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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891.

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Vater, am ähnlichsten aber einer wackeligen alten
Grossmutter.

Da sass er, welk, in seinem Ofenwinkel, härmte
sich ob seiner schwachen Beine, weltmüde, willens¬
müde, und erstickte eines Tags an seinem allzugrossen
Mitleiden."

"Du alter Papst, sagte hier Zarathustra dazwischen,
hast du Das mit Augen angesehn? Es könnte wohl so
abgegangen sein: so, und auch anders. Wenn Götter
sterben, sterben sie immer viele Arten Todes.

Aber wohlan! So oder so, so und so -- er ist dahin!
Er gieng meinen Ohren und Augen wider den Ge¬
schmack, Schlimmeres möchte ich ihm nicht nachsagen.

Ich liebe Alles, was hell blickt und redlich redet.
Aber er -- du weisst es ja, du alter Priester, es war
Etwas von deiner Art an ihm, von Priester-Art -- er
war vieldeutig.

Er war auch undeutlich. Was hat er uns darob
gezürnt, dieser Zornschnauber, dass wir ihn schlecht
verstünden! Aber warum sprach er nicht reinlicher?

Und lag es an unsern Ohren, warum gab er uns
Ohren, die ihn schlecht hörten? War Schlamm in unsern
Ohren, wohlan! wer legte ihn hinein?

Zu Vieles missrieth ihm, diesem Töpfer, der nicht
ausgelernt hatte! Dass er aber Rache an seinen Töpfen
und Geschöpfen nahm, dafür dass sie ihm schlecht
geriethen, -- das war eine Sünde wider den guten
Geschmack
.

Es giebt auch in der Frömmigkeit guten Ge¬
schmack: der sprach endlich "Fort mit einem solchen
Gotte! Lieber keinen Gott, lieber auf eigne Faust

Vater, am ähnlichsten aber einer wackeligen alten
Grossmutter.

Da sass er, welk, in seinem Ofenwinkel, härmte
sich ob seiner schwachen Beine, weltmüde, willens¬
müde, und erstickte eines Tags an seinem allzugrossen
Mitleiden.“

„Du alter Papst, sagte hier Zarathustra dazwischen,
hast du Das mit Augen angesehn? Es könnte wohl so
abgegangen sein: so, und auch anders. Wenn Götter
sterben, sterben sie immer viele Arten Todes.

Aber wohlan! So oder so, so und so — er ist dahin!
Er gieng meinen Ohren und Augen wider den Ge¬
schmack, Schlimmeres möchte ich ihm nicht nachsagen.

Ich liebe Alles, was hell blickt und redlich redet.
Aber er — du weisst es ja, du alter Priester, es war
Etwas von deiner Art an ihm, von Priester-Art — er
war vieldeutig.

Er war auch undeutlich. Was hat er uns darob
gezürnt, dieser Zornschnauber, dass wir ihn schlecht
verstünden! Aber warum sprach er nicht reinlicher?

Und lag es an unsern Ohren, warum gab er uns
Ohren, die ihn schlecht hörten? War Schlamm in unsern
Ohren, wohlan! wer legte ihn hinein?

Zu Vieles missrieth ihm, diesem Töpfer, der nicht
ausgelernt hatte! Dass er aber Rache an seinen Töpfen
und Geschöpfen nahm, dafür dass sie ihm schlecht
geriethen, — das war eine Sünde wider den guten
Geschmack
.

Es giebt auch in der Frömmigkeit guten Ge¬
schmack: der sprach endlich „Fort mit einem solchen
Gotte! Lieber keinen Gott, lieber auf eigne Faust

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[39/0046] Vater, am ähnlichsten aber einer wackeligen alten Grossmutter. Da sass er, welk, in seinem Ofenwinkel, härmte sich ob seiner schwachen Beine, weltmüde, willens¬ müde, und erstickte eines Tags an seinem allzugrossen Mitleiden.“ „Du alter Papst, sagte hier Zarathustra dazwischen, hast du Das mit Augen angesehn? Es könnte wohl so abgegangen sein: so, und auch anders. Wenn Götter sterben, sterben sie immer viele Arten Todes. Aber wohlan! So oder so, so und so — er ist dahin! Er gieng meinen Ohren und Augen wider den Ge¬ schmack, Schlimmeres möchte ich ihm nicht nachsagen. Ich liebe Alles, was hell blickt und redlich redet. Aber er — du weisst es ja, du alter Priester, es war Etwas von deiner Art an ihm, von Priester-Art — er war vieldeutig. Er war auch undeutlich. Was hat er uns darob gezürnt, dieser Zornschnauber, dass wir ihn schlecht verstünden! Aber warum sprach er nicht reinlicher? Und lag es an unsern Ohren, warum gab er uns Ohren, die ihn schlecht hörten? War Schlamm in unsern Ohren, wohlan! wer legte ihn hinein? Zu Vieles missrieth ihm, diesem Töpfer, der nicht ausgelernt hatte! Dass er aber Rache an seinen Töpfen und Geschöpfen nahm, dafür dass sie ihm schlecht geriethen, — das war eine Sünde wider den guten Geschmack. Es giebt auch in der Frömmigkeit guten Ge¬ schmack: der sprach endlich „Fort mit einem solchen Gotte! Lieber keinen Gott, lieber auf eigne Faust

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 4. Leipzig, 1891, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra04_1891/46>, abgerufen am 25.11.2024.