Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.den: denn ein Eid war dem Römer mehr als alle 60) Die Abweichungen der beyden vollständigen Geschicht-
schreiber können nur selten angedeutet werden. In Livius sind allenthalben die verschiedenartigen Fragmente des alten Stoffs durch die Widersprüche selbst sichtbar; der Grieche hat sie verarbeitet, und sehr oft eine nur täuschende Har- monie darüber verbreitet. Doch scheint es nicht daß die un- gleich größere Wahrscheinlichkeit seiner Erzählung (X. c. 15.) des innern Zwists während dieser Gefahr sie ver- dächtig machen dürfe: denn die des Livius, nur vorurtheils- vollem Hasse glaublich, hat vielmehr den Anschein von die- sem auch ersonnen zu seyn. -- Zonaxas setzt das Abentheuer des Appius Herdonius nach Cincinnatus Dictatur (VII. c. 18.) eine Verschiedenheit die nicht als Verwirrung über- sehen werden darf. den: denn ein Eid war dem Roͤmer mehr als alle 60) Die Abweichungen der beyden vollſtaͤndigen Geſchicht-
ſchreiber koͤnnen nur ſelten angedeutet werden. In Livius ſind allenthalben die verſchiedenartigen Fragmente des alten Stoffs durch die Widerſpruͤche ſelbſt ſichtbar; der Grieche hat ſie verarbeitet, und ſehr oft eine nur taͤuſchende Har- monie daruͤber verbreitet. Doch ſcheint es nicht daß die un- gleich groͤßere Wahrſcheinlichkeit ſeiner Erzaͤhlung (X. c. 15.) des innern Zwiſts waͤhrend dieſer Gefahr ſie ver- daͤchtig machen duͤrfe: denn die des Livius, nur vorurtheils- vollem Haſſe glaublich, hat vielmehr den Anſchein von die- ſem auch erſonnen zu ſeyn. — Zonaxas ſetzt das Abentheuer des Appius Herdonius nach Cincinnatus Dictatur (VII. c. 18.) eine Verſchiedenheit die nicht als Verwirrung uͤber- ſehen werden darf. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0074" n="58"/> den: denn ein Eid war dem Roͤmer mehr als alle<lb/> zwingende Gewalt: und dieſes Mißtrauen ſah keine Ge-<lb/> ſpenſter. Sie wichen aber der Zuſage des Conſuls P.<lb/> Valerius, deſſen Nahme ſeinem Worte hoͤheren Glau-<lb/> ben gab, es ſolle die Abſtimmung nicht mehr gehindert<lb/> werden, ſobald die Burg frey ſeyn werde, wenn ſie<lb/> nur in der Verſammlung Vorſtellungen uͤber das ſchaͤd-<lb/> liche des Geſetzes anhoͤren wollten <note place="foot" n="60)">Die Abweichungen der beyden vollſtaͤndigen Geſchicht-<lb/> ſchreiber koͤnnen nur ſelten angedeutet werden. In Livius<lb/> ſind allenthalben die verſchiedenartigen Fragmente des alten<lb/> Stoffs durch die Widerſpruͤche ſelbſt ſichtbar; der Grieche<lb/> hat ſie verarbeitet, und ſehr oft eine nur taͤuſchende Har-<lb/> monie daruͤber verbreitet. Doch ſcheint es nicht daß die un-<lb/> gleich groͤßere Wahrſcheinlichkeit ſeiner Erzaͤhlung (<hi rendition="#aq">X.<lb/> c.</hi> 15.) des innern Zwiſts waͤhrend dieſer Gefahr ſie ver-<lb/> daͤchtig machen duͤrfe: denn die des Livius, nur vorurtheils-<lb/> vollem Haſſe glaublich, hat vielmehr den Anſchein von die-<lb/> ſem auch erſonnen zu ſeyn. — Zonaxas ſetzt das Abentheuer<lb/> des Appius Herdonius nach Cincinnatus Dictatur (<hi rendition="#aq">VII.<lb/> c.</hi> 18.) eine Verſchiedenheit die nicht als Verwirrung uͤber-<lb/> ſehen werden darf.</note>. Ciaudius be-<lb/> ſetzte die Mauern und Landſtraßen gegen aͤußere Feinde:<lb/> Valerius ſtuͤrmte das Capitol mit den Buͤrgern und<lb/> einer tusculaniſchen Legion welche der Dictator L. Mami-<lb/> lius unaufgefordert Rom zu Huͤlfe gefuͤhrt hatte. Die<lb/> Eingeſchloßnen wehrten ſich verzweifelt, und erſt als ihr<lb/> Geſchoß, und was ſie darin verwandeln konnten, er-<lb/> ſchoͤpft war, gelang es den Stuͤrmenden, nach ſehr gro-<lb/> ßem Verluſt, die Hoͤhe des Huͤgels zu erreichen. Noch<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [58/0074]
den: denn ein Eid war dem Roͤmer mehr als alle
zwingende Gewalt: und dieſes Mißtrauen ſah keine Ge-
ſpenſter. Sie wichen aber der Zuſage des Conſuls P.
Valerius, deſſen Nahme ſeinem Worte hoͤheren Glau-
ben gab, es ſolle die Abſtimmung nicht mehr gehindert
werden, ſobald die Burg frey ſeyn werde, wenn ſie
nur in der Verſammlung Vorſtellungen uͤber das ſchaͤd-
liche des Geſetzes anhoͤren wollten 60). Ciaudius be-
ſetzte die Mauern und Landſtraßen gegen aͤußere Feinde:
Valerius ſtuͤrmte das Capitol mit den Buͤrgern und
einer tusculaniſchen Legion welche der Dictator L. Mami-
lius unaufgefordert Rom zu Huͤlfe gefuͤhrt hatte. Die
Eingeſchloßnen wehrten ſich verzweifelt, und erſt als ihr
Geſchoß, und was ſie darin verwandeln konnten, er-
ſchoͤpft war, gelang es den Stuͤrmenden, nach ſehr gro-
ßem Verluſt, die Hoͤhe des Huͤgels zu erreichen. Noch
60) Die Abweichungen der beyden vollſtaͤndigen Geſchicht-
ſchreiber koͤnnen nur ſelten angedeutet werden. In Livius
ſind allenthalben die verſchiedenartigen Fragmente des alten
Stoffs durch die Widerſpruͤche ſelbſt ſichtbar; der Grieche
hat ſie verarbeitet, und ſehr oft eine nur taͤuſchende Har-
monie daruͤber verbreitet. Doch ſcheint es nicht daß die un-
gleich groͤßere Wahrſcheinlichkeit ſeiner Erzaͤhlung (X.
c. 15.) des innern Zwiſts waͤhrend dieſer Gefahr ſie ver-
daͤchtig machen duͤrfe: denn die des Livius, nur vorurtheils-
vollem Haſſe glaublich, hat vielmehr den Anſchein von die-
ſem auch erſonnen zu ſeyn. — Zonaxas ſetzt das Abentheuer
des Appius Herdonius nach Cincinnatus Dictatur (VII.
c. 18.) eine Verſchiedenheit die nicht als Verwirrung uͤber-
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