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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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Heer gegen die Vejenter. Der Beyfall der Patricier
hatte ihm die höchste Würde verliehen; nicht die Hei-
ligkeit des Eides, nicht die Furchtbarkeit der Kriegszucht
vermochte seine rechtmäßige Gewalt gegen den Groll der
Soldaten zu behaupten durch deren Arm er siegen sollte.
Das Volk liebte Cassius Andenken, ungläubig über eine
vereitelte Gefahr, weil die Feinde des Hingerichteten auch
die seinigen waren; das Heer wollte nicht siegen, damit
der Consul nicht im Triumph zurückkehre. Beyde Armeen
waren einander gegenüber gelagert, und zur Schlacht in
ein Thal herabgekommen welches sie trennte. Die Vejen-
ter wichen, und wurden von der römischen Reuterey ver-
folgt: die Legionen weigerten sich den Angriff fortzusetzen.
Dionysius erzählt, die Empörung habe sich nicht auf die-
ses Verbrechen eingeschränkt: die Soldaten wären nach
Rom zurück aus dem Lager aufgebrochen, welches mit vieler
Beute und den Verwundeten in die Gewalt der Etrusker
gekommen sey: diese Nachricht läßt fast auf eine verhüllte
Niederlage schließen; denn die Annalen dieser Jahrhunderte
sind durchaus verfälscht, und es war nicht das Zeitalter
römischer Siege. Im folgenden Jahr (274) zogen beyde
Consuln gegen Veji. Sie fanden ein sehr zahlreiches
etruskisches Heer im Felde: der vorige Feldzug hatte
einem nicht kriegliebenden, aber auch nicht unkriegeri-
schem Volk Lust und Muth erregt, entweder durch einen
erfochtnen Sieg, oder durch Vertrauen auf die innre
Zwietracht der Römer. Das reiche Veji konnte, wie
fremde Staaten, mit Erfolg in Etrurien werben: und
Freywillige aus allen etruskischen Städten mit einer

Heer gegen die Vejenter. Der Beyfall der Patricier
hatte ihm die hoͤchſte Wuͤrde verliehen; nicht die Hei-
ligkeit des Eides, nicht die Furchtbarkeit der Kriegszucht
vermochte ſeine rechtmaͤßige Gewalt gegen den Groll der
Soldaten zu behaupten durch deren Arm er ſiegen ſollte.
Das Volk liebte Caſſius Andenken, unglaͤubig uͤber eine
vereitelte Gefahr, weil die Feinde des Hingerichteten auch
die ſeinigen waren; das Heer wollte nicht ſiegen, damit
der Conſul nicht im Triumph zuruͤckkehre. Beyde Armeen
waren einander gegenuͤber gelagert, und zur Schlacht in
ein Thal herabgekommen welches ſie trennte. Die Vejen-
ter wichen, und wurden von der roͤmiſchen Reuterey ver-
folgt: die Legionen weigerten ſich den Angriff fortzuſetzen.
Dionyſius erzaͤhlt, die Empoͤrung habe ſich nicht auf die-
ſes Verbrechen eingeſchraͤnkt: die Soldaten waͤren nach
Rom zuruͤck aus dem Lager aufgebrochen, welches mit vieler
Beute und den Verwundeten in die Gewalt der Etrusker
gekommen ſey: dieſe Nachricht laͤßt faſt auf eine verhuͤllte
Niederlage ſchließen; denn die Annalen dieſer Jahrhunderte
ſind durchaus verfaͤlſcht, und es war nicht das Zeitalter
roͤmiſcher Siege. Im folgenden Jahr (274) zogen beyde
Conſuln gegen Veji. Sie fanden ein ſehr zahlreiches
etruskiſches Heer im Felde: der vorige Feldzug hatte
einem nicht kriegliebenden, aber auch nicht unkriegeri-
ſchem Volk Luſt und Muth erregt, entweder durch einen
erfochtnen Sieg, oder durch Vertrauen auf die innre
Zwietracht der Roͤmer. Das reiche Veji konnte, wie
fremde Staaten, mit Erfolg in Etrurien werben: und
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[74/0090] Heer gegen die Vejenter. Der Beyfall der Patricier hatte ihm die hoͤchſte Wuͤrde verliehen; nicht die Hei- ligkeit des Eides, nicht die Furchtbarkeit der Kriegszucht vermochte ſeine rechtmaͤßige Gewalt gegen den Groll der Soldaten zu behaupten durch deren Arm er ſiegen ſollte. Das Volk liebte Caſſius Andenken, unglaͤubig uͤber eine vereitelte Gefahr, weil die Feinde des Hingerichteten auch die ſeinigen waren; das Heer wollte nicht ſiegen, damit der Conſul nicht im Triumph zuruͤckkehre. Beyde Armeen waren einander gegenuͤber gelagert, und zur Schlacht in ein Thal herabgekommen welches ſie trennte. Die Vejen- ter wichen, und wurden von der roͤmiſchen Reuterey ver- folgt: die Legionen weigerten ſich den Angriff fortzuſetzen. Dionyſius erzaͤhlt, die Empoͤrung habe ſich nicht auf die- ſes Verbrechen eingeſchraͤnkt: die Soldaten waͤren nach Rom zuruͤck aus dem Lager aufgebrochen, welches mit vieler Beute und den Verwundeten in die Gewalt der Etrusker gekommen ſey: dieſe Nachricht laͤßt faſt auf eine verhuͤllte Niederlage ſchließen; denn die Annalen dieſer Jahrhunderte ſind durchaus verfaͤlſcht, und es war nicht das Zeitalter roͤmiſcher Siege. Im folgenden Jahr (274) zogen beyde Conſuln gegen Veji. Sie fanden ein ſehr zahlreiches etruskiſches Heer im Felde: der vorige Feldzug hatte einem nicht kriegliebenden, aber auch nicht unkriegeri- ſchem Volk Luſt und Muth erregt, entweder durch einen erfochtnen Sieg, oder durch Vertrauen auf die innre Zwietracht der Roͤmer. Das reiche Veji konnte, wie fremde Staaten, mit Erfolg in Etrurien werben: und Freywillige aus allen etruskiſchen Staͤdten mit einer

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 74. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/90>, abgerufen am 27.11.2024.