directen Ausweg, als sich für Eines von beiden unbe- dingt zu erklären; und das einzige Princip für diese Entscheidung ist die Wichtigkeit oder Unentbehrlichkeit der einen oder der andern Bestimmung des Erziehungs- unterrichts.
Wenn man bei dem Streit über das letztere Ent- scheidungsprincip auch nicht auf jene entferntere Dif- ferenz der beiden Systeme über den Begriff von dem Wesen und der Bestimmung des Menschen zurückgehen will, um von dorther die Entscheidung über die Wich- tigkeit des Geistigen oder Materiellen zu begründen; so würde man doch über den vorliegenden Punkt der Un- tersuchung für das Princip des Humanismus ein Ueber- gewicht darinn anerkennen müssen, daß er denjenigen Theil der Geistesbildung zum Zweck des Erziehungsun- terrichts erhebt, für den außer dem Erziehungsunterricht so wenig gesorgt und so schwer zu sorgen ist.
Aber es ist keinesweges nöthig, sich für eines der beiden Extreme direct zu entscheiden; es zeigt sich noch ein anderer Ausweg, der einer näheren Erwägung werth ist, wäre es auch nur, um die Entscheidung nicht zu übereilen. In derselben Rücksicht ist es wohl nicht überflüssig, die Fälle der Entscheidung hier zur Uebersicht zusammenzustellen.
Angenommen, daß der Erziehungsunterricht nicht zureicht, das Ideal menschlicher Bildung in seinen beiden Hauptforderungen vollständig zu er-
Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.
directen Ausweg, als ſich fuͤr Eines von beiden unbe- dingt zu erklaͤren; und das einzige Princip fuͤr dieſe Entſcheidung iſt die Wichtigkeit oder Unentbehrlichkeit der einen oder der andern Beſtimmung des Erziehungs- unterrichts.
Wenn man bei dem Streit uͤber das letztere Ent- ſcheidungsprincip auch nicht auf jene entferntere Dif- ferenz der beiden Syſteme uͤber den Begriff von dem Weſen und der Beſtimmung des Menſchen zuruͤckgehen will, um von dorther die Entſcheidung uͤber die Wich- tigkeit des Geiſtigen oder Materiellen zu begruͤnden; ſo wuͤrde man doch uͤber den vorliegenden Punkt der Un- terſuchung fuͤr das Princip des Humaniſmus ein Ueber- gewicht darinn anerkennen muͤſſen, daß er denjenigen Theil der Geiſtesbildung zum Zweck des Erziehungsun- terrichts erhebt, fuͤr den außer dem Erziehungsunterricht ſo wenig geſorgt und ſo ſchwer zu ſorgen iſt.
Aber es iſt keinesweges noͤthig, ſich fuͤr eines der beiden Extreme direct zu entſcheiden; es zeigt ſich noch ein anderer Ausweg, der einer naͤheren Erwaͤgung werth iſt, waͤre es auch nur, um die Entſcheidung nicht zu uͤbereilen. In derſelben Ruͤckſicht iſt es wohl nicht uͤberfluͤſſig, die Faͤlle der Entſcheidung hier zur Ueberſicht zuſammenzuſtellen.
Angenommen, daß der Erziehungsunterricht nicht zureicht, das Ideal menſchlicher Bildung in ſeinen beiden Hauptforderungen vollſtaͤndig zu er-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><p><pbfacs="#f0121"n="109"/><fwplace="top"type="header">Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.</fw><lb/>
directen Ausweg, als ſich fuͤr Eines von beiden unbe-<lb/>
dingt zu erklaͤren; und das einzige Princip fuͤr dieſe<lb/>
Entſcheidung iſt die Wichtigkeit oder Unentbehrlichkeit<lb/>
der einen oder der andern Beſtimmung des Erziehungs-<lb/>
unterrichts.</p><lb/><p>Wenn man bei dem Streit uͤber das letztere Ent-<lb/>ſcheidungsprincip auch nicht auf jene entferntere Dif-<lb/>
ferenz der beiden Syſteme uͤber den Begriff von dem<lb/>
Weſen und der Beſtimmung des Menſchen zuruͤckgehen<lb/>
will, um von dorther die Entſcheidung uͤber die Wich-<lb/>
tigkeit des Geiſtigen oder Materiellen zu begruͤnden; ſo<lb/>
wuͤrde man doch uͤber den vorliegenden Punkt der Un-<lb/>
terſuchung fuͤr das Princip des Humaniſmus ein Ueber-<lb/>
gewicht darinn anerkennen muͤſſen, daß er denjenigen<lb/>
Theil der Geiſtesbildung zum Zweck des Erziehungsun-<lb/>
terrichts erhebt, fuͤr den außer dem Erziehungsunterricht<lb/>ſo wenig geſorgt und ſo ſchwer zu ſorgen iſt.</p><lb/><p>Aber es iſt keinesweges noͤthig, ſich fuͤr eines der<lb/>
beiden Extreme direct zu entſcheiden; es zeigt ſich noch<lb/>
ein anderer Ausweg, der einer naͤheren Erwaͤgung<lb/>
werth iſt, waͤre es auch nur, um die Entſcheidung<lb/>
nicht zu uͤbereilen. In derſelben Ruͤckſicht iſt es wohl<lb/>
nicht uͤberfluͤſſig, die Faͤlle der Entſcheidung hier zur<lb/>
Ueberſicht zuſammenzuſtellen.</p><lb/><p>Angenommen, daß der <hirendition="#g">Erziehungsunterricht</hi><lb/>
nicht zureicht, das Ideal menſchlicher Bildung in<lb/>ſeinen beiden Hauptforderungen <hirendition="#g">vollſtaͤndig</hi> zu er-<lb/></p></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[109/0121]
Von d. Grundſ. d. Erziehungsunterr. im Allgem.
directen Ausweg, als ſich fuͤr Eines von beiden unbe-
dingt zu erklaͤren; und das einzige Princip fuͤr dieſe
Entſcheidung iſt die Wichtigkeit oder Unentbehrlichkeit
der einen oder der andern Beſtimmung des Erziehungs-
unterrichts.
Wenn man bei dem Streit uͤber das letztere Ent-
ſcheidungsprincip auch nicht auf jene entferntere Dif-
ferenz der beiden Syſteme uͤber den Begriff von dem
Weſen und der Beſtimmung des Menſchen zuruͤckgehen
will, um von dorther die Entſcheidung uͤber die Wich-
tigkeit des Geiſtigen oder Materiellen zu begruͤnden; ſo
wuͤrde man doch uͤber den vorliegenden Punkt der Un-
terſuchung fuͤr das Princip des Humaniſmus ein Ueber-
gewicht darinn anerkennen muͤſſen, daß er denjenigen
Theil der Geiſtesbildung zum Zweck des Erziehungsun-
terrichts erhebt, fuͤr den außer dem Erziehungsunterricht
ſo wenig geſorgt und ſo ſchwer zu ſorgen iſt.
Aber es iſt keinesweges noͤthig, ſich fuͤr eines der
beiden Extreme direct zu entſcheiden; es zeigt ſich noch
ein anderer Ausweg, der einer naͤheren Erwaͤgung
werth iſt, waͤre es auch nur, um die Entſcheidung
nicht zu uͤbereilen. In derſelben Ruͤckſicht iſt es wohl
nicht uͤberfluͤſſig, die Faͤlle der Entſcheidung hier zur
Ueberſicht zuſammenzuſtellen.
Angenommen, daß der Erziehungsunterricht
nicht zureicht, das Ideal menſchlicher Bildung in
ſeinen beiden Hauptforderungen vollſtaͤndig zu er-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niethammer, Friedrich Immanuel: Der Streit des Philanthropinismus und Humanismus in der Theorie des Erziehungs-Unterrichts unsrer Zeit. Jena, 1808, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niethammer_philantropinismus_1808/121>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.