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Allgemeine Zeitung, Nr. 105, 15. April 1849.

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Aus Ungarn nichts wesentlich neues. Der
Feldmarschall hat sich auf seinen linken Flügel gegen Waitzen zu begeben,
und leitet in Person die Operationen gegen den keck vordringenden Gör-
gey, während Graf Schlick im Centrum durch Dembinski vollauf beschäf-
tigt wird. Die Husaren schlagen sich mit einer Tapferkeit welche jedes
Vordringen der kaiserlichen Armee, ohne bedeutende Verstärkungen, un-
möglich macht. Diese Magyaren sind keine Piemontesen; selbst Radetzky's
ganze Armce hätte hier ein schweres Spiel. Sowie aber Fürst Windisch-
Grätz mit 100,000 Mann im Felde wird operiren können, rückt er vor, und
schwerlich dürfte außer der leichten Reiterei ein Drittel der Insurgenten
über die Theiß entkommen. Ob die von allen Seiten heranziehenden Ba-
taillone rechtzeitig ankommen werden? das ist die Frage, um deren Lö-
sung es sich jetzt handelt. Die Vorhut des Generals Hammerstein ist schon
in Kaschau und Eperies (d. h. jetzt im Rücken der Insurgenten); General
Benedek eilte hier durch gestern nach Kaschau um die Brigade zu überneh-
men. Das Corps des Baron Haynau bleibt vor Venedig und marschirt
nicht nach Ungarn, wie hiesige und Olmützer Blätter wissen wollen; ebenso
falsch ist das in alle hiesigen Blätter übergegangene Börsengerücht eines
entscheidenden Sieges vor Pesth. Die Insurgenten scharmützelten ohne Er-
folg, die kaiserliche Armee behauptete ihre Stellung. In Folge dieses
Gerüchtes stiegen aber die Metalliques auf 881/4; nun erdichteten die Contre-
Mineurs eine Abdankung des Grafen Stadion, der heftiger Kopfschmer-
zen wegen gestern nicht nach Olmütz zur Conferenz fahren konnte, und
die Fünfprocentigen ftelen auf 86. Letztere Nachricht ist aber ebenso falsch
als die erste; kein Mitglied des Ministeriums denkt an eine Resignation.
Amtliche Berichte von Temeswar melden das Einrücken der Russen in Sie-
benbürgen von der Hermannstädter und Klausenburger Seite; das Mini-
sterium konnte aus Rücksicht auf die dort bloßgestellte Bevölkerung diese
Pille nicht abwenden. Nach Ungarn aber kommen keine Russen. Der junge
Kaiser soll eine entschiedene Abneigung gegen die Intervention derselben in
Ungarn hegen, und um jeden Preis sie zu vermeiden suchen.

* Unsre heutigen Briefe aus Pesth reichen bis zum 10 April
Abends. Sie bestätigen die Nachrichten unsrer obigen verläßlichen Wie-
ner Correspondenz.

In Portsmouth wird die Dampf-Yacht "Vie-
toria and Albert" für den im Junius bevorstehenden Ausflug der königli-
chen Familie vorbereitet; es heißt nun wieder: die Königin werde Dublin
besuchen. -- Die Times wünscht heut als am Jahrstag des gefürchteten
Charitstenaufstandes (10 April 1848), wo so umfassende Vertheidigungs-
anstalten in London getroffen wurden, England zu seiner tiefen Ruhe
Glück, und meint daß, obgleich jetzt Frankreich vergleichsweise ruhig ge-
worden sey, doch die dermalen in Paris auf Besuch befindlichen Englän-
der Betrachtungen anstellen werden die sehr zu Gunsten der Institutionen
ihres Vaterlands ausfallen dürften. Dasselbe Blatt gibt einen aus Jassy,
in der Moldau, geschriebenen Brief eines englischen Officiers, der von den
ungarischen Insurgenten längere Zeit unter Mißhandlungen gefangen ge-
halten worden, und nun über Kossuth und dessen Anhang und Unterneh-
men das schlimmste Urtheil fällt. -- Nachrichten aus Brasilien (Rio de
Janeiro, 27 Febr.) zufolge dauerte der Aufstand in Pernambuco fort, und
die Regierung hatte eine beträchtliche Land- und Seemacht dahin beordert.


Die Nationalversammlung hat gestern das Ge-
setz über die gerichtliche Organisation in zweiter Berathung erledigt, aber
unmittelbar mit 548 gegen 88 Stimmen beschlossen zu keiner dritten Be-
rathung zu schreiten, d. h. das ganze Gesetz fallen zu lassen. Vorausge-
gangen war der Beschluß die Magistratur in ihrer Integrität zu erhalten,
und die etwanigen Reductionen in der Zusammensetzung der Tribunale
nur in dem Maß vorzunehmen als auf dem Weg der Natur Stellen frei
[Spaltenumbruch] würden. Hr. v. Montalembert hatte diese Anerkennung der richterlichen
Inamovibilität beantragt, und (mit 344 gegen 322 Stimmen) durchgesetzt.
So war freilich das Hauptintereffe des neuen Gesetzes verloren, und die
Versammlung zog daher vor es ganz aufzugeben. In dieser Sitzung lief
von dem Vicepräsidenten der Republik Hrn. Boulay (de la Meurthe) die
Erklärung ein: da die Versammlung die von ihm übrigens nicht verlang-
ten Repräsentationskosten verweigert habe, so könne er auch keine Staats-
wohnung annehmen, und in seiner bescheidenen Privatwohnung könnte er
einen Gehalt von 48,000 Fr. nicht für seine Stellung verwenden, wie er
vorgehabt, er müsse also auch auf den Gehalt verzichten. Heute wurde die
Wahl der Staatsräthe bekannt gemacht, aber nur zwanzig hatten die abso-
lute Majorität erhalten (Vivien, Bethmont, Cormenin, Havin etc.), und
die Wahl muß daher fortgesetzt werden. Dann entwickelte Hr. Ledru-
Rollin
die voraus angekündigte Interpellation über die Intervention der
Polizei bei den Wahlversammlungen, als er aber mitten in der Rede war,
entstand plötzlich eine lebhafte Aufregung im Saal -- Hr. Raspail (der
Neffe des Verurtheilten) hatte dem Hrn. Point, wie es scheint, wegen des ge-
gen seinen Oheim in Bourges abgelegten Zeugnisses, einen Schlag ins
Gesicht versetzt. Der Generalprocurator stellte sogleich den Antrag auf
Ermächtigung Hrn. Raspail gerichtlich zu verfolgen, welche ihm denn auch
mit Abkürzung aller Förmlichkeiten bewilligt wurde. Da eine große Zahl
der englischen Gäste sich auf den Tribünen befand, so war dieser unerhörte
Vorfall einer Thätlichkeit zwischen Mitgliedern für die Versammlung um
so beschämender. Mit der Verhaftung des Grafen v. Montemolin hat
es seine Richtigkeit gehabt. Französische Zollschutzwächter an der cataloni-
schen Gränze hatten ihn bei dem Dorf St. Laurent de Cerdagne, wie er
eben mit drei Begleitern unter falschen Namen, aber unbewaffnet, sich nach
Spanien hinüber stehlen wollte, festgenommen und nach der Citadelle von
Perpignan gebracht. Auf einen telegraphischen Befehl aus Paris ist der
Prinz bereits wieder in Freiheit gesetzt, gleichzeitig wurde jedoch der spa-
nischen Regierung von dem Vorfall Nachricht gegeben.

* Unsere Briefe aus Mailand (12 April) glauben daß Radetzky
selbst sich zum Belagerungsheer vor Venedig begeben werde. Alessan-
dria
wird nun doch von österreichischen Truppen besetzt, und zwar am
14 April. In Genua dauerte -- wenigstens bis zum 8 d. Abends -- der
Aufstand fort, von Gräueln begleitet. So melden Turiner Blätter, die
bis zum 11 d. reichen.
Handels- und Börsennachrichten.

Consols 91 7/8 .


3proc. 56.50; 4proc. 66; 5proc. 89; Bankactien
2420; belg 5proc. 921/2; 41/2proc. 83; österr. Loose v. 1834 herausgekommene
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Straßb.-Basel 107.50; Orl.-Vierzon 362.50; Bordeaur 412.50; Tours-
Nantes 323.75; Dieppe-Fecamp 175; Montereau-Troyes 132.50.


Bayer. 31/2proc. Oblig. 79 P., 781/2 G. 4proc.
88 G. Bankactien I. Sem. 618 P., 612 G. Promessen 43 P. Oesterr. Met.
5proc. 76 G. Bankactien I. Sem. 1010 P. Württemb. 31/2proc. 79 P.
41/2proc. 93 G.


5proc. Met. 87 7/8 ; 21/2proc. 463/4; Bankact. 1138;
Nordbahn 961/4.



Verantwortliche Redaction:
Dr. Gustav Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. C. A. Mebold.
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung in Stuttgart.
[irrelevantes Material]


[Spaltenumbruch]

Aus Ungarn nichts weſentlich neues. Der
Feldmarſchall hat ſich auf ſeinen linken Flügel gegen Waitzen zu begeben,
und leitet in Perſon die Operationen gegen den keck vordringenden Gör-
gey, während Graf Schlick im Centrum durch Dembinski vollauf beſchäf-
tigt wird. Die Huſaren ſchlagen ſich mit einer Tapferkeit welche jedes
Vordringen der kaiſerlichen Armee, ohne bedeutende Verſtärkungen, un-
möglich macht. Dieſe Magyaren ſind keine Piemonteſen; ſelbſt Radetzky’s
ganze Armce hätte hier ein ſchweres Spiel. Sowie aber Fürſt Windiſch-
Grätz mit 100,000 Mann im Felde wird operiren können, rückt er vor, und
ſchwerlich dürfte außer der leichten Reiterei ein Drittel der Inſurgenten
über die Theiß entkommen. Ob die von allen Seiten heranziehenden Ba-
taillone rechtzeitig ankommen werden? das iſt die Frage, um deren Lö-
ſung es ſich jetzt handelt. Die Vorhut des Generals Hammerſtein iſt ſchon
in Kaſchau und Eperies (d. h. jetzt im Rücken der Inſurgenten); General
Benedek eilte hier durch geſtern nach Kaſchau um die Brigade zu überneh-
men. Das Corps des Baron Haynau bleibt vor Venedig und marſchirt
nicht nach Ungarn, wie hieſige und Olmützer Blätter wiſſen wollen; ebenſo
falſch iſt das in alle hieſigen Blätter übergegangene Börſengerücht eines
entſcheidenden Sieges vor Peſth. Die Inſurgenten ſcharmützelten ohne Er-
folg, die kaiſerliche Armee behauptete ihre Stellung. In Folge dieſes
Gerüchtes ſtiegen aber die Metalliques auf 88¼; nun erdichteten die Contre-
Mineurs eine Abdankung des Grafen Stadion, der heftiger Kopfſchmer-
zen wegen geſtern nicht nach Olmütz zur Conferenz fahren konnte, und
die Fünfprocentigen ftelen auf 86. Letztere Nachricht iſt aber ebenſo falſch
als die erſte; kein Mitglied des Miniſteriums denkt an eine Reſignation.
Amtliche Berichte von Temeswar melden das Einrücken der Ruſſen in Sie-
benbürgen von der Hermannſtädter und Klauſenburger Seite; das Mini-
ſterium konnte aus Rückſicht auf die dort bloßgeſtellte Bevölkerung dieſe
Pille nicht abwenden. Nach Ungarn aber kommen keine Ruſſen. Der junge
Kaiſer ſoll eine entſchiedene Abneigung gegen die Intervention derſelben in
Ungarn hegen, und um jeden Preis ſie zu vermeiden ſuchen.

* Unſre heutigen Briefe aus Peſth reichen bis zum 10 April
Abends. Sie beſtätigen die Nachrichten unſrer obigen verläßlichen Wie-
ner Correſpondenz.

In Portsmouth wird die Dampf-Yacht „Vie-
toria and Albert“ für den im Junius bevorſtehenden Ausflug der königli-
chen Familie vorbereitet; es heißt nun wieder: die Königin werde Dublin
beſuchen. — Die Times wünſcht heut als am Jahrstag des gefürchteten
Charitſtenaufſtandes (10 April 1848), wo ſo umfaſſende Vertheidigungs-
anſtalten in London getroffen wurden, England zu ſeiner tiefen Ruhe
Glück, und meint daß, obgleich jetzt Frankreich vergleichsweiſe ruhig ge-
worden ſey, doch die dermalen in Paris auf Beſuch befindlichen Englän-
der Betrachtungen anſtellen werden die ſehr zu Gunſten der Inſtitutionen
ihres Vaterlands ausfallen dürften. Dasſelbe Blatt gibt einen aus Jaſſy,
in der Moldau, geſchriebenen Brief eines engliſchen Officiers, der von den
ungariſchen Inſurgenten längere Zeit unter Mißhandlungen gefangen ge-
halten worden, und nun über Koſſuth und deſſen Anhang und Unterneh-
men das ſchlimmſte Urtheil fällt. — Nachrichten aus Braſilien (Rio de
Janeiro, 27 Febr.) zufolge dauerte der Aufſtand in Pernambuco fort, und
die Regierung hatte eine beträchtliche Land- und Seemacht dahin beordert.


Die Nationalverſammlung hat geſtern das Ge-
ſetz über die gerichtliche Organiſation in zweiter Berathung erledigt, aber
unmittelbar mit 548 gegen 88 Stimmen beſchloſſen zu keiner dritten Be-
rathung zu ſchreiten, d. h. das ganze Geſetz fallen zu laſſen. Vorausge-
gangen war der Beſchluß die Magiſtratur in ihrer Integrität zu erhalten,
und die etwanigen Reductionen in der Zuſammenſetzung der Tribunale
nur in dem Maß vorzunehmen als auf dem Weg der Natur Stellen frei
[Spaltenumbruch] würden. Hr. v. Montalembert hatte dieſe Anerkennung der richterlichen
Inamovibilität beantragt, und (mit 344 gegen 322 Stimmen) durchgeſetzt.
So war freilich das Hauptintereffe des neuen Geſetzes verloren, und die
Verſammlung zog daher vor es ganz aufzugeben. In dieſer Sitzung lief
von dem Vicepräſidenten der Republik Hrn. Boulay (de la Meurthe) die
Erklärung ein: da die Verſammlung die von ihm übrigens nicht verlang-
ten Repräſentationskoſten verweigert habe, ſo könne er auch keine Staats-
wohnung annehmen, und in ſeiner beſcheidenen Privatwohnung könnte er
einen Gehalt von 48,000 Fr. nicht für ſeine Stellung verwenden, wie er
vorgehabt, er müſſe alſo auch auf den Gehalt verzichten. Heute wurde die
Wahl der Staatsräthe bekannt gemacht, aber nur zwanzig hatten die abſo-
lute Majorität erhalten (Vivien, Bethmont, Cormenin, Havin ꝛc.), und
die Wahl muß daher fortgeſetzt werden. Dann entwickelte Hr. Ledru-
Rollin
die voraus angekündigte Interpellation über die Intervention der
Polizei bei den Wahlverſammlungen, als er aber mitten in der Rede war,
entſtand plötzlich eine lebhafte Aufregung im Saal — Hr. Raſpail (der
Neffe des Verurtheilten) hatte dem Hrn. Point, wie es ſcheint, wegen des ge-
gen ſeinen Oheim in Bourges abgelegten Zeugniſſes, einen Schlag ins
Geſicht verſetzt. Der Generalprocurator ſtellte ſogleich den Antrag auf
Ermächtigung Hrn. Raſpail gerichtlich zu verfolgen, welche ihm denn auch
mit Abkürzung aller Förmlichkeiten bewilligt wurde. Da eine große Zahl
der engliſchen Gäſte ſich auf den Tribünen befand, ſo war dieſer unerhörte
Vorfall einer Thätlichkeit zwiſchen Mitgliedern für die Verſammlung um
ſo beſchämender. Mit der Verhaftung des Grafen v. Montemolin hat
es ſeine Richtigkeit gehabt. Franzöſiſche Zollſchutzwächter an der cataloni-
ſchen Gränze hatten ihn bei dem Dorf St. Laurent de Cerdagne, wie er
eben mit drei Begleitern unter falſchen Namen, aber unbewaffnet, ſich nach
Spanien hinüber ſtehlen wollte, feſtgenommen und nach der Citadelle von
Perpignan gebracht. Auf einen telegraphiſchen Befehl aus Paris iſt der
Prinz bereits wieder in Freiheit geſetzt, gleichzeitig wurde jedoch der ſpa-
niſchen Regierung von dem Vorfall Nachricht gegeben.

* Unſere Briefe aus Mailand (12 April) glauben daß Radetzky
ſelbſt ſich zum Belagerungsheer vor Venedig begeben werde. Aleſſan-
dria
wird nun doch von öſterreichiſchen Truppen beſetzt, und zwar am
14 April. In Genua dauerte — wenigſtens bis zum 8 d. Abends — der
Aufſtand fort, von Gräueln begleitet. So melden Turiner Blätter, die
bis zum 11 d. reichen.
Handels- und Börſennachrichten.

Conſols 91⅞.


3proc. 56.50; 4proc. 66; 5proc. 89; Bankactien
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505; röm. 77; ſpan 3proc. 31; innere Sch. 23; piemont. 890; St. Germain
E.-B. 425. Verſ. rechte 215; linke 170; Paris-Orleans 855.25; Rouen 555;
Straßburg 375.73; Nordbahn 457.50; Rouen-Havre 300; Marſ.-Avignon 220;
Straßb.-Baſel 107.50; Orl.-Vierzon 362.50; Bordeaur 412.50; Tours-
Nantes 323.75; Dieppe-Fecamp 175; Montereau-Troyes 132.50.


Bayer. 3½proc. Oblig. 79 P., 78½ G. 4proc.
88 G. Bankactien I. Sem. 618 P., 612 G. Promeſſen 43 P. Oeſterr. Met.
5proc. 76 G. Bankactien I. Sem. 1010 P. Württemb. 3½proc. 79 P.
4½proc. 93 G.


5proc. Met. 87⅞; 2½proc. 46¾; Bankact. 1138;
Nordbahn 96¼.



Verantwortliche Redaction:
Dr. Guſtav Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. C. A. Mebold.
Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung in Stuttgart.
[irrelevantes Material]


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[1612/0008] ◬ Wien, 12 April. Aus Ungarn nichts weſentlich neues. Der Feldmarſchall hat ſich auf ſeinen linken Flügel gegen Waitzen zu begeben, und leitet in Perſon die Operationen gegen den keck vordringenden Gör- gey, während Graf Schlick im Centrum durch Dembinski vollauf beſchäf- tigt wird. Die Huſaren ſchlagen ſich mit einer Tapferkeit welche jedes Vordringen der kaiſerlichen Armee, ohne bedeutende Verſtärkungen, un- möglich macht. Dieſe Magyaren ſind keine Piemonteſen; ſelbſt Radetzky’s ganze Armce hätte hier ein ſchweres Spiel. Sowie aber Fürſt Windiſch- Grätz mit 100,000 Mann im Felde wird operiren können, rückt er vor, und ſchwerlich dürfte außer der leichten Reiterei ein Drittel der Inſurgenten über die Theiß entkommen. Ob die von allen Seiten heranziehenden Ba- taillone rechtzeitig ankommen werden? das iſt die Frage, um deren Lö- ſung es ſich jetzt handelt. Die Vorhut des Generals Hammerſtein iſt ſchon in Kaſchau und Eperies (d. h. jetzt im Rücken der Inſurgenten); General Benedek eilte hier durch geſtern nach Kaſchau um die Brigade zu überneh- men. Das Corps des Baron Haynau bleibt vor Venedig und marſchirt nicht nach Ungarn, wie hieſige und Olmützer Blätter wiſſen wollen; ebenſo falſch iſt das in alle hieſigen Blätter übergegangene Börſengerücht eines entſcheidenden Sieges vor Peſth. Die Inſurgenten ſcharmützelten ohne Er- folg, die kaiſerliche Armee behauptete ihre Stellung. In Folge dieſes Gerüchtes ſtiegen aber die Metalliques auf 88¼; nun erdichteten die Contre- Mineurs eine Abdankung des Grafen Stadion, der heftiger Kopfſchmer- zen wegen geſtern nicht nach Olmütz zur Conferenz fahren konnte, und die Fünfprocentigen ftelen auf 86. Letztere Nachricht iſt aber ebenſo falſch als die erſte; kein Mitglied des Miniſteriums denkt an eine Reſignation. Amtliche Berichte von Temeswar melden das Einrücken der Ruſſen in Sie- benbürgen von der Hermannſtädter und Klauſenburger Seite; das Mini- ſterium konnte aus Rückſicht auf die dort bloßgeſtellte Bevölkerung dieſe Pille nicht abwenden. Nach Ungarn aber kommen keine Ruſſen. Der junge Kaiſer ſoll eine entſchiedene Abneigung gegen die Intervention derſelben in Ungarn hegen, und um jeden Preis ſie zu vermeiden ſuchen. * Unſre heutigen Briefe aus Peſth reichen bis zum 10 April Abends. Sie beſtätigen die Nachrichten unſrer obigen verläßlichen Wie- ner Correſpondenz. London, 10 April. In Portsmouth wird die Dampf-Yacht „Vie- toria and Albert“ für den im Junius bevorſtehenden Ausflug der königli- chen Familie vorbereitet; es heißt nun wieder: die Königin werde Dublin beſuchen. — Die Times wünſcht heut als am Jahrstag des gefürchteten Charitſtenaufſtandes (10 April 1848), wo ſo umfaſſende Vertheidigungs- anſtalten in London getroffen wurden, England zu ſeiner tiefen Ruhe Glück, und meint daß, obgleich jetzt Frankreich vergleichsweiſe ruhig ge- worden ſey, doch die dermalen in Paris auf Beſuch befindlichen Englän- der Betrachtungen anſtellen werden die ſehr zu Gunſten der Inſtitutionen ihres Vaterlands ausfallen dürften. Dasſelbe Blatt gibt einen aus Jaſſy, in der Moldau, geſchriebenen Brief eines engliſchen Officiers, der von den ungariſchen Inſurgenten längere Zeit unter Mißhandlungen gefangen ge- halten worden, und nun über Koſſuth und deſſen Anhang und Unterneh- men das ſchlimmſte Urtheil fällt. — Nachrichten aus Braſilien (Rio de Janeiro, 27 Febr.) zufolge dauerte der Aufſtand in Pernambuco fort, und die Regierung hatte eine beträchtliche Land- und Seemacht dahin beordert. Paris, 11 April. Die Nationalverſammlung hat geſtern das Ge- ſetz über die gerichtliche Organiſation in zweiter Berathung erledigt, aber unmittelbar mit 548 gegen 88 Stimmen beſchloſſen zu keiner dritten Be- rathung zu ſchreiten, d. h. das ganze Geſetz fallen zu laſſen. Vorausge- gangen war der Beſchluß die Magiſtratur in ihrer Integrität zu erhalten, und die etwanigen Reductionen in der Zuſammenſetzung der Tribunale nur in dem Maß vorzunehmen als auf dem Weg der Natur Stellen frei würden. Hr. v. Montalembert hatte dieſe Anerkennung der richterlichen Inamovibilität beantragt, und (mit 344 gegen 322 Stimmen) durchgeſetzt. So war freilich das Hauptintereffe des neuen Geſetzes verloren, und die Verſammlung zog daher vor es ganz aufzugeben. In dieſer Sitzung lief von dem Vicepräſidenten der Republik Hrn. Boulay (de la Meurthe) die Erklärung ein: da die Verſammlung die von ihm übrigens nicht verlang- ten Repräſentationskoſten verweigert habe, ſo könne er auch keine Staats- wohnung annehmen, und in ſeiner beſcheidenen Privatwohnung könnte er einen Gehalt von 48,000 Fr. nicht für ſeine Stellung verwenden, wie er vorgehabt, er müſſe alſo auch auf den Gehalt verzichten. Heute wurde die Wahl der Staatsräthe bekannt gemacht, aber nur zwanzig hatten die abſo- lute Majorität erhalten (Vivien, Bethmont, Cormenin, Havin ꝛc.), und die Wahl muß daher fortgeſetzt werden. Dann entwickelte Hr. Ledru- Rollin die voraus angekündigte Interpellation über die Intervention der Polizei bei den Wahlverſammlungen, als er aber mitten in der Rede war, entſtand plötzlich eine lebhafte Aufregung im Saal — Hr. Raſpail (der Neffe des Verurtheilten) hatte dem Hrn. Point, wie es ſcheint, wegen des ge- gen ſeinen Oheim in Bourges abgelegten Zeugniſſes, einen Schlag ins Geſicht verſetzt. Der Generalprocurator ſtellte ſogleich den Antrag auf Ermächtigung Hrn. Raſpail gerichtlich zu verfolgen, welche ihm denn auch mit Abkürzung aller Förmlichkeiten bewilligt wurde. Da eine große Zahl der engliſchen Gäſte ſich auf den Tribünen befand, ſo war dieſer unerhörte Vorfall einer Thätlichkeit zwiſchen Mitgliedern für die Verſammlung um ſo beſchämender. Mit der Verhaftung des Grafen v. Montemolin hat es ſeine Richtigkeit gehabt. Franzöſiſche Zollſchutzwächter an der cataloni- ſchen Gränze hatten ihn bei dem Dorf St. Laurent de Cerdagne, wie er eben mit drei Begleitern unter falſchen Namen, aber unbewaffnet, ſich nach Spanien hinüber ſtehlen wollte, feſtgenommen und nach der Citadelle von Perpignan gebracht. Auf einen telegraphiſchen Befehl aus Paris iſt der Prinz bereits wieder in Freiheit geſetzt, gleichzeitig wurde jedoch der ſpa- niſchen Regierung von dem Vorfall Nachricht gegeben. * Unſere Briefe aus Mailand (12 April) glauben daß Radetzky ſelbſt ſich zum Belagerungsheer vor Venedig begeben werde. Aleſſan- dria wird nun doch von öſterreichiſchen Truppen beſetzt, und zwar am 14 April. In Genua dauerte — wenigſtens bis zum 8 d. Abends — der Aufſtand fort, von Gräueln begleitet. So melden Turiner Blätter, die bis zum 11 d. reichen. Handels- und Börſennachrichten. London, 10 April. Conſols 91⅞. Paris, 11 April. 3proc. 56.50; 4proc. 66; 5proc. 89; Bankactien 2420; belg 5proc. 92½; 4½proc. 83; öſterr. Looſe v. 1834 herausgekommene 505; röm. 77; ſpan 3proc. 31; innere Sch. 23; piemont. 890; St. Germain E.-B. 425. Verſ. rechte 215; linke 170; Paris-Orleans 855.25; Rouen 555; Straßburg 375.73; Nordbahn 457.50; Rouen-Havre 300; Marſ.-Avignon 220; Straßb.-Baſel 107.50; Orl.-Vierzon 362.50; Bordeaur 412.50; Tours- Nantes 323.75; Dieppe-Fecamp 175; Montereau-Troyes 132.50. Augsburg, 13 April. Bayer. 3½proc. Oblig. 79 P., 78½ G. 4proc. 88 G. Bankactien I. Sem. 618 P., 612 G. Promeſſen 43 P. Oeſterr. Met. 5proc. 76 G. Bankactien I. Sem. 1010 P. Württemb. 3½proc. 79 P. 4½proc. 93 G. Wien, 12 April. 5proc. Met. 87⅞; 2½proc. 46¾; Bankact. 1138; Nordbahn 96¼. Verantwortliche Redaction: Dr. Guſtav Kolb. Dr. A. J. Altenhöfer. Dr. C. A. Mebold. Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung in Stuttgart. _

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 105, 15. April 1849, S. 1612. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine105_1849/8>, abgerufen am 21.11.2024.