohne ſeine Stellung<lb/> zu verändern.</p><lb/> <p>Hanna hielt einen Augenblick inne und ſah auf.</p><lb/> <p>„Was ſoll ich dazu ſagen? Ich wollte, es wäre nicht<lb/> geſchehen; das iſt eigentlich alles. ... Im erſten Augen-<lb/> blick, als du anfingſt zu ſprechen, erſchrak ich und glaubte,<lb/> ich müßte es um jeden Preis verhindern. Aber dann war<lb/> es ja ſchon zu ſpät. Ich ſah nur immer ſtarr auf dich und<lb/> war nicht einmal imſtande, mich zu rühren. Und dann,<lb/> als du immer weiter ſprachſt, fing ich an, dich zu bemit-<lb/> leiden und zu bedauern.“ ...</p><lb/> <p>„Zu bedauern? Wieſo? ... Das iſt ſeltſam! ... Du<lb/> — du mußteſt doch ungehalten ſein und dich meiner<lb/> ſchämen? ... Das verſtehe ich wirklich nicht.“</p><lb/> <p>Seine Fragen hatten etwas rein Objektives, als ſpräche<lb/> er nicht von ſich, ſondern von einem anderen.</p><lb/> <p>„Du ſprachſt ſo hilflos, ſo — verzweifelt, trotz deines<lb/> Zornes und deiner Entrüſtung.“</p><lb/> <p>„Ich hatte zu viel getrunken, Hanna. Das ſahſt du<lb/> doch wohl?“</p><lb/> <p>„Gewiß. Aber das war es nicht allein. Du ſprachſt<lb/> wie ein Kind, das ein Unrecht begangen hat und nun an-<lb/> fängt, ſich zu verteidigen, noch ehe man ihm überhaupt<lb/> einen Vorwurf daraus gemacht hat. Ich bin überzeugt, ein<lb/> großer Teil der Gäſte wußte nicht einmal, wovon du<lb/> ſprachſt. ... Nun wird es ja wohl für keinen mehr ein<lb/> Geheimnis ſein — auch für die nicht, die uns ferner ſtehen“<lb/> — ſie machte eine Pauſe und fügte dann hinzu: „Armer<lb/> Georg! Ich dachte nicht, daß es ſo ſchnell gehen würde!“</p><lb/> <p>Georg hatte ſich plötzlich erhoben und war an das<lb/> Fenſter getreten. Von dort aus ſprach er zu ihr:</p><lb/> <cb/> <p>„Sage, Hanna: wir müſſen uns einmal ganz klar<lb/> werden über das, was eigentlich geſchehen iſt vor zwei<lb/> Jahren, und was wir „unſere Schuld“ nennen. Je mehr<lb/> Zeit darüber hingegangen iſt, deſto weniger begreife ich<lb/> jetzt, weshalb wir das Ganze ſo — tragiſch genommen<lb/> haben. Ich kann mir nicht denken, daß mein Gewiſſen ſich<lb/> mit der Zeit ſo völlig abgeſtumpft haben ſollte; wenigſtens<lb/> wäre es traurig, das denken zu müſſen.“</p><lb/> <p>„Wir haben ja oft und viel darüber geſprochen,<lb/> Georg.“</p><lb/> <p>„Jawohl. Aber niemals mit der Ruhe und — Ob-<lb/> jektivität, die ich gerade heute in mir finde. Alſo: ich<lb/> komme nach jahrelanger Abweſenheit in die Heimat zurück<lb/> und finde dich als Gattin meines Jugendfreundes wieder.<lb/> Ich ſehe dich und fühle ſchon nach den erſten Augenblicken<lb/> des Wiederſehens, daß ich dich — liebe. Ich ſage dir das,<lb/> und du biſt ehrlich genug, deine Gegenliebe nicht zu leug-<lb/> nen. ... Wir verſuchen, gegen dieſe Liebe anzukämpfen,<lb/> und: ein flüchtig hingehauchter Kuß, ein Händedruck, ein<lb/> paar haſtig geflüſterte Liebesworte in den Wochen, die nun<lb/> folgen — das iſt das Unrecht, das wir an Rudolf Warnow<lb/> begehen. ... Der unglückſelige Zufall will es, daß du<lb/> krank wirſt und in deinen Fieberphantaſien von unſerer<lb/> — heimlichen Liebe ſprichſt. ... Rudolf ahnt, begreift und<lb/> — kommt zu mir. Er iſt ein Menſch mit einem großen,<lb/> edlen Herzen. Er verſucht mit mir darüber zu ſprechen,<lb/> kommt aber zu keinem Schluß. Er reicht mir noch einmal<lb/> ſeine Hand und geht hin, um — zu ſterben. ... Das ge-<lb/> ſchah vor zwei Jahren. ... Das war unſer Unrecht Rudolf<lb/> Warnow gegenüber. ... Heute biſt du meine Frau, und<lb/> wir ſprechen davon, daß wir „ſchuldig“ ſeien; wir glauben,<lb/> daß alle Welt um dieſe unſere Schuld wiſſen müſſe und uns<lb/> in Acht und Bann getan habe. ... Iſt es ſo, Hanna?“</p><lb/> <p>Er kam zurück und ſetzte ſich wieder.</p><lb/> <p>„Ja. So iſt es.“</p><lb/> <p>Sie hatte ſich zurückgelehnt, hatte die Hände gefaltet<lb/> und klopfte mit den beiden ausgeſtreckten Zeigefingern<lb/> gegen die Kante des Tiſches; es lag etwas Starres und<lb/> Hoffnungsloſes in ihrer ganzen Haltung und in dem<lb/> kurzen, einförmigen Klopfen.</p><lb/> <p>„Eine — unverzeihliche Schuld?“</p><lb/> <p>Sie nickte nur.</p><lb/> <p>.. „An der wir zugrunde gehen werden?“</p><lb/> <cb/> <p>„Ja. Geſtern begann die Vergeltung.“</p><lb/> <p>„Erſt geſtern?“</p><lb/> <p>„Ich ſpreche von dem — Richteramt, das die Welt ſich<lb/> anmaßt über uns. Was wir ſelber denken und empfinden<lb/> oder auch ſchon hinter uns haben, das kommt ja nicht in<lb/> Betracht dabei.“</p><lb/> <p>Ein Hoffnungsſchimmer ſtieg bei den letzten Worten<lb/> Hannas in Georg auf.</p><lb/> <p>„Das die Welt ſich — anmaßt, ſagſt du? Alſo die<lb/> Leute um uns her? Was gehen ſie uns an? ... Wir<lb/> werden ihre Geſellſchaft meiden und hinauswandern in die<lb/> weite Welt. ... Wir werden Helldorf und die Heimat<lb/> verlaſſen; wenn es ſein muß, für immer.“ ...</p><lb/> <p>Hanna lächelte wehmütig.</p><lb/> <p>„Mein armer, lieber Freund! Weißt du nicht, daß<lb/> das unmöglich iſt?“</p><lb/> <p>„Du haſt es ſelbſt geſagt — im Herbſt, als wir zurück-<lb/> kamen von unſerer Reiſe und dir alles hier ſo ſtill und<lb/> traurig erſchien.“ ...</p><lb/> <p>„Jawohl. Damals brachte es die Stimmung mit ſich<lb/> und der Reſt von Hoffnung, der noch in mir war; in-<lb/> zwiſchen habe ich auch dieſen verloren. ... Wir ſind ja<lb/> ſo feſtgewachſen — mit allen Wurzeln unſeres Daſeins an<lb/> dieſes Land gebunden — und ſo ſonderbar es klingen mag:<lb/> auch an dieſe Menſchen.“ ... Sie ſchwieg einen Augenblick<lb/> und fuhr dann leiſer fort, während eine leichte Röte der<lb/> Verlegenheit über ihr Geſicht huſchte: „Es gibt aber dann<lb/> noch etwas anderes, woran du bisher noch nicht gedacht<lb/> haſt ... ich meine ... das Gut und der Name Helldorf<lb/> ſelbſt ... noch iſt kein Erbe dafür vorhanden ... aber —<lb/> wenn dir nun eines Tages ein — Sohn geboren würde“ ...</p><lb/> <p>„Hanna!“ ...</p><lb/> <p>Georg ſprang auf und trat zu ihr; im Augenblicke<lb/> hatten ſich ſein Geſicht, ſeine Bewegungen, ſein ganzes<lb/> Aeußeres verändert.</p><lb/> <p>Wehmütig lächelnd wehrte ſie ab, während ſie noch ver-<lb/> legener, zugleich aber auch traurig wurde:</p><lb/> <p>„O, mein armer, lieber Georg! Daß ich dir in einer<lb/> ſolchen Stunde und in einer ſolchen Stimmung dieſes Ge-<lb/> ſtändnis machen muß!“ ...</p><lb/> <p>Sie hatte den Kopf vornüber gebeugt, um die Tränen<lb/> zu verbergen. Aber ſchon im nächſten Augenblick kniete er<lb/> neben ihr, faltete ihre Hände und drückte ſeine Lippen dar-</p> </div> </div><lb/> </body> </text> </TEI> [2/0002]
München, Donnerstag Allgemeine Zeitung 26. März 1908. Nr. 142.
treffen, die ihm einen Teil der erworbenen Grubenfelder
koſtenlos zuſichern; er wird ſich mit dieſem in die Kohlen-
ſchätze Bayerns teilen. Es iſt nicht ausgeſchloſſen, daß
etwas derartiges ſeitens des Staatsärars mit der Inter-
nationalen Bohrgeſellſchaft beabſichtigt iſt. Vielleicht tritt
dem Abkommen auch noch eine bayeriſche Geſellſchaft bei,
denn ſchließlich muß doch jemand dabei ſein, der die Koſten
der Bohrungen bezahlt. Wird bei den Verſuchsbohrungen
ein Erfolg nicht erzielt, ſo hört die Sache einfach auf. Das
Geſetz der Anſchlußmutung, das die freie Entwicklung des
privaten Bergbaues hindert, aber bleibt beſtehen.
Bei der Beratung des Geſetzentwurfes in der Abgeord-
netenkammer iſt wiederholt betont worden, daß der baye-
riſche Staat noch nicht reif ſei, ſelbſt einen großen Bergbau
auf Kohlen ins Leben zu rufen, wenigſtens nicht in kurzer
Zeit. Noch mehr iſt jedoch die Notwendigkeit hervorgehoben
worden, für das bayeriſche Volk und ſeine Induſtrie bil-
lige Kohlen im eigenen Lande zu beſchaffen, damit Bayern
nicht vom Ausland abhängig bleibt. Soll das in abſeh-
barer Zeit erreicht werden, ſo wird es nur durch eine raſche
Entwicklung des Privatbergbaues möglich ſein.
Man hofft daher in induſtriellen Kreiſen Bayerns,
daß ſich die Kammer der Reichsräte der Erkennt-
nis, daß das Geſetz der Anſchlußmutung ein Fehlgriff iſt,
nicht verſchließen wird.
Politiſche Rundſchau.
Friede im Reichstag.
Die Erklärung des Abg. Gröber, auf Grund deren die
Reichstagsjournaliſten morgen ihre Arbeit wieder auf-
nehmen, iſt unſeres Erachtens nicht ganz befriedigend, und
wenn ſie trotzdem als Friedensgrundlage akzeptiert worden
iſt, ſo zeigt das, wie fern die Reichstagsjournaliſten von
jeder Ueberſpannung ihrer Forderungen geweſen ſind. Län-
gere Epiloge zu dieſer eigenartigen Tragikomödie wird
man ſich gern erſparen, aber einige kurze Bemerkungen
drängen ſich noch auf. Der Zwiſchenfall Müller-Meinin-
gen, deſſen Eigentümlichkeiten eine uns neuerdings zu-
gehende Erklärung des Herrn Abgeordneten aus einem
„gegenſeitigen groben Mißverſtändnis“ zwiſchen ihm und
dem Journaliſten erklärt, mag beiſeite bleiben, ebenſo die
unwürdige Haltung eines großen Teiles der Zentrums-
preſſe die ſich bei dieſer Gelegenheit mit wenigen rühm-
lichen Ausnahmen völlig außerhalb der Solidarität der
Preſſe geſtellt und eine ſchlotternde Abhängigkeit von der
möglichen Ungnade ihrer Parteigewaltigen geoffenbart
hat. Aber das muß noch geſagt werden, daß die wenig er-
ſprießliche und wenig neidenswerte Situation, in welcher
der Deutſche Reichstag während der letzten Tage gearbeitet
hat — die Stimmen des Auslandes geben von dem Maß
ihrer Unerfreulichkeit ein beredtes Zeugnis —, nicht eben
ein Ruhmesblatt für den Reichstagspräſidenten bildet.
Seine Schuld iſt es im Grunde, daß ein verhältnismäßig
einfacher Konflikt, der mit einem einzigen Worte hätte ge-
löſt werden können und gelöſt werden müſſen, ſo bedenklich
ſich verwirrt und ſo tiefgreifende Folgen gehabt hat. Es
handelte ſich um eine kleine und überdies noch immer nicht
ganz einwandfrei feſtgeſtellte Ungebühr eines einzigen
Reichstagsjournaliſten — die Bemerkung des Protokolls
bedarf unſeres Erachtens immer noch der Klärung — und
um eine ganz offenkundige grobe Ungebühr des Abgeord-
neten Gröber; die erſtere iſt vom Präſidenten zweimal
ſcharf gerügt worden, die letztere überhaupt nicht. Inſofern
hat ſeine Amtsführung verſagt und ſchließlich hat, wie es
ſcheint, der politiſche Druck der Mehrheitsparteien Platz
greifen müſſen, wenn eine Löſung erzielt werden wollte.
Das war inſofern in gewiſſem Sinne gerechtfertigt, als das
Zentrum mit dem Hinüberſpielen der reinen Anſtands- und
Ordnungsfrage auf das politiſche Gebiet vorangegangen
war. Aber unerfreulich iſt und bleibt es doch, daß man
im Reichstag derartiger Mittel bedarf, um einen Konflikt
zu löſen, der irgend welche Parteiverhältniſſe gar nicht
hätte berühren dürfen.
Im Anſchluß daran iſt noch zu erwähnen, daß die
Rheiniſch-Weſtfäliſche Zeitung von der geſamten deutſchen
Preſſe, ſoweit ſie nicht dem Klerikalismus und ſeinen ver-
ſchiedenen Anhängſeln dienſtbar iſt, eine Ausnahme-
ſtellung eingenommen hat. Das Blatt verlangte von
ſeinem Berliner Vertreter, daß dieſer nach wie vor Bericht
und Stimmungsbild liefere, was dieſer unter Hinweis auf
die Solidarität der Kollegen ablehnte. Darauf erhob es
einen flammenden Proteſt gegen die Einmiſchung der aus-
ländiſchen Preſſevertreter in die Angelegenheiten der
Journaliſtentribüne des Deutſchen Reichstags, der allge-
meines Kopfſchütteln erregte; die Herren hatten nämlich
ihren deutſchen Kollegen lediglich ihre Sympathie aus-
gedrückt und ſich ſonſt in die Verhandlungen und Be-
ratungen mit keinem Worte eingemiſcht. Der Berliner
Vertreter der Rheiniſch-Weſtfäliſchen Zeitung gab denn
auch in einer Journaliſtenverſammlung ſeiner Anſicht dahin
Ausdruck, daß ſeine Zeitung in dieſer Frage ungenau unter-
richtet ſein müſſe. Am Abend desſelben Tages wurde der
Herr in brüsker Form telephoniſch entlaſſen.
Ueber das 25 Pfennig-Stück
heißt es in der Begründung der ſoeben erſchienenen Novelle
zum Münzgeſetz, daß der Reichstag am 13. November 1906
die Petition der Handelskammer zu Osnabrück auf Einführung
eines Fünfundzwanzigpfennigſtücks dem Reichskanzler zur Er-
wägung überwieſen habe und daß ſeitdem aus den Kreiſen ſo-
wohl der Induſtrie wie der Landwirtſchaft in verſtärktem Maße
der Wunſch nach Schaffung dieſer Geldſorte laut geworden ſei.
Dieſer Wunſch werde damit begründet, daß eine ſolche Münz-
gattung weſentlich zu einer Vereinfachung des Zahlungsweſens
namentlich im Kleinverkehr beitragen würde, da häufig Zahlun-
gen mit den Beträgen von 25 und 75 Pfg. vorkämen und in die-
ſen Fällen das Fünfundzwanzigpfennigſtück drei Nickelmünzen
erſetzen könne, mithin auch das weitläufige Umwechſeln von
Münzen erübrige oder wenigſtens erleichtere. Dann heißt es
weiter: Die Berechtigung eines ſolchen Wunſches dürfte
nach Beſeitigung der Zwanzigpfennigſtücke aus Silber und aus
Nickel anzuerkennen ſein, die eine verhältnismäßig große,
namentlich im Kleinverkehr läſtig empfundene Lücke zwiſchen dem
Zehn- und Fünfzigpfennigſtücke hinterlaſſen hat und eine
größere Zahl von Nickelmünzen erheiſcht. Auch die in andern
Ländern gemachten Erfahrungen laſſen erkennen, daß eine ent-
ſprechende Zwiſchenmünze einem wirklichen Verkehrsbedürfnis
entſpricht. Wenn gegen die Einführung eines Fünfundzwanzig-
pfennigſtücks nach der Richtung Bedenken erhoben worden ſind,
daß es geeignet ſei, eine preiserhöhende Wirkung inſofern
auszuüben, als der Entgelt für gewiſſe Waren und Leiſtungen
von 20 auf 25 Pfg. geſteigert werde, ſo möchten dieſe Bedenken
doch angeſichts des unleugbaren Vorteils einer Vereinfachung
des Zahlungsverkehrs um ſo weniger eine ausſchlaggebende Be-
deutung beanſpruchen, als die Regelung der fraglichen Preiſe
den Intereſſenten überlaſſen werden kann, ohne daß erheblichere
Benachteiligungen des Publikums zu beſorgen wären. Eine
ſolche Beſorgnis erſcheint auch um deswillen weniger begründet,
als bereits vor dem Erlaſſe des Münzgeſetzes vom 9. Juli 1873
in dem größten Teile Deutſchlands Münzen von ähnlichem Wert-
betrage, wie das Zweiundeinhalbgroſchenſtück, in Geltung waren.
Auch in Frankreich hat man kein Bedenken getragen, von dem
Zwanzig- zu dem Fünfundzwanzigcentimesſtück überzugehen.
Eine wichtige Vorbedingung für die Einführung eines Fünf-
undzwanzigpfennigſtücks bildet die Schaffung einer zweckent-
ſprechenden Form, die gerade bei den kleinen Scheidemünzen
von der größten Bedeutung iſt. Die geringe Beliebtheit der
Zwanzigpfennigſtücke aus Silber und aus Nickel beruhte weſent-
lich auf ihrer mangelhaften Geſtaltung. Das ſilberne Zwanzig-
pfennigſtück war zu klein und zu leicht (Durchmeſſer 16 Milli-
meter, Gewicht 1.1 Gramm), das Zwanzigpfennigſtück aus Nickel
hatte ein wenig gefälliges Ausſehen. Von beſonderer Wichtig-
keit iſt ferner die leichte Unterſcheidbarkeit von den geltenden
Münzgattungen, damit nachteilige Verwechslungen vermieden
werden. Aus dieſen Erwägungen wird ein Fündundzwanzig-
pfennigſtück aus Silber nicht in Ausſicht zu nehmen ſein. Es bleibt
nur übrig, Nickel als das Prägemetall zu wählen. Der Vorgang
Oeſtereich-Ungarns, Frankreichs, Italiens und der Schweiz weiſt
auf Reinnickel hin. Dieſes erfordert allerdings höhere Metall-
anſchaffungskoſten, gewährleiſtet aber dafür eine längere Halt-
barkeit des Gepräges. Auch würde ein aus Reinnickel hergeſtell-
tes Fünfundzwanzigpfennigſtück wegen des abweichenden Aus-
ſehens die Unterſcheidung von dem Zehnpfennigſtück und dem
Einmarkſtück erleichtern. Da erſtere Geldſorte bereits einen
Durchmeſſer von 21 Millimeter, letztere einen ſolchen von 24
Millimeter beſitzt, ſo könnte für das Fünfundzwanzigpfennigſtück
nur ein ſolcher von 22 oder 23 Millimeter ins Auge gefaßt wer-
den, wenn es zugleich vor einem mit der Doppelkrone gleichen
Durchmeſſer (22½ Millimeter) bewahrt werden ſoll. Der Ent-
wurf bringt weiter in Vorſchlag, dem Bundesrat auch die Er-
mächtigung zu erteilen, bei den in dieſem Paragraphen bezeich-
neten Münzen die Jahreszahl und die Inſchrift „Deutſches
Reich“ auf der Adlerſeite anbringen zu laſſen. Hierdurch ſoll die
Möglichkeit geſchaffen werden, nach Bedarf die Schriftſeite zu
entlaſten, damit auf ihr die Wertangabe deſto freier und deut-
licher in die außere Erſcheinung treten kann. Eine ſolche An-
ordnung der Geprägsmerkmale würde insbeſondere beim Fünf-
undzwanzigpfennigſtücke deſſen Erkennbarkeit erleichtern.
Der Herzog von Devonſhire †.
* Wie ſchon gemeldet, iſt der Herzog von Devon-
ſhire in Cannes geſtorben. Spencer Campton
Cavendiſh, achter Herzog von Devonſhire, bis zum
Tode ſeines Vaters 1891 unter dem Namen Lord Har-
tington bekannt, hat ein Alter von 75 Jahren erreicht.
Er war ein bedeutender Politiker und ſpielte namentlich
auch durch die Gründung der Partei der liberalen Unio-
niſten eine Rolle. Als Haupt dieſer Partei bekämpfte er
die Gladſtoneſche Home-Rule-Politik und beantragte ſelbſt
die Verwerfung der Gladſtoneſchen Bill. Nach dem Tode
ſeines Vaters trat er als Herzog von Devonſhire in das
Oberhaus ein. Der Herzog von Devonſhire war eine wegen
ſeiner perſönlichen Vorzüge auch von den politiſchen Gegnern
geachtete Perſönlichkeit. Er iſt überdies auch bekannt als
einer der reichſten Grund- und Bergwerksbeſitzer Englands
Seinen ſchönſten Schatz bildete eine herrliche Bildergalerie,
die nun mit den übrigen Beſitztümern zuſammen auf den
Erben des Verſtorbenen, den Night Honourable Vikto-
Cavendiſh, übergeht.
Politiſche Nachrichten.
Zum Fall Schnitzer.
* München, 25. März. Die Meldungen einer unmittel-
bar bevorſtehenden oder bereits erfolgten Erledigung des
Falles Schnitzer ſind falſch. Profeſſor Schnitzer iſt
bekanntlich im Urlaub und wird vorausſichtlich um Ver-
längerung dieſes Urlaubs über das Sommerſemeſter bitten.
Unter dieſen Umſtänden iſt der Fortgang der Angelegenheit
natürlich gehemmt und was über die mutmaßliche Art der
Entſcheidung geſagt wird, iſt mehr oder minder haltloſes
Gerede.
Der Eindruck der Rede des Reichskanzlers im Auslande.
z. London, 25. März, 11.10 V. (Privattelegramm.)
Diesmal hat Fürſt Bülow keine gute Preſſe in England. Die
miniſteriellen Organe ſind durch die Kritik des engliſchen
Programms für Mazedonien verſtimmt und die
konſervativen Zeitungen lehnen die Erklärung über den Tweed-
mouthſchen Brief ab. Der konſervative Standard ſchreibt: Viel-
leicht wären wir geneigt, die Beteuerung des Fürſten Bülow,
daß Deutſchland nur freundliche und friedliche Abſichten gegen-
über England hege, zu akzeptieren, wenn wir nicht wüßten, daß
Deutſchland durch gewiſſe Handlungen ſeine Abſichten verraten
hat, eine Angriffspolitik zu betreiben. Es wäre unſrerſeits
töricht, die Möglichkeit einer ſolchen Aggreſſive zu ignorieren.
Der liberale Daily Chronicle verurteilt nochmals den Brief des
Kaiſers an Lord Tweedmouth und bedauert die Art und Weiſe,
wie der Reichskanzler die mazedoniſchen Vorſchläge der engliſchen
Regierung kritiſierte.
Die liberale Daily News billigt Fürſt Bülows Aeußerungen
über die Angelegenheit der Korreſpondenz des Kaiſers mit Lord
Tweedmouth aufs wärmſte. Das miniſterielle Blatt erklärt, daß
er ſich gar nicht beſſer hätte ausdrücken können. Was er über den
deutſchen Flottenbau ſagte, ſei durchaus billig geweſen.
Warum ſolle man immer die engliſchen Motive für den Bau einer
dreimal ſtärkeren Flotte für tadellos und ehrenhaft halten und
die deutſchen für finſter.
* Paris, 25. März. Ueber die Reden des Reichskanzlers
Fürſten Bülow und des Staatsſekretärs v. Schoen ſchreibt der
Figaro: Wir beglückwünſchen uns zu dem erfreulichen Zu-
ſammentreffen, daß der Reichskanzler Fürſt Bülow und Staats-
ſekretär v. Schoen gerade in dem Augenblick das Wort ergriffen
haben, wo ſich die franzöſiſche Kammer anſchickt, über die
Marokkokredite zu verhandeln. Die amtlichen Berliner
Redner haben im voraus jenen franzöſiſchen Deputierten ge-
antwortet, die allzu beunruhigt und ſpitzfindig immer zu einem
Konflikt Frankreichs mit Deutſchland führen
möchten. Die Sitzung des Reichstages beweiſt, daß unſere Ehr-
lichkeit und Aufrichtigkeit anerkannt wird. Wir werden alle
unſere Rechte verteidigen, indem wir dabei die übernommenen
Verpflichtungen reſpektieren und das Vertrauen Europas recht-
fertigen.
(Weitere Nachrichten ſiehe Seite 6.)
Heimliche Liebe.
Roman von Konrad Remling.
(37)
(Nachdruck verboten.)
Hanna war mit der Bereitung des Tees beſchäftigt,
achtete aber auf jedes Wort, das er ſprach; ſie hatte einen
nachdenklichen Zug im Geſicht, nicht unfreundlich, aber ein
wenig müde und verſonnen.
Georg beobachtete ſie noch immer.
„Was ſagſt du eigentlich zu der Geſchichte von geſtern
abend?“ fragte er endlich gerade heraus, ohne ſeine Stellung
zu verändern.
Hanna hielt einen Augenblick inne und ſah auf.
„Was ſoll ich dazu ſagen? Ich wollte, es wäre nicht
geſchehen; das iſt eigentlich alles. ... Im erſten Augen-
blick, als du anfingſt zu ſprechen, erſchrak ich und glaubte,
ich müßte es um jeden Preis verhindern. Aber dann war
es ja ſchon zu ſpät. Ich ſah nur immer ſtarr auf dich und
war nicht einmal imſtande, mich zu rühren. Und dann,
als du immer weiter ſprachſt, fing ich an, dich zu bemit-
leiden und zu bedauern.“ ...
„Zu bedauern? Wieſo? ... Das iſt ſeltſam! ... Du
— du mußteſt doch ungehalten ſein und dich meiner
ſchämen? ... Das verſtehe ich wirklich nicht.“
Seine Fragen hatten etwas rein Objektives, als ſpräche
er nicht von ſich, ſondern von einem anderen.
„Du ſprachſt ſo hilflos, ſo — verzweifelt, trotz deines
Zornes und deiner Entrüſtung.“
„Ich hatte zu viel getrunken, Hanna. Das ſahſt du
doch wohl?“
„Gewiß. Aber das war es nicht allein. Du ſprachſt
wie ein Kind, das ein Unrecht begangen hat und nun an-
fängt, ſich zu verteidigen, noch ehe man ihm überhaupt
einen Vorwurf daraus gemacht hat. Ich bin überzeugt, ein
großer Teil der Gäſte wußte nicht einmal, wovon du
ſprachſt. ... Nun wird es ja wohl für keinen mehr ein
Geheimnis ſein — auch für die nicht, die uns ferner ſtehen“
— ſie machte eine Pauſe und fügte dann hinzu: „Armer
Georg! Ich dachte nicht, daß es ſo ſchnell gehen würde!“
Georg hatte ſich plötzlich erhoben und war an das
Fenſter getreten. Von dort aus ſprach er zu ihr:
„Sage, Hanna: wir müſſen uns einmal ganz klar
werden über das, was eigentlich geſchehen iſt vor zwei
Jahren, und was wir „unſere Schuld“ nennen. Je mehr
Zeit darüber hingegangen iſt, deſto weniger begreife ich
jetzt, weshalb wir das Ganze ſo — tragiſch genommen
haben. Ich kann mir nicht denken, daß mein Gewiſſen ſich
mit der Zeit ſo völlig abgeſtumpft haben ſollte; wenigſtens
wäre es traurig, das denken zu müſſen.“
„Wir haben ja oft und viel darüber geſprochen,
Georg.“
„Jawohl. Aber niemals mit der Ruhe und — Ob-
jektivität, die ich gerade heute in mir finde. Alſo: ich
komme nach jahrelanger Abweſenheit in die Heimat zurück
und finde dich als Gattin meines Jugendfreundes wieder.
Ich ſehe dich und fühle ſchon nach den erſten Augenblicken
des Wiederſehens, daß ich dich — liebe. Ich ſage dir das,
und du biſt ehrlich genug, deine Gegenliebe nicht zu leug-
nen. ... Wir verſuchen, gegen dieſe Liebe anzukämpfen,
und: ein flüchtig hingehauchter Kuß, ein Händedruck, ein
paar haſtig geflüſterte Liebesworte in den Wochen, die nun
folgen — das iſt das Unrecht, das wir an Rudolf Warnow
begehen. ... Der unglückſelige Zufall will es, daß du
krank wirſt und in deinen Fieberphantaſien von unſerer
— heimlichen Liebe ſprichſt. ... Rudolf ahnt, begreift und
— kommt zu mir. Er iſt ein Menſch mit einem großen,
edlen Herzen. Er verſucht mit mir darüber zu ſprechen,
kommt aber zu keinem Schluß. Er reicht mir noch einmal
ſeine Hand und geht hin, um — zu ſterben. ... Das ge-
ſchah vor zwei Jahren. ... Das war unſer Unrecht Rudolf
Warnow gegenüber. ... Heute biſt du meine Frau, und
wir ſprechen davon, daß wir „ſchuldig“ ſeien; wir glauben,
daß alle Welt um dieſe unſere Schuld wiſſen müſſe und uns
in Acht und Bann getan habe. ... Iſt es ſo, Hanna?“
Er kam zurück und ſetzte ſich wieder.
„Ja. So iſt es.“
Sie hatte ſich zurückgelehnt, hatte die Hände gefaltet
und klopfte mit den beiden ausgeſtreckten Zeigefingern
gegen die Kante des Tiſches; es lag etwas Starres und
Hoffnungsloſes in ihrer ganzen Haltung und in dem
kurzen, einförmigen Klopfen.
„Eine — unverzeihliche Schuld?“
Sie nickte nur.
.. „An der wir zugrunde gehen werden?“
„Ja. Geſtern begann die Vergeltung.“
„Erſt geſtern?“
„Ich ſpreche von dem — Richteramt, das die Welt ſich
anmaßt über uns. Was wir ſelber denken und empfinden
oder auch ſchon hinter uns haben, das kommt ja nicht in
Betracht dabei.“
Ein Hoffnungsſchimmer ſtieg bei den letzten Worten
Hannas in Georg auf.
„Das die Welt ſich — anmaßt, ſagſt du? Alſo die
Leute um uns her? Was gehen ſie uns an? ... Wir
werden ihre Geſellſchaft meiden und hinauswandern in die
weite Welt. ... Wir werden Helldorf und die Heimat
verlaſſen; wenn es ſein muß, für immer.“ ...
Hanna lächelte wehmütig.
„Mein armer, lieber Freund! Weißt du nicht, daß
das unmöglich iſt?“
„Du haſt es ſelbſt geſagt — im Herbſt, als wir zurück-
kamen von unſerer Reiſe und dir alles hier ſo ſtill und
traurig erſchien.“ ...
„Jawohl. Damals brachte es die Stimmung mit ſich
und der Reſt von Hoffnung, der noch in mir war; in-
zwiſchen habe ich auch dieſen verloren. ... Wir ſind ja
ſo feſtgewachſen — mit allen Wurzeln unſeres Daſeins an
dieſes Land gebunden — und ſo ſonderbar es klingen mag:
auch an dieſe Menſchen.“ ... Sie ſchwieg einen Augenblick
und fuhr dann leiſer fort, während eine leichte Röte der
Verlegenheit über ihr Geſicht huſchte: „Es gibt aber dann
noch etwas anderes, woran du bisher noch nicht gedacht
haſt ... ich meine ... das Gut und der Name Helldorf
ſelbſt ... noch iſt kein Erbe dafür vorhanden ... aber —
wenn dir nun eines Tages ein — Sohn geboren würde“ ...
„Hanna!“ ...
Georg ſprang auf und trat zu ihr; im Augenblicke
hatten ſich ſein Geſicht, ſeine Bewegungen, ſein ganzes
Aeußeres verändert.
Wehmütig lächelnd wehrte ſie ab, während ſie noch ver-
legener, zugleich aber auch traurig wurde:
„O, mein armer, lieber Georg! Daß ich dir in einer
ſolchen Stunde und in einer ſolchen Stimmung dieſes Ge-
ſtändnis machen muß!“ ...
Sie hatte den Kopf vornüber gebeugt, um die Tränen
zu verbergen. Aber ſchon im nächſten Augenblick kniete er
neben ihr, faltete ihre Hände und drückte ſeine Lippen dar-
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