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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.

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predigt "Hinweg mit dir!" -- bis es aus ihnen selber
aufschreit "hinweg mit mir!"

Herrschsucht: die aber lockend auch zu Reinen
und Einsamen und hinauf zu selbstgenugsamen Höhen
steigt, glühend gleich einer Liebe, welche purpurne
Seligkeiten lockend an Erdenhimmel malt.

Herrschsucht: doch wer hiesse es Sucht, wenn
das Hohe hinab nach Macht gelüstet! Wahrlich,
nichts Sieches und Süchtiges ist an solchem Gelüsten
und Niedersteigen!

Dass die einsame Höhe sich nicht ewig vereinsame
und selbst begnüge; dass der Berg zu Thale komme
und die Winde der Höhe zu den Niederungen: --

Oh wer fände den rechten Tauf- und Tugend¬
namen für solche Sehnsucht! "Schenkende Tugend"
-- so nannte das Unnennbare einst Zarathustra.

Und damals geschah es auch, -- und wahrlich,
es geschah zum ersten Male! -- dass sein Wort die
Selbstsucht selig pries, die heile, gesunde Selbst¬
sucht, die aus mächtiger Seele quillt: --

-- aus mächtiger Seele, zu welcher der hohe Leib
gehört, der schöne, sieghafte, erquickliche, um den
herum jedwedes Ding Spiegel wird:

-- der geschmeidige überredende Leib, der Tänzer,
dessen Gleichniss und Auszug die selbst-lustige Seele
ist. Solcher Leiber und Seelen Selbst-Lust heisst sich
selber: "Tugend."

Mit ihren Worten von Gut und Schlecht schirmt
sich solche Selbst-Lust wie mit heiligen Hainen; mit
den Namen ihres Glücks bannt sie von sich alles
Verächtliche.

predigt „Hinweg mit dir!“ — bis es aus ihnen selber
aufschreit „hinweg mit mir!“

Herrschsucht: die aber lockend auch zu Reinen
und Einsamen und hinauf zu selbstgenugsamen Höhen
steigt, glühend gleich einer Liebe, welche purpurne
Seligkeiten lockend an Erdenhimmel malt.

Herrschsucht: doch wer hiesse es Sucht, wenn
das Hohe hinab nach Macht gelüstet! Wahrlich,
nichts Sieches und Süchtiges ist an solchem Gelüsten
und Niedersteigen!

Dass die einsame Höhe sich nicht ewig vereinsame
und selbst begnüge; dass der Berg zu Thale komme
und die Winde der Höhe zu den Niederungen: —

Oh wer fände den rechten Tauf- und Tugend¬
namen für solche Sehnsucht! „Schenkende Tugend“
— so nannte das Unnennbare einst Zarathustra.

Und damals geschah es auch, — und wahrlich,
es geschah zum ersten Male! — dass sein Wort die
Selbstsucht selig pries, die heile, gesunde Selbst¬
sucht, die aus mächtiger Seele quillt: —

— aus mächtiger Seele, zu welcher der hohe Leib
gehört, der schöne, sieghafte, erquickliche, um den
herum jedwedes Ding Spiegel wird:

— der geschmeidige überredende Leib, der Tänzer,
dessen Gleichniss und Auszug die selbst-lustige Seele
ist. Solcher Leiber und Seelen Selbst-Lust heisst sich
selber: „Tugend.“

Mit ihren Worten von Gut und Schlecht schirmt
sich solche Selbst-Lust wie mit heiligen Hainen; mit
den Namen ihres Glücks bannt sie von sich alles
Verächtliche.

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[56/0066] predigt „Hinweg mit dir!“ — bis es aus ihnen selber aufschreit „hinweg mit mir!“ Herrschsucht: die aber lockend auch zu Reinen und Einsamen und hinauf zu selbstgenugsamen Höhen steigt, glühend gleich einer Liebe, welche purpurne Seligkeiten lockend an Erdenhimmel malt. Herrschsucht: doch wer hiesse es Sucht, wenn das Hohe hinab nach Macht gelüstet! Wahrlich, nichts Sieches und Süchtiges ist an solchem Gelüsten und Niedersteigen! Dass die einsame Höhe sich nicht ewig vereinsame und selbst begnüge; dass der Berg zu Thale komme und die Winde der Höhe zu den Niederungen: — Oh wer fände den rechten Tauf- und Tugend¬ namen für solche Sehnsucht! „Schenkende Tugend“ — so nannte das Unnennbare einst Zarathustra. Und damals geschah es auch, — und wahrlich, es geschah zum ersten Male! — dass sein Wort die Selbstsucht selig pries, die heile, gesunde Selbst¬ sucht, die aus mächtiger Seele quillt: — — aus mächtiger Seele, zu welcher der hohe Leib gehört, der schöne, sieghafte, erquickliche, um den herum jedwedes Ding Spiegel wird: — der geschmeidige überredende Leib, der Tänzer, dessen Gleichniss und Auszug die selbst-lustige Seele ist. Solcher Leiber und Seelen Selbst-Lust heisst sich selber: „Tugend.“ Mit ihren Worten von Gut und Schlecht schirmt sich solche Selbst-Lust wie mit heiligen Hainen; mit den Namen ihres Glücks bannt sie von sich alles Verächtliche.

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra03_1884/66>, abgerufen am 25.11.2024.