Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.-- den Menschen, der höher ist als wir: ob wir Es giebt kein härteres Unglück in allem Menschen- Und wenn sie gar die letzten sind und mehr Vieh Was hörte ich eben? antwortete Zarathustra; -- mag es auch ein Reim werden, der nicht für (Hier aber geschah es, dass auch der Esel zu Einstmals -- ich glaub', im Jahr des Heiles Eins -- Sprach die Sibylle, trunken sonder Weins: "Weh, nun geht's schief! "Verfall! Verfall! Nie sank die Welt so tief! "Rom sank zur Hure und zur Huren-Bude, "Rom's Caesar sank zum Vieh, Gott selbst -- ward Jude!" — den Menschen, der höher ist als wir: ob wir Es giebt kein härteres Unglück in allem Menschen- Und wenn sie gar die letzten sind und mehr Vieh Was hörte ich eben? antwortete Zarathustra; — mag es auch ein Reim werden, der nicht für (Hier aber geschah es, dass auch der Esel zu Einstmals — ich glaub', im Jahr des Heiles Eins — Sprach die Sibylle, trunken sonder Weins: „Weh, nun geht's schief! „Verfall! Verfall! Nie sank die Welt so tief! „Rom sank zur Hure und zur Huren-Bude, „Rom's Caesar sank zum Vieh, Gott selbst — ward Jude!“ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0025" n="18"/> <p>— den Menschen, der höher ist als wir: ob wir<lb/> gleich Könige sind. Ihm führen wir diesen Esel zu.<lb/> Der höchste Mensch nämlich soll auf Erden auch der<lb/> höchste Herr sein.</p><lb/> <p>Es giebt kein härteres Unglück in allem Menschen-<lb/> Schicksale, als wenn die Mächtigen der Erde nicht<lb/> auch die ersten Menschen sind. Da wird Alles falsch<lb/> und schief und ungeheuer.</p><lb/> <p>Und wenn sie gar die letzten sind und mehr Vieh<lb/> als Mensch: da steigt und steigt der Pöbel im Preise,<lb/> und endlich spricht gar die Pöbel-Tugend: „siehe,<lb/> ich allein bin Tugend!“ —</p><lb/> <p>Was hörte ich eben? antwortete Zarathustra;<lb/> welche Weisheit bei Königen! Ich bin entzückt, und,<lb/> wahrlich, schon gelüstet's mich, einen Reim darauf zu<lb/> machen: —</p><lb/> <p>— mag es auch ein Reim werden, der nicht für<lb/> Jedermanns Ohren taugt. Ich verlernte seit langem<lb/> schon die Rücksicht auf lange Ohren. Wohlan!<lb/> Wohlauf!</p><lb/> <p>(Hier aber geschah es, dass auch der Esel zu<lb/> Worte kam: er sagte aber deutlich und mit bösem<lb/> Willen I-A.)</p><lb/> <lg type="poem"> <l>Einstmals — ich glaub', im Jahr des Heiles Eins —</l><lb/> <l>Sprach die Sibylle, trunken sonder Weins:</l><lb/> <l>„Weh, nun geht's schief!</l><lb/> <l>„Verfall! Verfall! Nie sank die Welt so tief!</l><lb/> <l>„Rom sank zur Hure und zur Huren-Bude,</l><lb/> <l>„Rom's Caesar sank zum Vieh, Gott selbst —<lb/><hi rendition="#et">ward Jude!“</hi></l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [18/0025]
— den Menschen, der höher ist als wir: ob wir
gleich Könige sind. Ihm führen wir diesen Esel zu.
Der höchste Mensch nämlich soll auf Erden auch der
höchste Herr sein.
Es giebt kein härteres Unglück in allem Menschen-
Schicksale, als wenn die Mächtigen der Erde nicht
auch die ersten Menschen sind. Da wird Alles falsch
und schief und ungeheuer.
Und wenn sie gar die letzten sind und mehr Vieh
als Mensch: da steigt und steigt der Pöbel im Preise,
und endlich spricht gar die Pöbel-Tugend: „siehe,
ich allein bin Tugend!“ —
Was hörte ich eben? antwortete Zarathustra;
welche Weisheit bei Königen! Ich bin entzückt, und,
wahrlich, schon gelüstet's mich, einen Reim darauf zu
machen: —
— mag es auch ein Reim werden, der nicht für
Jedermanns Ohren taugt. Ich verlernte seit langem
schon die Rücksicht auf lange Ohren. Wohlan!
Wohlauf!
(Hier aber geschah es, dass auch der Esel zu
Worte kam: er sagte aber deutlich und mit bösem
Willen I-A.)
Einstmals — ich glaub', im Jahr des Heiles Eins —
Sprach die Sibylle, trunken sonder Weins:
„Weh, nun geht's schief!
„Verfall! Verfall! Nie sank die Welt so tief!
„Rom sank zur Hure und zur Huren-Bude,
„Rom's Caesar sank zum Vieh, Gott selbst —
ward Jude!“
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Zitationshilfe: | Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891, S. 18. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra04_1891/25>, abgerufen am 16.07.2024. |