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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883.

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selber Vergiftete, deren die Erde müde ist: so mögen
sie dahinfahren!

Einst war der Frevel an Gott der grösste Frevel,
aber Gott starb, und damit starben auch diese Frevel¬
haften. An der Erde zu freveln ist jetzt das Furcht¬
barste und die Eingeweide des Unerforschlichen höher
zu achten, als den Sinn der Erde!

Einst blickte die Seele verächtlich auf den Leib:
und damals war diese Verachtung das Höchste: -- sie
wollte ihn mager, grässlich, verhungert. So dachte
sie ihm und der Erde zu entschlüpfen.

Oh diese Seele war selber noch mager, grässlich
und verhungert: und Grausamkeit war die Wollust
dieser Seele!

Aber auch ihr noch, meine Brüder, sprecht mir:
was kündet euer Leib von eurer Seele? Ist eure
Seele nicht Armuth und Schmutz und ein erbärmliches
Behagen?

Wahrlich, ein schmutziger Strom ist der Mensch.
Man muss schon ein Meer sein, um einen schmutzigen
Strom aufnehmen zu können, ohne unrein zu werden.

Seht, ich lehre euch den Übermenschen: der
ist diess Meer, in ihm kann eure grosse Verachtung
untergehn.

Was ist das Grösste, das ihr erleben könnt? Das
ist die Stunde der grossen Verachtung. Die Stunde,
in der euch auch euer Glück zum Ekel wird und eben¬
so eure Vernunft und eure Tugend.

Die Stunde, wo ihr sagt: "Was liegt an meinem
Glücke! Es ist Armuth und Schmutz, und ein erbärm¬

selber Vergiftete, deren die Erde müde ist: so mögen
sie dahinfahren!

Einst war der Frevel an Gott der grösste Frevel,
aber Gott starb, und damit starben auch diese Frevel¬
haften. An der Erde zu freveln ist jetzt das Furcht¬
barste und die Eingeweide des Unerforschlichen höher
zu achten, als den Sinn der Erde!

Einst blickte die Seele verächtlich auf den Leib:
und damals war diese Verachtung das Höchste: — sie
wollte ihn mager, grässlich, verhungert. So dachte
sie ihm und der Erde zu entschlüpfen.

Oh diese Seele war selber noch mager, grässlich
und verhungert: und Grausamkeit war die Wollust
dieser Seele!

Aber auch ihr noch, meine Brüder, sprecht mir:
was kündet euer Leib von eurer Seele? Ist eure
Seele nicht Armuth und Schmutz und ein erbärmliches
Behagen?

Wahrlich, ein schmutziger Strom ist der Mensch.
Man muss schon ein Meer sein, um einen schmutzigen
Strom aufnehmen zu können, ohne unrein zu werden.

Seht, ich lehre euch den Übermenschen: der
ist diess Meer, in ihm kann eure grosse Verachtung
untergehn.

Was ist das Grösste, das ihr erleben könnt? Das
ist die Stunde der grossen Verachtung. Die Stunde,
in der euch auch euer Glück zum Ekel wird und eben¬
so eure Vernunft und eure Tugend.

Die Stunde, wo ihr sagt: „Was liegt an meinem
Glücke! Es ist Armuth und Schmutz, und ein erbärm¬

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[10/0016] selber Vergiftete, deren die Erde müde ist: so mögen sie dahinfahren! Einst war der Frevel an Gott der grösste Frevel, aber Gott starb, und damit starben auch diese Frevel¬ haften. An der Erde zu freveln ist jetzt das Furcht¬ barste und die Eingeweide des Unerforschlichen höher zu achten, als den Sinn der Erde! Einst blickte die Seele verächtlich auf den Leib: und damals war diese Verachtung das Höchste: — sie wollte ihn mager, grässlich, verhungert. So dachte sie ihm und der Erde zu entschlüpfen. Oh diese Seele war selber noch mager, grässlich und verhungert: und Grausamkeit war die Wollust dieser Seele! Aber auch ihr noch, meine Brüder, sprecht mir: was kündet euer Leib von eurer Seele? Ist eure Seele nicht Armuth und Schmutz und ein erbärmliches Behagen? Wahrlich, ein schmutziger Strom ist der Mensch. Man muss schon ein Meer sein, um einen schmutzigen Strom aufnehmen zu können, ohne unrein zu werden. Seht, ich lehre euch den Übermenschen: der ist diess Meer, in ihm kann eure grosse Verachtung untergehn. Was ist das Grösste, das ihr erleben könnt? Das ist die Stunde der grossen Verachtung. Die Stunde, in der euch auch euer Glück zum Ekel wird und eben¬ so eure Vernunft und eure Tugend. Die Stunde, wo ihr sagt: „Was liegt an meinem Glücke! Es ist Armuth und Schmutz, und ein erbärm¬

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra01_1883/16>, abgerufen am 24.11.2024.