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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883.

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Etwas Wollust und etwas Langeweile: das ist
noch ihr bestes Nachdenken gewesen.

Gespenster-Hauch und -Huschen gilt mir all ihr
Harfen-Klingklang; was wussten sie bisher von der
Inbrunst der Töne! --

Sie sind mir auch nicht reinlich genug: sie trüben
Alle ihr Gewässer, dass es tief scheine.

Und gerne geben sie sich damit als Versöhner:
aber Mittler und Mischer bleiben sie mir und Halb-
und-Halbe und Unreinliche! --

Ach, ich warf wohl mein Netz in ihre Meere und
wollte gute Fische fangen; aber immer zog ich eines
alten Gottes Kopf herauf.

So gab dem Hungrigen das Meer einen Stein.
Und sie selber mögen wohl aus dem Meere stammen.

Gewiss, man findet Perlen in ihnen: um so ähn¬
licher sind sie selber harten Schalthieren. Und statt
der Seele fand ich oft bei ihnen gesalzenen Schleim.

Sie lernten vom Meere auch noch seine Eitelkeit:
ist nicht das Meer der Pfau der Pfauen?

Noch vor dem hässlichsten aller Büffel rollt es
seinen Schweif hin, nimmer wird es seines Spitzen¬
fächers von Silber und Seide müde.

Trutzig blickt der Büffel dazu, dem Sande nahe
in seiner Seele, näher noch dem Dickicht, am nächsten
aber dem Sumpfe.

Was ist ihm Schönheit und Meer und Pfauen-
Zierath! Dieses Gleichniss sage ich den Dichtern.

Wahrlich, ihr Geist selber ist der Pfau der Pfauen
und ein Meer von Eitelkeit!

Etwas Wollust und etwas Langeweile: das ist
noch ihr bestes Nachdenken gewesen.

Gespenster-Hauch und -Huschen gilt mir all ihr
Harfen-Klingklang; was wussten sie bisher von der
Inbrunst der Töne! —

Sie sind mir auch nicht reinlich genug: sie trüben
Alle ihr Gewässer, dass es tief scheine.

Und gerne geben sie sich damit als Versöhner:
aber Mittler und Mischer bleiben sie mir und Halb-
und-Halbe und Unreinliche! —

Ach, ich warf wohl mein Netz in ihre Meere und
wollte gute Fische fangen; aber immer zog ich eines
alten Gottes Kopf herauf.

So gab dem Hungrigen das Meer einen Stein.
Und sie selber mögen wohl aus dem Meere stammen.

Gewiss, man findet Perlen in ihnen: um so ähn¬
licher sind sie selber harten Schalthieren. Und statt
der Seele fand ich oft bei ihnen gesalzenen Schleim.

Sie lernten vom Meere auch noch seine Eitelkeit:
ist nicht das Meer der Pfau der Pfauen?

Noch vor dem hässlichsten aller Büffel rollt es
seinen Schweif hin, nimmer wird es seines Spitzen¬
fächers von Silber und Seide müde.

Trutzig blickt der Büffel dazu, dem Sande nahe
in seiner Seele, näher noch dem Dickicht, am nächsten
aber dem Sumpfe.

Was ist ihm Schönheit und Meer und Pfauen-
Zierath! Dieses Gleichniss sage ich den Dichtern.

Wahrlich, ihr Geist selber ist der Pfau der Pfauen
und ein Meer von Eitelkeit!

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[71/0081] Etwas Wollust und etwas Langeweile: das ist noch ihr bestes Nachdenken gewesen. Gespenster-Hauch und -Huschen gilt mir all ihr Harfen-Klingklang; was wussten sie bisher von der Inbrunst der Töne! — Sie sind mir auch nicht reinlich genug: sie trüben Alle ihr Gewässer, dass es tief scheine. Und gerne geben sie sich damit als Versöhner: aber Mittler und Mischer bleiben sie mir und Halb- und-Halbe und Unreinliche! — Ach, ich warf wohl mein Netz in ihre Meere und wollte gute Fische fangen; aber immer zog ich eines alten Gottes Kopf herauf. So gab dem Hungrigen das Meer einen Stein. Und sie selber mögen wohl aus dem Meere stammen. Gewiss, man findet Perlen in ihnen: um so ähn¬ licher sind sie selber harten Schalthieren. Und statt der Seele fand ich oft bei ihnen gesalzenen Schleim. Sie lernten vom Meere auch noch seine Eitelkeit: ist nicht das Meer der Pfau der Pfauen? Noch vor dem hässlichsten aller Büffel rollt es seinen Schweif hin, nimmer wird es seines Spitzen¬ fächers von Silber und Seide müde. Trutzig blickt der Büffel dazu, dem Sande nahe in seiner Seele, näher noch dem Dickicht, am nächsten aber dem Sumpfe. Was ist ihm Schönheit und Meer und Pfauen- Zierath! Dieses Gleichniss sage ich den Dichtern. Wahrlich, ihr Geist selber ist der Pfau der Pfauen und ein Meer von Eitelkeit!

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883, S. 71. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra02_1883/81>, abgerufen am 28.04.2024.