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Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883.

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kein Wegweiser sei es mir für Über-Erden und
Paradiese.

Eine irdische Tugend ist es, die ich liebe: wenig
Klugheit ist darin und am wenigsten die Vernunft
Aller.

Aber dieser Vogel baute bei mir sich das Nest:
darum liebe und herze ich ihn, -- nun sitzt er bei mir
auf seinen goldnen Eiern."

So sollst du stammeln und deine Tugend loben.

Einst hattest du Leidenschaften und nanntest sie
böse. Aber jetzt hast du nur noch deine Tugenden:
die wuchsen aus deinen Leidenschaften.

Du legtest dein höchstes Ziel diesen Leidenschaften
an's Herz: da wurden sie deine Tugenden und Freuden¬
schaften.

Und ob du aus dem Geschlechte der Jähzornigen
wärest oder aus dem der Wollüstigen oder der Glaubens-
Wüthigen oder der Rachsüchtigen:

Am Ende wurden alle deine Leidenschaften zu
Tugenden und alle deine Teufel zu Engeln.

Einst hattest du wilde Hunde in deinem Keller:
aber am Ende verwandelten sie sich zu Vögeln und
lieblichen Sängerinnen.

Aus deinen Giften brautest du dir deinen Balsam;
deine Kuh Trübsal melktest du, -- nun trinkst du die
süsse Milch ihres Euters.

Und nichts Böses wächst mehr fürderhin aus dir,
es sei denn das Böse, das aus dem Kampfe deiner
Tugenden wächst.

Mein Bruder, wenn du Glück hast, so hast du

kein Wegweiser sei es mir für Über-Erden und
Paradiese.

Eine irdische Tugend ist es, die ich liebe: wenig
Klugheit ist darin und am wenigsten die Vernunft
Aller.

Aber dieser Vogel baute bei mir sich das Nest:
darum liebe und herze ich ihn, — nun sitzt er bei mir
auf seinen goldnen Eiern.“

So sollst du stammeln und deine Tugend loben.

Einst hattest du Leidenschaften und nanntest sie
böse. Aber jetzt hast du nur noch deine Tugenden:
die wuchsen aus deinen Leidenschaften.

Du legtest dein höchstes Ziel diesen Leidenschaften
an's Herz: da wurden sie deine Tugenden und Freuden¬
schaften.

Und ob du aus dem Geschlechte der Jähzornigen
wärest oder aus dem der Wollüstigen oder der Glaubens-
Wüthigen oder der Rachsüchtigen:

Am Ende wurden alle deine Leidenschaften zu
Tugenden und alle deine Teufel zu Engeln.

Einst hattest du wilde Hunde in deinem Keller:
aber am Ende verwandelten sie sich zu Vögeln und
lieblichen Sängerinnen.

Aus deinen Giften brautest du dir deinen Balsam;
deine Kuh Trübsal melktest du, — nun trinkst du die
süsse Milch ihres Euters.

Und nichts Böses wächst mehr fürderhin aus dir,
es sei denn das Böse, das aus dem Kampfe deiner
Tugenden wächst.

Mein Bruder, wenn du Glück hast, so hast du

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[46/0052] kein Wegweiser sei es mir für Über-Erden und Paradiese. Eine irdische Tugend ist es, die ich liebe: wenig Klugheit ist darin und am wenigsten die Vernunft Aller. Aber dieser Vogel baute bei mir sich das Nest: darum liebe und herze ich ihn, — nun sitzt er bei mir auf seinen goldnen Eiern.“ So sollst du stammeln und deine Tugend loben. Einst hattest du Leidenschaften und nanntest sie böse. Aber jetzt hast du nur noch deine Tugenden: die wuchsen aus deinen Leidenschaften. Du legtest dein höchstes Ziel diesen Leidenschaften an's Herz: da wurden sie deine Tugenden und Freuden¬ schaften. Und ob du aus dem Geschlechte der Jähzornigen wärest oder aus dem der Wollüstigen oder der Glaubens- Wüthigen oder der Rachsüchtigen: Am Ende wurden alle deine Leidenschaften zu Tugenden und alle deine Teufel zu Engeln. Einst hattest du wilde Hunde in deinem Keller: aber am Ende verwandelten sie sich zu Vögeln und lieblichen Sängerinnen. Aus deinen Giften brautest du dir deinen Balsam; deine Kuh Trübsal melktest du, — nun trinkst du die süsse Milch ihres Euters. Und nichts Böses wächst mehr fürderhin aus dir, es sei denn das Böse, das aus dem Kampfe deiner Tugenden wächst. Mein Bruder, wenn du Glück hast, so hast du

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Zitationshilfe: Nietzsche, Friedrich: Also sprach Zarathustra. [Bd. 1]. Chemnitz, 1883, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nietzsche_zarathustra01_1883/52>, abgerufen am 22.11.2024.