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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.

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4.

Siehe, hier ist eine neue Tafel: aber wo sind
meine Brüder, die sie mit mir zu Thale und in
fleischerne Herzen tragen? --

Also heischt es meine grosse Liebe zu den Fernsten:
schone deinen Nächsten nicht! Der Mensch ist
Etwas, das überwunden werden muss.

Es giebt vielerlei Weg und Weise der Über¬
windung: da siehe du zu! Aber nur ein Possenreisser
denkt: "der Mensch kann auch übersprungen
werden."

Überwinde dich selber noch in deinem Nächsten:
und ein Recht, das du dir rauben kannst, sollst du
dir nicht geben lassen!

Was du thust, das kann dir Keiner wieder thun.
Siehe, es giebt keine Vergeltung.

Wer sich nicht befehlen kann, der soll gehorchen.
Und Mancher kann sich befehlen, aber da fehlt noch
Viel, dass er sich auch gehorche!


5.

Also will es die Art edler Seelen: sie wollen
Nichts umsonst haben, am wenigsten das Leben.

Wer vom Pöbel ist, der will umsonst leben; wir
Anderen aber, denen das Leben sich gab, -- wir
sinnen immer darüber, was wir am besten dagegen
geben!

4.

Siehe, hier ist eine neue Tafel: aber wo sind
meine Brüder, die sie mit mir zu Thale und in
fleischerne Herzen tragen? —

Also heischt es meine grosse Liebe zu den Fernsten:
schone deinen Nächsten nicht! Der Mensch ist
Etwas, das überwunden werden muss.

Es giebt vielerlei Weg und Weise der Über¬
windung: da siehe du zu! Aber nur ein Possenreisser
denkt: „der Mensch kann auch übersprungen
werden.“

Überwinde dich selber noch in deinem Nächsten:
und ein Recht, das du dir rauben kannst, sollst du
dir nicht geben lassen!

Was du thust, das kann dir Keiner wieder thun.
Siehe, es giebt keine Vergeltung.

Wer sich nicht befehlen kann, der soll gehorchen.
Und Mancher kann sich befehlen, aber da fehlt noch
Viel, dass er sich auch gehorche!


5.

Also will es die Art edler Seelen: sie wollen
Nichts umsonst haben, am wenigsten das Leben.

Wer vom Pöbel ist, der will umsonst leben; wir
Anderen aber, denen das Leben sich gab, — wir
sinnen immer darüber, was wir am besten dagegen
geben!

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[69/0079] 4. Siehe, hier ist eine neue Tafel: aber wo sind meine Brüder, die sie mit mir zu Thale und in fleischerne Herzen tragen? — Also heischt es meine grosse Liebe zu den Fernsten: schone deinen Nächsten nicht! Der Mensch ist Etwas, das überwunden werden muss. Es giebt vielerlei Weg und Weise der Über¬ windung: da siehe du zu! Aber nur ein Possenreisser denkt: „der Mensch kann auch übersprungen werden.“ Überwinde dich selber noch in deinem Nächsten: und ein Recht, das du dir rauben kannst, sollst du dir nicht geben lassen! Was du thust, das kann dir Keiner wieder thun. Siehe, es giebt keine Vergeltung. Wer sich nicht befehlen kann, der soll gehorchen. Und Mancher kann sich befehlen, aber da fehlt noch Viel, dass er sich auch gehorche! 5. Also will es die Art edler Seelen: sie wollen Nichts umsonst haben, am wenigsten das Leben. Wer vom Pöbel ist, der will umsonst leben; wir Anderen aber, denen das Leben sich gab, — wir sinnen immer darüber, was wir am besten dagegen geben!

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884/79>, abgerufen am 25.11.2024.