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Allgemeine Zeitung, Nr. 3, 3. Januar 1830.

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[Spaltenumbruch] prachtvolle Cerimonie mochte in Zeiten der Jgnoranz und des
Aberglaubens ungeschikterweise als eine Verleihung der Krone und
der königlichen Gewalt durch Priesterhand angesehen werden; aber
in Jahrhunderten, die über die Unabhängigkeit der Civilgewalt
aufgeklärter waren, und seitdem unsere Väter, um zu vermeiden,
daß sich die Kirche nicht für berechtigt erkläre, dasjenige wieder
zurükzunehmen, was sie gegeben zu haben glauben mochte, als
Grundmaxime ausgesprochen hatten, daß der König seine Herrschaft
nur von Gott, von seinem Degen und von seinem Staatsgeseze
habe, ward die Krönung nur noch unter ihrem wahren Gesichts-
punkte, d. h. als eine rein religieuse Handlung betrachtet, die in
dieser Hinsicht unsere ganze Hochachtung verdient, aber die Wesen-
heit des Königthums durchaus nichts angeht, und in dieser Bezie-
hung entweder ganz unterlassen oder verschoben werden kan, und
zu dem politischen Charakter des Königs, seiner natürlichen und
gesezlichen Macht und seiner unmittelbaren und unbedingten Un-
verlezlichkeit nichts beiträgt. Wenn daher in unsern Gesezen seine
Person geheiligt genannt wird, so will man damit nur für alle
Zeiten das anzeigen, was für unsere Augen das Heiligste und Eh-
renwertheste ist; diese Unverlezlichkeit der geheiligten Person des
Königs hat aber nichts mit dem besonders bezeichneten Vergehen
der Beleidigung der Person des Königs gemein, dessen Hr. Ber-
tin bezüchtigt war. Die durch die Charte erklärte Unverlezlich-
keit der Person des Königs hat zum Hauptzweke, den Körper
des Königs selbst vor jedem Angrif zu bewahren; sie gestat-
tet nicht, daß er der Gegenstand irgend einer Gewaltthat, selbst
unter dem Titel der Repressalie oder der natürlichen Ver-
theidigung seyn könne; sie gestattet eben so wenig, daß man ihn
persönlich für irgend eine als Vergehen qualifizirte Handlung ver-
antwortlich machen, oder ihm persönlich eine schlechte Absicht auf-
bürden könne. Der König kan unter keinem menschlichen Tribu-
nale stehen, und erkennt keine andern Richter auf der Erde, außer
Gott, seinem Gewissen und seinem Eid. Darin besteht seine Unver-
lezlichkeit. Jeder Angrif auf diese Unverlezlichkeit des Königs macht
ein schweres Vergehen aus, und könnte selbst, nach Beschaffenheit,
als Verbrechen qualifizirt worden; Verbrechen aber oder Ver-
gehen, so ist dis ein sehr unterschiedener Fall von dem Vergehen der
Beleidigung der Person des Königs. Man durfte da-
her nicht, wie die erste Jnstanz gethan, und dadurch das was sie
unterscheiden sollte zusammengestellt hat, das eine von dem an-
dern ableiten; denn Hr. Bertin war nicht angeklagt, die Un-
verlezlichkeit der Person des Königs
angegriffen zu
haben. Das angeführte Gesez hatte im Entwurfe die Worte:
beleidigende Bezüchtigung oder Aeußerung, oder Jnjurie (l'im-
putation ou l'allegation offensante, ou l'injure
). Statt die-
ser allzu umfassenden Worte hat aber der Gesezgeber den bestimm-
ten Ausdruk der Beleidigung der Person des Königs
gesezt. Die Beleidigung muß demnach, um das Gesez anwendbar
zu machen, gegen die Person des Königs gerichtet seyn, damit ge-
wiß sey, daß es der Mensch selbst, das Jndividuum des Königs
sey, das man habe persönlich beleidigen wollen. Das Gesez hat,
wir wollen nicht daran zweifeln, in seiner Hochherzigkeit gewollt,
daß der König von Frankreich zuweilen, wie jener römische Kaiser
sagen könne: "Jch fühle mich nicht verlezt." Jch bin übrigens
blos dem Grundsaze zu Gefallen in diese juristische Erörterung ein-
gegangen; wenn ich aber von dem Faktum selbst spreche, so wer-
den Sie bald überzeugt seyn, daß der angeschuldigte Artikel in al-
[Spaltenumbruch] len seinen Theilen, der unseligen Auslegung, die man ihm zu ge-
ben sich bemüht hat, widerstrebt."

(Forts. folgt.)


Die zwei lezten Prozesse gegen die perio-
dische Presse, und die von dem königlichen Gerichtshofe von Paris
darin gefällten Urtheile, sind von hoher Wichtigkeit und der Gegen-
stand aller politischen Unterhaltungen, wegen der Folgen, die sie
für die Angelegenheiten des Ministeriums haben können. Es geht
daraus nun offenbar hervor, daß sich die königlichen Gerichtshöfe
dem Regierungssysteme nicht anschließen wollen, und im Falle
außergesezliche Maaßregeln vom Ministerium getroffen werden
sollten, dieses einen Widerstand bei den Gerichtshöfen finden
würde. Nun könnte sich aber ein antikonstitutionelles System nur
auf die Gefälligkeit der Gerichte gründen. Dabei ist wohl zu be-
merken, daß die beiden Kammern des zur Verurtheilung der
Sachen des Courrier und des Journal des Debats berufenen kö-
niglichen Gerichtshofs aus Personen der Magistratur bestanden,
auf welche die konstitutionelle Meynung nicht zählte. Sie waren
so zu sagen in der Absicht gewählt worden, die Schriftsteller zu
verurtheilen; man darf dabei nur bedenken, daß der Präsident
Amy (der als falscher Wahlmann überwiesen worden) daselbst al-
len Einfluß hatte, und dennoch hat sich nun gezeigt, daß es zu
keiner Verurtheilung gekommen ist. Wie würde es erst seyn,
wenn irgend eine andere Kammer oder Gerichtshof des König-
reichs ihr Erkenntniß abzugeben hätte! Dis ist demnach eine große
dem Ministerium zum Voraus gegebene Lehre; es darf an keine
Gewaltthat denken, wenn es nicht bei jedem Schritte die Wider-
stände sich vervielfachen sehen will. Nun wären noch zwei Pro-
zesse zu entscheiden; der eine ist ohne Wichtigkeit, nemlich der
aus Anlaß des "Sohns des Mannes", der Schrift der HH. Bar-
thelemy und Mery; der andere aber von großer Bedeutung, da
er mit der Verweigerung der Auflagen in Verbindung steht. Der
königliche Gerichtshof wird nemlich aus Anlaß der bretagnischen
Subscription über eine der ernsthaftesten Fragen der konstitu-
tionellen Verfassung zu entscheiden haben: Müssen die Bürger die
Auflage bezahlen, wenn sie ungesezlicherweise bezogen wird? Man
zweifelt nicht, daß sich der Gerichtshof für die Bürger aussprechen
werde. Die beiden Prinzipe die er festgestellt hat, sind vorzugsweise
konstitutionnell. Einerseits hat er die Freiheit des Gewissens und der
religieusen Erörterungen in der Sache des Courrier, andererseits
die Freiheit der Erörterung über die Handlungen und Personen
der Regierung in der Sache des Journal des Debats ausgespro-
chen. Jn welcher Lage befindet sich jezt das Ministerium? Es ist
schwer mit Bestimmtheit darauf zu antworten; doch will ich ver-
suchen, meine Ansichten darüber kurz darzulegen. Jn Abwesenheit
der Kammern ist keine gesezliche Gewalt im Staate vorhanden.
Die königliche Autorität, einer von ihr selbst gewählten Gewalt
übertragen, findet keine andere Kontrolle als die der Presse und
der Meynung, die sich durch Worte nicht durch Handlungen ausdrü-
ken. Deswegen kan denn auch ein Ministerium nicht wohl zum
Rüktritte gezwungen werden. So heftig und entschieden auch die
öffentliche Meynung seyn mag, was kan sie thun? Sie ist keine
regelmäßige Staatsgewalt; sie drükt sich als Thatsache aus, das
ist dann Alles. Ein Ministerium kan demnach sehr gut dem An-
griffe der Journale widerstehn, und so lange die Kammern nicht
beisammen sind, und dasselbe also auch keine wirklichen Handlun-
gen vornehmen kan, können und müssen die Dinge in ihrem Zu-
stande bleiben. Dieser Fall verändert sich aber gleich, so wie die

[Spaltenumbruch] prachtvolle Cerimonie mochte in Zeiten der Jgnoranz und des
Aberglaubens ungeſchikterweiſe als eine Verleihung der Krone und
der königlichen Gewalt durch Prieſterhand angeſehen werden; aber
in Jahrhunderten, die über die Unabhängigkeit der Civilgewalt
aufgeklärter waren, und ſeitdem unſere Väter, um zu vermeiden,
daß ſich die Kirche nicht für berechtigt erkläre, dasjenige wieder
zurükzunehmen, was ſie gegeben zu haben glauben mochte, als
Grundmaxime ausgeſprochen hatten, daß der König ſeine Herrſchaft
nur von Gott, von ſeinem Degen und von ſeinem Staatsgeſeze
habe, ward die Krönung nur noch unter ihrem wahren Geſichts-
punkte, d. h. als eine rein religieuſe Handlung betrachtet, die in
dieſer Hinſicht unſere ganze Hochachtung verdient, aber die Weſen-
heit des Königthums durchaus nichts angeht, und in dieſer Bezie-
hung entweder ganz unterlaſſen oder verſchoben werden kan, und
zu dem politiſchen Charakter des Königs, ſeiner natürlichen und
geſezlichen Macht und ſeiner unmittelbaren und unbedingten Un-
verlezlichkeit nichts beiträgt. Wenn daher in unſern Geſezen ſeine
Perſon geheiligt genannt wird, ſo will man damit nur für alle
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renwertheſte iſt; dieſe Unverlezlichkeit der geheiligten Perſon des
Königs hat aber nichts mit dem beſonders bezeichneten Vergehen
der Beleidigung der Perſon des Königs gemein, deſſen Hr. Ber-
tin bezüchtigt war. Die durch die Charte erklärte Unverlezlich-
keit der Perſon des Königs hat zum Hauptzweke, den Körper
des Königs ſelbſt vor jedem Angrif zu bewahren; ſie geſtat-
tet nicht, daß er der Gegenſtand irgend einer Gewaltthat, ſelbſt
unter dem Titel der Repreſſalie oder der natürlichen Ver-
theidigung ſeyn könne; ſie geſtattet eben ſo wenig, daß man ihn
perſönlich für irgend eine als Vergehen qualifizirte Handlung ver-
antwortlich machen, oder ihm perſönlich eine ſchlechte Abſicht auf-
bürden könne. Der König kan unter keinem menſchlichen Tribu-
nale ſtehen, und erkennt keine andern Richter auf der Erde, außer
Gott, ſeinem Gewiſſen und ſeinem Eid. Darin beſteht ſeine Unver-
lezlichkeit. Jeder Angrif auf dieſe Unverlezlichkeit des Königs macht
ein ſchweres Vergehen aus, und könnte ſelbſt, nach Beſchaffenheit,
als Verbrechen qualifizirt worden; Verbrechen aber oder Ver-
gehen, ſo iſt dis ein ſehr unterſchiedener Fall von dem Vergehen der
Beleidigung der Perſon des Königs. Man durfte da-
her nicht, wie die erſte Jnſtanz gethan, und dadurch das was ſie
unterſcheiden ſollte zuſammengeſtellt hat, das eine von dem an-
dern ableiten; denn Hr. Bertin war nicht angeklagt, die Un-
verlezlichkeit der Perſon des Königs
angegriffen zu
haben. Das angeführte Geſez hatte im Entwurfe die Worte:
beleidigende Bezüchtigung oder Aeußerung, oder Jnjurie (l’im-
putation ou l’allegation offensante, ou l’injure
). Statt die-
ſer allzu umfaſſenden Worte hat aber der Geſezgeber den beſtimm-
ten Ausdruk der Beleidigung der Perſon des Königs
geſezt. Die Beleidigung muß demnach, um das Geſez anwendbar
zu machen, gegen die Perſon des Königs gerichtet ſeyn, damit ge-
wiß ſey, daß es der Menſch ſelbſt, das Jndividuum des Königs
ſey, das man habe perſönlich beleidigen wollen. Das Geſez hat,
wir wollen nicht daran zweifeln, in ſeiner Hochherzigkeit gewollt,
daß der König von Frankreich zuweilen, wie jener römiſche Kaiſer
ſagen könne: „Jch fühle mich nicht verlezt.“ Jch bin übrigens
blos dem Grundſaze zu Gefallen in dieſe juriſtiſche Erörterung ein-
gegangen; wenn ich aber von dem Faktum ſelbſt ſpreche, ſo wer-
den Sie bald überzeugt ſeyn, daß der angeſchuldigte Artikel in al-
[Spaltenumbruch] len ſeinen Theilen, der unſeligen Auslegung, die man ihm zu ge-
ben ſich bemüht hat, widerſtrebt.“

(Fortſ. folgt.)


Die zwei lezten Prozeſſe gegen die perio-
diſche Preſſe, und die von dem königlichen Gerichtshofe von Paris
darin gefällten Urtheile, ſind von hoher Wichtigkeit und der Gegen-
ſtand aller politiſchen Unterhaltungen, wegen der Folgen, die ſie
für die Angelegenheiten des Miniſteriums haben können. Es geht
daraus nun offenbar hervor, daß ſich die königlichen Gerichtshöfe
dem Regierungsſyſteme nicht anſchließen wollen, und im Falle
außergeſezliche Maaßregeln vom Miniſterium getroffen werden
ſollten, dieſes einen Widerſtand bei den Gerichtshöfen finden
würde. Nun könnte ſich aber ein antikonſtitutionelles Syſtem nur
auf die Gefälligkeit der Gerichte gründen. Dabei iſt wohl zu be-
merken, daß die beiden Kammern des zur Verurtheilung der
Sachen des Courrier und des Journal des Debats berufenen kö-
niglichen Gerichtshofs aus Perſonen der Magiſtratur beſtanden,
auf welche die konſtitutionelle Meynung nicht zählte. Sie waren
ſo zu ſagen in der Abſicht gewählt worden, die Schriftſteller zu
verurtheilen; man darf dabei nur bedenken, daß der Präſident
Amy (der als falſcher Wahlmann überwieſen worden) daſelbſt al-
len Einfluß hatte, und dennoch hat ſich nun gezeigt, daß es zu
keiner Verurtheilung gekommen iſt. Wie würde es erſt ſeyn,
wenn irgend eine andere Kammer oder Gerichtshof des König-
reichs ihr Erkenntniß abzugeben hätte! Dis iſt demnach eine große
dem Miniſterium zum Voraus gegebene Lehre; es darf an keine
Gewaltthat denken, wenn es nicht bei jedem Schritte die Wider-
ſtände ſich vervielfachen ſehen will. Nun wären noch zwei Pro-
zeſſe zu entſcheiden; der eine iſt ohne Wichtigkeit, nemlich der
aus Anlaß des „Sohns des Mannes“, der Schrift der HH. Bar-
thelemy und Mery; der andere aber von großer Bedeutung, da
er mit der Verweigerung der Auflagen in Verbindung ſteht. Der
königliche Gerichtshof wird nemlich aus Anlaß der bretagniſchen
Subſcription über eine der ernſthafteſten Fragen der konſtitu-
tionellen Verfaſſung zu entſcheiden haben: Müſſen die Bürger die
Auflage bezahlen, wenn ſie ungeſezlicherweiſe bezogen wird? Man
zweifelt nicht, daß ſich der Gerichtshof für die Bürger ausſprechen
werde. Die beiden Prinzipe die er feſtgeſtellt hat, ſind vorzugsweiſe
konſtitutionnell. Einerſeits hat er die Freiheit des Gewiſſens und der
religieuſen Erörterungen in der Sache des Courrier, andererſeits
die Freiheit der Erörterung über die Handlungen und Perſonen
der Regierung in der Sache des Journal des Debats ausgeſpro-
chen. Jn welcher Lage befindet ſich jezt das Miniſterium? Es iſt
ſchwer mit Beſtimmtheit darauf zu antworten; doch will ich ver-
ſuchen, meine Anſichten darüber kurz darzulegen. Jn Abweſenheit
der Kammern iſt keine geſezliche Gewalt im Staate vorhanden.
Die königliche Autorität, einer von ihr ſelbſt gewählten Gewalt
übertragen, findet keine andere Kontrolle als die der Preſſe und
der Meynung, die ſich durch Worte nicht durch Handlungen ausdrü-
ken. Deswegen kan denn auch ein Miniſterium nicht wohl zum
Rüktritte gezwungen werden. So heftig und entſchieden auch die
öffentliche Meynung ſeyn mag, was kan ſie thun? Sie iſt keine
regelmäßige Staatsgewalt; ſie drükt ſich als Thatſache aus, das
iſt dann Alles. Ein Miniſterium kan demnach ſehr gut dem An-
griffe der Journale widerſtehn, und ſo lange die Kammern nicht
beiſammen ſind, und daſſelbe alſo auch keine wirklichen Handlun-
gen vornehmen kan, können und müſſen die Dinge in ihrem Zu-
ſtande bleiben. Dieſer Fall verändert ſich aber gleich, ſo wie die

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[10/0002] prachtvolle Cerimonie mochte in Zeiten der Jgnoranz und des Aberglaubens ungeſchikterweiſe als eine Verleihung der Krone und der königlichen Gewalt durch Prieſterhand angeſehen werden; aber in Jahrhunderten, die über die Unabhängigkeit der Civilgewalt aufgeklärter waren, und ſeitdem unſere Väter, um zu vermeiden, daß ſich die Kirche nicht für berechtigt erkläre, dasjenige wieder zurükzunehmen, was ſie gegeben zu haben glauben mochte, als Grundmaxime ausgeſprochen hatten, daß der König ſeine Herrſchaft nur von Gott, von ſeinem Degen und von ſeinem Staatsgeſeze habe, ward die Krönung nur noch unter ihrem wahren Geſichts- punkte, d. h. als eine rein religieuſe Handlung betrachtet, die in dieſer Hinſicht unſere ganze Hochachtung verdient, aber die Weſen- heit des Königthums durchaus nichts angeht, und in dieſer Bezie- hung entweder ganz unterlaſſen oder verſchoben werden kan, und zu dem politiſchen Charakter des Königs, ſeiner natürlichen und geſezlichen Macht und ſeiner unmittelbaren und unbedingten Un- verlezlichkeit nichts beiträgt. Wenn daher in unſern Geſezen ſeine Perſon geheiligt genannt wird, ſo will man damit nur für alle Zeiten das anzeigen, was für unſere Augen das Heiligſte und Eh- renwertheſte iſt; dieſe Unverlezlichkeit der geheiligten Perſon des Königs hat aber nichts mit dem beſonders bezeichneten Vergehen der Beleidigung der Perſon des Königs gemein, deſſen Hr. Ber- tin bezüchtigt war. Die durch die Charte erklärte Unverlezlich- keit der Perſon des Königs hat zum Hauptzweke, den Körper des Königs ſelbſt vor jedem Angrif zu bewahren; ſie geſtat- tet nicht, daß er der Gegenſtand irgend einer Gewaltthat, ſelbſt unter dem Titel der Repreſſalie oder der natürlichen Ver- theidigung ſeyn könne; ſie geſtattet eben ſo wenig, daß man ihn perſönlich für irgend eine als Vergehen qualifizirte Handlung ver- antwortlich machen, oder ihm perſönlich eine ſchlechte Abſicht auf- bürden könne. Der König kan unter keinem menſchlichen Tribu- nale ſtehen, und erkennt keine andern Richter auf der Erde, außer Gott, ſeinem Gewiſſen und ſeinem Eid. Darin beſteht ſeine Unver- lezlichkeit. Jeder Angrif auf dieſe Unverlezlichkeit des Königs macht ein ſchweres Vergehen aus, und könnte ſelbſt, nach Beſchaffenheit, als Verbrechen qualifizirt worden; Verbrechen aber oder Ver- gehen, ſo iſt dis ein ſehr unterſchiedener Fall von dem Vergehen der Beleidigung der Perſon des Königs. Man durfte da- her nicht, wie die erſte Jnſtanz gethan, und dadurch das was ſie unterſcheiden ſollte zuſammengeſtellt hat, das eine von dem an- dern ableiten; denn Hr. Bertin war nicht angeklagt, die Un- verlezlichkeit der Perſon des Königs angegriffen zu haben. Das angeführte Geſez hatte im Entwurfe die Worte: beleidigende Bezüchtigung oder Aeußerung, oder Jnjurie (l’im- putation ou l’allegation offensante, ou l’injure). Statt die- ſer allzu umfaſſenden Worte hat aber der Geſezgeber den beſtimm- ten Ausdruk der Beleidigung der Perſon des Königs geſezt. Die Beleidigung muß demnach, um das Geſez anwendbar zu machen, gegen die Perſon des Königs gerichtet ſeyn, damit ge- wiß ſey, daß es der Menſch ſelbſt, das Jndividuum des Königs ſey, das man habe perſönlich beleidigen wollen. Das Geſez hat, wir wollen nicht daran zweifeln, in ſeiner Hochherzigkeit gewollt, daß der König von Frankreich zuweilen, wie jener römiſche Kaiſer ſagen könne: „Jch fühle mich nicht verlezt.“ Jch bin übrigens blos dem Grundſaze zu Gefallen in dieſe juriſtiſche Erörterung ein- gegangen; wenn ich aber von dem Faktum ſelbſt ſpreche, ſo wer- den Sie bald überzeugt ſeyn, daß der angeſchuldigte Artikel in al- len ſeinen Theilen, der unſeligen Auslegung, die man ihm zu ge- ben ſich bemüht hat, widerſtrebt.“ (Fortſ. folgt.) † Paris, 26 Dec. Die zwei lezten Prozeſſe gegen die perio- diſche Preſſe, und die von dem königlichen Gerichtshofe von Paris darin gefällten Urtheile, ſind von hoher Wichtigkeit und der Gegen- ſtand aller politiſchen Unterhaltungen, wegen der Folgen, die ſie für die Angelegenheiten des Miniſteriums haben können. Es geht daraus nun offenbar hervor, daß ſich die königlichen Gerichtshöfe dem Regierungsſyſteme nicht anſchließen wollen, und im Falle außergeſezliche Maaßregeln vom Miniſterium getroffen werden ſollten, dieſes einen Widerſtand bei den Gerichtshöfen finden würde. Nun könnte ſich aber ein antikonſtitutionelles Syſtem nur auf die Gefälligkeit der Gerichte gründen. Dabei iſt wohl zu be- merken, daß die beiden Kammern des zur Verurtheilung der Sachen des Courrier und des Journal des Debats berufenen kö- niglichen Gerichtshofs aus Perſonen der Magiſtratur beſtanden, auf welche die konſtitutionelle Meynung nicht zählte. Sie waren ſo zu ſagen in der Abſicht gewählt worden, die Schriftſteller zu verurtheilen; man darf dabei nur bedenken, daß der Präſident Amy (der als falſcher Wahlmann überwieſen worden) daſelbſt al- len Einfluß hatte, und dennoch hat ſich nun gezeigt, daß es zu keiner Verurtheilung gekommen iſt. Wie würde es erſt ſeyn, wenn irgend eine andere Kammer oder Gerichtshof des König- reichs ihr Erkenntniß abzugeben hätte! Dis iſt demnach eine große dem Miniſterium zum Voraus gegebene Lehre; es darf an keine Gewaltthat denken, wenn es nicht bei jedem Schritte die Wider- ſtände ſich vervielfachen ſehen will. Nun wären noch zwei Pro- zeſſe zu entſcheiden; der eine iſt ohne Wichtigkeit, nemlich der aus Anlaß des „Sohns des Mannes“, der Schrift der HH. Bar- thelemy und Mery; der andere aber von großer Bedeutung, da er mit der Verweigerung der Auflagen in Verbindung ſteht. Der königliche Gerichtshof wird nemlich aus Anlaß der bretagniſchen Subſcription über eine der ernſthafteſten Fragen der konſtitu- tionellen Verfaſſung zu entſcheiden haben: Müſſen die Bürger die Auflage bezahlen, wenn ſie ungeſezlicherweiſe bezogen wird? Man zweifelt nicht, daß ſich der Gerichtshof für die Bürger ausſprechen werde. Die beiden Prinzipe die er feſtgeſtellt hat, ſind vorzugsweiſe konſtitutionnell. Einerſeits hat er die Freiheit des Gewiſſens und der religieuſen Erörterungen in der Sache des Courrier, andererſeits die Freiheit der Erörterung über die Handlungen und Perſonen der Regierung in der Sache des Journal des Debats ausgeſpro- chen. Jn welcher Lage befindet ſich jezt das Miniſterium? Es iſt ſchwer mit Beſtimmtheit darauf zu antworten; doch will ich ver- ſuchen, meine Anſichten darüber kurz darzulegen. Jn Abweſenheit der Kammern iſt keine geſezliche Gewalt im Staate vorhanden. Die königliche Autorität, einer von ihr ſelbſt gewählten Gewalt übertragen, findet keine andere Kontrolle als die der Preſſe und der Meynung, die ſich durch Worte nicht durch Handlungen ausdrü- ken. Deswegen kan denn auch ein Miniſterium nicht wohl zum Rüktritte gezwungen werden. So heftig und entſchieden auch die öffentliche Meynung ſeyn mag, was kan ſie thun? Sie iſt keine regelmäßige Staatsgewalt; ſie drükt ſich als Thatſache aus, das iſt dann Alles. Ein Miniſterium kan demnach ſehr gut dem An- griffe der Journale widerſtehn, und ſo lange die Kammern nicht beiſammen ſind, und daſſelbe alſo auch keine wirklichen Handlun- gen vornehmen kan, können und müſſen die Dinge in ihrem Zu- ſtande bleiben. Dieſer Fall verändert ſich aber gleich, ſo wie die

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Christopher Georgi, Manuel Wille, Jurek von Lingen: Bearbeitung und strukturelle Auszeichnung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription. (2021-11-17T12:00:00Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Zeitungen zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung, Nr. 3, 3. Januar 1830, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_allgemeine03_1830/2>, abgerufen am 06.06.2024.