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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883.

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Allem Leben hatte ich abgesagt, so träumte mir.
Zum Nacht- und Grabwächter war ich worden, dort
auf der einsamen Berg-Burg des Todes.

Droben hütete ich seine Särge: voll standen die
dumpfen Gewölbe von solchen Siegeszeichen. Aus
gläsernen Särgen blickte mich überwundenes Leben an.

Den Geruch verstaubter Ewigkeiten athmete ich:
schwül und verstaubt lag meine Seele. Und wer hätte
dort auch seine Seele lüften können!

Helle der Mitternacht war immer um mich, Ein¬
samkeit kauerte neben ihr; und, zudritt, röchelnde
Todesstille, die schlimmste meiner Freundinnen.

Schlüssel führte ich, die rostigsten aller Schlüssel;
und ich verstand es, damit das knarrendste aller
Thore zu öffnen.

Einem bitterbösen Gekrächze gleich lief der Ton
durch die langen Gänge, wenn sich des Thores Flügel
hoben: unhold schrie dieser Vogel, ungern wollte er
geweckt sein.

Aber furchtbarer noch und herzzuschnürender war
es, wenn es wieder schwieg und rings stille ward,
und ich allein sass in diesem tückischen Schweigen.

So gieng mir und schlich die Zeit, wenn Zeit es
noch gab: was weiss ich davon! Aber endlich geschah
das, was mich weckte.

Dreimal schlugen Schläge an's Thor, gleich
Donnern, es hallten und heulten die Gewölbe dreimal
wieder: da gieng ich zum Thore.

Alpa! rief ich, wer trägt seine Asche zu Berge?
Alpa! Alpa! Wer trägt seine Asche zu Berge?

6

Allem Leben hatte ich abgesagt, so träumte mir.
Zum Nacht- und Grabwächter war ich worden, dort
auf der einsamen Berg-Burg des Todes.

Droben hütete ich seine Särge: voll standen die
dumpfen Gewölbe von solchen Siegeszeichen. Aus
gläsernen Särgen blickte mich überwundenes Leben an.

Den Geruch verstaubter Ewigkeiten athmete ich:
schwül und verstaubt lag meine Seele. Und wer hätte
dort auch seine Seele lüften können!

Helle der Mitternacht war immer um mich, Ein¬
samkeit kauerte neben ihr; und, zudritt, röchelnde
Todesstille, die schlimmste meiner Freundinnen.

Schlüssel führte ich, die rostigsten aller Schlüssel;
und ich verstand es, damit das knarrendste aller
Thore zu öffnen.

Einem bitterbösen Gekrächze gleich lief der Ton
durch die langen Gänge, wenn sich des Thores Flügel
hoben: unhold schrie dieser Vogel, ungern wollte er
geweckt sein.

Aber furchtbarer noch und herzzuschnürender war
es, wenn es wieder schwieg und rings stille ward,
und ich allein sass in diesem tückischen Schweigen.

So gieng mir und schlich die Zeit, wenn Zeit es
noch gab: was weiss ich davon! Aber endlich geschah
das, was mich weckte.

Dreimal schlugen Schläge an's Thor, gleich
Donnern, es hallten und heulten die Gewölbe dreimal
wieder: da gieng ich zum Thore.

Alpa! rief ich, wer trägt seine Asche zu Berge?
Alpa! Alpa! Wer trägt seine Asche zu Berge?

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[81/0091] Allem Leben hatte ich abgesagt, so träumte mir. Zum Nacht- und Grabwächter war ich worden, dort auf der einsamen Berg-Burg des Todes. Droben hütete ich seine Särge: voll standen die dumpfen Gewölbe von solchen Siegeszeichen. Aus gläsernen Särgen blickte mich überwundenes Leben an. Den Geruch verstaubter Ewigkeiten athmete ich: schwül und verstaubt lag meine Seele. Und wer hätte dort auch seine Seele lüften können! Helle der Mitternacht war immer um mich, Ein¬ samkeit kauerte neben ihr; und, zudritt, röchelnde Todesstille, die schlimmste meiner Freundinnen. Schlüssel führte ich, die rostigsten aller Schlüssel; und ich verstand es, damit das knarrendste aller Thore zu öffnen. Einem bitterbösen Gekrächze gleich lief der Ton durch die langen Gänge, wenn sich des Thores Flügel hoben: unhold schrie dieser Vogel, ungern wollte er geweckt sein. Aber furchtbarer noch und herzzuschnürender war es, wenn es wieder schwieg und rings stille ward, und ich allein sass in diesem tückischen Schweigen. So gieng mir und schlich die Zeit, wenn Zeit es noch gab: was weiss ich davon! Aber endlich geschah das, was mich weckte. Dreimal schlugen Schläge an's Thor, gleich Donnern, es hallten und heulten die Gewölbe dreimal wieder: da gieng ich zum Thore. Alpa! rief ich, wer trägt seine Asche zu Berge? Alpa! Alpa! Wer trägt seine Asche zu Berge? 6

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. Bd. 2. Chemnitz, 1883, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra02_1883/91>, abgerufen am 27.11.2024.