Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790.

Bild:
<< vorherige Seite

die Vergegenwärtigung dieser Geschichte, ein aus-
nehmend kräftiges Mittel sey, uns zu bessern und
frömmeren Menschen zu machen, unsre Tugend zu
stärken und zu vermehren, unsern Muth zu beleben,
unsre Trägheit zu wecken, unsre Hoffnung fröhlicher
zu machen, wenn wir sie für ein bloßes Nebenwerk
der Religion hielten, das man nach Gefallen hoch
oder gering schätzen könnte. Das sey ferne von uns,
die wir Christum anders kennen gelernt haben, die
wir Schüler seiner Apostel sind, und bey ihrer, oder,
welches eins ist, bey seiner Lehre bleiben wollen.

War er es nicht, auf den sie immer zurück ka-
men? Was es seine Aufopferung nicht, die ihnen
immer als der größte und anschaulichste Beweis der
Liebe Gottes, der ihn gesandt hatte, vorschwebte?
War es nicht seine Geduld und sein Ende, das sie
den Leidenden vorhielten? Nicht seine Verläugnung
irdischer Freude; nicht seine Uneigennützigkeit; nicht
sein ausdaurendes Vertrauen auf Gott, wodurch sie
sich selbst und andre zu ähnlichen Gesinnungen auf-
munterten? Und wollen wir einen andern Grund le-
gen? Bey allem, was er für uns that, bey allem,
was er erduldete, um uns zu dienen, zu helfen, zu
beruhigen, bey allen seinen innern tiefen Wunden
der Seele, bey allen Mißhandlungen seines Leibes,

bey

die Vergegenwärtigung dieſer Geſchichte, ein aus-
nehmend kräftiges Mittel ſey, uns zu beſſern und
frömmeren Menſchen zu machen, unſre Tugend zu
ſtärken und zu vermehren, unſern Muth zu beleben,
unſre Trägheit zu wecken, unſre Hoffnung fröhlicher
zu machen, wenn wir ſie für ein bloßes Nebenwerk
der Religion hielten, das man nach Gefallen hoch
oder gering ſchätzen könnte. Das ſey ferne von uns,
die wir Chriſtum anders kennen gelernt haben, die
wir Schüler ſeiner Apoſtel ſind, und bey ihrer, oder,
welches eins iſt, bey ſeiner Lehre bleiben wollen.

War er es nicht, auf den ſie immer zurück ka-
men? Was es ſeine Aufopferung nicht, die ihnen
immer als der größte und anſchaulichſte Beweis der
Liebe Gottes, der ihn geſandt hatte, vorſchwebte?
War es nicht ſeine Geduld und ſein Ende, das ſie
den Leidenden vorhielten? Nicht ſeine Verläugnung
irdiſcher Freude; nicht ſeine Uneigennützigkeit; nicht
ſein ausdaurendes Vertrauen auf Gott, wodurch ſie
ſich ſelbſt und andre zu ähnlichen Geſinnungen auf-
munterten? Und wollen wir einen andern Grund le-
gen? Bey allem, was er für uns that, bey allem,
was er erduldete, um uns zu dienen, zu helfen, zu
beruhigen, bey allen ſeinen innern tiefen Wunden
der Seele, bey allen Mißhandlungen ſeines Leibes,

bey
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0152" n="136[148]"/>
die Vergegenwärtigung die&#x017F;er Ge&#x017F;chichte, ein aus-<lb/>
nehmend kräftiges Mittel &#x017F;ey, uns zu be&#x017F;&#x017F;ern und<lb/>
frömmeren Men&#x017F;chen zu machen, un&#x017F;re Tugend zu<lb/>
&#x017F;tärken und zu vermehren, un&#x017F;ern Muth zu beleben,<lb/>
un&#x017F;re Trägheit zu wecken, un&#x017F;re Hoffnung fröhlicher<lb/>
zu machen, wenn wir &#x017F;ie für ein bloßes Nebenwerk<lb/>
der Religion hielten, das man nach Gefallen hoch<lb/>
oder gering &#x017F;chätzen könnte. Das &#x017F;ey ferne von uns,<lb/>
die wir Chri&#x017F;tum anders kennen gelernt haben, die<lb/>
wir Schüler &#x017F;einer Apo&#x017F;tel &#x017F;ind, und bey ihrer, oder,<lb/>
welches eins i&#x017F;t, bey <hi rendition="#fr">&#x017F;einer</hi> Lehre bleiben wollen.</p><lb/>
          <p>War er es nicht, auf den &#x017F;ie immer zurück ka-<lb/>
men? Was es &#x017F;eine Aufopferung nicht, die ihnen<lb/>
immer als der größte und an&#x017F;chaulich&#x017F;te Beweis der<lb/>
Liebe Gottes, der ihn ge&#x017F;andt hatte, vor&#x017F;chwebte?<lb/>
War es nicht &#x017F;eine Geduld und &#x017F;ein Ende, das &#x017F;ie<lb/>
den Leidenden vorhielten? Nicht &#x017F;eine Verläugnung<lb/>
irdi&#x017F;cher Freude; nicht &#x017F;eine Uneigennützigkeit; nicht<lb/>
&#x017F;ein ausdaurendes Vertrauen auf Gott, wodurch &#x017F;ie<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t und andre zu ähnlichen Ge&#x017F;innungen auf-<lb/>
munterten? Und wollen wir einen andern Grund le-<lb/>
gen? Bey allem, was er für uns that, bey allem,<lb/>
was er erduldete, um uns zu dienen, zu helfen, zu<lb/>
beruhigen, bey allen &#x017F;einen innern tiefen Wunden<lb/>
der Seele, bey allen Mißhandlungen &#x017F;eines Leibes,<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bey</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[136[148]/0152] die Vergegenwärtigung dieſer Geſchichte, ein aus- nehmend kräftiges Mittel ſey, uns zu beſſern und frömmeren Menſchen zu machen, unſre Tugend zu ſtärken und zu vermehren, unſern Muth zu beleben, unſre Trägheit zu wecken, unſre Hoffnung fröhlicher zu machen, wenn wir ſie für ein bloßes Nebenwerk der Religion hielten, das man nach Gefallen hoch oder gering ſchätzen könnte. Das ſey ferne von uns, die wir Chriſtum anders kennen gelernt haben, die wir Schüler ſeiner Apoſtel ſind, und bey ihrer, oder, welches eins iſt, bey ſeiner Lehre bleiben wollen. War er es nicht, auf den ſie immer zurück ka- men? Was es ſeine Aufopferung nicht, die ihnen immer als der größte und anſchaulichſte Beweis der Liebe Gottes, der ihn geſandt hatte, vorſchwebte? War es nicht ſeine Geduld und ſein Ende, das ſie den Leidenden vorhielten? Nicht ſeine Verläugnung irdiſcher Freude; nicht ſeine Uneigennützigkeit; nicht ſein ausdaurendes Vertrauen auf Gott, wodurch ſie ſich ſelbſt und andre zu ähnlichen Geſinnungen auf- munterten? Und wollen wir einen andern Grund le- gen? Bey allem, was er für uns that, bey allem, was er erduldete, um uns zu dienen, zu helfen, zu beruhigen, bey allen ſeinen innern tiefen Wunden der Seele, bey allen Mißhandlungen ſeines Leibes, bey

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Matthias Boenig, Yannic Bracke, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Linda Kirsten, Xi Zhang: Arbeitsschritte im Digitalisierungsworkflow: Vorbereitung der Bildvorlagen für die Textdigitalisierung; Bearbeitung, Konvertierung und ggf. Nachstrukturierung der durch die Grepect GmbH bereitgestellten Texttranskription
Britt-Marie Schuster, Alexander Geyken, Susanne Haaf, Christopher Georgi, Linda Kirsten, Frauke Thielert, t.evo: Die Evolution von komplexen Textmustern: Aufbau eines Korpus historischer Erbauungsschriften zur Untersuchung der Mehrdimensionalität des Textmusterwandels
Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften (BBAW): Langfristige Bereitstellung der DTA-Ausgabe



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/152
Zitationshilfe: Niemeyer, August Hermann: Timotheus. Bd. 1. 2. Aufl. Frankfurt (Main) u.a., 1790, S. 136[148]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niemeyer_timotheus01_1790/152>, abgerufen am 26.06.2024.