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Allgemeine Zeitung, Nr. 6, 6. Januar 1830.

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[Spaltenumbruch] und die Landschaften dazwischen, und machten, gegen Deposition
der Waare, Vorschüsse. Viele Wollhändler waren damit freilich
nicht zufrieden, und hielten dis für einen Eingrif in den freien
Handelsverkehr. Die aber ihre Ansichten mehr auf das Allgemeine
richteten, fanden doch, daß durch die Verhinderung der gänzlichen
Entwürdigung der Waare ihnen selbst und dem Bestehen ihres
Handels aufs Wesentlichste genüzt ward.

(Beschluß folgt.)



Zeitungen in der Levante.
(Aus der preußischen Staatszeitung.)

In der Levante erschienen im Jahre 1829 folgende Zeitun-
gen: 1) Courrier d'Orient.
Journal politique, commerciel
et litteraire. Es wird davon wöchentlich ein Bogen in klein Folio
ausgegeben. Oberst Raybaud, ein geborner Franzose, der früher
in griechischen Diensten stand, und in den ersten Zeiten des Auf-
standes an manchen Begebenheiten Theil nahm, ist Redakteur
dieser Zeitschrift. Die erste Nummer wurde am 6 Dec. 1828 zu
Patras publizirt; seitdem hat Raybaud nach einer Unterbrechung
der Zeitung von vielen Wochen (Anfangs 1829) die Redaktion
nach Aegina verlegt, wo damals der Siz des Gouvernements war.
Da der Courrier d'Orient des Schuzes des Präsidenten sich zu er-
freuen hat, so wird Hr. Raybaud wahrscheinlich bei Verlegung
des Sizes der Regierung nach Napoli di Romania mit seiner
Presse und seinem Drukerpersonale gleichfalls dorthin gehen. Die
Zeitung hat keinen besondern Werth für Europa, was theils in den
lokalen Schwierigkeiten seinen Grund haben mag, theils in dem
Talente des Redakteurs, der übrigens ein achtungswerther Mann
ist, und unter allen politischen und militairischen Stürmen in
Griechenland einen ehrenhaften Charakter zu behaupten gewußt hat.
Raybauds Werk: Memoires sur la Grece. Paris 1825. 2 Th. 8.
gehört zu den bessern über Griechenland. Es ist mit Bescheiden-
heit geschrieben, und hält sich ziemlich in der Mitte zwischen zu
großem Lobe und zu übertriebenem Tadel. Besonders weitläufig
findet man darin abgehandelt die Belagerung oder vielmehr Aus-
hungerung von Tripoliza. Bublina, die bereits gestorben, Kolo-
kotroni, der jezt zurükgezogen in seiner Heimath zu Karitena in
Arkadien lebt, und Mavromichali aus Maina, zur Zeit Probulos
der Sektion des Krieges im Panhellenium, werden darin in ih-
rem wahren Lichte geschildert. Zur Theilnahme an kriegerischen
Unternehmungen hat Raybaud nicht oft Gelegenheit gehabt. Seine
Memoiren bilden einen grellen Kontrast mit denen von Vautier,
die voll der lächerlichsten und abgeschmaktesten Unwahrheiten sind,
und nicht das geringste Zutrauen verdienen. Der Courrier d'O-
rient erscheint in französischer Sprache, und kostet jährlich für Grie-
chenland 40 französische Franken, für die jonischen Inseln und
Europa 50 Franken. Die Abeille grecque, welche früher
ebenfalls in französischer Sprache zu Aegina und in den ersten
Jahren des griechischen Kampfes, so viel bekannt, auf der
Insel Hydra erschien, hat bald nach Publikation des Courrier
d'Orient aufgehört. 2) Eine zweite Zeitung, unter dem Ti-
tel: der Allgemeinen, kommt in neu-griechischer Sprache zu
Aegina heraus. Sie wird von einem Griechen redigirt, und ist
gewissermaaßen das Blatt des Gouvernements; alle Geseze und
Verordnungen sieht man wenigstens zuerst in derselben gedrukt.
3) Eine dritte periodische Zeitschrift, welche in der Levante er-
scheint, ist der bekannte Courrier de Smyrne. Es ist eine
[Spaltenumbruch] hebdomadaire, welche alle Sonntage in jener Haupthandelsstadt
Kleinasiens ausgegeben wird. Der Redakteur Blacque, ein fran-
zösischer Advokat, Vater einer großen Familie, hat die Talente
und Kenntnisse, welche zu einem solchen Unternehmen nöthig
sind. Nur Schade, daß es ihm an zwei andern Haupteigenschaf-
ten, an gutem Willen und Wahrheitsliebe, durchaus fehlt. Da
er die türkische Sache vertheidigt, so versteht es sich von selbst,
daß er die Griechische mit allen ihm zu Gebote stehenden Waffen
angreift. Hr. Blacque läßt es indessen nicht bei Heruntersezung
der Sache bewenden, sondern geht auch auf die Personen über,
von denen er nicht selten Fakta erzählt, die jeder Unterrichtete
als ganz oder theilweise entstellt, ja bisweilen als rein erdichtet
erkennt. So hat er den Präsidenten Grafen Johann Capodistrias,
dessen Bruder Viaro, Civilgouverneur des Bezirks West-Schoronte,
den Obrist v. Heidegger und andere auf eine Art beurtheilt und
getadelt, die klar den unsaubern Grund sehen ließen, aus
dem er schöpfte. Bei allem diesem kan man nicht läugnen, daß
der Courrier de Smyrne mitunter Aufsäze und Bemerkungen über
die orientalische Frage enthält, die mit Schärfe des Verstandes
und mit Kenntniß des Gegenstandes und der Verhältnisse ab-
gefaßt, manches Interessante zur Sprache bringen. In dem
Geiste, wie Hr. Blacque, arbeiten auch seine Korrespondenten,
obgleich sie jenem an Talent nachstehen. Ein ehemaliger italienischer
Advokat, Namens Canella, gebürtig aus der Lombardei und seit ein
paar Jahren in der Levante, zur Zeit in Syra wohnhaft, gehört zu
den Hauptmitarbeitern des Courrier de Smyrne. Sein Ruf cha-
rakterisirt ihn hinlänglich, so wie seine Sprache seine Un-
vollkommenheit beurkundet. Er ist im eigentlichen Verstande des
Worts ein Glüksritter der Levante, und wer da weiß was das sa-
gen will, kan sich denken, wie und was er ist. Alle Avanturiers
von Europa wählen bekanntlich Konstantinopel und die östliche
Küstenstadt des mittelländischen Meeres zum lezten Schauplaz
ihrer Thaten, und wehe dem Schlachtopfer, das ihnen dort in
die Hände fällt. Ein anderer Hauptkorrespondent hat seinen
Wohnsiz in Napoli di Romania. Er berichtet über das größten-
theils dort garnisonirende regelmäßige griechische Korps, und rei-
het sich in Gesinnung und That Hrn. Blacque und Canella an.
Der Courrier de Smyrne wird auf groß Folio in drei Kolum-
nen gedrukt; Druk und Papier, die früher schlecht waren, sind
seit einiger Zeit besser. Er kostet jährlich für die Beamten 8 spa-
nische Piaster, circa 11 preußische Thaler, der Bogen demnach
61/2 Silbergroschen; für Wien 24 fl. Bis Anfangs 1828 er-
schien diese Zeitung unter dem Titel: Spectateur oriental. Da-
mals wurde sie auf Betrieb französischer Behörden, wegen Un-
wahrheiten und Verunglimpfungen französischer Staatsdiener, un-
terdrükt. Jezt, nachdem dieses Blatt unter einem neuen Titel
wieder aufgelebt ist, hat dasselbe seinen Ton gegen Frankreich geän-
dert. -- Diese drei Zeitungen sind die einzigen, welche in der
Levante im Jahre 1829 gedrukt wurden. Konstantinopels Auf-
klärung, und die des ganzen übrigen türkischen Reichs, haben es,
bei allem Fortschreiten in der europälschen Kultur, wie manche
zu behaupten sich erlauben, noch nicht bis zu einer Zeitung ge-
bracht. Dieses wird auch wohl noch einige Zeit dauern, denn dort
wie in andern dunkeln Ländern gilt vorherrschend die Ansicht, daß
Zeitungen, weil sie die Augen heller sehen machen, durchaus un-
terdrükt werden müssen. -- Der Courrier de Smyrne wird übri-
gens, wie sich von selbst versteht, von Türken nicht gelesen, son-

[Spaltenumbruch] und die Landſchaften dazwiſchen, und machten, gegen Depoſition
der Waare, Vorſchüſſe. Viele Wollhändler waren damit freilich
nicht zufrieden, und hielten dis für einen Eingrif in den freien
Handelsverkehr. Die aber ihre Anſichten mehr auf das Allgemeine
richteten, fanden doch, daß durch die Verhinderung der gänzlichen
Entwürdigung der Waare ihnen ſelbſt und dem Beſtehen ihres
Handels aufs Weſentlichſte genüzt ward.

(Beſchluß folgt.)



Zeitungen in der Levante.
(Aus der preußiſchen Staatszeitung.)

In der Levante erſchienen im Jahre 1829 folgende Zeitun-
gen: 1) Courrier d’Orient.
Journal politique, commerciel
et litteraire. Es wird davon wöchentlich ein Bogen in klein Folio
ausgegeben. Oberſt Raybaud, ein geborner Franzoſe, der früher
in griechiſchen Dienſten ſtand, und in den erſten Zeiten des Auf-
ſtandes an manchen Begebenheiten Theil nahm, iſt Redakteur
dieſer Zeitſchrift. Die erſte Nummer wurde am 6 Dec. 1828 zu
Patras publizirt; ſeitdem hat Raybaud nach einer Unterbrechung
der Zeitung von vielen Wochen (Anfangs 1829) die Redaktion
nach Aegina verlegt, wo damals der Siz des Gouvernements war.
Da der Courrier d’Orient des Schuzes des Präſidenten ſich zu er-
freuen hat, ſo wird Hr. Raybaud wahrſcheinlich bei Verlegung
des Sizes der Regierung nach Napoli di Romania mit ſeiner
Preſſe und ſeinem Drukerperſonale gleichfalls dorthin gehen. Die
Zeitung hat keinen beſondern Werth für Europa, was theils in den
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Talente des Redakteurs, der übrigens ein achtungswerther Mann
iſt, und unter allen politiſchen und militairiſchen Stürmen in
Griechenland einen ehrenhaften Charakter zu behaupten gewußt hat.
Raybauds Werk: Mémoires sur la Grèce. Paris 1825. 2 Th. 8.
gehört zu den beſſern über Griechenland. Es iſt mit Beſcheiden-
heit geſchrieben, und hält ſich ziemlich in der Mitte zwiſchen zu
großem Lobe und zu übertriebenem Tadel. Beſonders weitläufig
findet man darin abgehandelt die Belagerung oder vielmehr Aus-
hungerung von Tripoliza. Bublina, die bereits geſtorben, Kolo-
kotroni, der jezt zurükgezogen in ſeiner Heimath zu Karitena in
Arkadien lebt, und Mavromichali aus Maina, zur Zeit Probulos
der Sektion des Krieges im Panhellenium, werden darin in ih-
rem wahren Lichte geſchildert. Zur Theilnahme an kriegeriſchen
Unternehmungen hat Raybaud nicht oft Gelegenheit gehabt. Seine
Memoiren bilden einen grellen Kontraſt mit denen von Vautier,
die voll der lächerlichſten und abgeſchmakteſten Unwahrheiten ſind,
und nicht das geringſte Zutrauen verdienen. Der Courrier d’O-
rient erſcheint in franzöſiſcher Sprache, und koſtet jährlich für Grie-
chenland 40 franzöſiſche Franken, für die joniſchen Inſeln und
Europa 50 Franken. Die Abeille grecque, welche früher
ebenfalls in franzöſiſcher Sprache zu Aegina und in den erſten
Jahren des griechiſchen Kampfes, ſo viel bekannt, auf der
Inſel Hydra erſchien, hat bald nach Publikation des Courrier
d’Orient aufgehört. 2) Eine zweite Zeitung, unter dem Ti-
tel: der Allgemeinen, kommt in neu-griechiſcher Sprache zu
Aegina heraus. Sie wird von einem Griechen redigirt, und iſt
gewiſſermaaßen das Blatt des Gouvernements; alle Geſeze und
Verordnungen ſieht man wenigſtens zuerſt in derſelben gedrukt.
3) Eine dritte periodiſche Zeitſchrift, welche in der Levante er-
ſcheint, iſt der bekannte Courrier de Smyrne. Es iſt eine
[Spaltenumbruch] hebdomadaire, welche alle Sonntage in jener Haupthandelsſtadt
Kleinaſiens ausgegeben wird. Der Redakteur Blacque, ein fran-
zöſiſcher Advokat, Vater einer großen Familie, hat die Talente
und Kenntniſſe, welche zu einem ſolchen Unternehmen nöthig
ſind. Nur Schade, daß es ihm an zwei andern Haupteigenſchaf-
ten, an gutem Willen und Wahrheitsliebe, durchaus fehlt. Da
er die türkiſche Sache vertheidigt, ſo verſteht es ſich von ſelbſt,
daß er die Griechiſche mit allen ihm zu Gebote ſtehenden Waffen
angreift. Hr. Blacque läßt es indeſſen nicht bei Herunterſezung
der Sache bewenden, ſondern geht auch auf die Perſonen über,
von denen er nicht ſelten Fakta erzählt, die jeder Unterrichtete
als ganz oder theilweiſe entſtellt, ja bisweilen als rein erdichtet
erkennt. So hat er den Präſidenten Grafen Johann Capodiſtrias,
deſſen Bruder Viaro, Civilgouverneur des Bezirks Weſt-Schoronte,
den Obriſt v. Heidegger und andere auf eine Art beurtheilt und
getadelt, die klar den unſaubern Grund ſehen ließen, aus
dem er ſchöpfte. Bei allem dieſem kan man nicht läugnen, daß
der Courrier de Smyrne mitunter Aufſäze und Bemerkungen über
die orientaliſche Frage enthält, die mit Schärfe des Verſtandes
und mit Kenntniß des Gegenſtandes und der Verhältniſſe ab-
gefaßt, manches Intereſſante zur Sprache bringen. In dem
Geiſte, wie Hr. Blacque, arbeiten auch ſeine Korreſpondenten,
obgleich ſie jenem an Talent nachſtehen. Ein ehemaliger italieniſcher
Advokat, Namens Canella, gebürtig aus der Lombardei und ſeit ein
paar Jahren in der Levante, zur Zeit in Syra wohnhaft, gehört zu
den Hauptmitarbeitern des Courrier de Smyrne. Sein Ruf cha-
rakteriſirt ihn hinlänglich, ſo wie ſeine Sprache ſeine Un-
vollkommenheit beurkundet. Er iſt im eigentlichen Verſtande des
Worts ein Glüksritter der Levante, und wer da weiß was das ſa-
gen will, kan ſich denken, wie und was er iſt. Alle Avanturiers
von Europa wählen bekanntlich Konſtantinopel und die öſtliche
Küſtenſtadt des mittelländiſchen Meeres zum lezten Schauplaz
ihrer Thaten, und wehe dem Schlachtopfer, das ihnen dort in
die Hände fällt. Ein anderer Hauptkorreſpondent hat ſeinen
Wohnſiz in Napoli di Romania. Er berichtet über das größten-
theils dort garniſonirende regelmäßige griechiſche Korps, und rei-
het ſich in Geſinnung und That Hrn. Blacque und Canella an.
Der Courrier de Smyrne wird auf groß Folio in drei Kolum-
nen gedrukt; Druk und Papier, die früher ſchlecht waren, ſind
ſeit einiger Zeit beſſer. Er koſtet jährlich für die Beamten 8 ſpa-
niſche Piaſter, circa 11 preußiſche Thaler, der Bogen demnach
6½ Silbergroſchen; für Wien 24 fl. Bis Anfangs 1828 er-
ſchien dieſe Zeitung unter dem Titel: Spectateur oriental. Da-
mals wurde ſie auf Betrieb franzöſiſcher Behörden, wegen Un-
wahrheiten und Verunglimpfungen franzöſiſcher Staatsdiener, un-
terdrükt. Jezt, nachdem dieſes Blatt unter einem neuen Titel
wieder aufgelebt iſt, hat daſſelbe ſeinen Ton gegen Frankreich geän-
dert. — Dieſe drei Zeitungen ſind die einzigen, welche in der
Levante im Jahre 1829 gedrukt wurden. Konſtantinopels Auf-
klärung, und die des ganzen übrigen türkiſchen Reichs, haben es,
bei allem Fortſchreiten in der europälſchen Kultur, wie manche
zu behaupten ſich erlauben, noch nicht bis zu einer Zeitung ge-
bracht. Dieſes wird auch wohl noch einige Zeit dauern, denn dort
wie in andern dunkeln Ländern gilt vorherrſchend die Anſicht, daß
Zeitungen, weil ſie die Augen heller ſehen machen, durchaus un-
terdrükt werden müſſen. — Der Courrier de Smyrne wird übri-
gens, wie ſich von ſelbſt verſteht, von Türken nicht geleſen, ſon-

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[22/0006] und die Landſchaften dazwiſchen, und machten, gegen Depoſition der Waare, Vorſchüſſe. Viele Wollhändler waren damit freilich nicht zufrieden, und hielten dis für einen Eingrif in den freien Handelsverkehr. Die aber ihre Anſichten mehr auf das Allgemeine richteten, fanden doch, daß durch die Verhinderung der gänzlichen Entwürdigung der Waare ihnen ſelbſt und dem Beſtehen ihres Handels aufs Weſentlichſte genüzt ward. (Beſchluß folgt.) Zeitungen in der Levante. (Aus der preußiſchen Staatszeitung.) In der Levante erſchienen im Jahre 1829 folgende Zeitun- gen: 1) Courrier d’Orient. Journal politique, commerciel et litteraire. Es wird davon wöchentlich ein Bogen in klein Folio ausgegeben. Oberſt Raybaud, ein geborner Franzoſe, der früher in griechiſchen Dienſten ſtand, und in den erſten Zeiten des Auf- ſtandes an manchen Begebenheiten Theil nahm, iſt Redakteur dieſer Zeitſchrift. Die erſte Nummer wurde am 6 Dec. 1828 zu Patras publizirt; ſeitdem hat Raybaud nach einer Unterbrechung der Zeitung von vielen Wochen (Anfangs 1829) die Redaktion nach Aegina verlegt, wo damals der Siz des Gouvernements war. Da der Courrier d’Orient des Schuzes des Präſidenten ſich zu er- freuen hat, ſo wird Hr. Raybaud wahrſcheinlich bei Verlegung des Sizes der Regierung nach Napoli di Romania mit ſeiner Preſſe und ſeinem Drukerperſonale gleichfalls dorthin gehen. Die Zeitung hat keinen beſondern Werth für Europa, was theils in den lokalen Schwierigkeiten ſeinen Grund haben mag, theils in dem Talente des Redakteurs, der übrigens ein achtungswerther Mann iſt, und unter allen politiſchen und militairiſchen Stürmen in Griechenland einen ehrenhaften Charakter zu behaupten gewußt hat. Raybauds Werk: Mémoires sur la Grèce. Paris 1825. 2 Th. 8. gehört zu den beſſern über Griechenland. Es iſt mit Beſcheiden- heit geſchrieben, und hält ſich ziemlich in der Mitte zwiſchen zu großem Lobe und zu übertriebenem Tadel. Beſonders weitläufig findet man darin abgehandelt die Belagerung oder vielmehr Aus- hungerung von Tripoliza. Bublina, die bereits geſtorben, Kolo- kotroni, der jezt zurükgezogen in ſeiner Heimath zu Karitena in Arkadien lebt, und Mavromichali aus Maina, zur Zeit Probulos der Sektion des Krieges im Panhellenium, werden darin in ih- rem wahren Lichte geſchildert. Zur Theilnahme an kriegeriſchen Unternehmungen hat Raybaud nicht oft Gelegenheit gehabt. Seine Memoiren bilden einen grellen Kontraſt mit denen von Vautier, die voll der lächerlichſten und abgeſchmakteſten Unwahrheiten ſind, und nicht das geringſte Zutrauen verdienen. Der Courrier d’O- rient erſcheint in franzöſiſcher Sprache, und koſtet jährlich für Grie- chenland 40 franzöſiſche Franken, für die joniſchen Inſeln und Europa 50 Franken. Die Abeille grecque, welche früher ebenfalls in franzöſiſcher Sprache zu Aegina und in den erſten Jahren des griechiſchen Kampfes, ſo viel bekannt, auf der Inſel Hydra erſchien, hat bald nach Publikation des Courrier d’Orient aufgehört. 2) Eine zweite Zeitung, unter dem Ti- tel: der Allgemeinen, kommt in neu-griechiſcher Sprache zu Aegina heraus. Sie wird von einem Griechen redigirt, und iſt gewiſſermaaßen das Blatt des Gouvernements; alle Geſeze und Verordnungen ſieht man wenigſtens zuerſt in derſelben gedrukt. 3) Eine dritte periodiſche Zeitſchrift, welche in der Levante er- ſcheint, iſt der bekannte Courrier de Smyrne. Es iſt eine hebdomadaire, welche alle Sonntage in jener Haupthandelsſtadt Kleinaſiens ausgegeben wird. Der Redakteur Blacque, ein fran- zöſiſcher Advokat, Vater einer großen Familie, hat die Talente und Kenntniſſe, welche zu einem ſolchen Unternehmen nöthig ſind. Nur Schade, daß es ihm an zwei andern Haupteigenſchaf- ten, an gutem Willen und Wahrheitsliebe, durchaus fehlt. Da er die türkiſche Sache vertheidigt, ſo verſteht es ſich von ſelbſt, daß er die Griechiſche mit allen ihm zu Gebote ſtehenden Waffen angreift. Hr. Blacque läßt es indeſſen nicht bei Herunterſezung der Sache bewenden, ſondern geht auch auf die Perſonen über, von denen er nicht ſelten Fakta erzählt, die jeder Unterrichtete als ganz oder theilweiſe entſtellt, ja bisweilen als rein erdichtet erkennt. So hat er den Präſidenten Grafen Johann Capodiſtrias, deſſen Bruder Viaro, Civilgouverneur des Bezirks Weſt-Schoronte, den Obriſt v. Heidegger und andere auf eine Art beurtheilt und getadelt, die klar den unſaubern Grund ſehen ließen, aus dem er ſchöpfte. Bei allem dieſem kan man nicht läugnen, daß der Courrier de Smyrne mitunter Aufſäze und Bemerkungen über die orientaliſche Frage enthält, die mit Schärfe des Verſtandes und mit Kenntniß des Gegenſtandes und der Verhältniſſe ab- gefaßt, manches Intereſſante zur Sprache bringen. In dem Geiſte, wie Hr. Blacque, arbeiten auch ſeine Korreſpondenten, obgleich ſie jenem an Talent nachſtehen. Ein ehemaliger italieniſcher Advokat, Namens Canella, gebürtig aus der Lombardei und ſeit ein paar Jahren in der Levante, zur Zeit in Syra wohnhaft, gehört zu den Hauptmitarbeitern des Courrier de Smyrne. Sein Ruf cha- rakteriſirt ihn hinlänglich, ſo wie ſeine Sprache ſeine Un- vollkommenheit beurkundet. Er iſt im eigentlichen Verſtande des Worts ein Glüksritter der Levante, und wer da weiß was das ſa- gen will, kan ſich denken, wie und was er iſt. Alle Avanturiers von Europa wählen bekanntlich Konſtantinopel und die öſtliche Küſtenſtadt des mittelländiſchen Meeres zum lezten Schauplaz ihrer Thaten, und wehe dem Schlachtopfer, das ihnen dort in die Hände fällt. Ein anderer Hauptkorreſpondent hat ſeinen Wohnſiz in Napoli di Romania. Er berichtet über das größten- theils dort garniſonirende regelmäßige griechiſche Korps, und rei- het ſich in Geſinnung und That Hrn. Blacque und Canella an. Der Courrier de Smyrne wird auf groß Folio in drei Kolum- nen gedrukt; Druk und Papier, die früher ſchlecht waren, ſind ſeit einiger Zeit beſſer. Er koſtet jährlich für die Beamten 8 ſpa- niſche Piaſter, circa 11 preußiſche Thaler, der Bogen demnach 6½ Silbergroſchen; für Wien 24 fl. Bis Anfangs 1828 er- ſchien dieſe Zeitung unter dem Titel: Spectateur oriental. Da- mals wurde ſie auf Betrieb franzöſiſcher Behörden, wegen Un- wahrheiten und Verunglimpfungen franzöſiſcher Staatsdiener, un- terdrükt. Jezt, nachdem dieſes Blatt unter einem neuen Titel wieder aufgelebt iſt, hat daſſelbe ſeinen Ton gegen Frankreich geän- dert. — Dieſe drei Zeitungen ſind die einzigen, welche in der Levante im Jahre 1829 gedrukt wurden. Konſtantinopels Auf- klärung, und die des ganzen übrigen türkiſchen Reichs, haben es, bei allem Fortſchreiten in der europälſchen Kultur, wie manche zu behaupten ſich erlauben, noch nicht bis zu einer Zeitung ge- bracht. Dieſes wird auch wohl noch einige Zeit dauern, denn dort wie in andern dunkeln Ländern gilt vorherrſchend die Anſicht, daß Zeitungen, weil ſie die Augen heller ſehen machen, durchaus un- terdrükt werden müſſen. — Der Courrier de Smyrne wird übri- gens, wie ſich von ſelbſt verſteht, von Türken nicht geleſen, ſon-

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Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 6, 6. Januar 1830, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine06_1830/6>, abgerufen am 24.11.2024.