Allgemeine Zeitung, Nr. 104, 14. April 1849.[Spaltenumbruch]
die Kammer wolle die Dringlichkeit des Antrags nicht anerkennen. Der Schleswig-Holstein. Altona, 10 April. Die neuesten Nachrichten * Hamburg, 9 April. Das Glück, welches der deutschen Sache Oesterreich. A Wien, 10 April. Der russischen Regierung ver- Wien, 9 April. Die Wiener Presse vom 10 April sagt über Die Ost-Deutsche Post bemerkt: "Seit zwei Tagen ist die Auf- Wien, 10 April. Von der untern Donau erfährt man daß die *) Das soeben erschienene 34 Armee-Bülletin scheint uns nicht geeignet die
herrschenden Besorgnisse gänzlich zu zerstreuen. (Anm. d. Red. d. Presse.) [Spaltenumbruch]
die Kammer wolle die Dringlichkeit des Antrags nicht anerkennen. Der Schleswig-Holſtein. Altona, 10 April. Die neueſten Nachrichten * Hamburg, 9 April. Das Glück, welches der deutſchen Sache Oeſterreich. A Wien, 10 April. Der ruſſiſchen Regierung ver- Wien, 9 April. Die Wiener Preſſe vom 10 April ſagt über Die Oſt-Deutſche Poſt bemerkt: „Seit zwei Tagen iſt die Auf- Wien, 10 April. Von der untern Donau erfährt man daß die *) Das ſoeben erſchienene 34 Armee-Bülletin ſcheint uns nicht geeignet die
herrſchenden Beſorgniſſe gänzlich zu zerſtreuen. (Anm. d. Red. d. Preſſe.) <TEI> <text> <body> <div type="jPoliticalNews" n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div type="jArticle" n="4"> <p><pb facs="#f0004" n="1592"/><cb/> die Kammer wolle die Dringlichkeit des Antrags nicht anerkennen. Der<lb/> Antragſteller Kuh ſpricht für, das Commiſſionsmitglied Goltdammer<lb/> gegen die Dringlichkeit. Kuh erinnert an die Octroyirung der preußiſchen<lb/> Verfaſſung, und daß dem Volk hier nur eine Reviſion verſtattet wor-<lb/> den ſey; dann ſagt er: „Wenn die Fürſten eine Verfaſſung octroyiren,<lb/> dann ſoll der beſchränkte Unterthanenverſtand nicht nach dem Rechtsgrund<lb/> ſuchen; wenn aber das Volk in der Noth der Umſtände eine Verfaſſung octroy-<lb/> irt, dann ſoll noch jeder einzelne Fürſt für ſich nach dem Rechtsgrund ſuchen<lb/> und ſeinen Theil zu den 37 Einwendungen beibringen dürfen!“ Der übrige<lb/> Theil ſeiner Rede iſt von geringer Bedeutung und macht auch wenig Ein-<lb/> druck. Goltdammer erklärt ſich für das erbliche Kaiſerthum. Er iſt aber<lb/> der Anſicht daß Preußen, wenn es die Frankfurter Beſchlüſſe allein aner-<lb/> kenne, möglicherweiſe das Schwert würde ziehen müſſen, und zwar nicht<lb/> gegen das Ausland, ſondern gegen deutſche Staaten. Könne man dem<lb/> König ſchon darum nicht zu unbedingter Annahme der Kaiſerkrone rathen,<lb/> ſo komme noch hinzu daß Preußen im Verhältuiß zu Württemberg, Sach-<lb/> ſen, Bayern nur eine geringe Stimmzahl im Staatenhaus behalte, und<lb/> daß der Kaiſer im Volkshauſe auf Oppoſition verſchiedener Art ſtoßen<lb/> würde. Diejenigen welche die deutſche Republik wollten, hätten ſehr wohl<lb/> gethan die Krone auf Grund dieſer Verfaſſung anzutragen! (Beifall rechts,<lb/> Murren und Ziſchen auf der Linken.) Der Redner richtet zuletzt indirect an<lb/> die Miniſter die Frage: welche Schritte ſie gethan um in Eintracht mit den<lb/> übrigen Staaten und der Nationalverſammlung das erwünſchte Ziel her-<lb/> beizuführen? Der <hi rendition="#g">Miniſterpräſident</hi> erhebt ſich und ſpricht: „Die<lb/> Inſtructionen für Frankfurt werden in dieſem Augenblick ausgearbeitet;<lb/> der Bevollmächtigte für Frankfurt iſt bereits durch eine telegraphiſche De-<lb/> peſche hierher berufen und wird heute wieder abreiſen. Sein Stellvertre-<lb/> ter iſt bereits vorläuſig mit Inſtructionen über die nothwendigſten Schritte<lb/> verſehen. Uebrigens iſt es die Abſicht der Regierung daß die Ungewißheit<lb/> über die Neugeſtaltung Deutſchlands ein ſchnelles Ende erreiche.“ (Bravo<lb/> auf der Rechten.) Die Dringlichkeit des Antrags wird verworfen mit 75<lb/> gegen 38 Stimmen. 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Dieſes beweist die<lb/> Ankunft in Curhaven von 16 hieſigen Schiffen ſeit dem 5 d. aus Oſt- und<lb/> Weſtindien, Nord- und Südamerika, Afrika und dem mittelländiſchen<lb/> Meer mit reichen Ladungen, ſowie mehrerer kleineren aus näher gelege-<lb/> nen Häfen welche ſämmtlich glücklich ankamen, ohne wie es ſcheint von<lb/> den däniſchen Kriegsſchiffen bemerkt zu werden, von welchen, wie aus einer<lb/> heute von Cuxhaven eingegangenen telegraphiſchen Depeſchen hervorgeht,<lb/> 4 bei Helgoland kreuzten und geſtern auf einen Schooner Jagd machten.</p> </div><lb/> <div n="3"> <head><hi rendition="#g">Oeſterreich</hi>.</head><lb/> <div type="jComment" n="4"> <dateline><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">A</hi> Wien,</hi> 10 April.</dateline><lb/> <p>Der ruſſiſchen Regierung ver-<lb/> danken wir nicht nur die Hülfe in Siebenbürgen, wir verdanken ihr auch<lb/> den erſten officiellen Bericht über die letzten traurigen Vorgänge daſelbſt.<lb/> Aus dem Petersburger Journal „der Invalide“ bringen unſre Zeitungen<lb/> heute denſelben, und wir entnehmen daraus die intereſſante Thatſache daß<lb/> für den Augenblick der nächſte Weg aus Siebenbürgen nach Wien über<lb/> St. Petersburg führt. Leider entbehren wir noch immer aller directen<lb/> Nachrichten aus dem Innern dieſes unglücklichen Landes. Eine befreun-<lb/> dete Familie ſchrieb mir ſchon vor 18 Tagen aus einem Gränzorte daß ſie<lb/> glücklich dem Hermannſtädter Blutbad entronnen, und auf der Reiſe hie-<lb/> her begriffen ſey; ſeitdem höre ich nichts, und es gibt das einen Maßſtab<lb/> für die Sicherheit in den untern Donaugegenden. Ich will die ſich kreu-<lb/> zenden Gerüchte nicht wiederholen, faſſen wir uns in Geduld, die Zeit<lb/> lüftet ſo manchen Schleier, ſie wird auch den heben der über dem namen-<lb/> loſen Elende eines der edelſten deutſchen Stämme liegt! 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Die Veranlaſſung zu dem<lb/> Handel gaben, dem Vernehmen nach, einige Aeußerungen von Civiliſten<lb/> über die Operationen in Ungarn, die ebenſowenig ſchmeichelhaft als den<lb/> bei uns herrſchenden Ausnahmszuſtänden entſprechend waren.</p> </div><lb/> <div type="jComment" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 9 April.</dateline><lb/> <p>Die Wiener <hi rendition="#g">Preſſe</hi> vom 10 April ſagt über<lb/> den trüben Stand der Dinge in Ungarn: „Die Ungewißheit in welcher<lb/> ſich das Publicum über den Ausgang der Schlacht bei Hatvan befindet,<lb/> trägt vieles zur Verbreitung der beunruhigendſten Gerüchte bei.<note place="foot" n="*)">Das ſoeben erſchienene 34 Armee-Bülletin ſcheint uns nicht geeignet die<lb/> herrſchenden Beſorgniſſe gänzlich zu zerſtreuen. (Anm. d. Red. d. Preſſe.)</note> Man<lb/> fühlt daß bei der Wendung die die deutſche Sache genommen, mit der<lb/> ſchnellen Beendigung des ungariſchen Feldzuges das Wohl und Wehe des<lb/> ganzen Staates enge verknüpft iſt. Man ſieht mit Freuden daß das Mi-<lb/> niſterium endlich mit einiger Energie die Verſtärkung der ungariſchen<lb/> Armee zu betreiben anfängt. Jedermann ſieht aber auch ein daß ſelbſt<lb/> die tapferſte und vollzähligſte Armee einer glücklichen Führung bedarf um<lb/> dieſer Kraftentwickelung würdige Erfolge zu erringen. Es iſt daher nicht<lb/> zu verwundern daß die Nachricht, Feldzeugmeiſter Baron Welden werde<lb/> das Obercommando der ungariſchen Armee übernehmen und durch Feld-<lb/> marſchalllieutenant Wohlgemuth hier erſetzt werden, immer allgemeineren<lb/> Glauben findet. Wir können leider den allgemeinen Glauben nicht thei-<lb/> len. Der tapfere General den die öffentliche Stimme ſo energiſch als den<lb/> geeignetſten bezeichnet den traurigen Bürgerkrieg ſchnell und glücklich be-<lb/> endigen zu können, würde bei der Dringlichkeit der Umſtände gewiß keinen<lb/> Augenblick verſäumt haben dieſe mit eben ſo viel Ehre als großer Verant-<lb/> wortlichkeit verknüpfte Miſſion anzutreten, wenn ſie ihm auf eine Art an-<lb/> geboten worden wäre welche ihn hoffen ließe ſeine Pläne mit der nöthigen<lb/> Unabhängigkeit durchführen zu können. Wir wiſſen recht wohl daß es<lb/> nicht ohne Gefahr iſt ſolche Gegenſtände zur Sprache zu bringen. Wir<lb/> betrachten es aber unter den gegenwärtigen Umſtänden als ein Ver-<lb/> brechen an unſerem Vaterlande länger zu ſchweigen, und beſchwören das<lb/> Miniſterium ſich durch keine wie immer geartete Rückſicht abhalten zu<lb/> laſſen das zu thun was für das Wohl des Landes als <hi rendition="#g">unerläßlich</hi><lb/> erkannt wird.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"><lb/> <p><hi rendition="#g">Die Oſt-Deutſche Poſt</hi> bemerkt: „Seit zwei Tagen iſt die Auf-<lb/> merkſamkeit unſerer Bevölkerung nur nach einem Punkte gerichtet, alle<lb/> übrigen äußern und innern Verhältniſſe verſchwimmen gegen die Span-<lb/> nung mit welcher man auf die Entwicklung der Ereigniſſe in der Nähe<lb/> von Budapeſth hinblickt. Wien und Peſth ſind durch ſo viele materielle<lb/> und Familienverhältniſſe mit einander verbunden, daß jedes Ereigniß in<lb/> der Hauptſtadt Ungarns im Herzen der öſterreichiſchen Reſidenz nachvi-<lb/> brirt. Niemand kann ſichs mehr verhehlen daß in der Nähe von Peſth<lb/> eine Hauptſchlacht zwiſchen der ganzen öſterreichiſchen Armee und der<lb/> Hauptmacht der Magyaren ſich vorbereitet. Daß ſo gewaltige Heeres-<lb/> maſſen nicht lange unthätig einander gegenüberſtehen können, liegt auf<lb/> der Hand. Die Magyaren aber ſtachelt, abgeſehen von der leidenſchaft-<lb/> lichen Gluth die ihrer Nationalität innewohnt, wohl auch noch das<lb/> Hauptmotiv zum ſchnellen Angriff: daß ſie der kaiſerlichen Armee nicht<lb/> Zeit gönnen möchten die Verſtärkung, die von verſchiedenen Seiten ihr<lb/> zuſtrömt, an ſich zu ziehen.“</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="4"> <dateline><hi rendition="#b">Wien,</hi> 10 April.</dateline><lb/> <p>Von der <hi rendition="#g">untern Donau</hi> erfährt man daß die<lb/> Magyaren auf mehreren Punkten der Bacska vorgedrungen ſind. Per-<lb/> czel und Batthyany gelang es ſich mit Truppen in die Feſtung Peterwar-<lb/> dein zu werfen. Die Beſatzung machte, um dieſes zu erleichtern, am<lb/> 29 März einen Ausfall, der auch gelang. Sogleich nach der Ankunft<lb/> Perczels und Batthyany’s in der Feſtung wurde allen Kaiſerlichgeſinnten<lb/> freier Abzug geſtattet. In Folge deſſen haben Frauen und Kinder in lan-<lb/> gen Wagenreihen Peterwardein verlaſſen, ebenſo wie das ganze General-<lb/> commandoperſonal mit Feldmarſchall-Lieutenant Blageovic und Feldmar-<lb/> ſchall-Lieutenant Zahn ſammt den penſionirten Officieren. Eſſegg iſt ihr<lb/> Ziel. Cuba iſt Feſtungscommandant geblieben. — Von Zombor hat ſich<lb/> die ſerbiſche Beſatzung zurückgezogen. In Folge davon wandern Schaaren<lb/> von Bewohnern der Bacska mit Weibern, Kindern und wenigen Habſe-<lb/> ligkeiten nach Syrmien. Auch die ſerbiſchen Truppen ſuchen in das Banat<lb/> oder nach Srbobran zu kommen, wo ſie Stand halten zu können hoffen.<lb/> Feldzeugmeiſter Nugent ſoll ſich augenblicklich, als er von dem Preisgeben<lb/> Zombors erfuhr, von Valha nach Szegedin begeben haben, um Zombor<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1592/0004]
die Kammer wolle die Dringlichkeit des Antrags nicht anerkennen. Der
Antragſteller Kuh ſpricht für, das Commiſſionsmitglied Goltdammer
gegen die Dringlichkeit. Kuh erinnert an die Octroyirung der preußiſchen
Verfaſſung, und daß dem Volk hier nur eine Reviſion verſtattet wor-
den ſey; dann ſagt er: „Wenn die Fürſten eine Verfaſſung octroyiren,
dann ſoll der beſchränkte Unterthanenverſtand nicht nach dem Rechtsgrund
ſuchen; wenn aber das Volk in der Noth der Umſtände eine Verfaſſung octroy-
irt, dann ſoll noch jeder einzelne Fürſt für ſich nach dem Rechtsgrund ſuchen
und ſeinen Theil zu den 37 Einwendungen beibringen dürfen!“ Der übrige
Theil ſeiner Rede iſt von geringer Bedeutung und macht auch wenig Ein-
druck. Goltdammer erklärt ſich für das erbliche Kaiſerthum. Er iſt aber
der Anſicht daß Preußen, wenn es die Frankfurter Beſchlüſſe allein aner-
kenne, möglicherweiſe das Schwert würde ziehen müſſen, und zwar nicht
gegen das Ausland, ſondern gegen deutſche Staaten. Könne man dem
König ſchon darum nicht zu unbedingter Annahme der Kaiſerkrone rathen,
ſo komme noch hinzu daß Preußen im Verhältuiß zu Württemberg, Sach-
ſen, Bayern nur eine geringe Stimmzahl im Staatenhaus behalte, und
daß der Kaiſer im Volkshauſe auf Oppoſition verſchiedener Art ſtoßen
würde. Diejenigen welche die deutſche Republik wollten, hätten ſehr wohl
gethan die Krone auf Grund dieſer Verfaſſung anzutragen! (Beifall rechts,
Murren und Ziſchen auf der Linken.) Der Redner richtet zuletzt indirect an
die Miniſter die Frage: welche Schritte ſie gethan um in Eintracht mit den
übrigen Staaten und der Nationalverſammlung das erwünſchte Ziel her-
beizuführen? Der Miniſterpräſident erhebt ſich und ſpricht: „Die
Inſtructionen für Frankfurt werden in dieſem Augenblick ausgearbeitet;
der Bevollmächtigte für Frankfurt iſt bereits durch eine telegraphiſche De-
peſche hierher berufen und wird heute wieder abreiſen. Sein Stellvertre-
ter iſt bereits vorläuſig mit Inſtructionen über die nothwendigſten Schritte
verſehen. Uebrigens iſt es die Abſicht der Regierung daß die Ungewißheit
über die Neugeſtaltung Deutſchlands ein ſchnelles Ende erreiche.“ (Bravo
auf der Rechten.) Die Dringlichkeit des Antrags wird verworfen mit 75
gegen 38 Stimmen. Die Miniſter waren in der heutigen Sitzung alle
anweſend, unter ihnen auch der neue Juſtizminiſter Simons.
Schleswig-Holſtein.
Altona, 10 April.
Die neueſten Nachrichten
aus Flensburg ſind vom 9, aus Apenrade und Hadersleben gleichfalls vom 9.
Im Sundewittſchen iſt der erſte Oſtertag ohne Gefecht vorübergegangen. Die
Dänen haben ſich nach den Düppeler Schanzen zurückgezogen. Bei Eveſtedt
(nördlich von Hadersleben) fand am 8 Nachmittags ein kleines Gefecht ſtatt,
bei dem die Dänen 2 Todte, 1 Verwundeten und 2 Gefangene verloren,
und ſich zurückzogen. Sie werden eiſrig verfolgt.
* Hamburg, 9 April.
Das Glück, welches der deutſchen Sache
auf der Oſtſee ſo günſtig war, lächelte ihr auch auf der Nordſee, obgleich
auf derſelben unſere Börſe durch die Bekanntmachung des preußiſchen und
des hanſiſchen Generalconſuls in London, als ſey der Waſſenſtillſtand
bis zum 15 d. verlängert, von großen Verluſten bedroht war. Ob dieſe
Herren ihre Inſtruction von Hrn. Bunſen erhielten und dieſer, Gott weiß
durch wen, myſtificirt wurde, mag dahin geſtellt ſeyn. Genug, die mei-
ſten unſerer Schiffscapitäne, welche zur Zeit in brittiſchen Häfen des Ca-
nals Verhaltungsbefehle holten, fanden ſich durch die Mittheilungen der
Biceconſuln veranlaßt ſogleich nach Hauſe zu ſegeln. Dieſes beweist die
Ankunft in Curhaven von 16 hieſigen Schiffen ſeit dem 5 d. aus Oſt- und
Weſtindien, Nord- und Südamerika, Afrika und dem mittelländiſchen
Meer mit reichen Ladungen, ſowie mehrerer kleineren aus näher gelege-
nen Häfen welche ſämmtlich glücklich ankamen, ohne wie es ſcheint von
den däniſchen Kriegsſchiffen bemerkt zu werden, von welchen, wie aus einer
heute von Cuxhaven eingegangenen telegraphiſchen Depeſchen hervorgeht,
4 bei Helgoland kreuzten und geſtern auf einen Schooner Jagd machten.
Oeſterreich.
A Wien, 10 April.
Der ruſſiſchen Regierung ver-
danken wir nicht nur die Hülfe in Siebenbürgen, wir verdanken ihr auch
den erſten officiellen Bericht über die letzten traurigen Vorgänge daſelbſt.
Aus dem Petersburger Journal „der Invalide“ bringen unſre Zeitungen
heute denſelben, und wir entnehmen daraus die intereſſante Thatſache daß
für den Augenblick der nächſte Weg aus Siebenbürgen nach Wien über
St. Petersburg führt. Leider entbehren wir noch immer aller directen
Nachrichten aus dem Innern dieſes unglücklichen Landes. Eine befreun-
dete Familie ſchrieb mir ſchon vor 18 Tagen aus einem Gränzorte daß ſie
glücklich dem Hermannſtädter Blutbad entronnen, und auf der Reiſe hie-
her begriffen ſey; ſeitdem höre ich nichts, und es gibt das einen Maßſtab
für die Sicherheit in den untern Donaugegenden. Ich will die ſich kreu-
zenden Gerüchte nicht wiederholen, faſſen wir uns in Geduld, die Zeit
lüftet ſo manchen Schleier, ſie wird auch den heben der über dem namen-
loſen Elende eines der edelſten deutſchen Stämme liegt! Wir werden doch
einſt hören wie viel Schuldbewußtſeyn dazu gehört, und von wem, daß ſo
Ungeheures über ein Volk hereinbrechen konnte, wir werden ſogar berech-
nen können wieviele Dekaden dazu gehören ein decimirtes Volk zu er-
neuern, und eine Wüſte wieder in den Garten zu verwandeln welcher der
Sachſenboden war! — Geſtern fand in einer Borſtadt-Kneipe eine Schlä-
gerei zwiſchen Civil und Militär ſtatt, welche ſich aus der Stube auf die
Gaſſe verpflanzte, und wobei es auch blutige Köpfe gab. Derlei fällt zu
aller Zeit vor, und ich erwähne deſſen nur falls Ihnen von weiß der Himmel
was für einem Krawall geſchrieben werden ſollte. Die Veranlaſſung zu dem
Handel gaben, dem Vernehmen nach, einige Aeußerungen von Civiliſten
über die Operationen in Ungarn, die ebenſowenig ſchmeichelhaft als den
bei uns herrſchenden Ausnahmszuſtänden entſprechend waren.
Wien, 9 April.
Die Wiener Preſſe vom 10 April ſagt über
den trüben Stand der Dinge in Ungarn: „Die Ungewißheit in welcher
ſich das Publicum über den Ausgang der Schlacht bei Hatvan befindet,
trägt vieles zur Verbreitung der beunruhigendſten Gerüchte bei. *) Man
fühlt daß bei der Wendung die die deutſche Sache genommen, mit der
ſchnellen Beendigung des ungariſchen Feldzuges das Wohl und Wehe des
ganzen Staates enge verknüpft iſt. Man ſieht mit Freuden daß das Mi-
niſterium endlich mit einiger Energie die Verſtärkung der ungariſchen
Armee zu betreiben anfängt. Jedermann ſieht aber auch ein daß ſelbſt
die tapferſte und vollzähligſte Armee einer glücklichen Führung bedarf um
dieſer Kraftentwickelung würdige Erfolge zu erringen. Es iſt daher nicht
zu verwundern daß die Nachricht, Feldzeugmeiſter Baron Welden werde
das Obercommando der ungariſchen Armee übernehmen und durch Feld-
marſchalllieutenant Wohlgemuth hier erſetzt werden, immer allgemeineren
Glauben findet. Wir können leider den allgemeinen Glauben nicht thei-
len. Der tapfere General den die öffentliche Stimme ſo energiſch als den
geeignetſten bezeichnet den traurigen Bürgerkrieg ſchnell und glücklich be-
endigen zu können, würde bei der Dringlichkeit der Umſtände gewiß keinen
Augenblick verſäumt haben dieſe mit eben ſo viel Ehre als großer Verant-
wortlichkeit verknüpfte Miſſion anzutreten, wenn ſie ihm auf eine Art an-
geboten worden wäre welche ihn hoffen ließe ſeine Pläne mit der nöthigen
Unabhängigkeit durchführen zu können. Wir wiſſen recht wohl daß es
nicht ohne Gefahr iſt ſolche Gegenſtände zur Sprache zu bringen. Wir
betrachten es aber unter den gegenwärtigen Umſtänden als ein Ver-
brechen an unſerem Vaterlande länger zu ſchweigen, und beſchwören das
Miniſterium ſich durch keine wie immer geartete Rückſicht abhalten zu
laſſen das zu thun was für das Wohl des Landes als unerläßlich
erkannt wird.“
Die Oſt-Deutſche Poſt bemerkt: „Seit zwei Tagen iſt die Auf-
merkſamkeit unſerer Bevölkerung nur nach einem Punkte gerichtet, alle
übrigen äußern und innern Verhältniſſe verſchwimmen gegen die Span-
nung mit welcher man auf die Entwicklung der Ereigniſſe in der Nähe
von Budapeſth hinblickt. Wien und Peſth ſind durch ſo viele materielle
und Familienverhältniſſe mit einander verbunden, daß jedes Ereigniß in
der Hauptſtadt Ungarns im Herzen der öſterreichiſchen Reſidenz nachvi-
brirt. Niemand kann ſichs mehr verhehlen daß in der Nähe von Peſth
eine Hauptſchlacht zwiſchen der ganzen öſterreichiſchen Armee und der
Hauptmacht der Magyaren ſich vorbereitet. Daß ſo gewaltige Heeres-
maſſen nicht lange unthätig einander gegenüberſtehen können, liegt auf
der Hand. Die Magyaren aber ſtachelt, abgeſehen von der leidenſchaft-
lichen Gluth die ihrer Nationalität innewohnt, wohl auch noch das
Hauptmotiv zum ſchnellen Angriff: daß ſie der kaiſerlichen Armee nicht
Zeit gönnen möchten die Verſtärkung, die von verſchiedenen Seiten ihr
zuſtrömt, an ſich zu ziehen.“
Wien, 10 April.
Von der untern Donau erfährt man daß die
Magyaren auf mehreren Punkten der Bacska vorgedrungen ſind. Per-
czel und Batthyany gelang es ſich mit Truppen in die Feſtung Peterwar-
dein zu werfen. Die Beſatzung machte, um dieſes zu erleichtern, am
29 März einen Ausfall, der auch gelang. Sogleich nach der Ankunft
Perczels und Batthyany’s in der Feſtung wurde allen Kaiſerlichgeſinnten
freier Abzug geſtattet. In Folge deſſen haben Frauen und Kinder in lan-
gen Wagenreihen Peterwardein verlaſſen, ebenſo wie das ganze General-
commandoperſonal mit Feldmarſchall-Lieutenant Blageovic und Feldmar-
ſchall-Lieutenant Zahn ſammt den penſionirten Officieren. Eſſegg iſt ihr
Ziel. Cuba iſt Feſtungscommandant geblieben. — Von Zombor hat ſich
die ſerbiſche Beſatzung zurückgezogen. In Folge davon wandern Schaaren
von Bewohnern der Bacska mit Weibern, Kindern und wenigen Habſe-
ligkeiten nach Syrmien. Auch die ſerbiſchen Truppen ſuchen in das Banat
oder nach Srbobran zu kommen, wo ſie Stand halten zu können hoffen.
Feldzeugmeiſter Nugent ſoll ſich augenblicklich, als er von dem Preisgeben
Zombors erfuhr, von Valha nach Szegedin begeben haben, um Zombor
*) Das ſoeben erſchienene 34 Armee-Bülletin ſcheint uns nicht geeignet die
herrſchenden Beſorgniſſe gänzlich zu zerſtreuen. (Anm. d. Red. d. Preſſe.)
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(2022-09-16T12:00:00Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Weitere Informationen:Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert. Tabellen und Anzeigen wurden dabei textlich nicht erfasst und sind lediglich strukturell ausgewiesen.
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