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Allgemeine Zeitung, Nr. 3, 3. Januar 1872.

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Allgemeine Zeitung.
Nr. 3.
Augsburg, Mittwoch, 3 Januar 1872.
Verlag der J. G. Cotta'schen Buchhandlung. Für die Redaction verantwortlich: Dr. J. v. Gosen.


Zur Nachricht. Hierdurch die ergebene Mittheilung daß wir der Buchhandlung W. Adolf & Comp. (H. Hengst) in Berlin. 58, Unter den Linden, eine Agentur
zur Annahme von Inseraten und Abounements für Berlin und Umgegend übertragen haben. Expedition der Allgemeinen Zeilung.


Uebersicht.

Rückblicke auf die zweite Session des ersten Deutschen Reichs-
tags. V.
Das Project zur Durchführung des rumänischen Gisenbahu-gesetzes.
Deutsches Reich. Berlin: Vom Hof. Ordensverleihung. Die confessionelle
Gesetzgebung. Plenarsitzung des Bundesraths. Das Eisenbahn-Bataillon.
Marine-Recrutirung. Die Berliner Polizei. Posen: Polnische Reminiscenzen
und Gegenmittel.
Oesterreichisch-ungarische Monarchie. Aus Oesterreich: Rückblicke
und Ausblicke. Die Thronrede und die Ultramontanen. Wien: Das Ministe-
rium und seine Action. Die Preßleitung und die Stimmung. Triest: Engher-
zigkeit der Italiener in Triest. Der Vertrag der Regierung mit dem Lloyd. Die
Entwicklung der russischen Dampfschifffahrt im Süden. Eine Mahnung. Pest:
Die neue Gerichtsorganisation.
Schweiz. Bern: Das Revisionswerk. Rheincorrection. Die Abstimmung in
Graubünden über die Splügenbahn-Subvention. Mazzini. Graf Chambord.
Rüstow. Mina Puccinelli. Berner Assisen.
Großbritannien. Die Note des Fürsten Bismarck. Zur Eröffnung des öster-
reichischen Reichsraths.
Frankreich. Officielles Diner. Kundmachung. Bictor Hugo. Tolhausen und
Gramont. Gambetta auf Reisen. Akademiewahlen. Die Vorgänge in Vitry.
Der Herzog v. Aumale und sein Intendant. Bank und Akademie. Nizza: Die
hiesigen Deutschen. Fehlen eines Consuls.
Italien. Rom: Die Volkszählung in Rom.
Ver. Staaten von Nordamerika. San Francisco: Die japanische
Gesandtschaft.
Südamerika. Callao: General und Ex-Dictator Melgarejo +.
Verschiedenes.
Industrie, Handel und Verkehr.
Neueste Posten. London: Prinz von Wales. Budget-Ueberschuß. Die
"Times" über Deutschland. König von Siam. Paris: Bischof Dupanloup.
Rom: Neujahrsempfang.


[Spaltenumbruch]
Telegraphische Berichte.

Prof. Friedrich reiste heute nach Amberg um dort
das Begräbniß eines Altkatholiken vorzunehmen, und wird morgen den Trauer-
gottesdienst in der vom Amberger Magistrat eingeräumten dortigen Spitalkirche
abhalten. Das katholische Stadtpfarramt Amberg protestirte, die Negierung ge-
nehmigte jedoch die öffentliche Feier des altkatholischen Begräbnisses.


Hr. Thiers empfieng heute Mittags die Glück-
wünsche des diplomatischen Corps. Eine Ansprache wurde nicht gehalten. Graf
Arnim, welcher hier seine Beglaubigungsschreiben noch nicht überreicht hat und
seines Gesandtenpostens in Rom noch nicht enthoben ist, war bei dem Empfange nicht
zugegen. Bereits gestern tauschte Hr. Thiers Gratulationsbesuche mit dem Prä-
sidium der Nationalversammlung aus, und nahm alsdann die Glückwünsche von
zahlreichen Abgeordneten aller Parteien entgegen.


Auf Befehl des Königs begab sich der k. Adjutant
General Pralormo, von einem Ordonnanzofficier begleitet, zur Beglückwünschung
des Papstes im Namen des Königs in den Vatican. Der General wurde vom
Cardinal Antonelli empfangen, welcher erklärte: der Papst könne ihn wegen eines
leichten Unwohlseins nicht empfangen; er werde aber dem Papste die freundliche
Botschaft des Königs übermitteln. Antonelli bat den General Pralormo dem
König zu danken, und demselben den Ausdruck seiner Ehrerbietung zu überbringen.
-- In Folge einer neuen Municipalverfügung haben sämmtliche Kutscher die Ar-
beit eingestellt.



Industrie, Handel und Verkehr.

Nach einer hier erschienenen Bekanntmachung haben die In-
haber 5 procentiger türkischer Bonds,
welche die Bezahlung der Zinsen des
letzten Semesters an einem europäischen Platze zu erhalten wünschen, hievon eine der
Agenturen der kaiserlich osmanischen Bank bis zum 9 Febrnar zu verständigen. (T. N.)


Aus Rom wird berichtet daß die italienische Nationalbank bei der Re-
gierung um Erhöhung ihres Capitals von 100 auf 150 Mill, eingekommen ist. Die
Emission der neuen Actien wird zu 2000 Frcs, nämlich mit einer Prämie von 1000 Frcs.,
geschehen, und die derzeitigen Actionäre haben den Vorzug. Die Hälfte der Prämie,
500 Frcs. per Actie, wird dem Aerar zugewiesen werden, dem dadurch eine Einnahme
von 25 Millionen erwächst.


(Washingtoner Stadtanleihe.)

Wie Frankfurter Blätter vernehmen, sollen
die 6proc. Goldobligationen der Stadt Washington am 11 Januar zu etwa 92 Proc. durch
die Oesterreichisch-deutsche Bank und die HH. Seligman und Stettheuner zur Emission
gelaugen.


Seit den letzten Tagen vergangener Woche haben wir
mäßiges Frostwetter. Wie gewöhnlich um die Zeit der Festtage waren die Marktzusnhren
nur geringfügig, weßhalb der Berkehr keine Ausdehnung gewinnen konnte. Preise sind ohne
wesentliche Aenderung zu notiren. Weizen per Wispel 791/2--85 Thlr. (1000 Kilogr. = 2000 Pfd.
Netto 78 5/6 --84 1/3 Thlr), Roggen per W. 60--631/2 Thlr. (1000 Kilogr. = 2000 Pfd.
Netto 601/4--633/4 Thlr), Gerste per W. 46--51 Thlr. (1000 Kilogr. = 2000 Pfd. Netto
521/2--581/4 Thlr.), Hafer per W. 281/2--291/2 Thlr. (1000 Kilogr. = 2000 Pfd. Netto
481/2--501/4 Thlr.), Linsen per 100 Pfd. 31/2--41/4 Thlr. (100 Kilogr. = 200 Pf. Netto
[Spaltenumbruch] 7--81/2 Thlr.), Erbsen per 100 Pfd 2 2/3 --4 Thlr. (100 Kilogr = 200 Pfd. Netto
5 1/3 --8 Thlr.), Bohnen, weiße, per 100 Pfd. 3 5/6 --4 1/3 Thlr. (100 Kilogr. = 200 Pfd.
Petto 7 2/3 --8 2/3 Thlr.), Viehbohnen per 100 Pfd. 2 2/3 --23/4 Thlr. (100 Kilogr. = 200
Nfd. Netto 51/4--51/2 Thlr.)



Rückblicke auf die zweite Session des ersten Deutschen
Reichstags.

V.

So viel auch das vom letzten Reichstag
beschlossene Ergänzungsgesetz zum Strafgesetzbuch besprochen ist, so ist doch die
eigentliche Geschichte des berühmten §. 130 a nur in engeren Kreisen bekannt ge-
worden. Es wird daher voraussichtlich für die Leser von größerem Interesse sein
wenn ich ihnen erzähle was darüber zu meiner Kunde gelangt ist, als wenn ich
die für und gegen das Gesetz geltend gemachten Gründe hier noch einmal er-
örtern wollte.

Als das vom 1 künft. Mts. an für das ganze Deutsche Reich gültige Straf-
gesetzbuch zuerst entworfen und im Norddeutschen Reichstage berathen wurde, gab
es noch kein Dogma vom 18 Juli 1870, und es lag keine Veranlassung vor Straf-
bestimmungen gegen den Mißbrauch des geistlichen Amts in dasselbe aufzunehmen.
Auch als der erste Deutsche Reichstag im Frühjahr d. J. über die Einführung des
Strafgesetzbuchs in Bayern Beschluß zu fassen hatte, war ein entschiedenes Be-
dürfniß für die Aufnahme solcher Bestimmungen noch nicht hervorgetreten, und
man glaubte das Vertrauen hegen zu dürfen daß die höhere katholische Geistlichkeit
Agitationen des niedern Klerus, wie sie bei verschiedenen Wahlprüfungen zur
Sprache gekommen waren, aus freien Stücken im Interesse der Kirche für die Zu-
kunft vorbeugen werde. Anders standen die Sachen als der Reichstag im October
zu seiner zweiten Session zusammentrat. Das neue Dogma von der Unfehlbarkeit
hatte angefangen den Frieden zwischen Staat und Kirche zu gefährden. Fälle in
welchen die geistliche Amtsgewalt zu Angriffen auf die öffentliche Ordnung miß-
braucht wurde, waren in mehreren Bundesstaaten, vor allen in Bayern, vorge-
kommen, und wenige Tage später wurde jenes officielle Schreiben des Bischofs von
Eichstädt bekannt, in welchem offen ausgesprochen war: daß der Verfassungseid für
den Geistlichen die bindende Kraft verliere sobald er mit dem Interesse der Kirche
in Widerspruch trete. Das Gefühl, es bedürfe eingreifender Maßregeln zum Schutze
des Staats und seiner Angehörigen gegen die Uebergriffe und Angriffe der Kirche,
ward deßhalb ziemlich allgemein empfunden, und nur darüber mit welcher Maß-
regel zu beginnen sei, giengen die Ansichten der Mehrheit auseinander.

Treu ihrem Programm zog die liberale Reichspartei, in welcher überdieß
das zum Hauptangriffsfelde der Ultramontanen ausersehene Bayern am stärksten
vertreten ist, diese Fragen zuerst in den Kreis ihrer Berathungen. Sie beschäftigte
sich zunächst -- und zwar schon am 19 October -- mit dem Nothstande der durch
die in Folge des neuen Dogma's vielfach vorgekommenen Verweigerungen der kirch-
lichen Trauung in Bayern hervorgerufen war, und glaubte Abhülfe in ein em An-
trag auf allgemeine Einführung der obligatorischen Eivilehe zu finden. Da ein
solcher Antrag eine Verfassungsänderung involvirte, beschloß man vorläusig mit
den anderen Fractionen darüber in Communication zu treten und die Stimmung
des Bundesraths zu sondiren. Die sich anfangs in der nationalliberalen Partei
zeigende Geneigtheit auf die Sache einzugehen, hielt nicht lange vor. Man erklärte
sich den schon am 24 October bemerkbaren Stimmungswechsel wohl mit Recht
aus einer längeren Unterredung welche der Reichskanzler am Tage vorher im
Sitzungssaale mit Hrn. v. Bennigsen gehalten hatte, zumal da jetzt die national-
liberale Fraction ihrerseits die Erweiterung der Reichscompetenz auf die Gesetz-
gebung über das gesammte bürgerliche Recht als einen vorbereitenden Schritt auf
die Einführung der obligatorischen Civilehe in Anregung brachte. Trotz gewichtiger
Bedenken ob die Civilehe-Frage durch eine solche Aenderung der Nr. 13 des Art. 4
der Verfassung nicht eher verzögert als erleichtert werden würde, konnten sich die
andern liberalen Parteien nicht wohl entziehen dieser Anregung Folge zu geben.
War doch derselbe Antrag, nachdem er im constituirenden Reichstage 1867 durch-
gefallen war, bereits im Norddeutschen Reichstag im Frühjahr 1869 mit großer
Mehrheit beschlossen worden, ohne jedoch damals die Zustimmung des Bundesraths zu
finden. Bereits am 30 October wurde denn auch dieser, zwar von Mitgliedern
aller drei liberalen Parteien, sowie der Deutschen Reichspartei, gestellte, aber nur
unter dem Namen Lasker-Miquel bekannt gewordene Antrag, mit nicht weniger
als 167 Unterschriften versehen -- nur die Conservativen und das Centrum hatten
sich jeder Betheiligung daran enthalten -- eingebracht.

Die Frage der Einführung der Civilehe war damit, da die Vertreter Bayerns
im Bundesrathe sich nicht veranlaßt sahen ihrerseits die Initiative zu ergreifen,
vorläufig beseitigt. Die Beaufsichtigung der Schule konnte der Geistlichkeit wegen
mangelnder Competenz vom Reichstage nicht entzogen werden. Beide Maßregeln
würden ohnehin keine unmittelbare Abwehr der klerikalen Versuche die Autorität
des Staats zu untergraben zur Folge gehabt haben. Es galt ein anderes "Boll-
werk" gegen die Angriffe der Ultramontanen zu finden. Da stellte Dr. Marquard
Barth, nach Verabredung mit Fischer (Augsburg), v. Hörmann, Dr. Völk


Allgemeine Zeitung.
Nr. 3.
Augsburg, Mittwoch, 3 Januar 1872.
Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung. Für die Redaction verantwortlich: Dr. J. v. Goſen.


Zur Nachricht. Hierdurch die ergebene Mittheilung daß wir der Buchhandlung W. Adolf & Comp. (H. Hengſt) in Berlin. 58, Unter den Linden, eine Agentur
zur Annahme von Inſeraten und Abounements für Berlin und Umgegend übertragen haben. Expedition der Allgemeinen Zeilung.


Ueberſicht.

Rückblicke auf die zweite Seſſion des erſten Deutſchen Reichs-
tags. V.
Das Project zur Durchführung des rumäniſchen Giſenbahu-geſetzes.
Deutſches Reich. Berlin: Vom Hof. Ordensverleihung. Die confeſſionelle
Geſetzgebung. Plenarſitzung des Bundesraths. Das Eiſenbahn-Bataillon.
Marine-Recrutirung. Die Berliner Polizei. Poſen: Polniſche Reminiſcenzen
und Gegenmittel.
Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie. Aus Oeſterreich: Rückblicke
und Ausblicke. Die Thronrede und die Ultramontanen. Wien: Das Miniſte-
rium und ſeine Action. Die Preßleitung und die Stimmung. Trieſt: Engher-
zigkeit der Italiener in Trieſt. Der Vertrag der Regierung mit dem Lloyd. Die
Entwicklung der ruſſiſchen Dampfſchifffahrt im Süden. Eine Mahnung. Peſt:
Die neue Gerichtsorganiſation.
Schweiz. Bern: Das Reviſionswerk. Rheincorrection. Die Abſtimmung in
Graubünden über die Splügenbahn-Subvention. Mazzini. Graf Chambord.
Rüſtow. Mina Puccinelli. Berner Aſſiſen.
Großbritannien. Die Note des Fürſten Bismarck. Zur Eröffnung des öſter-
reichiſchen Reichsraths.
Frankreich. Officielles Diner. Kundmachung. Bictor Hugo. Tolhauſen und
Gramont. Gambetta auf Reiſen. Akademiewahlen. Die Vorgänge in Vitry.
Der Herzog v. Aumale und ſein Intendant. Bank und Akademie. Nizza: Die
hieſigen Deutſchen. Fehlen eines Conſuls.
Italien. Rom: Die Volkszählung in Rom.
Ver. Staaten von Nordamerika. San Francisco: Die japaniſche
Geſandtſchaft.
Südamerika. Callao: General und Ex-Dictator Melgarejo †.
Verſchiedenes.
Induſtrie, Handel und Verkehr.
Neueſte Poſten. London: Prinz von Wales. Budget-Ueberſchuß. Die
„Times“ über Deutſchland. König von Siam. Paris: Biſchof Dupanloup.
Rom: Neujahrsempfang.


[Spaltenumbruch]
Telegraphiſche Berichte.

Prof. Friedrich reiste heute nach Amberg um dort
das Begräbniß eines Altkatholiken vorzunehmen, und wird morgen den Trauer-
gottesdienſt in der vom Amberger Magiſtrat eingeräumten dortigen Spitalkirche
abhalten. Das katholiſche Stadtpfarramt Amberg proteſtirte, die Negierung ge-
nehmigte jedoch die öffentliche Feier des altkatholiſchen Begräbniſſes.


Hr. Thiers empfieng heute Mittags die Glück-
wünſche des diplomatiſchen Corps. Eine Anſprache wurde nicht gehalten. Graf
Arnim, welcher hier ſeine Beglaubigungsſchreiben noch nicht überreicht hat und
ſeines Geſandtenpoſtens in Rom noch nicht enthoben iſt, war bei dem Empfange nicht
zugegen. Bereits geſtern tauſchte Hr. Thiers Gratulationsbeſuche mit dem Prä-
ſidium der Nationalverſammlung aus, und nahm alsdann die Glückwünſche von
zahlreichen Abgeordneten aller Parteien entgegen.


Auf Befehl des Königs begab ſich der k. Adjutant
General Pralormo, von einem Ordonnanzofficier begleitet, zur Beglückwünſchung
des Papſtes im Namen des Königs in den Vatican. Der General wurde vom
Cardinal Antonelli empfangen, welcher erklärte: der Papſt könne ihn wegen eines
leichten Unwohlſeins nicht empfangen; er werde aber dem Papſte die freundliche
Botſchaft des Königs übermitteln. Antonelli bat den General Pralormo dem
König zu danken, und demſelben den Ausdruck ſeiner Ehrerbietung zu überbringen.
— In Folge einer neuen Municipalverfügung haben ſämmtliche Kutſcher die Ar-
beit eingeſtellt.



Induſtrie, Handel und Verkehr.

Nach einer hier erſchienenen Bekanntmachung haben die In-
haber 5 procentiger türkiſcher Bonds,
welche die Bezahlung der Zinſen des
letzten Semeſters an einem europäiſchen Platze zu erhalten wünſchen, hievon eine der
Agenturen der kaiſerlich osmaniſchen Bank bis zum 9 Febrnar zu verſtändigen. (T. N.)


Aus Rom wird berichtet daß die italieniſche Nationalbank bei der Re-
gierung um Erhöhung ihres Capitals von 100 auf 150 Mill, eingekommen iſt. Die
Emiſſion der neuen Actien wird zu 2000 Frcs, nämlich mit einer Prämie von 1000 Frcs.,
geſchehen, und die derzeitigen Actionäre haben den Vorzug. Die Hälfte der Prämie,
500 Frcs. per Actie, wird dem Aerar zugewieſen werden, dem dadurch eine Einnahme
von 25 Millionen erwächst.


(Waſhingtoner Stadtanleihe.)

Wie Frankfurter Blätter vernehmen, ſollen
die 6proc. Goldobligationen der Stadt Waſhington am 11 Januar zu etwa 92 Proc. durch
die Oeſterreichiſch-deutſche Bank und die HH. Seligman und Stettheuner zur Emiſſion
gelaugen.


Seit den letzten Tagen vergangener Woche haben wir
mäßiges Froſtwetter. Wie gewöhnlich um die Zeit der Feſttage waren die Marktzuſnhren
nur geringfügig, weßhalb der Berkehr keine Ausdehnung gewinnen konnte. Preiſe ſind ohne
weſentliche Aenderung zu notiren. Weizen per Wiſpel 79½—85 Thlr. (1000 Kilogr. = 2000 Pfd.
Netto 78⅚—84⅓ Thlr), Roggen per W. 60—63½ Thlr. (1000 Kilogr. = 2000 Pfd.
Netto 60¼—63¾ Thlr), Gerſte per W. 46—51 Thlr. (1000 Kilogr. = 2000 Pfd. Netto
52½—58¼ Thlr.), Hafer per W. 28½—29½ Thlr. (1000 Kilogr. = 2000 Pfd. Netto
48½—50¼ Thlr.), Linſen per 100 Pfd. 3½—4¼ Thlr. (100 Kilogr. = 200 Pf. Netto
[Spaltenumbruch] 7—8½ Thlr.), Erbſen per 100 Pfd 2⅔—4 Thlr. (100 Kilogr = 200 Pfd. Netto
5⅓—8 Thlr.), Bohnen, weiße, per 100 Pfd. 3⅚—4⅓ Thlr. (100 Kilogr. = 200 Pfd.
Petto 7⅔—8⅔ Thlr.), Viehbohnen per 100 Pfd. 2⅔—2¾ Thlr. (100 Kilogr. = 200
Nfd. Netto 5¼—5½ Thlr.)



Rückblicke auf die zweite Seſſion des erſten Deutſchen
Reichstags.

V.

So viel auch das vom letzten Reichstag
beſchloſſene Ergänzungsgeſetz zum Strafgeſetzbuch beſprochen iſt, ſo iſt doch die
eigentliche Geſchichte des berühmten §. 130 a nur in engeren Kreiſen bekannt ge-
worden. Es wird daher vorausſichtlich für die Leſer von größerem Intereſſe ſein
wenn ich ihnen erzähle was darüber zu meiner Kunde gelangt iſt, als wenn ich
die für und gegen das Geſetz geltend gemachten Gründe hier noch einmal er-
örtern wollte.

Als das vom 1 künft. Mts. an für das ganze Deutſche Reich gültige Straf-
geſetzbuch zuerſt entworfen und im Norddeutſchen Reichstage berathen wurde, gab
es noch kein Dogma vom 18 Juli 1870, und es lag keine Veranlaſſung vor Straf-
beſtimmungen gegen den Mißbrauch des geiſtlichen Amts in dasſelbe aufzunehmen.
Auch als der erſte Deutſche Reichstag im Frühjahr d. J. über die Einführung des
Strafgeſetzbuchs in Bayern Beſchluß zu faſſen hatte, war ein entſchiedenes Be-
dürfniß für die Aufnahme ſolcher Beſtimmungen noch nicht hervorgetreten, und
man glaubte das Vertrauen hegen zu dürfen daß die höhere katholiſche Geiſtlichkeit
Agitationen des niedern Klerus, wie ſie bei verſchiedenen Wahlprüfungen zur
Sprache gekommen waren, aus freien Stücken im Intereſſe der Kirche für die Zu-
kunft vorbeugen werde. Anders ſtanden die Sachen als der Reichstag im October
zu ſeiner zweiten Seſſion zuſammentrat. Das neue Dogma von der Unfehlbarkeit
hatte angefangen den Frieden zwiſchen Staat und Kirche zu gefährden. Fälle in
welchen die geiſtliche Amtsgewalt zu Angriffen auf die öffentliche Ordnung miß-
braucht wurde, waren in mehreren Bundesſtaaten, vor allen in Bayern, vorge-
kommen, und wenige Tage ſpäter wurde jenes officielle Schreiben des Biſchofs von
Eichſtädt bekannt, in welchem offen ausgeſprochen war: daß der Verfaſſungseid für
den Geiſtlichen die bindende Kraft verliere ſobald er mit dem Intereſſe der Kirche
in Widerſpruch trete. Das Gefühl, es bedürfe eingreifender Maßregeln zum Schutze
des Staats und ſeiner Angehörigen gegen die Uebergriffe und Angriffe der Kirche,
ward deßhalb ziemlich allgemein empfunden, und nur darüber mit welcher Maß-
regel zu beginnen ſei, giengen die Anſichten der Mehrheit auseinander.

Treu ihrem Programm zog die liberale Reichspartei, in welcher überdieß
das zum Hauptangriffsfelde der Ultramontanen auserſehene Bayern am ſtärkſten
vertreten iſt, dieſe Fragen zuerſt in den Kreis ihrer Berathungen. Sie beſchäftigte
ſich zunächſt — und zwar ſchon am 19 October — mit dem Nothſtande der durch
die in Folge des neuen Dogma’s vielfach vorgekommenen Verweigerungen der kirch-
lichen Trauung in Bayern hervorgerufen war, und glaubte Abhülfe in ein em An-
trag auf allgemeine Einführung der obligatoriſchen Eivilehe zu finden. Da ein
ſolcher Antrag eine Verfaſſungsänderung involvirte, beſchloß man vorläuſig mit
den anderen Fractionen darüber in Communication zu treten und die Stimmung
des Bundesraths zu ſondiren. Die ſich anfangs in der nationalliberalen Partei
zeigende Geneigtheit auf die Sache einzugehen, hielt nicht lange vor. Man erklärte
ſich den ſchon am 24 October bemerkbaren Stimmungswechſel wohl mit Recht
aus einer längeren Unterredung welche der Reichskanzler am Tage vorher im
Sitzungsſaale mit Hrn. v. Bennigſen gehalten hatte, zumal da jetzt die national-
liberale Fraction ihrerſeits die Erweiterung der Reichscompetenz auf die Geſetz-
gebung über das geſammte bürgerliche Recht als einen vorbereitenden Schritt auf
die Einführung der obligatoriſchen Civilehe in Anregung brachte. Trotz gewichtiger
Bedenken ob die Civilehe-Frage durch eine ſolche Aenderung der Nr. 13 des Art. 4
der Verfaſſung nicht eher verzögert als erleichtert werden würde, konnten ſich die
andern liberalen Parteien nicht wohl entziehen dieſer Anregung Folge zu geben.
War doch derſelbe Antrag, nachdem er im conſtituirenden Reichstage 1867 durch-
gefallen war, bereits im Norddeutſchen Reichstag im Frühjahr 1869 mit großer
Mehrheit beſchloſſen worden, ohne jedoch damals die Zuſtimmung des Bundesraths zu
finden. Bereits am 30 October wurde denn auch dieſer, zwar von Mitgliedern
aller drei liberalen Parteien, ſowie der Deutſchen Reichspartei, geſtellte, aber nur
unter dem Namen Lasker-Miquel bekannt gewordene Antrag, mit nicht weniger
als 167 Unterſchriften verſehen — nur die Conſervativen und das Centrum hatten
ſich jeder Betheiligung daran enthalten — eingebracht.

Die Frage der Einführung der Civilehe war damit, da die Vertreter Bayerns
im Bundesrathe ſich nicht veranlaßt ſahen ihrerſeits die Initiative zu ergreifen,
vorläufig beſeitigt. Die Beaufſichtigung der Schule konnte der Geiſtlichkeit wegen
mangelnder Competenz vom Reichstage nicht entzogen werden. Beide Maßregeln
würden ohnehin keine unmittelbare Abwehr der klerikalen Verſuche die Autorität
des Staats zu untergraben zur Folge gehabt haben. Es galt ein anderes „Boll-
werk“ gegen die Angriffe der Ultramontanen zu finden. Da ſtellte Dr. Marquard
Barth, nach Verabredung mit Fiſcher (Augsburg), v. Hörmann, Dr. Völk

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[0001] Allgemeine Zeitung. Nr. 3. Augsburg, Mittwoch, 3 Januar 1872. Verlag der J. G. Cotta’ſchen Buchhandlung. Für die Redaction verantwortlich: Dr. J. v. Goſen. Zur Nachricht. Hierdurch die ergebene Mittheilung daß wir der Buchhandlung W. Adolf & Comp. (H. Hengſt) in Berlin. 58, Unter den Linden, eine Agentur zur Annahme von Inſeraten und Abounements für Berlin und Umgegend übertragen haben. Expedition der Allgemeinen Zeilung. Ueberſicht. Rückblicke auf die zweite Seſſion des erſten Deutſchen Reichs- tags. V. Das Project zur Durchführung des rumäniſchen Giſenbahu-geſetzes. Deutſches Reich. Berlin: Vom Hof. Ordensverleihung. Die confeſſionelle Geſetzgebung. Plenarſitzung des Bundesraths. Das Eiſenbahn-Bataillon. Marine-Recrutirung. Die Berliner Polizei. Poſen: Polniſche Reminiſcenzen und Gegenmittel. Oeſterreichiſch-ungariſche Monarchie. Aus Oeſterreich: Rückblicke und Ausblicke. Die Thronrede und die Ultramontanen. Wien: Das Miniſte- rium und ſeine Action. Die Preßleitung und die Stimmung. Trieſt: Engher- zigkeit der Italiener in Trieſt. Der Vertrag der Regierung mit dem Lloyd. Die Entwicklung der ruſſiſchen Dampfſchifffahrt im Süden. Eine Mahnung. Peſt: Die neue Gerichtsorganiſation. Schweiz. Bern: Das Reviſionswerk. Rheincorrection. Die Abſtimmung in Graubünden über die Splügenbahn-Subvention. Mazzini. Graf Chambord. Rüſtow. Mina Puccinelli. Berner Aſſiſen. Großbritannien. Die Note des Fürſten Bismarck. Zur Eröffnung des öſter- reichiſchen Reichsraths. Frankreich. Officielles Diner. Kundmachung. Bictor Hugo. Tolhauſen und Gramont. Gambetta auf Reiſen. Akademiewahlen. Die Vorgänge in Vitry. Der Herzog v. Aumale und ſein Intendant. Bank und Akademie. Nizza: Die hieſigen Deutſchen. Fehlen eines Conſuls. Italien. Rom: Die Volkszählung in Rom. Ver. Staaten von Nordamerika. San Francisco: Die japaniſche Geſandtſchaft. Südamerika. Callao: General und Ex-Dictator Melgarejo †. Verſchiedenes. Induſtrie, Handel und Verkehr. Neueſte Poſten. London: Prinz von Wales. Budget-Ueberſchuß. Die „Times“ über Deutſchland. König von Siam. Paris: Biſchof Dupanloup. Rom: Neujahrsempfang. Telegraphiſche Berichte. 1 München, 2 Jan. Prof. Friedrich reiste heute nach Amberg um dort das Begräbniß eines Altkatholiken vorzunehmen, und wird morgen den Trauer- gottesdienſt in der vom Amberger Magiſtrat eingeräumten dortigen Spitalkirche abhalten. Das katholiſche Stadtpfarramt Amberg proteſtirte, die Negierung ge- nehmigte jedoch die öffentliche Feier des altkatholiſchen Begräbniſſes. (*) Verſailles, 1 Jan. Hr. Thiers empfieng heute Mittags die Glück- wünſche des diplomatiſchen Corps. Eine Anſprache wurde nicht gehalten. Graf Arnim, welcher hier ſeine Beglaubigungsſchreiben noch nicht überreicht hat und ſeines Geſandtenpoſtens in Rom noch nicht enthoben iſt, war bei dem Empfange nicht zugegen. Bereits geſtern tauſchte Hr. Thiers Gratulationsbeſuche mit dem Prä- ſidium der Nationalverſammlung aus, und nahm alsdann die Glückwünſche von zahlreichen Abgeordneten aller Parteien entgegen. (*) Rom, 1 Jan. Auf Befehl des Königs begab ſich der k. Adjutant General Pralormo, von einem Ordonnanzofficier begleitet, zur Beglückwünſchung des Papſtes im Namen des Königs in den Vatican. Der General wurde vom Cardinal Antonelli empfangen, welcher erklärte: der Papſt könne ihn wegen eines leichten Unwohlſeins nicht empfangen; er werde aber dem Papſte die freundliche Botſchaft des Königs übermitteln. Antonelli bat den General Pralormo dem König zu danken, und demſelben den Ausdruck ſeiner Ehrerbietung zu überbringen. — In Folge einer neuen Municipalverfügung haben ſämmtliche Kutſcher die Ar- beit eingeſtellt. Induſtrie, Handel und Verkehr. London, 1 Jan. Nach einer hier erſchienenen Bekanntmachung haben die In- haber 5 procentiger türkiſcher Bonds, welche die Bezahlung der Zinſen des letzten Semeſters an einem europäiſchen Platze zu erhalten wünſchen, hievon eine der Agenturen der kaiſerlich osmaniſchen Bank bis zum 9 Febrnar zu verſtändigen. (T. N.) Aus Rom wird berichtet daß die italieniſche Nationalbank bei der Re- gierung um Erhöhung ihres Capitals von 100 auf 150 Mill, eingekommen iſt. Die Emiſſion der neuen Actien wird zu 2000 Frcs, nämlich mit einer Prämie von 1000 Frcs., geſchehen, und die derzeitigen Actionäre haben den Vorzug. Die Hälfte der Prämie, 500 Frcs. per Actie, wird dem Aerar zugewieſen werden, dem dadurch eine Einnahme von 25 Millionen erwächst. (Waſhingtoner Stadtanleihe.) Wie Frankfurter Blätter vernehmen, ſollen die 6proc. Goldobligationen der Stadt Waſhington am 11 Januar zu etwa 92 Proc. durch die Oeſterreichiſch-deutſche Bank und die HH. Seligman und Stettheuner zur Emiſſion gelaugen. K. Erfurt, 30 Deꝛ. Seit den letzten Tagen vergangener Woche haben wir mäßiges Froſtwetter. Wie gewöhnlich um die Zeit der Feſttage waren die Marktzuſnhren nur geringfügig, weßhalb der Berkehr keine Ausdehnung gewinnen konnte. Preiſe ſind ohne weſentliche Aenderung zu notiren. Weizen per Wiſpel 79½—85 Thlr. (1000 Kilogr. = 2000 Pfd. Netto 78⅚—84⅓ Thlr), Roggen per W. 60—63½ Thlr. (1000 Kilogr. = 2000 Pfd. Netto 60¼—63¾ Thlr), Gerſte per W. 46—51 Thlr. (1000 Kilogr. = 2000 Pfd. Netto 52½—58¼ Thlr.), Hafer per W. 28½—29½ Thlr. (1000 Kilogr. = 2000 Pfd. Netto 48½—50¼ Thlr.), Linſen per 100 Pfd. 3½—4¼ Thlr. (100 Kilogr. = 200 Pf. Netto 7—8½ Thlr.), Erbſen per 100 Pfd 2⅔—4 Thlr. (100 Kilogr = 200 Pfd. Netto 5⅓—8 Thlr.), Bohnen, weiße, per 100 Pfd. 3⅚—4⅓ Thlr. (100 Kilogr. = 200 Pfd. Petto 7⅔—8⅔ Thlr.), Viehbohnen per 100 Pfd. 2⅔—2¾ Thlr. (100 Kilogr. = 200 Nfd. Netto 5¼—5½ Thlr.) Rückblicke auf die zweite Seſſion des erſten Deutſchen Reichstags. V. &#xfffc; Berlin, Ende Decembers. So viel auch das vom letzten Reichstag beſchloſſene Ergänzungsgeſetz zum Strafgeſetzbuch beſprochen iſt, ſo iſt doch die eigentliche Geſchichte des berühmten §. 130 a nur in engeren Kreiſen bekannt ge- worden. Es wird daher vorausſichtlich für die Leſer von größerem Intereſſe ſein wenn ich ihnen erzähle was darüber zu meiner Kunde gelangt iſt, als wenn ich die für und gegen das Geſetz geltend gemachten Gründe hier noch einmal er- örtern wollte. Als das vom 1 künft. Mts. an für das ganze Deutſche Reich gültige Straf- geſetzbuch zuerſt entworfen und im Norddeutſchen Reichstage berathen wurde, gab es noch kein Dogma vom 18 Juli 1870, und es lag keine Veranlaſſung vor Straf- beſtimmungen gegen den Mißbrauch des geiſtlichen Amts in dasſelbe aufzunehmen. Auch als der erſte Deutſche Reichstag im Frühjahr d. J. über die Einführung des Strafgeſetzbuchs in Bayern Beſchluß zu faſſen hatte, war ein entſchiedenes Be- dürfniß für die Aufnahme ſolcher Beſtimmungen noch nicht hervorgetreten, und man glaubte das Vertrauen hegen zu dürfen daß die höhere katholiſche Geiſtlichkeit Agitationen des niedern Klerus, wie ſie bei verſchiedenen Wahlprüfungen zur Sprache gekommen waren, aus freien Stücken im Intereſſe der Kirche für die Zu- kunft vorbeugen werde. Anders ſtanden die Sachen als der Reichstag im October zu ſeiner zweiten Seſſion zuſammentrat. Das neue Dogma von der Unfehlbarkeit hatte angefangen den Frieden zwiſchen Staat und Kirche zu gefährden. Fälle in welchen die geiſtliche Amtsgewalt zu Angriffen auf die öffentliche Ordnung miß- braucht wurde, waren in mehreren Bundesſtaaten, vor allen in Bayern, vorge- kommen, und wenige Tage ſpäter wurde jenes officielle Schreiben des Biſchofs von Eichſtädt bekannt, in welchem offen ausgeſprochen war: daß der Verfaſſungseid für den Geiſtlichen die bindende Kraft verliere ſobald er mit dem Intereſſe der Kirche in Widerſpruch trete. Das Gefühl, es bedürfe eingreifender Maßregeln zum Schutze des Staats und ſeiner Angehörigen gegen die Uebergriffe und Angriffe der Kirche, ward deßhalb ziemlich allgemein empfunden, und nur darüber mit welcher Maß- regel zu beginnen ſei, giengen die Anſichten der Mehrheit auseinander. Treu ihrem Programm zog die liberale Reichspartei, in welcher überdieß das zum Hauptangriffsfelde der Ultramontanen auserſehene Bayern am ſtärkſten vertreten iſt, dieſe Fragen zuerſt in den Kreis ihrer Berathungen. Sie beſchäftigte ſich zunächſt — und zwar ſchon am 19 October — mit dem Nothſtande der durch die in Folge des neuen Dogma’s vielfach vorgekommenen Verweigerungen der kirch- lichen Trauung in Bayern hervorgerufen war, und glaubte Abhülfe in ein em An- trag auf allgemeine Einführung der obligatoriſchen Eivilehe zu finden. Da ein ſolcher Antrag eine Verfaſſungsänderung involvirte, beſchloß man vorläuſig mit den anderen Fractionen darüber in Communication zu treten und die Stimmung des Bundesraths zu ſondiren. Die ſich anfangs in der nationalliberalen Partei zeigende Geneigtheit auf die Sache einzugehen, hielt nicht lange vor. Man erklärte ſich den ſchon am 24 October bemerkbaren Stimmungswechſel wohl mit Recht aus einer längeren Unterredung welche der Reichskanzler am Tage vorher im Sitzungsſaale mit Hrn. v. Bennigſen gehalten hatte, zumal da jetzt die national- liberale Fraction ihrerſeits die Erweiterung der Reichscompetenz auf die Geſetz- gebung über das geſammte bürgerliche Recht als einen vorbereitenden Schritt auf die Einführung der obligatoriſchen Civilehe in Anregung brachte. Trotz gewichtiger Bedenken ob die Civilehe-Frage durch eine ſolche Aenderung der Nr. 13 des Art. 4 der Verfaſſung nicht eher verzögert als erleichtert werden würde, konnten ſich die andern liberalen Parteien nicht wohl entziehen dieſer Anregung Folge zu geben. War doch derſelbe Antrag, nachdem er im conſtituirenden Reichstage 1867 durch- gefallen war, bereits im Norddeutſchen Reichstag im Frühjahr 1869 mit großer Mehrheit beſchloſſen worden, ohne jedoch damals die Zuſtimmung des Bundesraths zu finden. Bereits am 30 October wurde denn auch dieſer, zwar von Mitgliedern aller drei liberalen Parteien, ſowie der Deutſchen Reichspartei, geſtellte, aber nur unter dem Namen Lasker-Miquel bekannt gewordene Antrag, mit nicht weniger als 167 Unterſchriften verſehen — nur die Conſervativen und das Centrum hatten ſich jeder Betheiligung daran enthalten — eingebracht. Die Frage der Einführung der Civilehe war damit, da die Vertreter Bayerns im Bundesrathe ſich nicht veranlaßt ſahen ihrerſeits die Initiative zu ergreifen, vorläufig beſeitigt. Die Beaufſichtigung der Schule konnte der Geiſtlichkeit wegen mangelnder Competenz vom Reichstage nicht entzogen werden. Beide Maßregeln würden ohnehin keine unmittelbare Abwehr der klerikalen Verſuche die Autorität des Staats zu untergraben zur Folge gehabt haben. Es galt ein anderes „Boll- werk“ gegen die Angriffe der Ultramontanen zu finden. Da ſtellte Dr. Marquard Barth, nach Verabredung mit Fiſcher (Augsburg), v. Hörmann, Dr. Völk

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2022-03-29T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 3, 3. Januar 1872, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine03_1872/1>, abgerufen am 21.11.2024.