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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883.

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Eine kleine Gesellschaft ist mir willkommener als
eine böse: doch muss sie gehn und kommen zur rechten
Zeit. So verträgt es sich mit gutem Schlafe.

Sehr gefallen mir auch die Geistig-Armen: sie
fördern den Schlaf. Selig sind die, sonderlich, wenn
man ihnen immer Recht giebt.

Also läuft der Tag dem Tugendsamen. Kommt
nun die Nacht, so hüte ich mich wohl, den Schlaf zu
rufen! Nicht will er gerufen sein, der Schlaf, der der
Herr der Tugenden ist!

Sondern ich denke, was ich des Tages gethan und
gedacht. Wiederkäuend frage ich mich, geduldsam
gleich einer Kuh: welches waren doch deine zehn
Überwindungen?

Und welches waren die zehn Versöhnungen und
die zehn Wahrheiten und die zehn Gelächter, mit
denen sich mein Herz gütlich that?

Solcherlei erwägend und gewiegt von vierzig Ge¬
danken, überfällt mich auf einmal der Schlaf, der Un¬
gerufne, der Herr der Tugenden.

Der Schlaf klopft mir auf mein Auge: da wird
es schwer. Der Schlaf berührt mir den Mund: da bleibt
er offen.

Wahrlich, auf weichen Sohlen kommt er mir, der
liebste der Diebe, und stiehlt mir meine Gedanken:
dumm stehe ich da wie dieser Lehrstuhl.

Aber nicht lange mehr stehe ich dann: da liege
ich schon. --

Als Zarathustra den Weisen also sprechen hörte,
lachte er bei sich im Herzen: denn ihm war dabei ein

3*

Eine kleine Gesellschaft ist mir willkommener als
eine böse: doch muss sie gehn und kommen zur rechten
Zeit. So verträgt es sich mit gutem Schlafe.

Sehr gefallen mir auch die Geistig-Armen: sie
fördern den Schlaf. Selig sind die, sonderlich, wenn
man ihnen immer Recht giebt.

Also läuft der Tag dem Tugendsamen. Kommt
nun die Nacht, so hüte ich mich wohl, den Schlaf zu
rufen! Nicht will er gerufen sein, der Schlaf, der der
Herr der Tugenden ist!

Sondern ich denke, was ich des Tages gethan und
gedacht. Wiederkäuend frage ich mich, geduldsam
gleich einer Kuh: welches waren doch deine zehn
Überwindungen?

Und welches waren die zehn Versöhnungen und
die zehn Wahrheiten und die zehn Gelächter, mit
denen sich mein Herz gütlich that?

Solcherlei erwägend und gewiegt von vierzig Ge¬
danken, überfällt mich auf einmal der Schlaf, der Un¬
gerufne, der Herr der Tugenden.

Der Schlaf klopft mir auf mein Auge: da wird
es schwer. Der Schlaf berührt mir den Mund: da bleibt
er offen.

Wahrlich, auf weichen Sohlen kommt er mir, der
liebste der Diebe, und stiehlt mir meine Gedanken:
dumm stehe ich da wie dieser Lehrstuhl.

Aber nicht lange mehr stehe ich dann: da liege
ich schon. —

Als Zarathustra den Weisen also sprechen hörte,
lachte er bei sich im Herzen: denn ihm war dabei ein

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[35/0041] Eine kleine Gesellschaft ist mir willkommener als eine böse: doch muss sie gehn und kommen zur rechten Zeit. So verträgt es sich mit gutem Schlafe. Sehr gefallen mir auch die Geistig-Armen: sie fördern den Schlaf. Selig sind die, sonderlich, wenn man ihnen immer Recht giebt. Also läuft der Tag dem Tugendsamen. Kommt nun die Nacht, so hüte ich mich wohl, den Schlaf zu rufen! Nicht will er gerufen sein, der Schlaf, der der Herr der Tugenden ist! Sondern ich denke, was ich des Tages gethan und gedacht. Wiederkäuend frage ich mich, geduldsam gleich einer Kuh: welches waren doch deine zehn Überwindungen? Und welches waren die zehn Versöhnungen und die zehn Wahrheiten und die zehn Gelächter, mit denen sich mein Herz gütlich that? Solcherlei erwägend und gewiegt von vierzig Ge¬ danken, überfällt mich auf einmal der Schlaf, der Un¬ gerufne, der Herr der Tugenden. Der Schlaf klopft mir auf mein Auge: da wird es schwer. Der Schlaf berührt mir den Mund: da bleibt er offen. Wahrlich, auf weichen Sohlen kommt er mir, der liebste der Diebe, und stiehlt mir meine Gedanken: dumm stehe ich da wie dieser Lehrstuhl. Aber nicht lange mehr stehe ich dann: da liege ich schon. — Als Zarathustra den Weisen also sprechen hörte, lachte er bei sich im Herzen: denn ihm war dabei ein 3*

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883, S. 35. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra01_1883/41>, abgerufen am 23.11.2024.