Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 3. Chemnitz, 1884.Drauf schwieg der Zwerg; und das währte lange. Ich stieg, ich stieg, ich träumte, ich dachte, -- Aber es giebt Etwas in mir, das ich Muth heisse: Muth nämlich ist der beste Todtschläger, -- Der Mensch aber ist das muthigste Thier: damit Der Muth schlägt auch den Schwindel todt an Muth ist der beste Todtschläger: der Muth schlägt Muth aber ist der beste Todtschläger, Muth, der an¬ In solchem Spruche aber ist viel klingendes Spiel. Drauf schwieg der Zwerg; und das währte lange. Ich stieg, ich stieg, ich träumte, ich dachte, — Aber es giebt Etwas in mir, das ich Muth heisse: Muth nämlich ist der beste Todtschläger, — Der Mensch aber ist das muthigste Thier: damit Der Muth schlägt auch den Schwindel todt an Muth ist der beste Todtschläger: der Muth schlägt Muth aber ist der beste Todtschläger, Muth, der an¬ In solchem Spruche aber ist viel klingendes Spiel. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0018" n="8"/> <p>Drauf schwieg der Zwerg; und das währte lange.<lb/> Sein Schweigen aber drückte mich; und solchermaassen<lb/> zu Zwein ist man wahrlich einsamer als zu Einem!</p><lb/> <p>Ich stieg, ich stieg, ich träumte, ich dachte, —<lb/> aber Alles drückte mich. Einem Kranken glich ich, den<lb/> seine schlimme Marter müde macht, und den wieder<lb/> ein schlimmerer Traum aus dem Einschlafen weckt. —</p><lb/> <p>Aber es giebt Etwas in mir, das ich Muth heisse:<lb/> das schlug bisher mir jeden Unmuth todt. Dieser<lb/> Muth hiess mich endlich stille stehn und sprechen:<lb/> „Zwerg! Du! Oder ich!“ —</p><lb/> <p>Muth nämlich ist der beste Todtschläger, —<lb/> Muth, welcher <hi rendition="#g">angreift</hi>: denn in jedem Angriffe ist<lb/> klingendes Spiel.</p><lb/> <p>Der Mensch aber ist das muthigste Thier: damit<lb/> überwand er jedes Thier. Mit klingendem Spiele<lb/> überwand er noch jeden Schmerz; Menschen-Schmerz<lb/> aber ist der tiefste Schmerz.</p><lb/> <p>Der Muth schlägt auch den Schwindel todt an<lb/> Abgründen: und wo stünde der Mensch nicht an Ab¬<lb/> gründen! Ist Sehen nicht selber — Abgründe sehen?</p><lb/> <p>Muth ist der beste Todtschläger: der Muth schlägt<lb/> auch das Mitleiden todt. Mitleiden aber ist der tiefste<lb/> Abgrund: so tief der Mensch in das Leben sieht, so<lb/> tief sieht er auch in das Leiden.</p><lb/> <p>Muth aber ist der beste Todtschläger, Muth, der an¬<lb/> greift: der schlägt noch den Tod todt, denn er spricht:<lb/> „War <hi rendition="#g">das</hi> das Leben? Wohlan! Noch Ein Mal!“</p><lb/> <p>In solchem Spruche aber ist viel klingendes Spiel.<lb/> Wer Ohren hat, der höre. —</p><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [8/0018]
Drauf schwieg der Zwerg; und das währte lange.
Sein Schweigen aber drückte mich; und solchermaassen
zu Zwein ist man wahrlich einsamer als zu Einem!
Ich stieg, ich stieg, ich träumte, ich dachte, —
aber Alles drückte mich. Einem Kranken glich ich, den
seine schlimme Marter müde macht, und den wieder
ein schlimmerer Traum aus dem Einschlafen weckt. —
Aber es giebt Etwas in mir, das ich Muth heisse:
das schlug bisher mir jeden Unmuth todt. Dieser
Muth hiess mich endlich stille stehn und sprechen:
„Zwerg! Du! Oder ich!“ —
Muth nämlich ist der beste Todtschläger, —
Muth, welcher angreift: denn in jedem Angriffe ist
klingendes Spiel.
Der Mensch aber ist das muthigste Thier: damit
überwand er jedes Thier. Mit klingendem Spiele
überwand er noch jeden Schmerz; Menschen-Schmerz
aber ist der tiefste Schmerz.
Der Muth schlägt auch den Schwindel todt an
Abgründen: und wo stünde der Mensch nicht an Ab¬
gründen! Ist Sehen nicht selber — Abgründe sehen?
Muth ist der beste Todtschläger: der Muth schlägt
auch das Mitleiden todt. Mitleiden aber ist der tiefste
Abgrund: so tief der Mensch in das Leben sieht, so
tief sieht er auch in das Leiden.
Muth aber ist der beste Todtschläger, Muth, der an¬
greift: der schlägt noch den Tod todt, denn er spricht:
„War das das Leben? Wohlan! Noch Ein Mal!“
In solchem Spruche aber ist viel klingendes Spiel.
Wer Ohren hat, der höre. —
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