Allgemeine Zeitung, Nr. 13, 13. Januar 1872.Allgemeine Zeitung. Nr. 13. Augsburg, Sonnabend, 13 Januar 1872.Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. Für die Redaction verantwortlich: Dr. J. v. Gosen. Uebersicht. Die croatischen Ausgleichsverhandlungen. Telegraphische Berichte. * München, 12 Jan. Abgeordnetenkammer. Abg. Pfarrer * Wien, 12 Jan. Vorbörse. Creditactien 344, Lombarden 214.60, Anglo- * London, 11 Jan Schlußcurse. 3proc Consols 92, 1882er Amerikaner * New-York, 11 Jan. Goldagio 108 3/8 . Wechsel in Gold 1091/4, 1882er Bonds Die croatischen Ausgleichsverhaudlungen. Pest, 10 Jan.Die Unterhandlungen zwischen der ungarischen Regierung Was nun die Ergebnisse der Wiener Ausgleichsverhandlungen betrifft, so Vor allem hat die ungarische Negierung directe Fühlung genommen mit der Aber auch die "Nationalen" haben manches gewonnen. Es wurde ihnen Das Memorandum beklagt vorerst die Beeinträchtigung der Landes-Auto- Hinsichtlich der Finanzfrage erklären die croatischen Parteiführer, da sie durch- Die "Nationalen" thaten klug daran daß sie über die heikle Finanzfrage Auch bezüglich der Stellung der Militärgränze und Dalmatiens enthält das Was die "Nationalen" von der Militärgränze sprechen, hat bereits seine Daß die Militärgränze zur "Krone des heil. Stephan" gehört, ist staats- Allgemeine Zeitung. Nr. 13. Augsburg, Sonnabend, 13 Januar 1872.Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung. Für die Redaction verantwortlich: Dr. J. v. Goſen. Ueberſicht. Die croatiſchen Ausgleichsverhandlungen. Telegraphiſche Berichte. * München, 12 Jan. Abgeordnetenkammer. Abg. Pfarrer * Wien, 12 Jan. Vorbörſe. Creditactien 344, Lombarden 214.60, Anglo- * London, 11 Jan Schlußcurſe. 3proc Conſols 92, 1882er Amerikaner * New-York, 11 Jan. Goldagio 108⅜. Wechſel in Gold 109¼, 1882er Bonds Die croatiſchen Ausgleichsverhaudlungen. ⊙ Peſt, 10 Jan.Die Unterhandlungen zwiſchen der ungariſchen Regierung Was nun die Ergebniſſe der Wiener Ausgleichsverhandlungen betrifft, ſo Vor allem hat die ungariſche Negierung directe Fühlung genommen mit der Aber auch die „Nationalen“ haben manches gewonnen. Es wurde ihnen Das Memorandum beklagt vorerſt die Beeinträchtigung der Landes-Auto- Hinſichtlich der Finanzfrage erklären die croatiſchen Parteiführer, da ſie durch- Die „Nationalen“ thaten klug daran daß ſie über die heikle Finanzfrage Auch bezüglich der Stellung der Militärgränze und Dalmatiens enthält das Was die „Nationalen“ von der Militärgränze ſprechen, hat bereits ſeine Daß die Militärgränze zur „Krone des heil. Stephan“ gehört, iſt ſtaats- <TEI> <text> <pb facs="#f0001"/> <front> <titlePage type="heading"> <docTitle> <titlePart type="main"> <hi rendition="#b">Allgemeine Zeitung.</hi> </titlePart> </docTitle><lb/> <docDate>Nr. 13. 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Die Conferenzen wurden auf unbeſtimmte Zeit<lb/> vertagt; officiöſe Stimmen verſichern daß fie ſpäter in Peſt wieder aufgenommen<lb/> werden ſollen.</p><lb/> <p>Was nun die Ergebniſſe der Wiener Ausgleichsverhandlungen betrifft, ſo<lb/> begegnet man ſelbſt in den Kreiſen der deakiſtiſchen Organe den widerſprechendſten<lb/> Mittheilungen. Während nämlich die „Reform“ behauptet: daß „die Verhandlungen<lb/> einen befriedigenden Abſchluß gefunden haben,“ behauptet „Peſti Naplo:“ daß<lb/> die „Unterhandlungen zu keinem definitiven Ergebniſſe geführt.“ Auf welcher<lb/> Seite iſt die Wahrheit? So viel man aus den ſpärlichen Kundgebungen über die<lb/> in Wien gepflogenen Verhandlungen erſieht, ſind beide Theile im Recht. Beſtimmt<lb/> formulirte Punkte ſind nicht feſtgeſtellt, nicht acceptirt worden; dennoch wurde<lb/> einiges erzielt.</p><lb/> <p>Vor allem hat die ungariſche Negierung directe Fühlung genommen mit der<lb/><cb/> ſo ſehr gefürchteten croatiſchen National-Partei, und dabei die alte Erfahrung ge-<lb/> macht daß der Teufel niemals ſo ſchwarz iſt als man ihn zu malen pflegt. Sie hat<lb/> den „nationalen“ Gravamina und Wünſchen auf den Zahn gefühlt, und gefunden<lb/> daß auch hier die modernen Nationalitäts-Politiker der Duodez-Nationen ſtets<lb/> groß und gewaltig ſind in aufgebauſchten Phraſen, daß ſie aber kleinlaut werden<lb/> ſobald man ſie auffordert ihre dunklen Ahnungen und Strebungen in die klare<lb/> deutliche Sprache des Alltagslebens zu überſetzen. Dieſe doppelte Wahrnehmung<lb/> iſt jedenfalls ein ſchätzenswerther Gewinn für die ungariſche Regierung.</p><lb/> <p>Aber auch die „Nationalen“ haben manches gewonnen. Es wurde ihnen<lb/> nicht minder die Gelegenheit jene gefürchtete, angefeindete und reichlich verketzerte<lb/> „magyariſche“ Regierung von Angeſicht zu Angeſicht zu ſehen, und dabei zu ver-<lb/> nehmen daß dieſe Regierung einer vernünftigen, geſetzmäßigen Reviſion des Aus-<lb/> gleichsgeſetzes vom Jahr 1868 principiell nicht abgeneigt ſei. Doch müßte vorerſt<lb/> die croatiſche „Nationalpartei“ den Boden ſtarrer Negation verlaſſen, ſich auf die<lb/> Baſis von 1868 ſtellen und dann ihre gemäßigten Wünſche genau formuliren.<lb/> Das thaten nun die Nationalen. Sie acceptirten das Geſetz vom Jahr 1868 als<lb/> Ausgleichsbaſis, und überreichten dem Grafen Lonyay ein Memorandum, worin<lb/> ſie ſich bemühten die Wünſche und Beſchwerden des „dreieinigen“ Königreichs zu<lb/> präciſiren. Was nun von dieſem Memorandum an die Oeffentlichkeit gedrungen<lb/> — denn der Wortlaut iſt leider noch unbekannt — vermag nicht die Achtung vor<lb/> der Ideenklarheit dieſer „Nationalen“ zu erhöhen.</p><lb/> <p>Das Memorandum beklagt vorerſt die Beeinträchtigung der Landes-Auto-<lb/> nomie durch die Stellung der croatiſchen Executivorgane. Der Miniſter für Croa-<lb/> tien, welcher beſtimmt iſt in eroatiſch-ungariſchen Angelegenheiten den Vermittler zu<lb/> machen, ſei zu einem integrirenden Theile des ungariſchen Miniſteriums geworden,<lb/> und dehne ſeine Macht ſogar über den Chef Croatiens, den Ban, aus, während<lb/> letzterer doch nach dem Geſetz ein unabhängiger, nur dem croatiſchen Landtage<lb/> verantwortlicher Functionär ſein ſolle. Dieſem abnormen Zuſtande möge ein<lb/> Ende gemacht werden. Die von mehreren Blättern gebrachte weitere Mittheilung<lb/> daß die „Nationalen“ auch verlangt hätten: der Ban möge in Zukunft zugleich<lb/> auch Präſident des Agramer oberſten Gerichtshofes ſein, welcher Wunſch allerdings<lb/> etwas ſehr ſonderbar wäre, wird jedoch neueſtens als unrichtig dementirt.</p><lb/> <p>Hinſichtlich der Finanzfrage erklären die croatiſchen Parteiführer, da ſie durch-<lb/> aus keine Kenntniß über die Activa und Paſſiva haben, ſich nur auf den Wunſch<lb/> zu beſchränken daß ein deſinitiver Ausweis über das Landesvermögen und die<lb/> darauf haftenden Laſten angefertigt werde, der ſeinerzeit dem Landtage zur wei-<lb/> tern Beſchlußfaſſung vorgelegt werden ſoll; doch müſſen ſie ſchon jetzt betonen daß<lb/> das bisher übliche Pauſchalſyſtem aufzulaſſen ſei.</p><lb/> <p>Die „Nationalen“ thaten klug daran daß ſie über die heikle Finanzfrage<lb/> in ſo unklarer, verſchwommener Weiſe ihre Wünſche äußerten. Auch Ungarn<lb/> wünſcht einen „definitiven Ausweis“ über das Vermögen, die Einnahmen und<lb/> Ausgaben des „dreieinigen“ Königreiches; ſolche dürre Zahlen ſind am beſten ge-<lb/> eignet die Hohlheit der Nationalitätsphraſen bloßzulegen. Die HH. Groß-<lb/> Croaten hätten bis heute noch keine einzige Meile Eiſenbahn oder Straße, wenn<lb/> dieſe früher nicht durch Oeſterreichs, jetzt durch Ungarns Geld und Credit erbaut<lb/> worden wären. Croatien iſt für Ungarn eine finanzielle Laſt, die unſer Deficit<lb/> vermehrt und Ungarn bisher nur eitel Feindſchaft und Hader eingebracht hat.</p><lb/> <p>Auch bezüglich der Stellung der Militärgränze und Dalmatiens enthält das<lb/> croatiſche Memorandum einige Wünſche. Es beruft ſich auf das kgl. Reſeript<lb/> vom 9 Mai 1861, in welchem einerſeits die territoriale Integrität des „dreieinigen“<lb/> Königreichs feierlich zugeſichert, und andrerſeits entſchieden erklärt wurde daß die<lb/> ſtaatsrechtliche Stellung dieſes Königreichs zur ungariſchen Krone ohne Mitwir-<lb/> kung der Militärgränze nicht geregelt werden könne. Dabei bemerken die „Natio-<lb/> nalen“ daß es ja nur im Intereſſe der ungariſchen Regierung liegen müſſe durch<lb/> Verwirklichung der angeführten königlichen Worte einerſeits jeden Vorwand zu einer<lb/> künftigen Antaſtung des Ausgleichs zu beſeitigen, und anbrerſeits die Macht der<lb/> St. Stephanskrone weſentlich zu vermehren.</p><lb/> <p>Was die „Nationalen“ von der Militärgränze ſprechen, hat bereits ſeine<lb/> Erledigung darin gefunden daß die Auflöſung und Provincialiſirung dieſer Gränze<lb/> theils eingeleitet, theils im einzelnen auch ſchon durchgeführt wurde. Und gerade<lb/> Croatien hat bereits eine Vergrößerung durch zwei Comitate (Warasdin und Bello-<lb/> var) erfahren. Daß die Umvandlung ſchrittweiſe, ſucceſſive geſchieht, iſt ebenſo<lb/> klug als für die Gränzer vortheilhaft und für jeden Unbefangenen einleuchtend,<lb/> wenn man erwägt daß es ſich hier um die Abänderung der durch drei Jahrhun-<lb/> derte gewordenen Zuſtände und Verhältniſſe handelt. Die kühne Phantaſie der<lb/> Südſlaven überfliegt allerdings jedes Hinderniß.</p><lb/> <p>Daß die Militärgränze zur „Krone des heil. Stephan“ gehört, iſt ſtaats-<lb/> rechtlich und hiſtoriſch ausgemacht; anders ſteht es um Dalmatien, deſſen Vertre-<lb/> ter heut im öſterreichiſchen Reichsrathe ſitzen. Selbſt die ſchärfſten ſtaatsrecht-<lb/> lichen und hiſtoriſchen Deductionen werden die Zweifler nicht bekehren, die nicht<lb/> begreifen können welche Rechte dieſe Krone auf ein Land haben ſoll das ſie nie-<lb/> mals vollſtändig oder unbeſtritten beſeffen, deſſen Beſitztheil ſie dann im ordent-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0001]
Allgemeine Zeitung.
Nr. 13. Augsburg, Sonnabend, 13 Januar 1872.
Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung. Für die Redaction verantwortlich: Dr. J. v. Goſen.
Ueberſicht.
Die croatiſchen Ausgleichsverhandlungen.
Zur Beſoldungsfrage der Staatsdiener mit beſonderer Rückſicht
auf Bayern. II.
Aus den Vereinigten Staaten von Nordamerika.
Aus der franzöſiſchen Rationalverſammlung.
Deutſches Reich. Aus Bayern: Lebhafte Scenen in den Kammeraus-
ſchüſſen. Hr. v. Hohe †. München: Ein Nekrolog für Prof. Greil. Berlin:
Die Telegramme aus Frankreich. Kriegsliteratur. Vom Hofe. Prinz Ferdinand
von Solms-Braunfels †. Caplan Haßler. Beziehungen zu Frankreich. Franzö-
ſiſches Geld. Vermeintlicher kirchlicher Nothſtand in Berlin.
Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie. Aus Oeſterreich: Der Adreß-
entwurf des Herrenhauſes. Interpellation wegen des Erzbiſchofs von Olmütz.
Wien: Graf Beuſt. Dementi. Allerlei Manöver. Zur Lage.
Schweiz. Bern: Wiederaufnahme der Bundesreviſion. Vertagung der Bundes-
reviſion. Bundesrath Dr. Dubs.
Großbritannien. Die Rede Lord Derby’s in Liverpool. Die Verbindung
zwiſchen England und Frankreich. Hofnachrichten. Der Oberſt Chesney und
ſein Bericht. Das Marinebudget. Gatling-Geſchütze. Der republicaniſche Club
in Glasgow. Der engliſche Telegraphenverkehr.
Frankreich. Das linke Centrum und die Verfaſſungsfrage. Biſchof Dupan-
loup. General Cremer. Dupont †. Kriegsgerichtsverhandlungen. Der Herzog
v. Perſigny. Aus dem Budgetausſchuß. Graf Arnim und Hr. Thiers.
Italien. Rom: Die Reorganiſation der Univerſität Rom.
Dänemark. Kopenhagen: Die nordſchleswigiſche Frage.
Rußland. St. Petersburg: Oeſterreichiſche Blätter über ruſſiſche
Friedenspolitik.
Türkei. Aus der Türkei: Das neue Jahr ohne neue Hoffnungen. Die Ver-
kehrtheit der türkiſchen Maßregeln in Bulgarien und Bosnien. Die Spannung
zwiſchen Montenegro und der Pforte und die ruſſiſche Vermittlung.
Verſchiedenes.
Telegraphiſche Berichte.
* München, 12 Jan.
Abgeordnetenkammer. Abg. Pfarrer
Rußwurm interpellirt die Regierung wegen des Amberger Begräbnißfalles,
leitet aus der gewaltſamen Bewirkung des Glockengeläutes und aus der Geſtat-
tung gottesdienſtlicher Handlungen von Seiten des excommunicirten Profeſſors
Friedrich mehrere Verfaſſungsverletzungen her, und fragt: was die Regierung zur
Wiederherſtellung der verletzten Rechte thun werde. Cultusminiſter v. Lutz ſtellt
zunächſt die Thatſachen richtig, weist nach daß das Verfahren der Regierung der
Oberpfalz ganz correct geweſen, da die erſten Anordnungen dem Stadtmagiſtrat
Amberg überlaſſen worden ſeien, der über Gemeindekirchen auch volle Verfügung habe.
Die Regierung der Oberpfalz habe nur verfügt daß der verſtorbene Zunner als Katholik
zu behandeln ſei, und darin Recht gehabt, da ſie den Standpunkt der Staatsregierung
in dieſer Frage zu dem ihrigen gemacht. Die Staatsregierung hat nur die civilrechtli-
chen Folgen der Excommunication abzuwehren; in Gewiſſensfragen miſcht ſie ſich nicht.
Der verſtorbene Zunner hatte ein Recht in weltlichen Formen als Katholik behan-
delt zu werden. Die Frage wegen Läutung der Sterbeglocke und der Stadtpfarr-
glocken ſei noch offen, da die betreffenden Localverhältniſſe dem Miniſter noch nicht
bekannt ſind; den Schutz des katholiſchen Kircheneigenthums werde die Staats-
regierung ſtets übernehmen, ohne deßhalb die Frage über das Verhältniß zwiſchen
Kirchenbeſitz und Gemeindebeſitz an einer Kirche präjudiciren zu wollen.
* Wien, 12 Jan.
Vorbörſe. Creditactien 344, Lombarden 214.60, Anglo-
Auſtrian 343.25, Napoleons 9.11, Unionsbank 298. Tendem: feſt.
* London, 11 Jan
Schlußcurſe. 3proc Conſols 92[FORMEL], 1882er Amerikaner
92[FORMEL], Türken 52⅛, 3proc. Spanier 31[FORMEL].
* New-York, 11 Jan.
Goldagio 108⅜. Wechſel in Gold 109¼, 1882er Bonds
110, 1885er 109¾, 1904er 109¾, Illinois 134. Eriebahn 35, Baumwolle 21½,
Petroleum in Philadelphia 22¼, Mehl —.
Die croatiſchen Ausgleichsverhaudlungen.
⊙ Peſt, 10 Jan.
Die Unterhandlungen zwiſchen der ungariſchen Regierung
und den croatiſchen Parteien, über welche wir jüngſt berichtet haben, ſind zum
vorläufigen Abſchluſſe gelangt. Die Conferenzen wurden auf unbeſtimmte Zeit
vertagt; officiöſe Stimmen verſichern daß fie ſpäter in Peſt wieder aufgenommen
werden ſollen.
Was nun die Ergebniſſe der Wiener Ausgleichsverhandlungen betrifft, ſo
begegnet man ſelbſt in den Kreiſen der deakiſtiſchen Organe den widerſprechendſten
Mittheilungen. Während nämlich die „Reform“ behauptet: daß „die Verhandlungen
einen befriedigenden Abſchluß gefunden haben,“ behauptet „Peſti Naplo:“ daß
die „Unterhandlungen zu keinem definitiven Ergebniſſe geführt.“ Auf welcher
Seite iſt die Wahrheit? So viel man aus den ſpärlichen Kundgebungen über die
in Wien gepflogenen Verhandlungen erſieht, ſind beide Theile im Recht. Beſtimmt
formulirte Punkte ſind nicht feſtgeſtellt, nicht acceptirt worden; dennoch wurde
einiges erzielt.
Vor allem hat die ungariſche Negierung directe Fühlung genommen mit der
ſo ſehr gefürchteten croatiſchen National-Partei, und dabei die alte Erfahrung ge-
macht daß der Teufel niemals ſo ſchwarz iſt als man ihn zu malen pflegt. Sie hat
den „nationalen“ Gravamina und Wünſchen auf den Zahn gefühlt, und gefunden
daß auch hier die modernen Nationalitäts-Politiker der Duodez-Nationen ſtets
groß und gewaltig ſind in aufgebauſchten Phraſen, daß ſie aber kleinlaut werden
ſobald man ſie auffordert ihre dunklen Ahnungen und Strebungen in die klare
deutliche Sprache des Alltagslebens zu überſetzen. Dieſe doppelte Wahrnehmung
iſt jedenfalls ein ſchätzenswerther Gewinn für die ungariſche Regierung.
Aber auch die „Nationalen“ haben manches gewonnen. Es wurde ihnen
nicht minder die Gelegenheit jene gefürchtete, angefeindete und reichlich verketzerte
„magyariſche“ Regierung von Angeſicht zu Angeſicht zu ſehen, und dabei zu ver-
nehmen daß dieſe Regierung einer vernünftigen, geſetzmäßigen Reviſion des Aus-
gleichsgeſetzes vom Jahr 1868 principiell nicht abgeneigt ſei. Doch müßte vorerſt
die croatiſche „Nationalpartei“ den Boden ſtarrer Negation verlaſſen, ſich auf die
Baſis von 1868 ſtellen und dann ihre gemäßigten Wünſche genau formuliren.
Das thaten nun die Nationalen. Sie acceptirten das Geſetz vom Jahr 1868 als
Ausgleichsbaſis, und überreichten dem Grafen Lonyay ein Memorandum, worin
ſie ſich bemühten die Wünſche und Beſchwerden des „dreieinigen“ Königreichs zu
präciſiren. Was nun von dieſem Memorandum an die Oeffentlichkeit gedrungen
— denn der Wortlaut iſt leider noch unbekannt — vermag nicht die Achtung vor
der Ideenklarheit dieſer „Nationalen“ zu erhöhen.
Das Memorandum beklagt vorerſt die Beeinträchtigung der Landes-Auto-
nomie durch die Stellung der croatiſchen Executivorgane. Der Miniſter für Croa-
tien, welcher beſtimmt iſt in eroatiſch-ungariſchen Angelegenheiten den Vermittler zu
machen, ſei zu einem integrirenden Theile des ungariſchen Miniſteriums geworden,
und dehne ſeine Macht ſogar über den Chef Croatiens, den Ban, aus, während
letzterer doch nach dem Geſetz ein unabhängiger, nur dem croatiſchen Landtage
verantwortlicher Functionär ſein ſolle. Dieſem abnormen Zuſtande möge ein
Ende gemacht werden. Die von mehreren Blättern gebrachte weitere Mittheilung
daß die „Nationalen“ auch verlangt hätten: der Ban möge in Zukunft zugleich
auch Präſident des Agramer oberſten Gerichtshofes ſein, welcher Wunſch allerdings
etwas ſehr ſonderbar wäre, wird jedoch neueſtens als unrichtig dementirt.
Hinſichtlich der Finanzfrage erklären die croatiſchen Parteiführer, da ſie durch-
aus keine Kenntniß über die Activa und Paſſiva haben, ſich nur auf den Wunſch
zu beſchränken daß ein deſinitiver Ausweis über das Landesvermögen und die
darauf haftenden Laſten angefertigt werde, der ſeinerzeit dem Landtage zur wei-
tern Beſchlußfaſſung vorgelegt werden ſoll; doch müſſen ſie ſchon jetzt betonen daß
das bisher übliche Pauſchalſyſtem aufzulaſſen ſei.
Die „Nationalen“ thaten klug daran daß ſie über die heikle Finanzfrage
in ſo unklarer, verſchwommener Weiſe ihre Wünſche äußerten. Auch Ungarn
wünſcht einen „definitiven Ausweis“ über das Vermögen, die Einnahmen und
Ausgaben des „dreieinigen“ Königreiches; ſolche dürre Zahlen ſind am beſten ge-
eignet die Hohlheit der Nationalitätsphraſen bloßzulegen. Die HH. Groß-
Croaten hätten bis heute noch keine einzige Meile Eiſenbahn oder Straße, wenn
dieſe früher nicht durch Oeſterreichs, jetzt durch Ungarns Geld und Credit erbaut
worden wären. Croatien iſt für Ungarn eine finanzielle Laſt, die unſer Deficit
vermehrt und Ungarn bisher nur eitel Feindſchaft und Hader eingebracht hat.
Auch bezüglich der Stellung der Militärgränze und Dalmatiens enthält das
croatiſche Memorandum einige Wünſche. Es beruft ſich auf das kgl. Reſeript
vom 9 Mai 1861, in welchem einerſeits die territoriale Integrität des „dreieinigen“
Königreichs feierlich zugeſichert, und andrerſeits entſchieden erklärt wurde daß die
ſtaatsrechtliche Stellung dieſes Königreichs zur ungariſchen Krone ohne Mitwir-
kung der Militärgränze nicht geregelt werden könne. Dabei bemerken die „Natio-
nalen“ daß es ja nur im Intereſſe der ungariſchen Regierung liegen müſſe durch
Verwirklichung der angeführten königlichen Worte einerſeits jeden Vorwand zu einer
künftigen Antaſtung des Ausgleichs zu beſeitigen, und anbrerſeits die Macht der
St. Stephanskrone weſentlich zu vermehren.
Was die „Nationalen“ von der Militärgränze ſprechen, hat bereits ſeine
Erledigung darin gefunden daß die Auflöſung und Provincialiſirung dieſer Gränze
theils eingeleitet, theils im einzelnen auch ſchon durchgeführt wurde. Und gerade
Croatien hat bereits eine Vergrößerung durch zwei Comitate (Warasdin und Bello-
var) erfahren. Daß die Umvandlung ſchrittweiſe, ſucceſſive geſchieht, iſt ebenſo
klug als für die Gränzer vortheilhaft und für jeden Unbefangenen einleuchtend,
wenn man erwägt daß es ſich hier um die Abänderung der durch drei Jahrhun-
derte gewordenen Zuſtände und Verhältniſſe handelt. Die kühne Phantaſie der
Südſlaven überfliegt allerdings jedes Hinderniß.
Daß die Militärgränze zur „Krone des heil. Stephan“ gehört, iſt ſtaats-
rechtlich und hiſtoriſch ausgemacht; anders ſteht es um Dalmatien, deſſen Vertre-
ter heut im öſterreichiſchen Reichsrathe ſitzen. Selbſt die ſchärfſten ſtaatsrecht-
lichen und hiſtoriſchen Deductionen werden die Zweifler nicht bekehren, die nicht
begreifen können welche Rechte dieſe Krone auf ein Land haben ſoll das ſie nie-
mals vollſtändig oder unbeſtritten beſeffen, deſſen Beſitztheil ſie dann im ordent-
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(2022-04-08T12:00:00Z)
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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, Linda Kirsten, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
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