Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung, Nr. 13, 14. Januar 1924.

Bild:
<< vorherige Seite
Montag, den 14. Januar 1924 Allgemeine Zeitung. Nr. 18
[Spaltenumbruch]
Personalabbau oder Verwal-
tungsabbau?

Die Personalabbauverordnung der Reichsregie-
rung vom 27. Oktober 1923 und die ihr entspre-
chenden Maßnahmen der Länder sind kein Ruh-
mesblatt der deutschen Verwaltungsgeschichte. Sie
besagen nicht mehr und nicht weniger, als daß
die verantwortlichen Stellen 5 Jahre lang ent-
weder den Ernst der Lage nicht erkannten oder
aber daß es ihnen an Mut oder Tatkraft gebrach,
erkannte Notwendigkeiten in die Tat umzusetzen.
Wäre es anders, so wäre die Verordnung über-
flüssig und unmöglich. Nach dem Frieden von
Tilsit kürzte das besiegte Preußen die Ausgaben
für seine Beamten erheblich. Deutschland steigerte
nach 1918 die Zahl der öffentlich Angestellten
außerordentlich. In der gesamten Reichs ver-
waltung (einschließlich der inzwischen verreichlich-
ten Verwaltungen: Eisenbahn, Post und Finanz)
betrug die Gesamtzahl der Beamten 1914: 542 936,
1920: 688 023, 1923: 764 000, mithin eine Zu-
nahme 1914--1920 von 26,7 Prozent, 1914--1923
von 40,7 Prozent. (Berücksichtigt man, daß das
Reich durch Gebietsabtretungen etwa 10 Prozent
seiner Bevölkerung verloren hat, so beziffert sich
die Zunahme für 1914--1920 auf 40,8 Prozent,
für 1914--1923 auf 56,4 Prozent.) Man sieht,
daß die Vermehrung der Beamtenstellen nicht
etwa nur im ersten Trubel der Revolution, son-
dern noch zu einent wesentlichen Teil viel später
erfolgte. Wohlverstanden: die Zahlen geben nur
die planmäßigen Beamtenstellen an. Zu ihnen
kommen im Jahre 1923 noch 122 579 beamtete
und 679 543 nichtbeamtete Hilfskräfte, so daß die
Gesamtzahl der Reichsangestellten 1923 1 566 122
Köpfe betrug. Die Zahlen der beamteten und
nichtbeamteten Hilfskräfte aus der Vorkriegszeit
stehen mir leider nicht zur Verfügung. Sie liegen
aber bestimmt ganz erheblich unter jenen des
Jahres 1923. Ebenso fehlen die Angaben über die
Zahl der Beamten, Angestellten und Arbeiter in
den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen
Körperschaften. Auch hier ist zweifellos eine ganz
erhebliche Personalvermehrung festzustellen. Be-
rücksichtigt muß ferner wegen der Wirkungen auf
den Personalhaushalt die Tatsache werden, daß
in Reich und Ländern weit über das sachliche Be-
dürfnis hinaus Beförderungsgelegenheiten und
Spitzenstellungen in einer Zahl geschaffen wurden,
die sich die Beamtenorganisationen vor dem Kriege
nie hätten träumen lassen. Namentlich gaben die
Länder ihren in den Reichsdienst übertretenden
Verkehrs- und Finanzbeamten in dieser Richtung
sehr noble Abschiedsgeschenke.

Es gehörte nicht viel Weitblick dazu, das Un-
sinnige dieser Entwicklung von der ersten Stunde
an zu erkennen. Ich für meine Person habe seit
5 Jahren immer wieder Beamte und Beamten-
führer, Gewerkschaftsfunktionäre und maßgebende
Persönlichkeiten des politischen Lebens darauf hin-
gewiesen, daß hier eine sich am Gesamtpersonal
schwer rächende Beamtenpolitik getrieben werde,
daß eines Tages Reich und Länder einfach nicht
mehr in der Lage sein werden, diesem Riesenheer
ausreichende Gehälter zu zahlen, und daß die not-
wendig werdende Operation um so schmerzlicher
und gefährlicher sein werde, je später sie erfolge.
Nun ist das vorhergesagte bittere Ende da. Eine
in ihren Wirkungen notwendig brutale Personal-
abbauverordnung streift hart an die Grundrechte
des Berufsbeamtentums, und eine unzureichende
Notbesoldung öffnet auch dem bisher Blinden die
Augen.

Schon ist man wieder glücklich auf der Suche
nach einem Schuldigen. Unsere antimarxistischen
Monomanen erklären den Marxismus auch hier-
für für verantwortlich. Ich habe keine Veranlas-
sung, diesen zu verteidigen, muß aber aus Grün-
den der historischen Wahrheit feststellen, daß die
marxistenreinen Beamtenorganisationen den freien
Gewerkschaften da in keiner Weise nachstanden,
wo es galt, für die Mitglieder Vorteile zu er-
ringen. Und schließlich ist in dem Land, in dem
der Marxismus nichts zu sagen hat, in Bayern,
der vor geraumer Zeit mit großen Reden einge-
leitete Versuch einer Vereinfachung der Staats-
verwaltung bisher um keinen Schritt weiter ge-
kommen.

Die Schuldfrage ist zwecklos. Entscheidend ist
die Frage: Was nun? Hier muß mit aller Deut-
lichkeit gesagt werden, daß es nicht damit getan
ist, durch eine mehr oder weniger rigorose An-
wendung der Abbauverordnung möglichst viele
Leute von der Staatskrippe ganz wegzubekommen
oder wenigstens in den Ruhestand zu schicken. Ein
solches Verfahren mag wohl ein freundlicheres
Bild der nächsten Haushaltpläne hervorrufen, mag
die Sanierung einleiten, wird aber für sich allein
niemals die dauernde Gesundung des ernstlich
erkrankten Verwaltungskörpers bringen. Der
Außenstehende glaube ja nicht, daß das gewaltige
Beamtenheer bisher faulenzend seine aus der
emsigen Notenpresse gespeisten Einkünfte verzehrt
habe. Daß dem nicht so war, daß die Tausende
und Abertausende in einer steten, wenn auch noch
so unproduktiven Beschäftigung gehalten wurden,
dafür sorgten die zahllosen Gesetze, Verordnungen,
Erlasse und Verfügungen, die die Zentralstellen
der Hauptstädte Tag für Tag in üppiger Frucht-
barkeit gebaren. Es ist ganz typisch, daß z. B. in
den Verkehrsbetrieben bei starkem Verkehrsrück-
gang das Personal des Verwaltungsdienstes (im
Gegensatz zum Betriebsdienst) gegenüber der Vor-
kriegszeit ganz bedeutend vermehrt werden mußte.
Hier fließen die Quellen des Uebels. Der Per-
sonalabbau wird in dem Umfang durchführbar
sein, in dem die Produktivität der Zentralstellen
abnimmt und das Schlagwort von der Dezentrali-
sation ernstlich in vernünftigem Umfang Wirklich-
keit wird. Bleibt es beim Alten, so wird die Per-
sonalabbauverordnung ein Schlag ins Wasser sein
und die Verwaltungsmaschine über kurz oder lang
zum Stillstand kommen. Denn schließlich hat jeder
Personalabbau seine Grenzen in der durch die
Arbeitsmenge bedingten Leistungsfähigkeit des
Personals. Jene Minderung der Produktivität
fällt freilich nicht leicht. Sie muß eine freiwillige
sein und erfordert ein Maß von Selbstbeschrän-
kung, das fleißigen und ehrgeizigen Köpfen von
sonst mittelmäßigen geistigen Qualitäten nicht
[Spaltenumbruch] allzu oft eignet. Auch die Dezentralisation bedarf
einer feinfühligen Hand und eines über den Durch-
schnitt hinausragenden psychologischen Verständ-
nisses an leitender Stelle. Sonst bleiben die schön-
sten Zuständigkeitsordnungen totes Papier. Es
ist daher ganz falsch, diese Dinge durch Verein-
fachungsausschüsse und sonstige Kommissionen
meistern zu wollen. Wenn man sich nicht zu hel-
fen weiß, bildet man eine Kommission. In Wirk-
lichkeit macht's immer nur einer. Es muß nur
ein ganzer Kerl sein.

Politische Rundschau

Der Führer der Landespolizei in
Thüringen,
der bisher sozialistische Poli-
zeioderst Müller-Brandenburg
in
Weimar, ist aus der sozialdemokratischen
Partei ausgetreten.

Zum Vorsteher der Berliner Stadt-
verordnetenversammlung
wurde der
Kandidat der vereinigten bürgerlichen Parteien
Dr. Caspari (D. D.-P.) mit 100 gegen 94
Stimmen der Sozialdemokraten und Kommuni-
sten gewählt. Dr. Caspari hat sein Amt jedoch
niedergelegt, da die anderen Fraktionen eine
Beteiligung an der Wahl der übrigen Vorstands-
mitglieder verweigerten und es der D. V. P. nicht
möglich ist, von sich aus alle Posten zu besetzen.

Vermischte Nachrichten

Die Arbeiten an der Fernkabel-
strecke München-Nürnberg-Leipzig-
Berlin
sind soweit fortgeschritten, daß gestern
Abend bereits Versuchsgespräche stattfin-
den konnten. Die neue unterirdische Fern-
sprechlinie
wird für weite Kreise des Han-
dels, der Industrie, der Presse usw. von großer
Bedeutung werden, da es fortan möglich ist, un-
abhängig von allen Witterungsverhältnissen die
gewünschten Verbindungen rasch und zuverlässig
herzustellen. Das deutsche Kabelnetz wird ein
leistungsfähiges Glied des großen europäischen
Fernsprechnetzes werden.


Am Dienstag ist der Senior des Con-
vents, der Ordensbruder Roman Bader,
82jährig, gestorben. Der Verstorbene hatte
erst vor kurzem sein goldenes Priesterjubiläum
gefeiert. In den Wallfahrerkreisen war
der Verstorbene eine bekannte und beliebte Per-
sönlichkeit. Ihm unterstand lange Zeit die Für-
sorge für die Beherbergung der Wallfahrer.


Beim Holzfällen im Staats-
wald fiel dem 30jährigen Mathias Merkl ein
Baum mit solcher Wucht auf den Kopf, daß er
ihm völlig zerschmettert wurde und der
Unglückliche sofort eine Leiche war.


Vor nicht ganz einem Jahre wurde
der stille Ort Mauerkirchen bei Endorf, der
Wallfahrtsort von Professoren, Ingenieuren,
Geldmenschen u. a. eifrig besucht. Dort war ein
schlichter Bauernsohn mit dem noch schlichteren
Namen Josef Maier erstanden, der vorgab,
durch seine Erfindung mit einem kleinen Appa-
rat "Elektrizität aus der Erde" zu ge-
winnen und alle Kraftwerke usw. überflüssig zu
machen. Kapitalisten boten ihm große Summen
zur Ausnützung der Erfindung an. Er begann
dann auch in Endorf eine eigene Anlage herzu-
stellen. Da ihm aber von Traunstein die elektrische
Kraft versagt wurde, verschwand er mit seiner
Erfindung nach München und stellte sie nach
seiner Weise in einer freigewesenen Werkstätte
auf. Bei genauer Nachprüfung der Maierschen
Erfindung kam der Schwindel auf, daß Maier
seine Kraft nicht aus der Erde schöpfe, sondern
durch Anschluß mittels Militärlabels, verbunden
mit Nägeln, auf denen der Apparat stand, mit
der Elektrischen Leitung gewonnen wurde.
Wenn Maier den Apparat bediente, funktionierte
die Kraftgewinnung tadellos. Als aber ein
Techniker mit der Polizei kam und den Apparat
vom Zustrom verschob, war die Maschine tot.
Maier wurde in Haft genommen, da er mit
seiner Erfindung zwei Münchener Bürgers-
leuten 20 000 Goldmark abgeknüpft hatte.


Verhaftet wurde eine Bande, be-
stehend aus dem Metzger Johann Eichner
von Oberpailau, dem Metzger Peter Herzin-
ger
von Siegsdorf und einem Taglöhner von
Pasenbach, die gemeinsam mit dem noch flüch-
tigen Taglöhner und Koch Michael Hermann
in der Gegend von Traunstein und Dachau
Viehdiebstähle im Großen machten und in
München ein eigenes Schlachthaus mieteten, wo
sie die Beute schlachteten.


Eine von der Bezirksbauern-
kammer
Passau und vom Niederbayeri-
schen Bauernverein
einberufene Versamm-
lung gestaltete sich zu einer Protestkundge-
bung gegen die
ungeheuren Steuer-
lasten.
Wer natürlich aus bösem Willen keine
Steuern bezahlen wolle, der dürfe nicht in
Schutz genommen
werden. Zu beanstanden
sei auch, daß an verschiedenen Finanzämtern nur
rein juristisch geaerbeitet werde, während
das allgemeine volkswirtschaft-
liche Interesse
vollkommen fehle.


Auf dem Wege von Gehrs-
richt
nach Einsricht ist die 73jährige Güt-
lerswitwe Hartmann,
die Flachs für ihr
Spinnrad besorgen wollte, von einem Geistlichen
sich wahrscheinlich vor Ermattnug auf einen schnee
tot aufgefunden worden. Das Mütterlein hatte
bedeckten Abhang gesetzt und ist dabei erfro-
ren.


Für eine Jagdpacht, für die er
im Jahre 1918 bei einem Dollarkurs von 8 Mk.
an die Stadt Roth 2500 Mark jährlich zu ent-
richten hatte, sandte ein hiesiget Fabrikbe-
sitzer
am 3. Januar an besagten Stadtrat in
einem Brief den Betrag von 8000 Papier-
mark.


Aufgrund der Verhandlungen mit den
maßgebenden Stellen gilt die Genehmigung zum
Ausbau der Wasserkraftstufe am
Weißen Main
bei Lanzendorf als gesichert.
Mit dem Bau des Kraftwerkes, des unter
Ausnütznug der vorhandenen Speicherungsfähig-
keit 600 PS. leistet, soll sofort nach Eintritt gün-
stiger Witterung begonnen werden.


Der vom Ruhrgebiet gekommene Eisen-
bahnbeamte Tyyssen
machte mit seiner
[Spaltenumbruch] hier wohnenden Gattin einen Skiausflug.
Auf dem Heimweg überschritten sie ein Bahnge-
leise und bemerkten im Nebel nicht den von Ro-
tenbach kommenden Zug. Tyyssen wurde von der
Lokomotive erfaßt und in drei Stücke
zerrissen, die man erst zusammensuchen mußte.
Seine Frau kam mit leichten Wunden davon.

Der Ursprung der Farben "Schwarz-
Rot-Gold"

Merkwürdigerweise ist der geschichtliche Ur-
sprung der Farbendreiheit "Schwarz-Rot-Gold"
in weiten Kreisen unbekannt. Wir wissen nur,
daß Schwarz-Rot-Gold die Farben der Lützower
Jäger und der deutschen Burschenschaften waren.
Wir kennen die Tragik der Farben, die der Met-
ternichschen Autokratie weichen mußten, aus Bin-
zers Burschenlied:

"Das Band ist zerschnitten,
War Schwarz-Rot und Gold."

Aber woher nahmen denn die Lützower Jäger
und die Burschenschaftler den Farbendreiklang
als Symbol des Reichsgedankens und der Reichs-
einheit? Sie konnten doch diese Zusammenstel-
lung nicht willkürlich aus der Luft greifen. Die
Erklärung einiger Historiker, die Lützower hätten
diese Farben nur getragen, weil sie zufällig kein
anderes Stoffmaterial hatten, will mir zu banal
erscheinen. Dagegen spricht schon der Geist der
Romantik, die in "Lützows wilder Jagd" leben-
dig war.

Die Entstehung der Farben "Schwarz-Rot-
Gold" als Symbol des Reichsgedankens geht zu-
rück ins Mittelalter, und zwar sind sie auf baye-
rischem
Boden erstanden zur Regierungszeit
Kaiser Ludwigs des Bayern.

Die Kaiserstandarte des Römischen Reiches
Deutscher Nation war der schwarze Adler auf
goldenem Lappen. Kaiser Ludwig der Bayer ließ
nach der Schlacht bei Mühldorf und Ampfing 1322
in den bayerisch-österreichischen Grenzlanden zum
Zeichen des Blutbannes den schwarzen Adler auf
goldenem Lappen, den in der Schlacht selbst Kon-
rad von Schlüsselburg als "Reichssturmfahne"
getragen hatte, an einem roten Querholz befe-
stigen. Später wurde das rote Querholz durch
einen oder mehrere rote Wimpel ersetzt. So ent-
stand aus dieser Zusammenstellung allmählich der
Farbendreiklang "Schwarz-Rot-Gold" als Sym-
bol des Reichsgedankens, das in vielen Quellen
wiederkehrt.

Aus den Parteien

Der Ortsverein München der Deutschen
Volkspartei
(Nationalliberale Partei) eröffnete
seine Tätigkeit im neuen Jahr mit einer sehr
stark besuchten Mitgliederversammlung im Par-
teiheim. Landtagsabgeordnete Frl. Dr. Gertraud
[Spaltenumbruch] Wolf hielt ein ausführliches Referat über die
jüngsten Vorgänge im bayerischen Landtag:
"Landtagsauflösung und Volksentscheid".

Das Ermächtigungsgesetz ist eine un-
bedingte Staatsnotwendigkeit. Da seit Mitte No-
vember infolge der Stillegung der Notenpresse
vom Reich den Ländern keine finanzielle Unter-
stützung gewährt werden kann, sind diese genö-
tigt, ihren Haushalt selbst in Ordnung zu brin-
gen. Hauptaufgabe des Ermächtigungsgesetzes ist
daher Einsparung auf allen Gebieten der Staats-
verwaltung, Erhöhung der Einnahmen, beson-
ders durch intensive Ausnützung der Forsten,
neue Steuern und Abgaben. Daß das Gesetz
eigentlich durch zwei Mitglieder des Landtags
zu Fall gebracht werden konnte, sei entschieden
ein Fehler in der Verfassung. Die von der Baye-
rischen Volkspartei übereifrig betriebene sofortige
Auflösung des Landtages und Neuwahlen ist
von den sämtlichen Parteien abgelehnt worden,
da es notwendig war, dazu erst die notwendigen
Voraussetzungen zu schaffen. Es mußte erst vor
allem die Wahlfreiheit gesichert werden, um eine
Begünstigung oder Benachteiligung von Par-
teien in der Durchführung der Neuwahl durch
den Ausnahmezustand auszuschließen. Es ist
nicht zu leugnen, daß die Bayerische Volkspartei,
die immer mehr nach der Alleinherrschaft strebt,
anscheinend ein großes Interesse habe, unter
dem Ausnahmezustand zu wählen. Wie dann die
Wahl durchgeführt werde, zeige das empörende
Verbot der vom Abg. Dirr erwähnten Ver-
sammlung in Nürnberg. Als unerläßliche Vor-
aussetzung der Neuwahlen müsse daher Frei-
heit der Person,
der Presse und der
Versammlungen gefordert werden. Zum
Schluß ihrer mit lebhaftem Beifall aufgenom-
menen Ausführungen bedauerte die Vortragende
die geradezu perverse Zersplitterung der bürger-
lichen Parteien bei den kommenden Wahlen, be-
sonders wegen des drohenden Verlustes der bür-
gerlichen Reststimmen, und forderte eine Zu-
sammenfassung bürgerlicher Par-
teien durch Listenverbindung.

Im Verlaufe der sich anschließenden regen
Aussprache forderte u. a. der Wahlkreisvorsitzende
Pfarrer Hell eine baldige Durch-
führung des Hochverratsprozesses,

um noch vor den Wahlen über die Vorgänge des
8. und 9. November die unbedingt nötige Klä-
rung herbeizuführen. Gegenüber der Bayerischen
Volkspartei und der aus der Uneinigkeit der
Bürgerlichen gewinnenden Sozialdemokratie
gelte es einen starken nationalen und
liberalen Block
zu bilden.

Rechtsanwalt Dr. Beutner beleuchtete die
Politik der Bayerischen Volkspartei und befür-
wortete unter lebhafter Zustimmung der Ver-
sammlung eine Zusammenfassung der
auf nationalem und freiheitlichem
Boden stehenden bürgerlichen Par-
teien.



LETZTE TELEGRAMME
Das Ergebnis der sächsischen
Gemeindewahlen

Das bisherige Er-
gebnis der sächsischen Gemeinde-
wahlen
läßt bedeutende Erfolge der bürger-
lichen und der kommunistischen Partei erkennen.

Die Sozialdemokraten haben im all-
gemeinen einen großen Stimmenverlust erlitten
und viele Stimmen an die Kommunisten und an
die Unabhängigen abgeben müssen.

Auch die Deutsche Volkspartei hat be-
trächtliche Stimmenzahlen an die Deutschnatio-
nalen und an die Deutschvölkischen verloren. Da
die Völkischen aber z. B. in Leipzig zwei ge-
trennte Listen aufgestellt haben, und zwar eine
deutsch-sozialistische und eine völkisch-sozialistische,
so zersplitterten sie ihre Reihen erheblich.

In Dresden werden die bürgerlichen Par-
teien 38--39 Mandate haben, wozu noch 4
Deutschsoziale kommen. Die Linksparteien wer-
den dort nur 32--33 Mandate erringen gegen-
über dem bisherigen Verhältnis von 42:42. Von
den 32 Mandaten der Linksparteien entfallen auf
die Kommunisten 10, auf die Sozialdemokraten
22, während das Verhältnis bisher 5:38 war.

In Leipzig haben die bürgerlichen Parteien
gegenüber den Kommunisten und den Sozial-
demokraten keine Mehrheit; dagegen sind bür-
gerliche Mehrheiten in Chemnitz,

der bisherigen Hochburg der Sozialdemokraten, in
Zwickau, Plauen, Reichenbach und in vielen an-
deren Städten erzielt worden.

Das politische Ergebnis der Gemeindewahlen
dürfte darin zu sehen sein, daß der radikale
Flügel der sächsischen Sozialdemokraten weniger
energisch als bisher Neuwahlen für den Landtag
verlangen wird, sodaß der gemäßigte sozialistische
Flügel die Zusammenarbeit mit De-
mokraten und Volspartei
wahrschein-
lich wird fortsetzen können.

Kardinal Bertram für die Hypotheken-
aufwertung.

Kardinalfürst-
bischof Bertram hat an den Reichskanz-
ler ein Schreiben gerichtet, worin er für
die Aufwertung der Hypothe-
ken
Stellung nimmt und erklärt, er müsse
vom Standpunkt des allgemeinen mensch-
lichen Rechtes und der kirchlichen Vermö-
gen aus gegen die Auffassung, keine Auf-
wertung zuzulassen, Widerspruch erheben.

Die Bemühungen der Separatisten.

Als Gegenkund-
gebung gegen die kürzlich von der Ludwigshafe-
ner Bevölkerung gegen den separatistischen Ter-
ror veranstaltete Riesenkundgebung, versuchte
gestern der berüchtigte, in Marseille geborene
pfälzische Sonderbündler und Bolschewist Kund
einen Demonstrationszug zu veranstalten. Wäh-
rend an der Kundgebung der Ludwigshafener
Bevölkerung gegen die [unleserliches Material - 1 Wort fehlt]
[Spaltenumbruch] waltherrschaft seinerzeit 40 000 Personen bei-
derlei Geschlechts teilnahmen, brachte Kund, trotz
verzweifelter Bemühungen, nur etwa 40 Demon-
stranten zusammen, die noch vor Beginn des
Zuges auseinanderliefen.

Schwierigkeiten der englischen Regierungs-
bildung.

Die Streikbewe-
gung innerhalb der englischen Arbeiter-
schaft verschlechtert die Aussichten für
Macdonald.
Morgen wird die Thron-
rede
im Parlament verlesen werden und
am Mittwoch wird dann der parlamenta-
rische Kampf beginnen.

Die Liberalen suchen angesichts der
Streikbewegung nach irgendwelchen Grün-
den, die sie dafür anführen könnten, einen
Antrag der Labour Party gegen das Kabi-
nett Baldwin nicht zu unterstützen. Die Si-

[irrelevantes Material]
Montag, den 14. Januar 1924 Allgemeine Zeitung. Nr. 18
[Spaltenumbruch]
Perſonalabbau oder Verwal-
tungsabbau?

Die Perſonalabbauverordnung der Reichsregie-
rung vom 27. Oktober 1923 und die ihr entſpre-
chenden Maßnahmen der Länder ſind kein Ruh-
mesblatt der deutſchen Verwaltungsgeſchichte. Sie
beſagen nicht mehr und nicht weniger, als daß
die verantwortlichen Stellen 5 Jahre lang ent-
weder den Ernſt der Lage nicht erkannten oder
aber daß es ihnen an Mut oder Tatkraft gebrach,
erkannte Notwendigkeiten in die Tat umzuſetzen.
Wäre es anders, ſo wäre die Verordnung über-
flüſſig und unmöglich. Nach dem Frieden von
Tilſit kürzte das beſiegte Preußen die Ausgaben
für ſeine Beamten erheblich. Deutſchland ſteigerte
nach 1918 die Zahl der öffentlich Angeſtellten
außerordentlich. In der geſamten Reichs ver-
waltung (einſchließlich der inzwiſchen verreichlich-
ten Verwaltungen: Eiſenbahn, Poſt und Finanz)
betrug die Geſamtzahl der Beamten 1914: 542 936,
1920: 688 023, 1923: 764 000, mithin eine Zu-
nahme 1914—1920 von 26,7 Prozent, 1914—1923
von 40,7 Prozent. (Berückſichtigt man, daß das
Reich durch Gebietsabtretungen etwa 10 Prozent
ſeiner Bevölkerung verloren hat, ſo beziffert ſich
die Zunahme für 1914—1920 auf 40,8 Prozent,
für 1914—1923 auf 56,4 Prozent.) Man ſieht,
daß die Vermehrung der Beamtenſtellen nicht
etwa nur im erſten Trubel der Revolution, ſon-
dern noch zu einent weſentlichen Teil viel ſpäter
erfolgte. Wohlverſtanden: die Zahlen geben nur
die planmäßigen Beamtenſtellen an. Zu ihnen
kommen im Jahre 1923 noch 122 579 beamtete
und 679 543 nichtbeamtete Hilfskräfte, ſo daß die
Geſamtzahl der Reichsangeſtellten 1923 1 566 122
Köpfe betrug. Die Zahlen der beamteten und
nichtbeamteten Hilfskräfte aus der Vorkriegszeit
ſtehen mir leider nicht zur Verfügung. Sie liegen
aber beſtimmt ganz erheblich unter jenen des
Jahres 1923. Ebenſo fehlen die Angaben über die
Zahl der Beamten, Angeſtellten und Arbeiter in
den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen
Körperſchaften. Auch hier iſt zweifellos eine ganz
erhebliche Perſonalvermehrung feſtzuſtellen. Be-
rückſichtigt muß ferner wegen der Wirkungen auf
den Perſonalhaushalt die Tatſache werden, daß
in Reich und Ländern weit über das ſachliche Be-
dürfnis hinaus Beförderungsgelegenheiten und
Spitzenſtellungen in einer Zahl geſchaffen wurden,
die ſich die Beamtenorganiſationen vor dem Kriege
nie hätten träumen laſſen. Namentlich gaben die
Länder ihren in den Reichsdienſt übertretenden
Verkehrs- und Finanzbeamten in dieſer Richtung
ſehr noble Abſchiedsgeſchenke.

Es gehörte nicht viel Weitblick dazu, das Un-
ſinnige dieſer Entwicklung von der erſten Stunde
an zu erkennen. Ich für meine Perſon habe ſeit
5 Jahren immer wieder Beamte und Beamten-
führer, Gewerkſchaftsfunktionäre und maßgebende
Perſönlichkeiten des politiſchen Lebens darauf hin-
gewieſen, daß hier eine ſich am Geſamtperſonal
ſchwer rächende Beamtenpolitik getrieben werde,
daß eines Tages Reich und Länder einfach nicht
mehr in der Lage ſein werden, dieſem Rieſenheer
ausreichende Gehälter zu zahlen, und daß die not-
wendig werdende Operation um ſo ſchmerzlicher
und gefährlicher ſein werde, je ſpäter ſie erfolge.
Nun iſt das vorhergeſagte bittere Ende da. Eine
in ihren Wirkungen notwendig brutale Perſonal-
abbauverordnung ſtreift hart an die Grundrechte
des Berufsbeamtentums, und eine unzureichende
Notbeſoldung öffnet auch dem bisher Blinden die
Augen.

Schon iſt man wieder glücklich auf der Suche
nach einem Schuldigen. Unſere antimarxiſtiſchen
Monomanen erklären den Marxismus auch hier-
für für verantwortlich. Ich habe keine Veranlaſ-
ſung, dieſen zu verteidigen, muß aber aus Grün-
den der hiſtoriſchen Wahrheit feſtſtellen, daß die
marxiſtenreinen Beamtenorganiſationen den freien
Gewerkſchaften da in keiner Weiſe nachſtanden,
wo es galt, für die Mitglieder Vorteile zu er-
ringen. Und ſchließlich iſt in dem Land, in dem
der Marxismus nichts zu ſagen hat, in Bayern,
der vor geraumer Zeit mit großen Reden einge-
leitete Verſuch einer Vereinfachung der Staats-
verwaltung bisher um keinen Schritt weiter ge-
kommen.

Die Schuldfrage iſt zwecklos. Entſcheidend iſt
die Frage: Was nun? Hier muß mit aller Deut-
lichkeit geſagt werden, daß es nicht damit getan
iſt, durch eine mehr oder weniger rigoroſe An-
wendung der Abbauverordnung möglichſt viele
Leute von der Staatskrippe ganz wegzubekommen
oder wenigſtens in den Ruheſtand zu ſchicken. Ein
ſolches Verfahren mag wohl ein freundlicheres
Bild der nächſten Haushaltpläne hervorrufen, mag
die Sanierung einleiten, wird aber für ſich allein
niemals die dauernde Geſundung des ernſtlich
erkrankten Verwaltungskörpers bringen. Der
Außenſtehende glaube ja nicht, daß das gewaltige
Beamtenheer bisher faulenzend ſeine aus der
emſigen Notenpreſſe geſpeiſten Einkünfte verzehrt
habe. Daß dem nicht ſo war, daß die Tauſende
und Abertauſende in einer ſteten, wenn auch noch
ſo unproduktiven Beſchäftigung gehalten wurden,
dafür ſorgten die zahlloſen Geſetze, Verordnungen,
Erlaſſe und Verfügungen, die die Zentralſtellen
der Hauptſtädte Tag für Tag in üppiger Frucht-
barkeit gebaren. Es iſt ganz typiſch, daß z. B. in
den Verkehrsbetrieben bei ſtarkem Verkehrsrück-
gang das Perſonal des Verwaltungsdienſtes (im
Gegenſatz zum Betriebsdienſt) gegenüber der Vor-
kriegszeit ganz bedeutend vermehrt werden mußte.
Hier fließen die Quellen des Uebels. Der Per-
ſonalabbau wird in dem Umfang durchführbar
ſein, in dem die Produktivität der Zentralſtellen
abnimmt und das Schlagwort von der Dezentrali-
ſation ernſtlich in vernünftigem Umfang Wirklich-
keit wird. Bleibt es beim Alten, ſo wird die Per-
ſonalabbauverordnung ein Schlag ins Waſſer ſein
und die Verwaltungsmaſchine über kurz oder lang
zum Stillſtand kommen. Denn ſchließlich hat jeder
Perſonalabbau ſeine Grenzen in der durch die
Arbeitsmenge bedingten Leiſtungsfähigkeit des
Perſonals. Jene Minderung der Produktivität
fällt freilich nicht leicht. Sie muß eine freiwillige
ſein und erfordert ein Maß von Selbſtbeſchrän-
kung, das fleißigen und ehrgeizigen Köpfen von
ſonſt mittelmäßigen geiſtigen Qualitäten nicht
[Spaltenumbruch] allzu oft eignet. Auch die Dezentraliſation bedarf
einer feinfühligen Hand und eines über den Durch-
ſchnitt hinausragenden pſychologiſchen Verſtänd-
niſſes an leitender Stelle. Sonſt bleiben die ſchön-
ſten Zuſtändigkeitsordnungen totes Papier. Es
iſt daher ganz falſch, dieſe Dinge durch Verein-
fachungsausſchüſſe und ſonſtige Kommiſſionen
meiſtern zu wollen. Wenn man ſich nicht zu hel-
fen weiß, bildet man eine Kommiſſion. In Wirk-
lichkeit macht’s immer nur einer. Es muß nur
ein ganzer Kerl ſein.

Politiſche Rundſchau

Der Führer der Landespolizei in
Thüringen,
der bisher ſozialiſtiſche Poli-
zeioderſt Müller-Brandenburg
in
Weimar, iſt aus der ſozialdemokratiſchen
Partei ausgetreten.

Zum Vorſteher der Berliner Stadt-
verordnetenverſammlung
wurde der
Kandidat der vereinigten bürgerlichen Parteien
Dr. Caſpari (D. D.-P.) mit 100 gegen 94
Stimmen der Sozialdemokraten und Kommuni-
ſten gewählt. Dr. Caſpari hat ſein Amt jedoch
niedergelegt, da die anderen Fraktionen eine
Beteiligung an der Wahl der übrigen Vorſtands-
mitglieder verweigerten und es der D. V. P. nicht
möglich iſt, von ſich aus alle Poſten zu beſetzen.

Vermiſchte Nachrichten

Die Arbeiten an der Fernkabel-
ſtrecke München-Nürnberg-Leipzig-
Berlin
ſind ſoweit fortgeſchritten, daß geſtern
Abend bereits Verſuchsgeſpräche ſtattfin-
den konnten. Die neue unterirdiſche Fern-
ſprechlinie
wird für weite Kreiſe des Han-
dels, der Induſtrie, der Preſſe uſw. von großer
Bedeutung werden, da es fortan möglich iſt, un-
abhängig von allen Witterungsverhältniſſen die
gewünſchten Verbindungen raſch und zuverläſſig
herzuſtellen. Das deutſche Kabelnetz wird ein
leiſtungsfähiges Glied des großen europäiſchen
Fernſprechnetzes werden.


Am Dienstag iſt der Senior des Con-
vents, der Ordensbruder Roman Bader,
82jährig, geſtorben. Der Verſtorbene hatte
erſt vor kurzem ſein goldenes Prieſterjubiläum
gefeiert. In den Wallfahrerkreiſen war
der Verſtorbene eine bekannte und beliebte Per-
ſönlichkeit. Ihm unterſtand lange Zeit die Für-
ſorge für die Beherbergung der Wallfahrer.


Beim Holzfällen im Staats-
wald fiel dem 30jährigen Mathias Merkl ein
Baum mit ſolcher Wucht auf den Kopf, daß er
ihm völlig zerſchmettert wurde und der
Unglückliche ſofort eine Leiche war.


Vor nicht ganz einem Jahre wurde
der ſtille Ort Mauerkirchen bei Endorf, der
Wallfahrtsort von Profeſſoren, Ingenieuren,
Geldmenſchen u. a. eifrig beſucht. Dort war ein
ſchlichter Bauernſohn mit dem noch ſchlichteren
Namen Joſef Maier erſtanden, der vorgab,
durch ſeine Erfindung mit einem kleinen Appa-
rat „Elektrizität aus der Erde“ zu ge-
winnen und alle Kraftwerke uſw. überflüſſig zu
machen. Kapitaliſten boten ihm große Summen
zur Ausnützung der Erfindung an. Er begann
dann auch in Endorf eine eigene Anlage herzu-
ſtellen. Da ihm aber von Traunſtein die elektriſche
Kraft verſagt wurde, verſchwand er mit ſeiner
Erfindung nach München und ſtellte ſie nach
ſeiner Weiſe in einer freigeweſenen Werkſtätte
auf. Bei genauer Nachprüfung der Maierſchen
Erfindung kam der Schwindel auf, daß Maier
ſeine Kraft nicht aus der Erde ſchöpfe, ſondern
durch Anſchluß mittels Militärlabels, verbunden
mit Nägeln, auf denen der Apparat ſtand, mit
der Elektriſchen Leitung gewonnen wurde.
Wenn Maier den Apparat bediente, funktionierte
die Kraftgewinnung tadellos. Als aber ein
Techniker mit der Polizei kam und den Apparat
vom Zuſtrom verſchob, war die Maſchine tot.
Maier wurde in Haft genommen, da er mit
ſeiner Erfindung zwei Münchener Bürgers-
leuten 20 000 Goldmark abgeknüpft hatte.


Verhaftet wurde eine Bande, be-
ſtehend aus dem Metzger Johann Eichner
von Oberpailau, dem Metzger Peter Herzin-
ger
von Siegsdorf und einem Taglöhner von
Paſenbach, die gemeinſam mit dem noch flüch-
tigen Taglöhner und Koch Michael Hermann
in der Gegend von Traunſtein und Dachau
Viehdiebſtähle im Großen machten und in
München ein eigenes Schlachthaus mieteten, wo
ſie die Beute ſchlachteten.


Eine von der Bezirksbauern-
kammer
Paſſau und vom Niederbayeri-
ſchen Bauernverein
einberufene Verſamm-
lung geſtaltete ſich zu einer Proteſtkundge-
bung gegen die
ungeheuren Steuer-
laſten.
Wer natürlich aus böſem Willen keine
Steuern bezahlen wolle, der dürfe nicht in
Schutz genommen
werden. Zu beanſtanden
ſei auch, daß an verſchiedenen Finanzämtern nur
rein juriſtiſch geaerbeitet werde, während
das allgemeine volkswirtſchaft-
liche Intereſſe
vollkommen fehle.


Auf dem Wege von Gehrs-
richt
nach Einsricht iſt die 73jährige Güt-
lerswitwe Hartmann,
die Flachs für ihr
Spinnrad beſorgen wollte, von einem Geiſtlichen
ſich wahrſcheinlich vor Ermattnug auf einen ſchnee
tot aufgefunden worden. Das Mütterlein hatte
bedeckten Abhang geſetzt und iſt dabei erfro-
ren.


Für eine Jagdpacht, für die er
im Jahre 1918 bei einem Dollarkurs von 8 Mk.
an die Stadt Roth 2500 Mark jährlich zu ent-
richten hatte, ſandte ein hieſiget Fabrikbe-
ſitzer
am 3. Januar an beſagten Stadtrat in
einem Brief den Betrag von 8000 Papier-
mark.


Aufgrund der Verhandlungen mit den
maßgebenden Stellen gilt die Genehmigung zum
Ausbau der Waſſerkraftſtufe am
Weißen Main
bei Lanzendorf als geſichert.
Mit dem Bau des Kraftwerkes, des unter
Ausnütznug der vorhandenen Speicherungsfähig-
keit 600 PS. leiſtet, ſoll ſofort nach Eintritt gün-
ſtiger Witterung begonnen werden.


Der vom Ruhrgebiet gekommene Eiſen-
bahnbeamte Tyyſſen
machte mit ſeiner
[Spaltenumbruch] hier wohnenden Gattin einen Skiausflug.
Auf dem Heimweg überſchritten ſie ein Bahnge-
leiſe und bemerkten im Nebel nicht den von Ro-
tenbach kommenden Zug. Tyyſſen wurde von der
Lokomotive erfaßt und in drei Stücke
zerriſſen, die man erſt zuſammenſuchen mußte.
Seine Frau kam mit leichten Wunden davon.

Der Urſprung der Farben „Schwarz-
Rot-Gold“

Merkwürdigerweiſe iſt der geſchichtliche Ur-
ſprung der Farbendreiheit „Schwarz-Rot-Gold“
in weiten Kreiſen unbekannt. Wir wiſſen nur,
daß Schwarz-Rot-Gold die Farben der Lützower
Jäger und der deutſchen Burſchenſchaften waren.
Wir kennen die Tragik der Farben, die der Met-
ternichſchen Autokratie weichen mußten, aus Bin-
zers Burſchenlied:

„Das Band iſt zerſchnitten,
War Schwarz-Rot und Gold.“

Aber woher nahmen denn die Lützower Jäger
und die Burſchenſchaftler den Farbendreiklang
als Symbol des Reichsgedankens und der Reichs-
einheit? Sie konnten doch dieſe Zuſammenſtel-
lung nicht willkürlich aus der Luft greifen. Die
Erklärung einiger Hiſtoriker, die Lützower hätten
dieſe Farben nur getragen, weil ſie zufällig kein
anderes Stoffmaterial hatten, will mir zu banal
erſcheinen. Dagegen ſpricht ſchon der Geiſt der
Romantik, die in „Lützows wilder Jagd“ leben-
dig war.

Die Entſtehung der Farben „Schwarz-Rot-
Gold“ als Symbol des Reichsgedankens geht zu-
rück ins Mittelalter, und zwar ſind ſie auf baye-
riſchem
Boden erſtanden zur Regierungszeit
Kaiſer Ludwigs des Bayern.

Die Kaiſerſtandarte des Römiſchen Reiches
Deutſcher Nation war der ſchwarze Adler auf
goldenem Lappen. Kaiſer Ludwig der Bayer ließ
nach der Schlacht bei Mühldorf und Ampfing 1322
in den bayeriſch-öſterreichiſchen Grenzlanden zum
Zeichen des Blutbannes den ſchwarzen Adler auf
goldenem Lappen, den in der Schlacht ſelbſt Kon-
rad von Schlüſſelburg als „Reichsſturmfahne“
getragen hatte, an einem roten Querholz befe-
ſtigen. Später wurde das rote Querholz durch
einen oder mehrere rote Wimpel erſetzt. So ent-
ſtand aus dieſer Zuſammenſtellung allmählich der
Farbendreiklang „Schwarz-Rot-Gold“ als Sym-
bol des Reichsgedankens, das in vielen Quellen
wiederkehrt.

Aus den Parteien

Der Ortsverein München der Deutſchen
Volkspartei
(Nationalliberale Partei) eröffnete
ſeine Tätigkeit im neuen Jahr mit einer ſehr
ſtark beſuchten Mitgliederverſammlung im Par-
teiheim. Landtagsabgeordnete Frl. Dr. Gertraud
[Spaltenumbruch] Wolf hielt ein ausführliches Referat über die
jüngſten Vorgänge im bayeriſchen Landtag:
„Landtagsauflöſung und Volksentſcheid“.

Das Ermächtigungsgeſetz iſt eine un-
bedingte Staatsnotwendigkeit. Da ſeit Mitte No-
vember infolge der Stillegung der Notenpreſſe
vom Reich den Ländern keine finanzielle Unter-
ſtützung gewährt werden kann, ſind dieſe genö-
tigt, ihren Haushalt ſelbſt in Ordnung zu brin-
gen. Hauptaufgabe des Ermächtigungsgeſetzes iſt
daher Einſparung auf allen Gebieten der Staats-
verwaltung, Erhöhung der Einnahmen, beſon-
ders durch intenſive Ausnützung der Forſten,
neue Steuern und Abgaben. Daß das Geſetz
eigentlich durch zwei Mitglieder des Landtags
zu Fall gebracht werden konnte, ſei entſchieden
ein Fehler in der Verfaſſung. Die von der Baye-
riſchen Volkspartei übereifrig betriebene ſofortige
Auflöſung des Landtages und Neuwahlen iſt
von den ſämtlichen Parteien abgelehnt worden,
da es notwendig war, dazu erſt die notwendigen
Vorausſetzungen zu ſchaffen. Es mußte erſt vor
allem die Wahlfreiheit geſichert werden, um eine
Begünſtigung oder Benachteiligung von Par-
teien in der Durchführung der Neuwahl durch
den Ausnahmezuſtand auszuſchließen. Es iſt
nicht zu leugnen, daß die Bayeriſche Volkspartei,
die immer mehr nach der Alleinherrſchaft ſtrebt,
anſcheinend ein großes Intereſſe habe, unter
dem Ausnahmezuſtand zu wählen. Wie dann die
Wahl durchgeführt werde, zeige das empörende
Verbot der vom Abg. Dirr erwähnten Ver-
ſammlung in Nürnberg. Als unerläßliche Vor-
ausſetzung der Neuwahlen müſſe daher Frei-
heit der Perſon,
der Preſſe und der
Verſammlungen gefordert werden. Zum
Schluß ihrer mit lebhaftem Beifall aufgenom-
menen Ausführungen bedauerte die Vortragende
die geradezu perverſe Zerſplitterung der bürger-
lichen Parteien bei den kommenden Wahlen, be-
ſonders wegen des drohenden Verluſtes der bür-
gerlichen Reſtſtimmen, und forderte eine Zu-
ſammenfaſſung bürgerlicher Par-
teien durch Liſtenverbindung.

Im Verlaufe der ſich anſchließenden regen
Ausſprache forderte u. a. der Wahlkreisvorſitzende
Pfarrer Hell eine baldige Durch-
führung des Hochverratsprozeſſes,

um noch vor den Wahlen über die Vorgänge des
8. und 9. November die unbedingt nötige Klä-
rung herbeizuführen. Gegenüber der Bayeriſchen
Volkspartei und der aus der Uneinigkeit der
Bürgerlichen gewinnenden Sozialdemokratie
gelte es einen ſtarken nationalen und
liberalen Block
zu bilden.

Rechtsanwalt Dr. Beutner beleuchtete die
Politik der Bayeriſchen Volkspartei und befür-
wortete unter lebhafter Zuſtimmung der Ver-
ſammlung eine Zuſammenfaſſung der
auf nationalem und freiheitlichem
Boden ſtehenden bürgerlichen Par-
teien.



LETZTE TELEGRAMME
Das Ergebnis der ſächſiſchen
Gemeindewahlen

Das bisherige Er-
gebnis der ſächſiſchen Gemeinde-
wahlen
läßt bedeutende Erfolge der bürger-
lichen und der kommuniſtiſchen Partei erkennen.

Die Sozialdemokraten haben im all-
gemeinen einen großen Stimmenverluſt erlitten
und viele Stimmen an die Kommuniſten und an
die Unabhängigen abgeben müſſen.

Auch die Deutſche Volkspartei hat be-
trächtliche Stimmenzahlen an die Deutſchnatio-
nalen und an die Deutſchvölkiſchen verloren. Da
die Völkiſchen aber z. B. in Leipzig zwei ge-
trennte Liſten aufgeſtellt haben, und zwar eine
deutſch-ſozialiſtiſche und eine völkiſch-ſozialiſtiſche,
ſo zerſplitterten ſie ihre Reihen erheblich.

In Dresden werden die bürgerlichen Par-
teien 38—39 Mandate haben, wozu noch 4
Deutſchſoziale kommen. Die Linksparteien wer-
den dort nur 32—33 Mandate erringen gegen-
über dem bisherigen Verhältnis von 42:42. Von
den 32 Mandaten der Linksparteien entfallen auf
die Kommuniſten 10, auf die Sozialdemokraten
22, während das Verhältnis bisher 5:38 war.

In Leipzig haben die bürgerlichen Parteien
gegenüber den Kommuniſten und den Sozial-
demokraten keine Mehrheit; dagegen ſind bür-
gerliche Mehrheiten in Chemnitz,

der bisherigen Hochburg der Sozialdemokraten, in
Zwickau, Plauen, Reichenbach und in vielen an-
deren Städten erzielt worden.

Das politiſche Ergebnis der Gemeindewahlen
dürfte darin zu ſehen ſein, daß der radikale
Flügel der ſächſiſchen Sozialdemokraten weniger
energiſch als bisher Neuwahlen für den Landtag
verlangen wird, ſodaß der gemäßigte ſozialiſtiſche
Flügel die Zuſammenarbeit mit De-
mokraten und Volspartei
wahrſchein-
lich wird fortſetzen können.

Kardinal Bertram für die Hypotheken-
aufwertung.

Kardinalfürſt-
biſchof Bertram hat an den Reichskanz-
ler ein Schreiben gerichtet, worin er für
die Aufwertung der Hypothe-
ken
Stellung nimmt und erklärt, er müſſe
vom Standpunkt des allgemeinen menſch-
lichen Rechtes und der kirchlichen Vermö-
gen aus gegen die Auffaſſung, keine Auf-
wertung zuzulaſſen, Widerſpruch erheben.

Die Bemühungen der Separatiſten.

Als Gegenkund-
gebung gegen die kürzlich von der Ludwigshafe-
ner Bevölkerung gegen den ſeparatiſtiſchen Ter-
ror veranſtaltete Rieſenkundgebung, verſuchte
geſtern der berüchtigte, in Marſeille geborene
pfälziſche Sonderbündler und Bolſchewiſt Kund
einen Demonſtrationszug zu veranſtalten. Wäh-
rend an der Kundgebung der Ludwigshafener
Bevölkerung gegen die [unleserliches Material – 1 Wort fehlt]
[Spaltenumbruch] waltherrſchaft ſeinerzeit 40 000 Perſonen bei-
derlei Geſchlechts teilnahmen, brachte Kund, trotz
verzweifelter Bemühungen, nur etwa 40 Demon-
ſtranten zuſammen, die noch vor Beginn des
Zuges auseinanderliefen.

Schwierigkeiten der engliſchen Regierungs-
bildung.

Die Streikbewe-
gung innerhalb der engliſchen Arbeiter-
ſchaft verſchlechtert die Ausſichten für
Macdonald.
Morgen wird die Thron-
rede
im Parlament verleſen werden und
am Mittwoch wird dann der parlamenta-
riſche Kampf beginnen.

Die Liberalen ſuchen angeſichts der
Streikbewegung nach irgendwelchen Grün-
den, die ſie dafür anführen könnten, einen
Antrag der Labour Party gegen das Kabi-
nett Baldwin nicht zu unterſtützen. Die Si-

[irrelevantes Material]
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0005" n="Seite 5[5]"/>
      <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Montag, den 14. Januar 1924 <hi rendition="#g">Allgemeine Zeitung.</hi> Nr. 18</hi> </fw><lb/>
      <cb/>
      <div type="jPoliticalNews" n="1">
        <div type="jComment" n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Per&#x017F;onalabbau oder Verwal-<lb/>
tungsabbau?</hi> </head><lb/>
          <byline>Von<lb/><hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Dr. P. Krinnel.</hi></hi></byline><lb/>
          <p>Die Per&#x017F;onalabbauverordnung der Reichsregie-<lb/>
rung vom 27. Oktober 1923 und die ihr ent&#x017F;pre-<lb/>
chenden Maßnahmen der Länder &#x017F;ind kein Ruh-<lb/>
mesblatt der deut&#x017F;chen Verwaltungsge&#x017F;chichte. Sie<lb/>
be&#x017F;agen nicht mehr und nicht weniger, als daß<lb/>
die verantwortlichen Stellen 5 Jahre lang ent-<lb/>
weder den Ern&#x017F;t der Lage nicht erkannten oder<lb/>
aber daß es ihnen an Mut oder Tatkraft gebrach,<lb/>
erkannte Notwendigkeiten in die Tat umzu&#x017F;etzen.<lb/>
Wäre es anders, &#x017F;o wäre die Verordnung über-<lb/>
flü&#x017F;&#x017F;ig und unmöglich. Nach dem Frieden von<lb/>
Til&#x017F;it kürzte das be&#x017F;iegte Preußen die Ausgaben<lb/>
für &#x017F;eine Beamten erheblich. Deut&#x017F;chland &#x017F;teigerte<lb/>
nach 1918 die Zahl der öffentlich Ange&#x017F;tellten<lb/>
außerordentlich. In der ge&#x017F;amten <hi rendition="#g">Reichs</hi> ver-<lb/>
waltung (ein&#x017F;chließlich der inzwi&#x017F;chen verreichlich-<lb/>
ten Verwaltungen: Ei&#x017F;enbahn, Po&#x017F;t und Finanz)<lb/>
betrug die Ge&#x017F;amtzahl der Beamten 1914: 542 936,<lb/>
1920: 688 023, 1923: 764 000, mithin eine Zu-<lb/>
nahme 1914&#x2014;1920 von 26,7 Prozent, 1914&#x2014;1923<lb/>
von 40,7 Prozent. (Berück&#x017F;ichtigt man, daß das<lb/>
Reich durch Gebietsabtretungen etwa 10 Prozent<lb/>
&#x017F;einer Bevölkerung verloren hat, &#x017F;o beziffert &#x017F;ich<lb/>
die Zunahme für 1914&#x2014;1920 auf 40,8 Prozent,<lb/>
für 1914&#x2014;1923 auf 56,4 Prozent.) Man &#x017F;ieht,<lb/>
daß die Vermehrung der Beamten&#x017F;tellen nicht<lb/>
etwa nur im er&#x017F;ten Trubel der Revolution, &#x017F;on-<lb/>
dern noch zu einent we&#x017F;entlichen Teil viel &#x017F;päter<lb/>
erfolgte. Wohlver&#x017F;tanden: die Zahlen geben nur<lb/>
die planmäßigen Beamten&#x017F;tellen an. Zu ihnen<lb/>
kommen im Jahre 1923 noch 122 579 beamtete<lb/>
und 679 543 nichtbeamtete Hilfskräfte, &#x017F;o daß die<lb/>
Ge&#x017F;amtzahl der Reichsange&#x017F;tellten 1923 1 566 122<lb/>
Köpfe betrug. Die Zahlen der beamteten und<lb/>
nichtbeamteten Hilfskräfte aus der Vorkriegszeit<lb/>
&#x017F;tehen mir leider nicht zur Verfügung. Sie liegen<lb/>
aber be&#x017F;timmt ganz erheblich unter jenen des<lb/>
Jahres 1923. Eben&#x017F;o fehlen die Angaben über die<lb/>
Zahl der Beamten, Ange&#x017F;tellten und Arbeiter in<lb/>
den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen<lb/>
Körper&#x017F;chaften. Auch hier i&#x017F;t zweifellos eine ganz<lb/>
erhebliche Per&#x017F;onalvermehrung fe&#x017F;tzu&#x017F;tellen. Be-<lb/>
rück&#x017F;ichtigt muß ferner wegen der Wirkungen auf<lb/>
den Per&#x017F;onalhaushalt die Tat&#x017F;ache werden, daß<lb/>
in Reich und Ländern weit über das &#x017F;achliche Be-<lb/>
dürfnis hinaus Beförderungsgelegenheiten und<lb/>
Spitzen&#x017F;tellungen in einer Zahl ge&#x017F;chaffen wurden,<lb/>
die &#x017F;ich die Beamtenorgani&#x017F;ationen vor dem Kriege<lb/>
nie hätten träumen la&#x017F;&#x017F;en. Namentlich gaben die<lb/>
Länder ihren in den Reichsdien&#x017F;t übertretenden<lb/>
Verkehrs- und Finanzbeamten in die&#x017F;er Richtung<lb/>
&#x017F;ehr noble Ab&#x017F;chiedsge&#x017F;chenke.</p><lb/>
          <p>Es gehörte nicht viel Weitblick dazu, das Un-<lb/>
&#x017F;innige die&#x017F;er Entwicklung von der er&#x017F;ten Stunde<lb/>
an zu erkennen. Ich für meine Per&#x017F;on habe &#x017F;eit<lb/>
5 Jahren immer wieder Beamte und Beamten-<lb/>
führer, Gewerk&#x017F;chaftsfunktionäre und maßgebende<lb/>
Per&#x017F;önlichkeiten des politi&#x017F;chen Lebens darauf hin-<lb/>
gewie&#x017F;en, daß hier eine &#x017F;ich am Ge&#x017F;amtper&#x017F;onal<lb/>
&#x017F;chwer rächende Beamtenpolitik getrieben werde,<lb/>
daß eines Tages Reich und Länder einfach nicht<lb/>
mehr in der Lage &#x017F;ein werden, die&#x017F;em Rie&#x017F;enheer<lb/>
ausreichende Gehälter zu zahlen, und daß die not-<lb/>
wendig werdende Operation um &#x017F;o &#x017F;chmerzlicher<lb/>
und gefährlicher &#x017F;ein werde, je &#x017F;päter &#x017F;ie erfolge.<lb/>
Nun i&#x017F;t das vorherge&#x017F;agte bittere Ende da. Eine<lb/>
in ihren Wirkungen notwendig brutale Per&#x017F;onal-<lb/>
abbauverordnung &#x017F;treift hart an die Grundrechte<lb/>
des Berufsbeamtentums, und eine unzureichende<lb/>
Notbe&#x017F;oldung öffnet auch dem bisher Blinden die<lb/>
Augen.</p><lb/>
          <p>Schon i&#x017F;t man wieder glücklich auf der Suche<lb/>
nach einem Schuldigen. Un&#x017F;ere antimarxi&#x017F;ti&#x017F;chen<lb/>
Monomanen erklären den Marxismus auch hier-<lb/>
für für verantwortlich. Ich habe keine Veranla&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ung, die&#x017F;en zu verteidigen, muß aber aus Grün-<lb/>
den der hi&#x017F;tori&#x017F;chen Wahrheit fe&#x017F;t&#x017F;tellen, daß die<lb/>
marxi&#x017F;tenreinen Beamtenorgani&#x017F;ationen den freien<lb/>
Gewerk&#x017F;chaften da in keiner Wei&#x017F;e nach&#x017F;tanden,<lb/>
wo es galt, für die Mitglieder Vorteile zu er-<lb/>
ringen. Und &#x017F;chließlich i&#x017F;t in dem Land, in dem<lb/>
der Marxismus nichts zu &#x017F;agen hat, in Bayern,<lb/>
der vor geraumer Zeit mit großen Reden einge-<lb/>
leitete Ver&#x017F;uch einer Vereinfachung der Staats-<lb/>
verwaltung bisher um keinen Schritt weiter ge-<lb/>
kommen.</p><lb/>
          <p>Die Schuldfrage i&#x017F;t zwecklos. Ent&#x017F;cheidend i&#x017F;t<lb/>
die Frage: Was nun? Hier muß mit aller Deut-<lb/>
lichkeit ge&#x017F;agt werden, daß es nicht damit getan<lb/>
i&#x017F;t, durch eine mehr oder weniger rigoro&#x017F;e An-<lb/>
wendung der Abbauverordnung möglich&#x017F;t viele<lb/>
Leute von der Staatskrippe ganz wegzubekommen<lb/>
oder wenig&#x017F;tens in den Ruhe&#x017F;tand zu &#x017F;chicken. Ein<lb/>
&#x017F;olches Verfahren mag wohl ein freundlicheres<lb/>
Bild der näch&#x017F;ten Haushaltpläne hervorrufen, mag<lb/>
die Sanierung einleiten, wird aber für &#x017F;ich allein<lb/>
niemals die dauernde Ge&#x017F;undung des ern&#x017F;tlich<lb/>
erkrankten Verwaltungskörpers bringen. Der<lb/>
Außen&#x017F;tehende glaube ja nicht, daß das gewaltige<lb/>
Beamtenheer bisher faulenzend &#x017F;eine aus der<lb/>
em&#x017F;igen Notenpre&#x017F;&#x017F;e ge&#x017F;pei&#x017F;ten Einkünfte verzehrt<lb/>
habe. Daß dem nicht &#x017F;o war, daß die Tau&#x017F;ende<lb/>
und Abertau&#x017F;ende in einer &#x017F;teten, wenn auch noch<lb/>
&#x017F;o unproduktiven Be&#x017F;chäftigung gehalten wurden,<lb/>
dafür &#x017F;orgten die zahllo&#x017F;en Ge&#x017F;etze, Verordnungen,<lb/>
Erla&#x017F;&#x017F;e und Verfügungen, die die Zentral&#x017F;tellen<lb/>
der Haupt&#x017F;tädte Tag für Tag in üppiger Frucht-<lb/>
barkeit gebaren. Es i&#x017F;t ganz typi&#x017F;ch, daß z. B. in<lb/>
den Verkehrsbetrieben bei &#x017F;tarkem Verkehrsrück-<lb/>
gang das Per&#x017F;onal des Verwaltungsdien&#x017F;tes (im<lb/>
Gegen&#x017F;atz zum Betriebsdien&#x017F;t) gegenüber der Vor-<lb/>
kriegszeit ganz bedeutend vermehrt werden mußte.<lb/>
Hier fließen die Quellen des Uebels. Der Per-<lb/>
&#x017F;onalabbau wird in dem Umfang durchführbar<lb/>
&#x017F;ein, in dem die Produktivität der Zentral&#x017F;tellen<lb/>
abnimmt und das Schlagwort von der Dezentrali-<lb/>
&#x017F;ation ern&#x017F;tlich in vernünftigem Umfang Wirklich-<lb/>
keit wird. Bleibt es beim Alten, &#x017F;o wird die Per-<lb/>
&#x017F;onalabbauverordnung ein Schlag ins Wa&#x017F;&#x017F;er &#x017F;ein<lb/>
und die Verwaltungsma&#x017F;chine über kurz oder lang<lb/>
zum Still&#x017F;tand kommen. Denn &#x017F;chließlich hat jeder<lb/>
Per&#x017F;onalabbau &#x017F;eine Grenzen in der durch die<lb/>
Arbeitsmenge bedingten Lei&#x017F;tungsfähigkeit des<lb/>
Per&#x017F;onals. Jene Minderung der Produktivität<lb/>
fällt freilich nicht leicht. Sie muß eine freiwillige<lb/>
&#x017F;ein und erfordert ein Maß von Selb&#x017F;tbe&#x017F;chrän-<lb/>
kung, das fleißigen und ehrgeizigen Köpfen von<lb/>
&#x017F;on&#x017F;t mittelmäßigen gei&#x017F;tigen Qualitäten nicht<lb/><cb/>
allzu oft eignet. Auch die Dezentrali&#x017F;ation bedarf<lb/>
einer feinfühligen Hand und eines über den Durch-<lb/>
&#x017F;chnitt hinausragenden p&#x017F;ychologi&#x017F;chen Ver&#x017F;tänd-<lb/>
ni&#x017F;&#x017F;es an leitender Stelle. Son&#x017F;t bleiben die &#x017F;chön-<lb/>
&#x017F;ten Zu&#x017F;tändigkeitsordnungen totes Papier. Es<lb/>
i&#x017F;t daher ganz fal&#x017F;ch, die&#x017F;e Dinge durch Verein-<lb/>
fachungsaus&#x017F;chü&#x017F;&#x017F;e und &#x017F;on&#x017F;tige Kommi&#x017F;&#x017F;ionen<lb/>
mei&#x017F;tern zu wollen. Wenn man &#x017F;ich nicht zu hel-<lb/>
fen weiß, bildet man eine Kommi&#x017F;&#x017F;ion. In Wirk-<lb/>
lichkeit macht&#x2019;s immer nur einer. Es muß nur<lb/>
ein ganzer Kerl &#x017F;ein.</p>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Politi&#x017F;che Rund&#x017F;chau</hi> </head><lb/>
          <div type="jArticle" n="3"><lb/>
            <p>Der <hi rendition="#g">Führer der Landespolizei in<lb/>
Thüringen,</hi> der bisher &#x017F;oziali&#x017F;ti&#x017F;che <hi rendition="#g">Poli-<lb/>
zeioder&#x017F;t Müller-Brandenburg</hi> in<lb/>
Weimar, i&#x017F;t aus der <hi rendition="#g">&#x017F;ozialdemokrati&#x017F;chen<lb/>
Partei ausgetreten.</hi></p><lb/>
            <p>Zum <hi rendition="#g">Vor&#x017F;teher der Berliner Stadt-<lb/>
verordnetenver&#x017F;ammlung</hi> wurde der<lb/>
Kandidat der vereinigten bürgerlichen Parteien<lb/>
Dr. <hi rendition="#g">Ca&#x017F;pari</hi> (D. D.-P.) mit 100 gegen 94<lb/>
Stimmen der Sozialdemokraten und Kommuni-<lb/>
&#x017F;ten gewählt. Dr. Ca&#x017F;pari hat &#x017F;ein Amt jedoch<lb/><hi rendition="#g">niedergelegt,</hi> da die anderen Fraktionen eine<lb/>
Beteiligung an der Wahl der übrigen Vor&#x017F;tands-<lb/>
mitglieder verweigerten und es der D. V. P. nicht<lb/>
möglich i&#x017F;t, von &#x017F;ich aus alle Po&#x017F;ten zu be&#x017F;etzen.</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Nachrichten</hi> </head><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <dateline> <hi rendition="#b">München.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Die Arbeiten an der <hi rendition="#g">Fernkabel-<lb/>
&#x017F;trecke München-Nürnberg-Leipzig-<lb/>
Berlin</hi> &#x017F;ind &#x017F;oweit fortge&#x017F;chritten, daß ge&#x017F;tern<lb/>
Abend bereits <hi rendition="#g">Ver&#x017F;uchsge&#x017F;präche</hi> &#x017F;tattfin-<lb/>
den konnten. Die neue <hi rendition="#g">unterirdi&#x017F;che Fern-<lb/>
&#x017F;prechlinie</hi> wird für weite Krei&#x017F;e des Han-<lb/>
dels, der Indu&#x017F;trie, der Pre&#x017F;&#x017F;e u&#x017F;w. von großer<lb/>
Bedeutung werden, da es fortan möglich i&#x017F;t, un-<lb/>
abhängig von allen Witterungsverhältni&#x017F;&#x017F;en die<lb/>
gewün&#x017F;chten Verbindungen ra&#x017F;ch und zuverlä&#x017F;&#x017F;ig<lb/>
herzu&#x017F;tellen. Das deut&#x017F;che Kabelnetz wird ein<lb/>
lei&#x017F;tungsfähiges Glied des großen europäi&#x017F;chen<lb/>
Fern&#x017F;prechnetzes werden.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <dateline> <hi rendition="#b">Pa&#x017F;ing.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Am Dienstag i&#x017F;t der Senior des Con-<lb/>
vents, der <hi rendition="#g">Ordensbruder Roman Bader,</hi><lb/>
82jährig, <hi rendition="#g">ge&#x017F;torben.</hi> Der Ver&#x017F;torbene hatte<lb/>
er&#x017F;t vor kurzem &#x017F;ein goldenes Prie&#x017F;terjubiläum<lb/>
gefeiert. In den <hi rendition="#g">Wallfahrerkrei&#x017F;en</hi> war<lb/>
der Ver&#x017F;torbene eine bekannte und beliebte Per-<lb/>
&#x017F;önlichkeit. Ihm unter&#x017F;tand lange Zeit die Für-<lb/>
&#x017F;orge für die Beherbergung der Wallfahrer.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <dateline> <hi rendition="#b">Rai&#x017F;ling.</hi> </dateline><lb/>
            <p><hi rendition="#g">Beim Holzfällen</hi> im Staats-<lb/>
wald fiel dem 30jährigen Mathias <hi rendition="#g">Merkl</hi> ein<lb/>
Baum mit &#x017F;olcher Wucht auf den Kopf, daß er<lb/>
ihm <hi rendition="#g">völlig zer&#x017F;chmettert</hi> wurde und der<lb/>
Unglückliche &#x017F;ofort eine Leiche war.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <dateline> <hi rendition="#b">Endorf.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Vor nicht ganz einem Jahre wurde<lb/>
der &#x017F;tille Ort <hi rendition="#g">Mauerkirchen</hi> bei Endorf, der<lb/>
Wallfahrtsort von Profe&#x017F;&#x017F;oren, Ingenieuren,<lb/>
Geldmen&#x017F;chen u. a. eifrig be&#x017F;ucht. Dort war ein<lb/>
&#x017F;chlichter Bauern&#x017F;ohn mit dem noch &#x017F;chlichteren<lb/>
Namen <hi rendition="#g">Jo&#x017F;ef Maier</hi> er&#x017F;tanden, der vorgab,<lb/>
durch &#x017F;eine Erfindung mit einem kleinen Appa-<lb/>
rat <hi rendition="#g">&#x201E;Elektrizität aus der Erde&#x201C;</hi> zu ge-<lb/>
winnen und alle Kraftwerke u&#x017F;w. überflü&#x017F;&#x017F;ig zu<lb/>
machen. Kapitali&#x017F;ten boten ihm große Summen<lb/>
zur Ausnützung der Erfindung an. Er begann<lb/>
dann auch in Endorf eine eigene Anlage herzu-<lb/>
&#x017F;tellen. Da ihm aber von Traun&#x017F;tein die elektri&#x017F;che<lb/>
Kraft ver&#x017F;agt wurde, ver&#x017F;chwand er mit &#x017F;einer<lb/>
Erfindung nach München und &#x017F;tellte &#x017F;ie nach<lb/>
&#x017F;einer Wei&#x017F;e in einer freigewe&#x017F;enen Werk&#x017F;tätte<lb/>
auf. Bei genauer Nachprüfung der Maier&#x017F;chen<lb/>
Erfindung kam der Schwindel auf, daß Maier<lb/>
&#x017F;eine Kraft nicht aus der Erde &#x017F;chöpfe, &#x017F;ondern<lb/>
durch An&#x017F;chluß mittels Militärlabels, verbunden<lb/>
mit Nägeln, auf denen der Apparat &#x017F;tand, mit<lb/>
der Elektri&#x017F;chen Leitung gewonnen wurde.<lb/>
Wenn Maier den Apparat bediente, funktionierte<lb/>
die Kraftgewinnung tadellos. Als aber ein<lb/>
Techniker mit der Polizei kam und den Apparat<lb/>
vom Zu&#x017F;trom ver&#x017F;chob, war die Ma&#x017F;chine tot.<lb/>
Maier wurde in Haft genommen, da er mit<lb/>
&#x017F;einer Erfindung zwei Münchener Bürgers-<lb/>
leuten 20 000 Goldmark abgeknüpft hatte.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <dateline> <hi rendition="#b">Traun&#x017F;tein.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Verhaftet wurde eine Bande, be-<lb/>
&#x017F;tehend aus dem Metzger Johann <hi rendition="#g">Eichner</hi><lb/>
von Oberpailau, dem Metzger Peter <hi rendition="#g">Herzin-<lb/>
ger</hi> von Siegsdorf und einem Taglöhner von<lb/>
Pa&#x017F;enbach, die gemein&#x017F;am mit dem noch flüch-<lb/>
tigen Taglöhner und Koch Michael <hi rendition="#g">Hermann</hi><lb/>
in der Gegend von Traun&#x017F;tein und Dachau<lb/><hi rendition="#g">Viehdieb&#x017F;tähle</hi> im Großen machten und in<lb/>
München ein eigenes Schlachthaus mieteten, wo<lb/>
&#x017F;ie die Beute &#x017F;chlachteten.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <dateline> <hi rendition="#b">Pa&#x017F;&#x017F;au.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Eine von der <hi rendition="#g">Bezirksbauern-<lb/>
kammer</hi> Pa&#x017F;&#x017F;au und vom <hi rendition="#g">Niederbayeri-<lb/>
&#x017F;chen Bauernverein</hi> einberufene Ver&#x017F;amm-<lb/>
lung ge&#x017F;taltete &#x017F;ich zu einer <hi rendition="#g">Prote&#x017F;tkundge-<lb/>
bung gegen die</hi> ungeheuren <hi rendition="#g">Steuer-<lb/>
la&#x017F;ten.</hi> Wer natürlich aus bö&#x017F;em Willen keine<lb/>
Steuern bezahlen wolle, der dürfe <hi rendition="#g">nicht in<lb/>
Schutz genommen</hi> werden. Zu bean&#x017F;tanden<lb/>
&#x017F;ei auch, daß an ver&#x017F;chiedenen Finanzämtern nur<lb/><hi rendition="#g">rein juri&#x017F;ti&#x017F;ch</hi> geaerbeitet werde, während<lb/><hi rendition="#g">das allgemeine volkswirt&#x017F;chaft-<lb/>
liche Intere&#x017F;&#x017F;e</hi> vollkommen fehle.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <dateline> <hi rendition="#b">Regensburg.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Auf dem Wege von <hi rendition="#g">Gehrs-<lb/>
richt</hi> nach <hi rendition="#g">Einsricht</hi> i&#x017F;t die 73jährige <hi rendition="#g">Güt-<lb/>
lerswitwe Hartmann,</hi> die Flachs für ihr<lb/>
Spinnrad be&#x017F;orgen wollte, von einem Gei&#x017F;tlichen<lb/>
&#x017F;ich wahr&#x017F;cheinlich vor Ermattnug auf einen &#x017F;chnee<lb/>
tot aufgefunden worden. Das Mütterlein hatte<lb/>
bedeckten Abhang ge&#x017F;etzt und i&#x017F;t dabei <hi rendition="#g">erfro-<lb/>
ren.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <dateline> <hi rendition="#b">Nürnberg.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Für eine <hi rendition="#g">Jagdpacht,</hi> für die er<lb/>
im Jahre 1918 bei einem Dollarkurs von 8 Mk.<lb/>
an die <hi rendition="#g">Stadt Roth</hi> 2500 Mark jährlich zu ent-<lb/>
richten hatte, &#x017F;andte ein hie&#x017F;iget <hi rendition="#g">Fabrikbe-<lb/>
&#x017F;itzer</hi> am 3. Januar an be&#x017F;agten Stadtrat in<lb/>
einem Brief den Betrag von <hi rendition="#g">8000 Papier-<lb/>
mark.</hi></p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <dateline> <hi rendition="#b">Berneck.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Aufgrund der Verhandlungen mit den<lb/>
maßgebenden Stellen gilt die Genehmigung zum<lb/><hi rendition="#g">Ausbau der Wa&#x017F;&#x017F;erkraft&#x017F;tufe am<lb/>
Weißen Main</hi> bei Lanzendorf als ge&#x017F;ichert.<lb/>
Mit dem Bau des <hi rendition="#g">Kraftwerkes,</hi> des unter<lb/>
Ausnütznug der vorhandenen Speicherungsfähig-<lb/>
keit 600 PS. lei&#x017F;tet, &#x017F;oll &#x017F;ofort nach Eintritt gün-<lb/>
&#x017F;tiger Witterung begonnen werden.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <dateline> <hi rendition="#b">Isny.</hi> </dateline><lb/>
            <p>Der vom Ruhrgebiet gekommene <hi rendition="#g">Ei&#x017F;en-<lb/>
bahnbeamte Tyy&#x017F;&#x017F;en</hi> machte mit &#x017F;einer<lb/><cb/>
hier wohnenden Gattin einen <hi rendition="#g">Skiausflug.</hi><lb/>
Auf dem Heimweg über&#x017F;chritten &#x017F;ie ein Bahnge-<lb/>
lei&#x017F;e und bemerkten im Nebel nicht den von Ro-<lb/>
tenbach kommenden Zug. Tyy&#x017F;&#x017F;en wurde von der<lb/><hi rendition="#g">Lokomotive erfaßt</hi> und in drei Stücke<lb/>
zerri&#x017F;&#x017F;en, die man er&#x017F;t zu&#x017F;ammen&#x017F;uchen mußte.<lb/>
Seine Frau kam mit leichten Wunden davon.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Der Ur&#x017F;prung der Farben &#x201E;Schwarz-<lb/>
Rot-Gold&#x201C;</hi> </head><lb/>
            <p>Merkwürdigerwei&#x017F;e i&#x017F;t der ge&#x017F;chichtliche Ur-<lb/>
&#x017F;prung der Farbendreiheit &#x201E;Schwarz-Rot-Gold&#x201C;<lb/>
in weiten Krei&#x017F;en unbekannt. Wir wi&#x017F;&#x017F;en nur,<lb/>
daß Schwarz-Rot-Gold die Farben der Lützower<lb/>
Jäger und der deut&#x017F;chen Bur&#x017F;chen&#x017F;chaften waren.<lb/>
Wir kennen die Tragik der Farben, die der Met-<lb/>
ternich&#x017F;chen Autokratie weichen mußten, aus Bin-<lb/>
zers Bur&#x017F;chenlied:</p><lb/>
            <cit>
              <quote>&#x201E;Das Band i&#x017F;t zer&#x017F;chnitten,<lb/>
War Schwarz-Rot und Gold.&#x201C;</quote>
            </cit><lb/>
            <p>Aber woher nahmen denn die Lützower Jäger<lb/>
und die Bur&#x017F;chen&#x017F;chaftler den Farbendreiklang<lb/>
als Symbol des Reichsgedankens und der Reichs-<lb/>
einheit? Sie konnten doch die&#x017F;e Zu&#x017F;ammen&#x017F;tel-<lb/>
lung nicht willkürlich aus der Luft greifen. Die<lb/>
Erklärung einiger Hi&#x017F;toriker, die Lützower hätten<lb/>
die&#x017F;e Farben nur getragen, weil &#x017F;ie zufällig kein<lb/>
anderes Stoffmaterial hatten, will mir zu banal<lb/>
er&#x017F;cheinen. Dagegen &#x017F;pricht &#x017F;chon der Gei&#x017F;t der<lb/>
Romantik, die in &#x201E;Lützows wilder Jagd&#x201C; leben-<lb/>
dig war.</p><lb/>
            <p>Die Ent&#x017F;tehung der Farben &#x201E;Schwarz-Rot-<lb/>
Gold&#x201C; als Symbol des Reichsgedankens geht zu-<lb/>
rück ins Mittelalter, und zwar &#x017F;ind &#x017F;ie auf <hi rendition="#g">baye-<lb/>
ri&#x017F;chem</hi> Boden er&#x017F;tanden zur Regierungszeit<lb/>
Kai&#x017F;er Ludwigs des Bayern.</p><lb/>
            <p>Die Kai&#x017F;er&#x017F;tandarte des Römi&#x017F;chen Reiches<lb/>
Deut&#x017F;cher Nation war der &#x017F;chwarze Adler auf<lb/>
goldenem Lappen. Kai&#x017F;er Ludwig der Bayer ließ<lb/>
nach der Schlacht bei Mühldorf und Ampfing 1322<lb/>
in den bayeri&#x017F;ch-ö&#x017F;terreichi&#x017F;chen Grenzlanden zum<lb/>
Zeichen des Blutbannes den &#x017F;chwarzen Adler auf<lb/>
goldenem Lappen, den in der Schlacht &#x017F;elb&#x017F;t Kon-<lb/>
rad von Schlü&#x017F;&#x017F;elburg als &#x201E;Reichs&#x017F;turmfahne&#x201C;<lb/>
getragen hatte, an einem roten Querholz befe-<lb/>
&#x017F;tigen. Später wurde das rote Querholz durch<lb/>
einen oder mehrere rote Wimpel er&#x017F;etzt. So ent-<lb/>
&#x017F;tand aus die&#x017F;er Zu&#x017F;ammen&#x017F;tellung allmählich der<lb/>
Farbendreiklang &#x201E;Schwarz-Rot-Gold&#x201C; als Sym-<lb/>
bol des Reichsgedankens, das in vielen Quellen<lb/>
wiederkehrt.</p><lb/>
            <byline> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g">Eduard Herold</hi> </hi> </byline>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Aus den Parteien</hi> </head><lb/>
            <div type="jArticle" n="4"><lb/>
              <p><hi rendition="#b">Der Ortsverein München der Deut&#x017F;chen<lb/>
Volkspartei</hi> (Nationalliberale Partei) eröffnete<lb/>
&#x017F;eine Tätigkeit im neuen Jahr mit einer &#x017F;ehr<lb/>
&#x017F;tark be&#x017F;uchten Mitgliederver&#x017F;ammlung im Par-<lb/>
teiheim. Landtagsabgeordnete Frl. Dr. Gertraud<lb/><cb/> <hi rendition="#g">Wolf</hi> hielt ein ausführliches Referat über die<lb/>
jüng&#x017F;ten Vorgänge im bayeri&#x017F;chen Landtag:<lb/>
&#x201E;Landtagsauflö&#x017F;ung und Volksent&#x017F;cheid&#x201C;.</p><lb/>
              <p>Das <hi rendition="#g">Ermächtigungsge&#x017F;etz</hi> i&#x017F;t eine un-<lb/>
bedingte Staatsnotwendigkeit. Da &#x017F;eit Mitte No-<lb/>
vember infolge der Stillegung der Notenpre&#x017F;&#x017F;e<lb/>
vom Reich den Ländern keine finanzielle Unter-<lb/>
&#x017F;tützung gewährt werden kann, &#x017F;ind die&#x017F;e genö-<lb/>
tigt, ihren Haushalt &#x017F;elb&#x017F;t in Ordnung zu brin-<lb/>
gen. Hauptaufgabe des Ermächtigungsge&#x017F;etzes i&#x017F;t<lb/>
daher Ein&#x017F;parung auf allen Gebieten der Staats-<lb/>
verwaltung, Erhöhung der Einnahmen, be&#x017F;on-<lb/>
ders durch inten&#x017F;ive Ausnützung der For&#x017F;ten,<lb/>
neue Steuern und Abgaben. Daß das Ge&#x017F;etz<lb/>
eigentlich durch zwei Mitglieder des Landtags<lb/>
zu Fall gebracht werden konnte, &#x017F;ei ent&#x017F;chieden<lb/>
ein Fehler in der Verfa&#x017F;&#x017F;ung. Die von der Baye-<lb/>
ri&#x017F;chen Volkspartei übereifrig betriebene &#x017F;ofortige<lb/>
Auflö&#x017F;ung des Landtages und Neuwahlen i&#x017F;t<lb/>
von den &#x017F;ämtlichen Parteien abgelehnt worden,<lb/>
da es notwendig war, dazu er&#x017F;t die notwendigen<lb/>
Voraus&#x017F;etzungen zu &#x017F;chaffen. Es mußte er&#x017F;t vor<lb/>
allem die Wahlfreiheit ge&#x017F;ichert werden, um eine<lb/>
Begün&#x017F;tigung oder Benachteiligung von Par-<lb/>
teien in der Durchführung der Neuwahl durch<lb/>
den Ausnahmezu&#x017F;tand auszu&#x017F;chließen. Es i&#x017F;t<lb/>
nicht zu leugnen, daß die Bayeri&#x017F;che Volkspartei,<lb/>
die immer mehr nach der Alleinherr&#x017F;chaft &#x017F;trebt,<lb/>
an&#x017F;cheinend ein großes Intere&#x017F;&#x017F;e habe, unter<lb/>
dem Ausnahmezu&#x017F;tand zu wählen. Wie dann die<lb/>
Wahl durchgeführt werde, zeige das empörende<lb/>
Verbot der vom Abg. Dirr erwähnten Ver-<lb/>
&#x017F;ammlung in Nürnberg. Als unerläßliche Vor-<lb/>
aus&#x017F;etzung der Neuwahlen mü&#x017F;&#x017F;e daher <hi rendition="#g">Frei-<lb/>
heit der Per&#x017F;on,</hi> der <hi rendition="#g">Pre&#x017F;&#x017F;e</hi> und der<lb/><hi rendition="#g">Ver&#x017F;ammlungen</hi> gefordert werden. Zum<lb/>
Schluß ihrer mit lebhaftem Beifall aufgenom-<lb/>
menen Ausführungen bedauerte die Vortragende<lb/>
die geradezu perver&#x017F;e Zer&#x017F;plitterung der bürger-<lb/>
lichen Parteien bei den kommenden Wahlen, be-<lb/>
&#x017F;onders wegen des drohenden Verlu&#x017F;tes der bür-<lb/>
gerlichen Re&#x017F;t&#x017F;timmen, und forderte eine <hi rendition="#g">Zu-<lb/>
&#x017F;ammenfa&#x017F;&#x017F;ung bürgerlicher Par-<lb/>
teien durch Li&#x017F;tenverbindung.</hi></p><lb/>
              <p>Im Verlaufe der &#x017F;ich an&#x017F;chließenden regen<lb/>
Aus&#x017F;prache forderte u. a. der Wahlkreisvor&#x017F;itzende<lb/><hi rendition="#g">Pfarrer Hell</hi> eine <hi rendition="#g">baldige Durch-<lb/>
führung des Hochverratsproze&#x017F;&#x017F;es,</hi><lb/>
um noch vor den Wahlen über die Vorgänge des<lb/>
8. und 9. November die unbedingt nötige Klä-<lb/>
rung herbeizuführen. Gegenüber der Bayeri&#x017F;chen<lb/>
Volkspartei und der aus der Uneinigkeit der<lb/>
Bürgerlichen gewinnenden Sozialdemokratie<lb/>
gelte es einen <hi rendition="#g">&#x017F;tarken nationalen und<lb/>
liberalen Block</hi> zu bilden.</p><lb/>
              <p>Rechtsanwalt Dr. <hi rendition="#g">Beutner</hi> beleuchtete die<lb/>
Politik der Bayeri&#x017F;chen Volkspartei und befür-<lb/>
wortete unter lebhafter Zu&#x017F;timmung der Ver-<lb/>
&#x017F;ammlung eine <hi rendition="#g">Zu&#x017F;ammenfa&#x017F;&#x017F;ung der<lb/>
auf nationalem und freiheitlichem<lb/>
Boden &#x017F;tehenden bürgerlichen Par-<lb/>
teien.</hi></p>
            </div>
          </div>
        </div><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
        <div n="2">
          <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#b">LETZTE TELEGRAMME</hi> </hi> </head><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Das Ergebnis der &#x017F;äch&#x017F;i&#x017F;chen<lb/>
Gemeindewahlen</hi> </head><lb/>
            <dateline><hi rendition="#b">* Dresden,</hi> 14. Januar.</dateline><lb/>
            <p>Das bisherige <hi rendition="#g">Er-<lb/>
gebnis der &#x017F;äch&#x017F;i&#x017F;chen Gemeinde-<lb/>
wahlen</hi> läßt bedeutende Erfolge der bürger-<lb/>
lichen und der kommuni&#x017F;ti&#x017F;chen Partei erkennen.</p><lb/>
            <p>Die <hi rendition="#g">Sozialdemokraten</hi> haben im all-<lb/>
gemeinen einen großen Stimmenverlu&#x017F;t erlitten<lb/>
und viele Stimmen an die Kommuni&#x017F;ten und an<lb/>
die Unabhängigen abgeben mü&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
            <p>Auch die <hi rendition="#g">Deut&#x017F;che Volkspartei</hi> hat be-<lb/>
trächtliche Stimmenzahlen an die Deut&#x017F;chnatio-<lb/>
nalen und an die Deut&#x017F;chvölki&#x017F;chen verloren. Da<lb/>
die Völki&#x017F;chen aber z. B. in Leipzig zwei ge-<lb/>
trennte Li&#x017F;ten aufge&#x017F;tellt haben, und zwar eine<lb/>
deut&#x017F;ch-&#x017F;oziali&#x017F;ti&#x017F;che und eine völki&#x017F;ch-&#x017F;oziali&#x017F;ti&#x017F;che,<lb/>
&#x017F;o zer&#x017F;plitterten &#x017F;ie ihre Reihen erheblich.</p><lb/>
            <p>In <hi rendition="#g">Dresden</hi> werden die bürgerlichen Par-<lb/>
teien 38&#x2014;39 Mandate haben, wozu noch 4<lb/>
Deut&#x017F;ch&#x017F;oziale kommen. Die Linksparteien wer-<lb/>
den dort nur 32&#x2014;33 Mandate erringen gegen-<lb/>
über dem bisherigen Verhältnis von 42:42. Von<lb/>
den 32 Mandaten der Linksparteien entfallen auf<lb/>
die Kommuni&#x017F;ten 10, auf die Sozialdemokraten<lb/>
22, während das Verhältnis bisher 5:38 war.</p><lb/>
            <p>In <hi rendition="#g">Leipzig</hi> haben die bürgerlichen Parteien<lb/>
gegenüber den Kommuni&#x017F;ten und den Sozial-<lb/>
demokraten keine Mehrheit; dagegen &#x017F;ind <hi rendition="#g">bür-<lb/>
gerliche Mehrheiten in Chemnitz,</hi><lb/>
der bisherigen Hochburg der Sozialdemokraten, in<lb/>
Zwickau, Plauen, Reichenbach und in vielen an-<lb/>
deren Städten erzielt worden.</p><lb/>
            <p>Das politi&#x017F;che Ergebnis der Gemeindewahlen<lb/>
dürfte darin zu &#x017F;ehen &#x017F;ein, daß der radikale<lb/>
Flügel der &#x017F;äch&#x017F;i&#x017F;chen Sozialdemokraten weniger<lb/>
energi&#x017F;ch als bisher Neuwahlen für den Landtag<lb/>
verlangen wird, &#x017F;odaß der gemäßigte &#x017F;oziali&#x017F;ti&#x017F;che<lb/>
Flügel die <hi rendition="#g">Zu&#x017F;ammenarbeit mit De-<lb/>
mokraten und Volspartei</hi> wahr&#x017F;chein-<lb/>
lich wird fort&#x017F;etzen können.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Kardinal Bertram für die Hypotheken-<lb/>
aufwertung.</hi> </head>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <dateline><hi rendition="#b">* Breslau,</hi> 13. Januar.</dateline><lb/>
            <p>Kardinalfür&#x017F;t-<lb/>
bi&#x017F;chof <hi rendition="#g">Bertram</hi> hat an den Reichskanz-<lb/>
ler ein Schreiben gerichtet, worin er <hi rendition="#g">für<lb/>
die Aufwertung der Hypothe-<lb/>
ken</hi> Stellung nimmt und erklärt, er mü&#x017F;&#x017F;e<lb/>
vom Standpunkt des allgemeinen men&#x017F;ch-<lb/>
lichen Rechtes und der kirchlichen Vermö-<lb/>
gen aus <hi rendition="#g">gegen</hi> die Auffa&#x017F;&#x017F;ung, keine Auf-<lb/>
wertung zuzula&#x017F;&#x017F;en, Wider&#x017F;pruch erheben.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Die Bemühungen der Separati&#x017F;ten.</hi> </head><lb/>
            <dateline><hi rendition="#b">* Ludwigshafen,</hi> 14. Januar.</dateline><lb/>
            <p>Als Gegenkund-<lb/>
gebung gegen die kürzlich von der Ludwigshafe-<lb/>
ner Bevölkerung gegen den &#x017F;eparati&#x017F;ti&#x017F;chen Ter-<lb/>
ror veran&#x017F;taltete Rie&#x017F;enkundgebung, ver&#x017F;uchte<lb/>
ge&#x017F;tern der berüchtigte, in Mar&#x017F;eille geborene<lb/>
pfälzi&#x017F;che Sonderbündler und Bol&#x017F;chewi&#x017F;t <hi rendition="#g">Kund</hi><lb/>
einen Demon&#x017F;trationszug zu veran&#x017F;talten. Wäh-<lb/>
rend an der Kundgebung der Ludwigshafener<lb/>
Bevölkerung gegen die <gap reason="illegible" unit="words" quantity="1"/><lb/><cb/>
waltherr&#x017F;chaft &#x017F;einerzeit 40 000 Per&#x017F;onen bei-<lb/>
derlei Ge&#x017F;chlechts teilnahmen, brachte Kund, trotz<lb/>
verzweifelter Bemühungen, nur etwa 40 Demon-<lb/>
&#x017F;tranten zu&#x017F;ammen, die noch vor Beginn des<lb/>
Zuges auseinanderliefen.</p>
          </div><lb/>
          <div type="jArticle" n="3">
            <head> <hi rendition="#b">Schwierigkeiten der engli&#x017F;chen Regierungs-<lb/>
bildung.</hi> </head><lb/>
            <dateline><hi rendition="#b">* London,</hi> 14. Januar.</dateline><lb/>
            <p>Die Streikbewe-<lb/>
gung innerhalb der engli&#x017F;chen Arbeiter-<lb/>
&#x017F;chaft ver&#x017F;chlechtert die <hi rendition="#g">Aus&#x017F;ichten für<lb/>
Macdonald.</hi> Morgen wird die <hi rendition="#g">Thron-<lb/>
rede</hi> im Parlament verle&#x017F;en werden und<lb/>
am Mittwoch wird dann der parlamenta-<lb/>
ri&#x017F;che Kampf beginnen.</p><lb/>
            <p>Die Liberalen &#x017F;uchen ange&#x017F;ichts der<lb/>
Streikbewegung nach irgendwelchen Grün-<lb/>
den, die &#x017F;ie dafür anführen könnten, einen<lb/>
Antrag der Labour Party gegen das Kabi-<lb/>
nett Baldwin nicht zu unter&#x017F;tützen. Die Si-</p>
          </div>
        </div><lb/>
        <div type="jAn" n="2">
          <gap reason="insignificant"/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[Seite 5[5]/0005] Montag, den 14. Januar 1924 Allgemeine Zeitung. Nr. 18 Perſonalabbau oder Verwal- tungsabbau? Von Dr. P. Krinnel. Die Perſonalabbauverordnung der Reichsregie- rung vom 27. Oktober 1923 und die ihr entſpre- chenden Maßnahmen der Länder ſind kein Ruh- mesblatt der deutſchen Verwaltungsgeſchichte. Sie beſagen nicht mehr und nicht weniger, als daß die verantwortlichen Stellen 5 Jahre lang ent- weder den Ernſt der Lage nicht erkannten oder aber daß es ihnen an Mut oder Tatkraft gebrach, erkannte Notwendigkeiten in die Tat umzuſetzen. Wäre es anders, ſo wäre die Verordnung über- flüſſig und unmöglich. Nach dem Frieden von Tilſit kürzte das beſiegte Preußen die Ausgaben für ſeine Beamten erheblich. Deutſchland ſteigerte nach 1918 die Zahl der öffentlich Angeſtellten außerordentlich. In der geſamten Reichs ver- waltung (einſchließlich der inzwiſchen verreichlich- ten Verwaltungen: Eiſenbahn, Poſt und Finanz) betrug die Geſamtzahl der Beamten 1914: 542 936, 1920: 688 023, 1923: 764 000, mithin eine Zu- nahme 1914—1920 von 26,7 Prozent, 1914—1923 von 40,7 Prozent. (Berückſichtigt man, daß das Reich durch Gebietsabtretungen etwa 10 Prozent ſeiner Bevölkerung verloren hat, ſo beziffert ſich die Zunahme für 1914—1920 auf 40,8 Prozent, für 1914—1923 auf 56,4 Prozent.) Man ſieht, daß die Vermehrung der Beamtenſtellen nicht etwa nur im erſten Trubel der Revolution, ſon- dern noch zu einent weſentlichen Teil viel ſpäter erfolgte. Wohlverſtanden: die Zahlen geben nur die planmäßigen Beamtenſtellen an. Zu ihnen kommen im Jahre 1923 noch 122 579 beamtete und 679 543 nichtbeamtete Hilfskräfte, ſo daß die Geſamtzahl der Reichsangeſtellten 1923 1 566 122 Köpfe betrug. Die Zahlen der beamteten und nichtbeamteten Hilfskräfte aus der Vorkriegszeit ſtehen mir leider nicht zur Verfügung. Sie liegen aber beſtimmt ganz erheblich unter jenen des Jahres 1923. Ebenſo fehlen die Angaben über die Zahl der Beamten, Angeſtellten und Arbeiter in den Ländern, Gemeinden und anderen öffentlichen Körperſchaften. Auch hier iſt zweifellos eine ganz erhebliche Perſonalvermehrung feſtzuſtellen. Be- rückſichtigt muß ferner wegen der Wirkungen auf den Perſonalhaushalt die Tatſache werden, daß in Reich und Ländern weit über das ſachliche Be- dürfnis hinaus Beförderungsgelegenheiten und Spitzenſtellungen in einer Zahl geſchaffen wurden, die ſich die Beamtenorganiſationen vor dem Kriege nie hätten träumen laſſen. Namentlich gaben die Länder ihren in den Reichsdienſt übertretenden Verkehrs- und Finanzbeamten in dieſer Richtung ſehr noble Abſchiedsgeſchenke. Es gehörte nicht viel Weitblick dazu, das Un- ſinnige dieſer Entwicklung von der erſten Stunde an zu erkennen. Ich für meine Perſon habe ſeit 5 Jahren immer wieder Beamte und Beamten- führer, Gewerkſchaftsfunktionäre und maßgebende Perſönlichkeiten des politiſchen Lebens darauf hin- gewieſen, daß hier eine ſich am Geſamtperſonal ſchwer rächende Beamtenpolitik getrieben werde, daß eines Tages Reich und Länder einfach nicht mehr in der Lage ſein werden, dieſem Rieſenheer ausreichende Gehälter zu zahlen, und daß die not- wendig werdende Operation um ſo ſchmerzlicher und gefährlicher ſein werde, je ſpäter ſie erfolge. Nun iſt das vorhergeſagte bittere Ende da. Eine in ihren Wirkungen notwendig brutale Perſonal- abbauverordnung ſtreift hart an die Grundrechte des Berufsbeamtentums, und eine unzureichende Notbeſoldung öffnet auch dem bisher Blinden die Augen. Schon iſt man wieder glücklich auf der Suche nach einem Schuldigen. Unſere antimarxiſtiſchen Monomanen erklären den Marxismus auch hier- für für verantwortlich. Ich habe keine Veranlaſ- ſung, dieſen zu verteidigen, muß aber aus Grün- den der hiſtoriſchen Wahrheit feſtſtellen, daß die marxiſtenreinen Beamtenorganiſationen den freien Gewerkſchaften da in keiner Weiſe nachſtanden, wo es galt, für die Mitglieder Vorteile zu er- ringen. Und ſchließlich iſt in dem Land, in dem der Marxismus nichts zu ſagen hat, in Bayern, der vor geraumer Zeit mit großen Reden einge- leitete Verſuch einer Vereinfachung der Staats- verwaltung bisher um keinen Schritt weiter ge- kommen. Die Schuldfrage iſt zwecklos. Entſcheidend iſt die Frage: Was nun? Hier muß mit aller Deut- lichkeit geſagt werden, daß es nicht damit getan iſt, durch eine mehr oder weniger rigoroſe An- wendung der Abbauverordnung möglichſt viele Leute von der Staatskrippe ganz wegzubekommen oder wenigſtens in den Ruheſtand zu ſchicken. Ein ſolches Verfahren mag wohl ein freundlicheres Bild der nächſten Haushaltpläne hervorrufen, mag die Sanierung einleiten, wird aber für ſich allein niemals die dauernde Geſundung des ernſtlich erkrankten Verwaltungskörpers bringen. Der Außenſtehende glaube ja nicht, daß das gewaltige Beamtenheer bisher faulenzend ſeine aus der emſigen Notenpreſſe geſpeiſten Einkünfte verzehrt habe. Daß dem nicht ſo war, daß die Tauſende und Abertauſende in einer ſteten, wenn auch noch ſo unproduktiven Beſchäftigung gehalten wurden, dafür ſorgten die zahlloſen Geſetze, Verordnungen, Erlaſſe und Verfügungen, die die Zentralſtellen der Hauptſtädte Tag für Tag in üppiger Frucht- barkeit gebaren. Es iſt ganz typiſch, daß z. B. in den Verkehrsbetrieben bei ſtarkem Verkehrsrück- gang das Perſonal des Verwaltungsdienſtes (im Gegenſatz zum Betriebsdienſt) gegenüber der Vor- kriegszeit ganz bedeutend vermehrt werden mußte. Hier fließen die Quellen des Uebels. Der Per- ſonalabbau wird in dem Umfang durchführbar ſein, in dem die Produktivität der Zentralſtellen abnimmt und das Schlagwort von der Dezentrali- ſation ernſtlich in vernünftigem Umfang Wirklich- keit wird. Bleibt es beim Alten, ſo wird die Per- ſonalabbauverordnung ein Schlag ins Waſſer ſein und die Verwaltungsmaſchine über kurz oder lang zum Stillſtand kommen. Denn ſchließlich hat jeder Perſonalabbau ſeine Grenzen in der durch die Arbeitsmenge bedingten Leiſtungsfähigkeit des Perſonals. Jene Minderung der Produktivität fällt freilich nicht leicht. Sie muß eine freiwillige ſein und erfordert ein Maß von Selbſtbeſchrän- kung, das fleißigen und ehrgeizigen Köpfen von ſonſt mittelmäßigen geiſtigen Qualitäten nicht allzu oft eignet. Auch die Dezentraliſation bedarf einer feinfühligen Hand und eines über den Durch- ſchnitt hinausragenden pſychologiſchen Verſtänd- niſſes an leitender Stelle. Sonſt bleiben die ſchön- ſten Zuſtändigkeitsordnungen totes Papier. Es iſt daher ganz falſch, dieſe Dinge durch Verein- fachungsausſchüſſe und ſonſtige Kommiſſionen meiſtern zu wollen. Wenn man ſich nicht zu hel- fen weiß, bildet man eine Kommiſſion. In Wirk- lichkeit macht’s immer nur einer. Es muß nur ein ganzer Kerl ſein. Politiſche Rundſchau Der Führer der Landespolizei in Thüringen, der bisher ſozialiſtiſche Poli- zeioderſt Müller-Brandenburg in Weimar, iſt aus der ſozialdemokratiſchen Partei ausgetreten. Zum Vorſteher der Berliner Stadt- verordnetenverſammlung wurde der Kandidat der vereinigten bürgerlichen Parteien Dr. Caſpari (D. D.-P.) mit 100 gegen 94 Stimmen der Sozialdemokraten und Kommuni- ſten gewählt. Dr. Caſpari hat ſein Amt jedoch niedergelegt, da die anderen Fraktionen eine Beteiligung an der Wahl der übrigen Vorſtands- mitglieder verweigerten und es der D. V. P. nicht möglich iſt, von ſich aus alle Poſten zu beſetzen. Vermiſchte Nachrichten München. Die Arbeiten an der Fernkabel- ſtrecke München-Nürnberg-Leipzig- Berlin ſind ſoweit fortgeſchritten, daß geſtern Abend bereits Verſuchsgeſpräche ſtattfin- den konnten. Die neue unterirdiſche Fern- ſprechlinie wird für weite Kreiſe des Han- dels, der Induſtrie, der Preſſe uſw. von großer Bedeutung werden, da es fortan möglich iſt, un- abhängig von allen Witterungsverhältniſſen die gewünſchten Verbindungen raſch und zuverläſſig herzuſtellen. Das deutſche Kabelnetz wird ein leiſtungsfähiges Glied des großen europäiſchen Fernſprechnetzes werden. Paſing. Am Dienstag iſt der Senior des Con- vents, der Ordensbruder Roman Bader, 82jährig, geſtorben. Der Verſtorbene hatte erſt vor kurzem ſein goldenes Prieſterjubiläum gefeiert. In den Wallfahrerkreiſen war der Verſtorbene eine bekannte und beliebte Per- ſönlichkeit. Ihm unterſtand lange Zeit die Für- ſorge für die Beherbergung der Wallfahrer. Raiſling. Beim Holzfällen im Staats- wald fiel dem 30jährigen Mathias Merkl ein Baum mit ſolcher Wucht auf den Kopf, daß er ihm völlig zerſchmettert wurde und der Unglückliche ſofort eine Leiche war. Endorf. Vor nicht ganz einem Jahre wurde der ſtille Ort Mauerkirchen bei Endorf, der Wallfahrtsort von Profeſſoren, Ingenieuren, Geldmenſchen u. a. eifrig beſucht. Dort war ein ſchlichter Bauernſohn mit dem noch ſchlichteren Namen Joſef Maier erſtanden, der vorgab, durch ſeine Erfindung mit einem kleinen Appa- rat „Elektrizität aus der Erde“ zu ge- winnen und alle Kraftwerke uſw. überflüſſig zu machen. Kapitaliſten boten ihm große Summen zur Ausnützung der Erfindung an. Er begann dann auch in Endorf eine eigene Anlage herzu- ſtellen. Da ihm aber von Traunſtein die elektriſche Kraft verſagt wurde, verſchwand er mit ſeiner Erfindung nach München und ſtellte ſie nach ſeiner Weiſe in einer freigeweſenen Werkſtätte auf. Bei genauer Nachprüfung der Maierſchen Erfindung kam der Schwindel auf, daß Maier ſeine Kraft nicht aus der Erde ſchöpfe, ſondern durch Anſchluß mittels Militärlabels, verbunden mit Nägeln, auf denen der Apparat ſtand, mit der Elektriſchen Leitung gewonnen wurde. Wenn Maier den Apparat bediente, funktionierte die Kraftgewinnung tadellos. Als aber ein Techniker mit der Polizei kam und den Apparat vom Zuſtrom verſchob, war die Maſchine tot. Maier wurde in Haft genommen, da er mit ſeiner Erfindung zwei Münchener Bürgers- leuten 20 000 Goldmark abgeknüpft hatte. Traunſtein. Verhaftet wurde eine Bande, be- ſtehend aus dem Metzger Johann Eichner von Oberpailau, dem Metzger Peter Herzin- ger von Siegsdorf und einem Taglöhner von Paſenbach, die gemeinſam mit dem noch flüch- tigen Taglöhner und Koch Michael Hermann in der Gegend von Traunſtein und Dachau Viehdiebſtähle im Großen machten und in München ein eigenes Schlachthaus mieteten, wo ſie die Beute ſchlachteten. Paſſau. Eine von der Bezirksbauern- kammer Paſſau und vom Niederbayeri- ſchen Bauernverein einberufene Verſamm- lung geſtaltete ſich zu einer Proteſtkundge- bung gegen die ungeheuren Steuer- laſten. Wer natürlich aus böſem Willen keine Steuern bezahlen wolle, der dürfe nicht in Schutz genommen werden. Zu beanſtanden ſei auch, daß an verſchiedenen Finanzämtern nur rein juriſtiſch geaerbeitet werde, während das allgemeine volkswirtſchaft- liche Intereſſe vollkommen fehle. Regensburg. Auf dem Wege von Gehrs- richt nach Einsricht iſt die 73jährige Güt- lerswitwe Hartmann, die Flachs für ihr Spinnrad beſorgen wollte, von einem Geiſtlichen ſich wahrſcheinlich vor Ermattnug auf einen ſchnee tot aufgefunden worden. Das Mütterlein hatte bedeckten Abhang geſetzt und iſt dabei erfro- ren. Nürnberg. Für eine Jagdpacht, für die er im Jahre 1918 bei einem Dollarkurs von 8 Mk. an die Stadt Roth 2500 Mark jährlich zu ent- richten hatte, ſandte ein hieſiget Fabrikbe- ſitzer am 3. Januar an beſagten Stadtrat in einem Brief den Betrag von 8000 Papier- mark. Berneck. Aufgrund der Verhandlungen mit den maßgebenden Stellen gilt die Genehmigung zum Ausbau der Waſſerkraftſtufe am Weißen Main bei Lanzendorf als geſichert. Mit dem Bau des Kraftwerkes, des unter Ausnütznug der vorhandenen Speicherungsfähig- keit 600 PS. leiſtet, ſoll ſofort nach Eintritt gün- ſtiger Witterung begonnen werden. Isny. Der vom Ruhrgebiet gekommene Eiſen- bahnbeamte Tyyſſen machte mit ſeiner hier wohnenden Gattin einen Skiausflug. Auf dem Heimweg überſchritten ſie ein Bahnge- leiſe und bemerkten im Nebel nicht den von Ro- tenbach kommenden Zug. Tyyſſen wurde von der Lokomotive erfaßt und in drei Stücke zerriſſen, die man erſt zuſammenſuchen mußte. Seine Frau kam mit leichten Wunden davon. Der Urſprung der Farben „Schwarz- Rot-Gold“ Merkwürdigerweiſe iſt der geſchichtliche Ur- ſprung der Farbendreiheit „Schwarz-Rot-Gold“ in weiten Kreiſen unbekannt. Wir wiſſen nur, daß Schwarz-Rot-Gold die Farben der Lützower Jäger und der deutſchen Burſchenſchaften waren. Wir kennen die Tragik der Farben, die der Met- ternichſchen Autokratie weichen mußten, aus Bin- zers Burſchenlied: „Das Band iſt zerſchnitten, War Schwarz-Rot und Gold.“ Aber woher nahmen denn die Lützower Jäger und die Burſchenſchaftler den Farbendreiklang als Symbol des Reichsgedankens und der Reichs- einheit? Sie konnten doch dieſe Zuſammenſtel- lung nicht willkürlich aus der Luft greifen. Die Erklärung einiger Hiſtoriker, die Lützower hätten dieſe Farben nur getragen, weil ſie zufällig kein anderes Stoffmaterial hatten, will mir zu banal erſcheinen. Dagegen ſpricht ſchon der Geiſt der Romantik, die in „Lützows wilder Jagd“ leben- dig war. Die Entſtehung der Farben „Schwarz-Rot- Gold“ als Symbol des Reichsgedankens geht zu- rück ins Mittelalter, und zwar ſind ſie auf baye- riſchem Boden erſtanden zur Regierungszeit Kaiſer Ludwigs des Bayern. Die Kaiſerſtandarte des Römiſchen Reiches Deutſcher Nation war der ſchwarze Adler auf goldenem Lappen. Kaiſer Ludwig der Bayer ließ nach der Schlacht bei Mühldorf und Ampfing 1322 in den bayeriſch-öſterreichiſchen Grenzlanden zum Zeichen des Blutbannes den ſchwarzen Adler auf goldenem Lappen, den in der Schlacht ſelbſt Kon- rad von Schlüſſelburg als „Reichsſturmfahne“ getragen hatte, an einem roten Querholz befe- ſtigen. Später wurde das rote Querholz durch einen oder mehrere rote Wimpel erſetzt. So ent- ſtand aus dieſer Zuſammenſtellung allmählich der Farbendreiklang „Schwarz-Rot-Gold“ als Sym- bol des Reichsgedankens, das in vielen Quellen wiederkehrt. Eduard Herold Aus den Parteien Der Ortsverein München der Deutſchen Volkspartei (Nationalliberale Partei) eröffnete ſeine Tätigkeit im neuen Jahr mit einer ſehr ſtark beſuchten Mitgliederverſammlung im Par- teiheim. Landtagsabgeordnete Frl. Dr. Gertraud Wolf hielt ein ausführliches Referat über die jüngſten Vorgänge im bayeriſchen Landtag: „Landtagsauflöſung und Volksentſcheid“. Das Ermächtigungsgeſetz iſt eine un- bedingte Staatsnotwendigkeit. Da ſeit Mitte No- vember infolge der Stillegung der Notenpreſſe vom Reich den Ländern keine finanzielle Unter- ſtützung gewährt werden kann, ſind dieſe genö- tigt, ihren Haushalt ſelbſt in Ordnung zu brin- gen. Hauptaufgabe des Ermächtigungsgeſetzes iſt daher Einſparung auf allen Gebieten der Staats- verwaltung, Erhöhung der Einnahmen, beſon- ders durch intenſive Ausnützung der Forſten, neue Steuern und Abgaben. Daß das Geſetz eigentlich durch zwei Mitglieder des Landtags zu Fall gebracht werden konnte, ſei entſchieden ein Fehler in der Verfaſſung. Die von der Baye- riſchen Volkspartei übereifrig betriebene ſofortige Auflöſung des Landtages und Neuwahlen iſt von den ſämtlichen Parteien abgelehnt worden, da es notwendig war, dazu erſt die notwendigen Vorausſetzungen zu ſchaffen. Es mußte erſt vor allem die Wahlfreiheit geſichert werden, um eine Begünſtigung oder Benachteiligung von Par- teien in der Durchführung der Neuwahl durch den Ausnahmezuſtand auszuſchließen. Es iſt nicht zu leugnen, daß die Bayeriſche Volkspartei, die immer mehr nach der Alleinherrſchaft ſtrebt, anſcheinend ein großes Intereſſe habe, unter dem Ausnahmezuſtand zu wählen. Wie dann die Wahl durchgeführt werde, zeige das empörende Verbot der vom Abg. Dirr erwähnten Ver- ſammlung in Nürnberg. Als unerläßliche Vor- ausſetzung der Neuwahlen müſſe daher Frei- heit der Perſon, der Preſſe und der Verſammlungen gefordert werden. Zum Schluß ihrer mit lebhaftem Beifall aufgenom- menen Ausführungen bedauerte die Vortragende die geradezu perverſe Zerſplitterung der bürger- lichen Parteien bei den kommenden Wahlen, be- ſonders wegen des drohenden Verluſtes der bür- gerlichen Reſtſtimmen, und forderte eine Zu- ſammenfaſſung bürgerlicher Par- teien durch Liſtenverbindung. Im Verlaufe der ſich anſchließenden regen Ausſprache forderte u. a. der Wahlkreisvorſitzende Pfarrer Hell eine baldige Durch- führung des Hochverratsprozeſſes, um noch vor den Wahlen über die Vorgänge des 8. und 9. November die unbedingt nötige Klä- rung herbeizuführen. Gegenüber der Bayeriſchen Volkspartei und der aus der Uneinigkeit der Bürgerlichen gewinnenden Sozialdemokratie gelte es einen ſtarken nationalen und liberalen Block zu bilden. Rechtsanwalt Dr. Beutner beleuchtete die Politik der Bayeriſchen Volkspartei und befür- wortete unter lebhafter Zuſtimmung der Ver- ſammlung eine Zuſammenfaſſung der auf nationalem und freiheitlichem Boden ſtehenden bürgerlichen Par- teien. LETZTE TELEGRAMME Das Ergebnis der ſächſiſchen Gemeindewahlen * Dresden, 14. Januar. Das bisherige Er- gebnis der ſächſiſchen Gemeinde- wahlen läßt bedeutende Erfolge der bürger- lichen und der kommuniſtiſchen Partei erkennen. Die Sozialdemokraten haben im all- gemeinen einen großen Stimmenverluſt erlitten und viele Stimmen an die Kommuniſten und an die Unabhängigen abgeben müſſen. Auch die Deutſche Volkspartei hat be- trächtliche Stimmenzahlen an die Deutſchnatio- nalen und an die Deutſchvölkiſchen verloren. Da die Völkiſchen aber z. B. in Leipzig zwei ge- trennte Liſten aufgeſtellt haben, und zwar eine deutſch-ſozialiſtiſche und eine völkiſch-ſozialiſtiſche, ſo zerſplitterten ſie ihre Reihen erheblich. In Dresden werden die bürgerlichen Par- teien 38—39 Mandate haben, wozu noch 4 Deutſchſoziale kommen. Die Linksparteien wer- den dort nur 32—33 Mandate erringen gegen- über dem bisherigen Verhältnis von 42:42. Von den 32 Mandaten der Linksparteien entfallen auf die Kommuniſten 10, auf die Sozialdemokraten 22, während das Verhältnis bisher 5:38 war. In Leipzig haben die bürgerlichen Parteien gegenüber den Kommuniſten und den Sozial- demokraten keine Mehrheit; dagegen ſind bür- gerliche Mehrheiten in Chemnitz, der bisherigen Hochburg der Sozialdemokraten, in Zwickau, Plauen, Reichenbach und in vielen an- deren Städten erzielt worden. Das politiſche Ergebnis der Gemeindewahlen dürfte darin zu ſehen ſein, daß der radikale Flügel der ſächſiſchen Sozialdemokraten weniger energiſch als bisher Neuwahlen für den Landtag verlangen wird, ſodaß der gemäßigte ſozialiſtiſche Flügel die Zuſammenarbeit mit De- mokraten und Volspartei wahrſchein- lich wird fortſetzen können. Kardinal Bertram für die Hypotheken- aufwertung. * Breslau, 13. Januar. Kardinalfürſt- biſchof Bertram hat an den Reichskanz- ler ein Schreiben gerichtet, worin er für die Aufwertung der Hypothe- ken Stellung nimmt und erklärt, er müſſe vom Standpunkt des allgemeinen menſch- lichen Rechtes und der kirchlichen Vermö- gen aus gegen die Auffaſſung, keine Auf- wertung zuzulaſſen, Widerſpruch erheben. Die Bemühungen der Separatiſten. * Ludwigshafen, 14. Januar. Als Gegenkund- gebung gegen die kürzlich von der Ludwigshafe- ner Bevölkerung gegen den ſeparatiſtiſchen Ter- ror veranſtaltete Rieſenkundgebung, verſuchte geſtern der berüchtigte, in Marſeille geborene pfälziſche Sonderbündler und Bolſchewiſt Kund einen Demonſtrationszug zu veranſtalten. Wäh- rend an der Kundgebung der Ludwigshafener Bevölkerung gegen die _ waltherrſchaft ſeinerzeit 40 000 Perſonen bei- derlei Geſchlechts teilnahmen, brachte Kund, trotz verzweifelter Bemühungen, nur etwa 40 Demon- ſtranten zuſammen, die noch vor Beginn des Zuges auseinanderliefen. Schwierigkeiten der engliſchen Regierungs- bildung. * London, 14. Januar. Die Streikbewe- gung innerhalb der engliſchen Arbeiter- ſchaft verſchlechtert die Ausſichten für Macdonald. Morgen wird die Thron- rede im Parlament verleſen werden und am Mittwoch wird dann der parlamenta- riſche Kampf beginnen. Die Liberalen ſuchen angeſichts der Streikbewegung nach irgendwelchen Grün- den, die ſie dafür anführen könnten, einen Antrag der Labour Party gegen das Kabi- nett Baldwin nicht zu unterſtützen. Die Si- _

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-12-19T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

Weitere Informationen:

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine13_1924
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine13_1924/5
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 13, 14. Januar 1924, S. Seite 5[5]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine13_1924/5>, abgerufen am 21.12.2024.