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Allgemeine Zeitung, Nr. 4, 4. Januar 1830.

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[Spaltenumbruch] und mit der angemessenen Behandlung der Sklaven, wird er
genöthigt seyn, einen Verwalter für die Besorgung seiner Be-
sizungen anzustellen, und sich ihm anzuvertrauen, was bei der
Schwierigkeit völlig zutrauenswerthe Personen zu finden, oft große
Nachtheile mit sich führt. Nehmen wir hingegen an, was am
wahrscheinlichsten der Fall ist, der Ankömmling finde kein jene
wünschbaren Eigenschaften vereinbarendes Besizthum zu kaufen.
Was soll er dann thun? Des Wartens und Zeitverlustes müde,
wird er sich entschließen, das erste so sich darbietet, zu erkaufen, in
der Hofnung, er möge durch Kenntnisse und durch Fleiß, was sei-
nem Besizthume mangelt, ersezen. Dis aber wäre, wir stehen
nicht an es auszusprechen, der sicherste Weg zum Verderben. Gleich
unzulässig würde es seyn, wenn er sich entschlösse, die Regierung
um Ueberlassung von Grundstüken anzusprechen. Die Schwierig-
keit bei Seite gelassen, daß es heutzutage schwer hält solche vefüg,
bare Ländereien zu finden, welche die erforderlichen Eigenschaften
haben für Unternehmungen, wie hier davon die Rede ist, wie soll
er seine Einrichtungen treffen? Es ist hier nicht wie in Europa,
wo mittelst Geld die Taglöhner leicht mögen erhalten werden, de-
ren man für nöthige Arbeiten bedarf; die Indolenz oder besser ge-
sagt die Trägheit der untern Volksklasse hier zu Land ist so groß,
daß man mit dem Geld in der Hand sie nicht zum Arbeiten brin-
gen kan. Fast ohne Bedürfniß der Kleidung und mit der schlech-
testen Nahrung vorlieb nehmend, können sie durch ein momentanes
Bedürfniß vielleicht zur Arbeit um Lohn angetrieben werden; aber
sobald dieses befriedigt ist, kommen sie nicht wieder, und darum
kan Niemand auf sie zählen. Der Europäer ist demnach genöthigt,
sich Sklaven zu verschaffen. Soll er da die neu von der afrikani-
schen Küste eingetroffenen kaufen? Allein diese verstehen die Spra-
che nicht, und wissen nicht anzugreifen, sie müssen Alles erst ler-
nen, man muß sie arbeiten lehren, und es vergeht mindestens ein
Jahr, ehe man nur etwas auf ihre Arbeit sich verlassen kan. Soll
er bereits unterrichtete Sklaven kaufen? Bei der Gewißheit, daß
der Sklavenhandel mit dem gegenwärtigen Jahre aufhört, wird,
auch abgesehen vom hohen Preise, Niemand, der gute Sklaven
hat, sie verkaufen, es geschähe denn um dringenden Bedarfs wil-
len; man findet also nur schlechte und verdorbene Sklaven zu kau-
fen; mit diesen aber wird man gewiß keine guten Einrichtungen
gründen. Nehmen wir jedoch vollends an, es sey dem Ankömm-
ling gelungen alle diese Schwierigkeiten zu besiegen; er sey im
Besize eines guten Grundstüks, und er habe das Glük gehabt sich
gute Sklaven kaufen zu können; wer soll ihm für die zu treffen-
den Einrichtungen Anleitung geben? Die Nachbarn etwa? Auf
diese darf er am wenigsten rechnen. Sie sind eifersüchtig, da sie
sehen, daß ihm Mittel zu Gebote stehen, und sie glauben allzeit,
er sey reicher als er in der That ist; so suchen sie ihn denn alle
nur irre zu führen, überall werden ihm heimlich Schlingen gelegt,
und er muß stets auf seiner Hut seyn. Bedarf er ihrer, so lassen
sie sich ihre Hülfe mit Gold aufwiegen; seine Arbeiten gehen nicht
vorwärts, und er mag sich glüklich schäzen, wenn er keine falschen
Vorkehrungen getroffen, keine unnüzen oder schädlichen Arbeiten
unternommen hat; denn bei landwirthschaftlichen Unternehmungen
kan ein im Anfange begangener Irrthum große Nachtheile herbei-
führen, die man erst wahrnimmt, wenn alle Hülfe zu spät kommt,
oder unverhältnißmäßige Kosten verursacht. In jedem Falle wird
er für seine eigene und für die Nahrung seiner Sklaven viel Geld
verwenden müssen, denn er kan gewiß seyn, daß achtzehn Monate
[Spaltenumbruch] vergehen, bevor er sie aus eigenen Erzeugnissen nähren kan; endlich
dann nach drei bis vier Jahren von Mühe, Sorgen und physischen
sowol als moralischen Plagen, findet er vielleicht, daß seine Mittel
erschöpft sind, und zu spät wird er einsehen lernen, daß für alle
gebrachten Opfer ihm nur ein schlechtes Besizthum zu Theil ge-
worden ist, worauf er kaum leben kan. Er wird dadurch entmu-
thigt, und leicht mögen sich nun auch Krankheiten einstellen, die
ihn vielleicht wegraffen. Nicht besser ginge es ihm, wenn er statt
als Eigenthümer zu arbeiten, als Morador sich auf einem ange-
messenen Grundstüke, für das er einen Pacht zahlen wollte, ein-
richten würde. Die nochmals große Schwierigkeit ungerechnet ein
solches Grundstük zu finden, da die besten bereits besezt sind, wie
soll er sich dabei benehmen? Wenn er es urbar und zum Anbau
fähig gemacht hat, wenn er die nothwendigen Gebäude zur Woh-
nung für sich und die Sklaven entweder hat aufführen lassen oder
dieselben selbst aufgeführt hat, so sieht er sich nun dem Neide
und der Eifersucht der übrigen Moradores der Nachbarschaft aus-
gesezt, die ihn auf jegliche Weise neken, plagen und am Ende auf
alle Frucht seiner Arbeit zu verzichten nöthigen. Nichts kan un-
sicherer seyn, als das Eigenthum eines Moradors, indem der Ei-
genthümer ihn aus bloßer Laune zwingen kan, seine Besizung zu
verlassen, ohne daß auch nur eine Widerrede möglich ist. Noch
größer und schneller muß das Verderben derer seyn, die durch
täuschende Vorspieglungen, wie sie in Europa so vielfältig wieder-
hallen, verleitet, ihr Vaterland mit dem Glauben verlassen haben,
im fernen Auslande werde es ihnen leicht seyn sich zu bereichern;
wenn vollends die also Auswandernden ohne pekuniaire Hülfsmit-
tel und ohne Talente sind, womit sie sich Unterhalt erwerben möch-
ten. Kaum sind diese Unglüklichen gelandet, so haben sie mit
dem größten Elende zu kämpfen, und mögen sich glüklich schäzen,
wenn eine mildthätige Hand sie vom Hungertode rettet. Wir ha-
ben ein sehr augenfälliges Beispiel dieser Art in den unglüklichen
deutschen Auswanderern vor Augen, die in Europa nach Rio de
Janeiro eingeschift wurden, und neuerlich an der Nordküste dieser
Provinz ans Land gesezt wurden; täglich trift man sie, Männer,
Weiber und Kinder, bettelnd in den Straßen von Recif an. Die
Unkenntniß der Landessprache ist ein Hinderniß, warum sie nicht
angestellt werden können. Verständen sie dieselbe aber auch, was
sollten sie alsdann anfangen? Alles, was sie hoffen können, ist,
daß ihnen gelingen möge, einen Eigenthümer zu finden, der sie
auf seiner Besizung gebrauchen wollte, gegen Abreichung der Nah-
rung einzig nur, um nach Abfluß von ein oder zwei Jahren eines
solchen Noviziats, sie als Unteraufseher der Sklaven zu behalten,
um den mäßigen Jahresgehalt von 300 Franken. Aber wie viel
Sorgen und Mühen müssen nicht erduldet werden bis man dahin
gelangt ist? Und was geschieht daun? Was man alltäglich unter
den Unglüklichen sieht, die als geborne Portugiesen in dieses Land
kommen. Nach etlichen Jahren eines beschwerlichen und elenden
Daseyns fühlen sie sich entmuthigt; um sich zu betäuben, ergeben
sie sich dem Trunk, ihre Kräfte schwinden, sie werden krank, und
gehen elendiglich zu Grunde. Dis ist das unvermeidliche Schiksal,
welches jeden Europäer erwartet, der durch lügenhafte Täuschun-
gen verleitet in dieses Land kommt. Der Militairdienst, welcher
in andern Ländern ein Auskunftsmittel seyn kan, ist hier zu Land
keines, wo dem gemeinen Soldaten gar keine Aussicht auf Beför-
derung geöfnet ist. Wohl ist Brasilien ein schönes Land, reich
an Naturgeschenken, aber bei seinem gegenwärtigen Zustande darf

[Spaltenumbruch] und mit der angemeſſenen Behandlung der Sklaven, wird er
genöthigt ſeyn, einen Verwalter für die Beſorgung ſeiner Be-
ſizungen anzuſtellen, und ſich ihm anzuvertrauen, was bei der
Schwierigkeit völlig zutrauenswerthe Perſonen zu finden, oft große
Nachtheile mit ſich führt. Nehmen wir hingegen an, was am
wahrſcheinlichſten der Fall iſt, der Ankömmling finde kein jene
wünſchbaren Eigenſchaften vereinbarendes Beſizthum zu kaufen.
Was ſoll er dann thun? Des Wartens und Zeitverluſtes müde,
wird er ſich entſchließen, das erſte ſo ſich darbietet, zu erkaufen, in
der Hofnung, er möge durch Kenntniſſe und durch Fleiß, was ſei-
nem Beſizthume mangelt, erſezen. Dis aber wäre, wir ſtehen
nicht an es auszuſprechen, der ſicherſte Weg zum Verderben. Gleich
unzuläſſig würde es ſeyn, wenn er ſich entſchlöſſe, die Regierung
um Ueberlaſſung von Grundſtüken anzuſprechen. Die Schwierig-
keit bei Seite gelaſſen, daß es heutzutage ſchwer hält ſolche vefüg,
bare Ländereien zu finden, welche die erforderlichen Eigenſchaften
haben für Unternehmungen, wie hier davon die Rede iſt, wie ſoll
er ſeine Einrichtungen treffen? Es iſt hier nicht wie in Europa,
wo mittelſt Geld die Taglöhner leicht mögen erhalten werden, de-
ren man für nöthige Arbeiten bedarf; die Indolenz oder beſſer ge-
ſagt die Trägheit der untern Volksklaſſe hier zu Land iſt ſo groß,
daß man mit dem Geld in der Hand ſie nicht zum Arbeiten brin-
gen kan. Faſt ohne Bedürfniß der Kleidung und mit der ſchlech-
teſten Nahrung vorlieb nehmend, können ſie durch ein momentanes
Bedürfniß vielleicht zur Arbeit um Lohn angetrieben werden; aber
ſobald dieſes befriedigt iſt, kommen ſie nicht wieder, und darum
kan Niemand auf ſie zählen. Der Europäer iſt demnach genöthigt,
ſich Sklaven zu verſchaffen. Soll er da die neu von der afrikani-
ſchen Küſte eingetroffenen kaufen? Allein dieſe verſtehen die Spra-
che nicht, und wiſſen nicht anzugreifen, ſie müſſen Alles erſt ler-
nen, man muß ſie arbeiten lehren, und es vergeht mindeſtens ein
Jahr, ehe man nur etwas auf ihre Arbeit ſich verlaſſen kan. Soll
er bereits unterrichtete Sklaven kaufen? Bei der Gewißheit, daß
der Sklavenhandel mit dem gegenwärtigen Jahre aufhört, wird,
auch abgeſehen vom hohen Preiſe, Niemand, der gute Sklaven
hat, ſie verkaufen, es geſchähe denn um dringenden Bedarfs wil-
len; man findet alſo nur ſchlechte und verdorbene Sklaven zu kau-
fen; mit dieſen aber wird man gewiß keine guten Einrichtungen
gründen. Nehmen wir jedoch vollends an, es ſey dem Ankömm-
ling gelungen alle dieſe Schwierigkeiten zu beſiegen; er ſey im
Beſize eines guten Grundſtüks, und er habe das Glük gehabt ſich
gute Sklaven kaufen zu können; wer ſoll ihm für die zu treffen-
den Einrichtungen Anleitung geben? Die Nachbarn etwa? Auf
dieſe darf er am wenigſten rechnen. Sie ſind eiferſüchtig, da ſie
ſehen, daß ihm Mittel zu Gebote ſtehen, und ſie glauben allzeit,
er ſey reicher als er in der That iſt; ſo ſuchen ſie ihn denn alle
nur irre zu führen, überall werden ihm heimlich Schlingen gelegt,
und er muß ſtets auf ſeiner Hut ſeyn. Bedarf er ihrer, ſo laſſen
ſie ſich ihre Hülfe mit Gold aufwiegen; ſeine Arbeiten gehen nicht
vorwärts, und er mag ſich glüklich ſchäzen, wenn er keine falſchen
Vorkehrungen getroffen, keine unnüzen oder ſchädlichen Arbeiten
unternommen hat; denn bei landwirthſchaftlichen Unternehmungen
kan ein im Anfange begangener Irrthum große Nachtheile herbei-
führen, die man erſt wahrnimmt, wenn alle Hülfe zu ſpät kommt,
oder unverhältnißmäßige Koſten verurſacht. In jedem Falle wird
er für ſeine eigene und für die Nahrung ſeiner Sklaven viel Geld
verwenden müſſen, denn er kan gewiß ſeyn, daß achtzehn Monate
[Spaltenumbruch] vergehen, bevor er ſie aus eigenen Erzeugniſſen nähren kan; endlich
dann nach drei bis vier Jahren von Mühe, Sorgen und phyſiſchen
ſowol als moraliſchen Plagen, findet er vielleicht, daß ſeine Mittel
erſchöpft ſind, und zu ſpät wird er einſehen lernen, daß für alle
gebrachten Opfer ihm nur ein ſchlechtes Beſizthum zu Theil ge-
worden iſt, worauf er kaum leben kan. Er wird dadurch entmu-
thigt, und leicht mögen ſich nun auch Krankheiten einſtellen, die
ihn vielleicht wegraffen. Nicht beſſer ginge es ihm, wenn er ſtatt
als Eigenthümer zu arbeiten, als Morador ſich auf einem ange-
meſſenen Grundſtüke, für das er einen Pacht zahlen wollte, ein-
richten würde. Die nochmals große Schwierigkeit ungerechnet ein
ſolches Grundſtük zu finden, da die beſten bereits beſezt ſind, wie
ſoll er ſich dabei benehmen? Wenn er es urbar und zum Anbau
fähig gemacht hat, wenn er die nothwendigen Gebäude zur Woh-
nung für ſich und die Sklaven entweder hat aufführen laſſen oder
dieſelben ſelbſt aufgeführt hat, ſo ſieht er ſich nun dem Neide
und der Eiferſucht der übrigen Moradores der Nachbarſchaft aus-
geſezt, die ihn auf jegliche Weiſe neken, plagen und am Ende auf
alle Frucht ſeiner Arbeit zu verzichten nöthigen. Nichts kan un-
ſicherer ſeyn, als das Eigenthum eines Moradors, indem der Ei-
genthümer ihn aus bloßer Laune zwingen kan, ſeine Beſizung zu
verlaſſen, ohne daß auch nur eine Widerrede möglich iſt. Noch
größer und ſchneller muß das Verderben derer ſeyn, die durch
täuſchende Vorſpieglungen, wie ſie in Europa ſo vielfältig wieder-
hallen, verleitet, ihr Vaterland mit dem Glauben verlaſſen haben,
im fernen Auslande werde es ihnen leicht ſeyn ſich zu bereichern;
wenn vollends die alſo Auswandernden ohne pekuniaire Hülfsmit-
tel und ohne Talente ſind, womit ſie ſich Unterhalt erwerben möch-
ten. Kaum ſind dieſe Unglüklichen gelandet, ſo haben ſie mit
dem größten Elende zu kämpfen, und mögen ſich glüklich ſchäzen,
wenn eine mildthätige Hand ſie vom Hungertode rettet. Wir ha-
ben ein ſehr augenfälliges Beiſpiel dieſer Art in den unglüklichen
deutſchen Auswanderern vor Augen, die in Europa nach Rio de
Janeiro eingeſchift wurden, und neuerlich an der Nordküſte dieſer
Provinz ans Land geſezt wurden; täglich trift man ſie, Männer,
Weiber und Kinder, bettelnd in den Straßen von Récif an. Die
Unkenntniß der Landesſprache iſt ein Hinderniß, warum ſie nicht
angeſtellt werden können. Verſtänden ſie dieſelbe aber auch, was
ſollten ſie alsdann anfangen? Alles, was ſie hoffen können, iſt,
daß ihnen gelingen möge, einen Eigenthümer zu finden, der ſie
auf ſeiner Beſizung gebrauchen wollte, gegen Abreichung der Nah-
rung einzig nur, um nach Abfluß von ein oder zwei Jahren eines
ſolchen Noviziats, ſie als Unteraufſeher der Sklaven zu behalten,
um den mäßigen Jahresgehalt von 300 Franken. Aber wie viel
Sorgen und Mühen müſſen nicht erduldet werden bis man dahin
gelangt iſt? Und was geſchieht daun? Was man alltäglich unter
den Unglüklichen ſieht, die als geborne Portugieſen in dieſes Land
kommen. Nach etlichen Jahren eines beſchwerlichen und elenden
Daſeyns fühlen ſie ſich entmuthigt; um ſich zu betäuben, ergeben
ſie ſich dem Trunk, ihre Kräfte ſchwinden, ſie werden krank, und
gehen elendiglich zu Grunde. Dis iſt das unvermeidliche Schikſal,
welches jeden Europäer erwartet, der durch lügenhafte Täuſchun-
gen verleitet in dieſes Land kommt. Der Militairdienſt, welcher
in andern Ländern ein Auskunftsmittel ſeyn kan, iſt hier zu Land
keines, wo dem gemeinen Soldaten gar keine Ausſicht auf Beför-
derung geöfnet iſt. Wohl iſt Braſilien ein ſchönes Land, reich
an Naturgeſchenken, aber bei ſeinem gegenwärtigen Zuſtande darf

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[14/0006] und mit der angemeſſenen Behandlung der Sklaven, wird er genöthigt ſeyn, einen Verwalter für die Beſorgung ſeiner Be- ſizungen anzuſtellen, und ſich ihm anzuvertrauen, was bei der Schwierigkeit völlig zutrauenswerthe Perſonen zu finden, oft große Nachtheile mit ſich führt. Nehmen wir hingegen an, was am wahrſcheinlichſten der Fall iſt, der Ankömmling finde kein jene wünſchbaren Eigenſchaften vereinbarendes Beſizthum zu kaufen. Was ſoll er dann thun? Des Wartens und Zeitverluſtes müde, wird er ſich entſchließen, das erſte ſo ſich darbietet, zu erkaufen, in der Hofnung, er möge durch Kenntniſſe und durch Fleiß, was ſei- nem Beſizthume mangelt, erſezen. Dis aber wäre, wir ſtehen nicht an es auszuſprechen, der ſicherſte Weg zum Verderben. Gleich unzuläſſig würde es ſeyn, wenn er ſich entſchlöſſe, die Regierung um Ueberlaſſung von Grundſtüken anzuſprechen. Die Schwierig- keit bei Seite gelaſſen, daß es heutzutage ſchwer hält ſolche vefüg, bare Ländereien zu finden, welche die erforderlichen Eigenſchaften haben für Unternehmungen, wie hier davon die Rede iſt, wie ſoll er ſeine Einrichtungen treffen? Es iſt hier nicht wie in Europa, wo mittelſt Geld die Taglöhner leicht mögen erhalten werden, de- ren man für nöthige Arbeiten bedarf; die Indolenz oder beſſer ge- ſagt die Trägheit der untern Volksklaſſe hier zu Land iſt ſo groß, daß man mit dem Geld in der Hand ſie nicht zum Arbeiten brin- gen kan. Faſt ohne Bedürfniß der Kleidung und mit der ſchlech- teſten Nahrung vorlieb nehmend, können ſie durch ein momentanes Bedürfniß vielleicht zur Arbeit um Lohn angetrieben werden; aber ſobald dieſes befriedigt iſt, kommen ſie nicht wieder, und darum kan Niemand auf ſie zählen. Der Europäer iſt demnach genöthigt, ſich Sklaven zu verſchaffen. Soll er da die neu von der afrikani- ſchen Küſte eingetroffenen kaufen? Allein dieſe verſtehen die Spra- che nicht, und wiſſen nicht anzugreifen, ſie müſſen Alles erſt ler- nen, man muß ſie arbeiten lehren, und es vergeht mindeſtens ein Jahr, ehe man nur etwas auf ihre Arbeit ſich verlaſſen kan. Soll er bereits unterrichtete Sklaven kaufen? Bei der Gewißheit, daß der Sklavenhandel mit dem gegenwärtigen Jahre aufhört, wird, auch abgeſehen vom hohen Preiſe, Niemand, der gute Sklaven hat, ſie verkaufen, es geſchähe denn um dringenden Bedarfs wil- len; man findet alſo nur ſchlechte und verdorbene Sklaven zu kau- fen; mit dieſen aber wird man gewiß keine guten Einrichtungen gründen. Nehmen wir jedoch vollends an, es ſey dem Ankömm- ling gelungen alle dieſe Schwierigkeiten zu beſiegen; er ſey im Beſize eines guten Grundſtüks, und er habe das Glük gehabt ſich gute Sklaven kaufen zu können; wer ſoll ihm für die zu treffen- den Einrichtungen Anleitung geben? Die Nachbarn etwa? Auf dieſe darf er am wenigſten rechnen. Sie ſind eiferſüchtig, da ſie ſehen, daß ihm Mittel zu Gebote ſtehen, und ſie glauben allzeit, er ſey reicher als er in der That iſt; ſo ſuchen ſie ihn denn alle nur irre zu führen, überall werden ihm heimlich Schlingen gelegt, und er muß ſtets auf ſeiner Hut ſeyn. Bedarf er ihrer, ſo laſſen ſie ſich ihre Hülfe mit Gold aufwiegen; ſeine Arbeiten gehen nicht vorwärts, und er mag ſich glüklich ſchäzen, wenn er keine falſchen Vorkehrungen getroffen, keine unnüzen oder ſchädlichen Arbeiten unternommen hat; denn bei landwirthſchaftlichen Unternehmungen kan ein im Anfange begangener Irrthum große Nachtheile herbei- führen, die man erſt wahrnimmt, wenn alle Hülfe zu ſpät kommt, oder unverhältnißmäßige Koſten verurſacht. In jedem Falle wird er für ſeine eigene und für die Nahrung ſeiner Sklaven viel Geld verwenden müſſen, denn er kan gewiß ſeyn, daß achtzehn Monate vergehen, bevor er ſie aus eigenen Erzeugniſſen nähren kan; endlich dann nach drei bis vier Jahren von Mühe, Sorgen und phyſiſchen ſowol als moraliſchen Plagen, findet er vielleicht, daß ſeine Mittel erſchöpft ſind, und zu ſpät wird er einſehen lernen, daß für alle gebrachten Opfer ihm nur ein ſchlechtes Beſizthum zu Theil ge- worden iſt, worauf er kaum leben kan. Er wird dadurch entmu- thigt, und leicht mögen ſich nun auch Krankheiten einſtellen, die ihn vielleicht wegraffen. Nicht beſſer ginge es ihm, wenn er ſtatt als Eigenthümer zu arbeiten, als Morador ſich auf einem ange- meſſenen Grundſtüke, für das er einen Pacht zahlen wollte, ein- richten würde. Die nochmals große Schwierigkeit ungerechnet ein ſolches Grundſtük zu finden, da die beſten bereits beſezt ſind, wie ſoll er ſich dabei benehmen? Wenn er es urbar und zum Anbau fähig gemacht hat, wenn er die nothwendigen Gebäude zur Woh- nung für ſich und die Sklaven entweder hat aufführen laſſen oder dieſelben ſelbſt aufgeführt hat, ſo ſieht er ſich nun dem Neide und der Eiferſucht der übrigen Moradores der Nachbarſchaft aus- geſezt, die ihn auf jegliche Weiſe neken, plagen und am Ende auf alle Frucht ſeiner Arbeit zu verzichten nöthigen. Nichts kan un- ſicherer ſeyn, als das Eigenthum eines Moradors, indem der Ei- genthümer ihn aus bloßer Laune zwingen kan, ſeine Beſizung zu verlaſſen, ohne daß auch nur eine Widerrede möglich iſt. Noch größer und ſchneller muß das Verderben derer ſeyn, die durch täuſchende Vorſpieglungen, wie ſie in Europa ſo vielfältig wieder- hallen, verleitet, ihr Vaterland mit dem Glauben verlaſſen haben, im fernen Auslande werde es ihnen leicht ſeyn ſich zu bereichern; wenn vollends die alſo Auswandernden ohne pekuniaire Hülfsmit- tel und ohne Talente ſind, womit ſie ſich Unterhalt erwerben möch- ten. Kaum ſind dieſe Unglüklichen gelandet, ſo haben ſie mit dem größten Elende zu kämpfen, und mögen ſich glüklich ſchäzen, wenn eine mildthätige Hand ſie vom Hungertode rettet. Wir ha- ben ein ſehr augenfälliges Beiſpiel dieſer Art in den unglüklichen deutſchen Auswanderern vor Augen, die in Europa nach Rio de Janeiro eingeſchift wurden, und neuerlich an der Nordküſte dieſer Provinz ans Land geſezt wurden; täglich trift man ſie, Männer, Weiber und Kinder, bettelnd in den Straßen von Récif an. Die Unkenntniß der Landesſprache iſt ein Hinderniß, warum ſie nicht angeſtellt werden können. Verſtänden ſie dieſelbe aber auch, was ſollten ſie alsdann anfangen? Alles, was ſie hoffen können, iſt, daß ihnen gelingen möge, einen Eigenthümer zu finden, der ſie auf ſeiner Beſizung gebrauchen wollte, gegen Abreichung der Nah- rung einzig nur, um nach Abfluß von ein oder zwei Jahren eines ſolchen Noviziats, ſie als Unteraufſeher der Sklaven zu behalten, um den mäßigen Jahresgehalt von 300 Franken. Aber wie viel Sorgen und Mühen müſſen nicht erduldet werden bis man dahin gelangt iſt? Und was geſchieht daun? Was man alltäglich unter den Unglüklichen ſieht, die als geborne Portugieſen in dieſes Land kommen. Nach etlichen Jahren eines beſchwerlichen und elenden Daſeyns fühlen ſie ſich entmuthigt; um ſich zu betäuben, ergeben ſie ſich dem Trunk, ihre Kräfte ſchwinden, ſie werden krank, und gehen elendiglich zu Grunde. Dis iſt das unvermeidliche Schikſal, welches jeden Europäer erwartet, der durch lügenhafte Täuſchun- gen verleitet in dieſes Land kommt. Der Militairdienſt, welcher in andern Ländern ein Auskunftsmittel ſeyn kan, iſt hier zu Land keines, wo dem gemeinen Soldaten gar keine Ausſicht auf Beför- derung geöfnet iſt. Wohl iſt Braſilien ein ſchönes Land, reich an Naturgeſchenken, aber bei ſeinem gegenwärtigen Zuſtande darf

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-02-11T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 4, 4. Januar 1830, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine04_1830/6>, abgerufen am 24.11.2024.