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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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Von der vielfachen und verschiedenartigen Masse des
römischen so erworbenen Staatseigenthums müssen wir
bey der ferneren Untersuchung alles sondern was nicht
Acker, im weitesten Sinn, ist. Denn ganze Städte mit
allen ihren Gebäuden gehörten zu diesem Eigenthum, For-
sten, Bergwerke, Steinbrüche, Salinen. Von diesen
läßt sich nur Verpachtung derselben Art denken wie sie al-
lenthalben für Kammergüter Statt findet, denn Regie
ist niemals zu Rom für irgend einen Gegenstand der
Staatseinkünfte gewesen, obwohl unveränderliche in
Geld bestimmte Abgaben gradehin erhoben und abgelie-
fert wurden. Zölle und Accise wurden nothwendig an
Speculanten verpachtet.

Bey dieser herrschenden Verbreitung des Verpach-
tungssystems in der römischen Verwaltung, und da auch
in Beziehung auf die Domaine von Pacht und Pachtern
die Rede ist, und der Rahme und Begriff des Ager publi-
cus das fortwährende Eigenthum des Staats enthält, so
ist nichts natürlicher als daß Neuere voraussetzten, gleich
den Staaten unserer Zeit habe die Republik ihre Domaine
verpachtet. Plutarch schon glaubte es 56), und seine
Meinung hatte ein sehr unverdientes Gewicht, denn nur
zu lange ist es übersehen wie schwach das Urtheil und wie
seicht die Kenntnisse dieses sonst liebenswürdigen Schrift-

des Bodens zu Vorwerken, ist auch in der alten Geschichte
zu verstehen, wenn der große König Landschaften an The-
mistokles zur Haushaltung oder an Parysatis zum Schmuck
schenkt.
56) Plutarch, Gracch. p. 327.
Zweiter Theil. Z

Von der vielfachen und verſchiedenartigen Maſſe des
roͤmiſchen ſo erworbenen Staatseigenthums muͤſſen wir
bey der ferneren Unterſuchung alles ſondern was nicht
Acker, im weiteſten Sinn, iſt. Denn ganze Staͤdte mit
allen ihren Gebaͤuden gehoͤrten zu dieſem Eigenthum, For-
ſten, Bergwerke, Steinbruͤche, Salinen. Von dieſen
laͤßt ſich nur Verpachtung derſelben Art denken wie ſie al-
lenthalben fuͤr Kammerguͤter Statt findet, denn Regie
iſt niemals zu Rom fuͤr irgend einen Gegenſtand der
Staatseinkuͤnfte geweſen, obwohl unveraͤnderliche in
Geld beſtimmte Abgaben gradehin erhoben und abgelie-
fert wurden. Zoͤlle und Acciſe wurden nothwendig an
Speculanten verpachtet.

Bey dieſer herrſchenden Verbreitung des Verpach-
tungsſyſtems in der roͤmiſchen Verwaltung, und da auch
in Beziehung auf die Domaine von Pacht und Pachtern
die Rede iſt, und der Rahme und Begriff des Ager publi-
cus das fortwaͤhrende Eigenthum des Staats enthaͤlt, ſo
iſt nichts natuͤrlicher als daß Neuere vorausſetzten, gleich
den Staaten unſerer Zeit habe die Republik ihre Domaine
verpachtet. Plutarch ſchon glaubte es 56), und ſeine
Meinung hatte ein ſehr unverdientes Gewicht, denn nur
zu lange iſt es uͤberſehen wie ſchwach das Urtheil und wie
ſeicht die Kenntniſſe dieſes ſonſt liebenswuͤrdigen Schrift-

des Bodens zu Vorwerken, iſt auch in der alten Geſchichte
zu verſtehen, wenn der große Koͤnig Landſchaften an The-
miſtokles zur Haushaltung oder an Paryſatis zum Schmuck
ſchenkt.
56) Plutarch, Gracch. p. 327.
Zweiter Theil. Z
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[353/0369] Von der vielfachen und verſchiedenartigen Maſſe des roͤmiſchen ſo erworbenen Staatseigenthums muͤſſen wir bey der ferneren Unterſuchung alles ſondern was nicht Acker, im weiteſten Sinn, iſt. Denn ganze Staͤdte mit allen ihren Gebaͤuden gehoͤrten zu dieſem Eigenthum, For- ſten, Bergwerke, Steinbruͤche, Salinen. Von dieſen laͤßt ſich nur Verpachtung derſelben Art denken wie ſie al- lenthalben fuͤr Kammerguͤter Statt findet, denn Regie iſt niemals zu Rom fuͤr irgend einen Gegenſtand der Staatseinkuͤnfte geweſen, obwohl unveraͤnderliche in Geld beſtimmte Abgaben gradehin erhoben und abgelie- fert wurden. Zoͤlle und Acciſe wurden nothwendig an Speculanten verpachtet. Bey dieſer herrſchenden Verbreitung des Verpach- tungsſyſtems in der roͤmiſchen Verwaltung, und da auch in Beziehung auf die Domaine von Pacht und Pachtern die Rede iſt, und der Rahme und Begriff des Ager publi- cus das fortwaͤhrende Eigenthum des Staats enthaͤlt, ſo iſt nichts natuͤrlicher als daß Neuere vorausſetzten, gleich den Staaten unſerer Zeit habe die Republik ihre Domaine verpachtet. Plutarch ſchon glaubte es 56), und ſeine Meinung hatte ein ſehr unverdientes Gewicht, denn nur zu lange iſt es uͤberſehen wie ſchwach das Urtheil und wie ſeicht die Kenntniſſe dieſes ſonſt liebenswuͤrdigen Schrift- 55) 56) Plutarch, Gracch. p. 327. 55) des Bodens zu Vorwerken, iſt auch in der alten Geſchichte zu verſtehen, wenn der große Koͤnig Landſchaften an The- miſtokles zur Haushaltung oder an Paryſatis zum Schmuck ſchenkt. Zweiter Theil. Z

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/369>, abgerufen am 22.11.2024.