Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883.

Bild:
<< vorherige Seite

Zu gross war die Spannung meiner Wolke:
zwischen Gelächtern der Blitze will ich Hagelschauer
in die Tiefe werfen.

Gewaltig wird sich da meine Brust heben, ge¬
waltig wird sie ihren Sturm über die Berge hinblasen:
so kommt ihr Erleichterung.

Wahrlich, einem Sturme gleich kommt mein
Glück und meine Freiheit! Aber meine Feinde sollen
glauben, der Böse rase über ihren Häuptern.

Ja, auch ihr werdet erschreckt sein, meine Freunde,
ob meiner wilden Weisheit; und vielleicht flieht ihr da¬
von sammt meinen Feinden.

Ach, dass ich's verstünde, euch mit Hirtenflöten
zurück zu locken! Ach, dass meine Löwin Weisheit
zärtlich brüllen lernte! Und Vieles lernten wir schon
mit einander!

Meine wilde Weisheit wurde trächtig auf ein¬
samen Bergen; auf rauhen Steinen gebar sie ihr
Junges, Jüngstes.

Nun läuft sie närrisch durch die harte Wüste und
sucht und sucht nach sanftem Rasen -- meine alte
wilde Weisheit!

Auf eurer Herzen sanften Rasen, meine Freunde! --
auf eure Liebe möchte sie ihr Liebstes betten!

Also sprach Zarathustra.


Zu gross war die Spannung meiner Wolke:
zwischen Gelächtern der Blitze will ich Hagelschauer
in die Tiefe werfen.

Gewaltig wird sich da meine Brust heben, ge¬
waltig wird sie ihren Sturm über die Berge hinblasen:
so kommt ihr Erleichterung.

Wahrlich, einem Sturme gleich kommt mein
Glück und meine Freiheit! Aber meine Feinde sollen
glauben, der Böse rase über ihren Häuptern.

Ja, auch ihr werdet erschreckt sein, meine Freunde,
ob meiner wilden Weisheit; und vielleicht flieht ihr da¬
von sammt meinen Feinden.

Ach, dass ich's verstünde, euch mit Hirtenflöten
zurück zu locken! Ach, dass meine Löwin Weisheit
zärtlich brüllen lernte! Und Vieles lernten wir schon
mit einander!

Meine wilde Weisheit wurde trächtig auf ein¬
samen Bergen; auf rauhen Steinen gebar sie ihr
Junges, Jüngstes.

Nun läuft sie närrisch durch die harte Wüste und
sucht und sucht nach sanftem Rasen — meine alte
wilde Weisheit!

Auf eurer Herzen sanften Rasen, meine Freunde! —
auf eure Liebe möchte sie ihr Liebstes betten!

Also sprach Zarathustra.


<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0014" n="4"/>
        <p>Zu gross war die Spannung meiner Wolke:<lb/>
zwischen Gelächtern der Blitze will ich Hagelschauer<lb/>
in die Tiefe werfen.</p><lb/>
        <p>Gewaltig wird sich da meine Brust heben, ge¬<lb/>
waltig wird sie ihren Sturm über die Berge hinblasen:<lb/>
so kommt ihr Erleichterung.</p><lb/>
        <p>Wahrlich, einem Sturme gleich kommt mein<lb/>
Glück und meine Freiheit! Aber meine Feinde sollen<lb/>
glauben, <hi rendition="#g">der Böse</hi> rase über ihren Häuptern.</p><lb/>
        <p>Ja, auch ihr werdet erschreckt sein, meine Freunde,<lb/>
ob meiner wilden Weisheit; und vielleicht flieht ihr da¬<lb/>
von sammt meinen Feinden.</p><lb/>
        <p>Ach, dass ich's verstünde, euch mit Hirtenflöten<lb/>
zurück zu locken! Ach, dass meine Löwin Weisheit<lb/>
zärtlich brüllen lernte! Und Vieles lernten wir schon<lb/>
mit einander!</p><lb/>
        <p>Meine wilde Weisheit wurde trächtig auf ein¬<lb/>
samen Bergen; auf rauhen Steinen gebar sie ihr<lb/>
Junges, Jüngstes.</p><lb/>
        <p>Nun läuft sie närrisch durch die harte Wüste und<lb/>
sucht und sucht nach sanftem Rasen &#x2014; meine alte<lb/>
wilde Weisheit!</p><lb/>
        <p>Auf eurer Herzen sanften Rasen, meine Freunde! &#x2014;<lb/>
auf eure Liebe möchte sie ihr Liebstes betten!</p><lb/>
        <p>Also sprach Zarathustra.</p><lb/>
        <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[4/0014] Zu gross war die Spannung meiner Wolke: zwischen Gelächtern der Blitze will ich Hagelschauer in die Tiefe werfen. Gewaltig wird sich da meine Brust heben, ge¬ waltig wird sie ihren Sturm über die Berge hinblasen: so kommt ihr Erleichterung. Wahrlich, einem Sturme gleich kommt mein Glück und meine Freiheit! Aber meine Feinde sollen glauben, der Böse rase über ihren Häuptern. Ja, auch ihr werdet erschreckt sein, meine Freunde, ob meiner wilden Weisheit; und vielleicht flieht ihr da¬ von sammt meinen Feinden. Ach, dass ich's verstünde, euch mit Hirtenflöten zurück zu locken! Ach, dass meine Löwin Weisheit zärtlich brüllen lernte! Und Vieles lernten wir schon mit einander! Meine wilde Weisheit wurde trächtig auf ein¬ samen Bergen; auf rauhen Steinen gebar sie ihr Junges, Jüngstes. Nun läuft sie närrisch durch die harte Wüste und sucht und sucht nach sanftem Rasen — meine alte wilde Weisheit! Auf eurer Herzen sanften Rasen, meine Freunde! — auf eure Liebe möchte sie ihr Liebstes betten! Also sprach Zarathustra.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra02_1883
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra02_1883/14
Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883, S. 4. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra02_1883/14>, abgerufen am 29.03.2024.