Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.Nach einer kleinen Weile aber war er schon wieder bei "Meine Gäste, ihr höheren Menschen, ich will deutsch ("Deutsch und deutlich? Dass Gott erbarm! sagte Aber er meint "deutsch und derb" -- wohlan! Das "Ihr mögt wahrlich insgesammt höhere Menschen Für mich, das heisst: für das Unerbittliche, das in Wer nämlich selber auf kranken und zarten Beinen Meine Arme und meine Beine aber schone ich nicht, Mit euch verdürbe ich mir jeden Sieg noch. Und Auch seid ihr mir nicht schön genug und wohl¬ Nach einer kleinen Weile aber war er schon wieder bei „Meine Gäste, ihr höheren Menschen, ich will deutsch („Deutsch und deutlich? Dass Gott erbarm! sagte Aber er meint „deutsch und derb“ — wohlan! Das „Ihr mögt wahrlich insgesammt höhere Menschen Für mich, das heisst: für das Unerbittliche, das in Wer nämlich selber auf kranken und zarten Beinen Meine Arme und meine Beine aber schone ich nicht, Mit euch verdürbe ich mir jeden Sieg noch. Und Auch seid ihr mir nicht schön genug und wohl¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0077" n="70"/> Nach einer kleinen Weile aber war er schon wieder bei<lb/> seinen Gästen, blickte sie mit hellen, prüfenden Augen<lb/> an und sprach:</p><lb/> <p>„Meine Gäste, ihr höheren Menschen, ich will deutsch<lb/> und deutlich mit euch reden. Nicht auf <hi rendition="#g">euch</hi> wartete<lb/> ich hier in diesen Bergen.“</p><lb/> <p>(„Deutsch und deutlich? Dass Gott erbarm! sagte<lb/> hier der König zur Linken, bei Seite; man merkt, er<lb/> kennt die lieben Deutschen nicht, dieser Weise aus dem<lb/> Morgenlande!</p><lb/> <p>Aber er meint „deutsch und derb“ — wohlan! Das<lb/> ist heutzutage noch nicht der schlimmste Geschmack!“)</p><lb/> <p>„Ihr mögt wahrlich insgesammt höhere Menschen<lb/> sein, fuhr Zarathustra fort: aber für mich — seid ihr<lb/> nicht hoch und stark genug.</p><lb/> <p>Für mich, das heisst: für das Unerbittliche, das in<lb/> mir schweigt, aber nicht immer schweigen wird. Und<lb/> gehört ihr zu mir, so doch nicht als mein rechter Arm.</p><lb/> <p>Wer nämlich selber auf kranken und zarten Beinen<lb/> steht, gleich euch, der will vor Allem, ob er's weiss<lb/> oder sich verbirgt: dass er <hi rendition="#g">geschont</hi> werde.</p><lb/> <p>Meine Arme und meine Beine aber schone ich nicht,<lb/><hi rendition="#g">ich schone meine Krieger nicht</hi>: wieso könntet<lb/> ihr zu <hi rendition="#g">meinem</hi> Kriege taugen?</p><lb/> <p>Mit euch verdürbe ich mir jeden Sieg noch. Und<lb/> Mancher von euch fiele schon um, wenn er nur den<lb/> lauten Schall meiner Trommeln hörte.</p><lb/> <p>Auch seid ihr mir nicht schön genug und wohl¬<lb/> geboren. Ich brauche reine glatte Spiegel für meine<lb/> Lehren; auf eurer Oberfläche verzerrt sich noch mein<lb/> eignes Bildniss.</p><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [70/0077]
Nach einer kleinen Weile aber war er schon wieder bei
seinen Gästen, blickte sie mit hellen, prüfenden Augen
an und sprach:
„Meine Gäste, ihr höheren Menschen, ich will deutsch
und deutlich mit euch reden. Nicht auf euch wartete
ich hier in diesen Bergen.“
(„Deutsch und deutlich? Dass Gott erbarm! sagte
hier der König zur Linken, bei Seite; man merkt, er
kennt die lieben Deutschen nicht, dieser Weise aus dem
Morgenlande!
Aber er meint „deutsch und derb“ — wohlan! Das
ist heutzutage noch nicht der schlimmste Geschmack!“)
„Ihr mögt wahrlich insgesammt höhere Menschen
sein, fuhr Zarathustra fort: aber für mich — seid ihr
nicht hoch und stark genug.
Für mich, das heisst: für das Unerbittliche, das in
mir schweigt, aber nicht immer schweigen wird. Und
gehört ihr zu mir, so doch nicht als mein rechter Arm.
Wer nämlich selber auf kranken und zarten Beinen
steht, gleich euch, der will vor Allem, ob er's weiss
oder sich verbirgt: dass er geschont werde.
Meine Arme und meine Beine aber schone ich nicht,
ich schone meine Krieger nicht: wieso könntet
ihr zu meinem Kriege taugen?
Mit euch verdürbe ich mir jeden Sieg noch. Und
Mancher von euch fiele schon um, wenn er nur den
lauten Schall meiner Trommeln hörte.
Auch seid ihr mir nicht schön genug und wohl¬
geboren. Ich brauche reine glatte Spiegel für meine
Lehren; auf eurer Oberfläche verzerrt sich noch mein
eignes Bildniss.
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