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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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nur im Krieg erprobte Männer sich um' das Consulat be-
werben dürfen: des größten Feldherrn plebejischer Mit-
bewerber werde dem patricischen nicht nachstehen, wenn
auch beyde seiner Größe sich nicht vergleichen könnten.
Aber auch ein Plebejer könne eben sowohl dieser Held sei-
ner Zeit seyn, wenn ihm nur nicht der belebende Sonnen-
glanz freyer Obermacht entzogen würde: und einen sol-
chen wollten die Patricier der Republik ganz rauben, ihn
nur dann dienstbar dulden wenn ein patricischer Consul
die Geneigtheit haben möchte ihn zu befragen und zu hö-
ren. Auch wäre die Bestimmung welche man angreife nur
wegen der Erfahrung unverbesserlicher Treulosigkeit noth-
wendig. Verführe der erste Stand redlich, dann möchte
die Wahl der Würdigsten unter den Bürgern ohne alle
Beschränkungen des Buchstabens erlaubt und empfohlen
werden, obgleich keine freye Verfassung den Buchstaben
entbehren könne. Wer aber dürfte nach solchen Erfahrun-
gen an die gute Treue der Patricier glauben? Glücklich
die Republik wenn auch der heilig beschworene, ängstlich
abgewogene Buchstabe dieses Gesetzes gegen freche Ver-
letzung sicher seyn würde! Wäre einst der alte ständische
Geist in allgemeine Vaterlandsliebe aufgelößt; kämen
dann prüfende Tage des Unglücks; dann könne der bessere
Enkel für eine Zeit die Fesseln des Gesetzes lösen. Eine
Niederlage sogar sey erträglicher als Knechtschaft, und
verkrüppelnde Einzwängung des lebensvollen Körpers.
Woher aber diese dunkeln Besorgnisse plebejischer Unfä-
higkeit und Untugend? Doch nicht aus der Erfahrung;
denn in dem einzigen Zeitraum wo es den Patriciern nicht

nur im Krieg erprobte Maͤnner ſich um’ das Conſulat be-
werben duͤrfen: des groͤßten Feldherrn plebejiſcher Mit-
bewerber werde dem patriciſchen nicht nachſtehen, wenn
auch beyde ſeiner Groͤße ſich nicht vergleichen koͤnnten.
Aber auch ein Plebejer koͤnne eben ſowohl dieſer Held ſei-
ner Zeit ſeyn, wenn ihm nur nicht der belebende Sonnen-
glanz freyer Obermacht entzogen wuͤrde: und einen ſol-
chen wollten die Patricier der Republik ganz rauben, ihn
nur dann dienſtbar dulden wenn ein patriciſcher Conſul
die Geneigtheit haben moͤchte ihn zu befragen und zu hoͤ-
ren. Auch waͤre die Beſtimmung welche man angreife nur
wegen der Erfahrung unverbeſſerlicher Treuloſigkeit noth-
wendig. Verfuͤhre der erſte Stand redlich, dann moͤchte
die Wahl der Wuͤrdigſten unter den Buͤrgern ohne alle
Beſchraͤnkungen des Buchſtabens erlaubt und empfohlen
werden, obgleich keine freye Verfaſſung den Buchſtaben
entbehren koͤnne. Wer aber duͤrfte nach ſolchen Erfahrun-
gen an die gute Treue der Patricier glauben? Gluͤcklich
die Republik wenn auch der heilig beſchworene, aͤngſtlich
abgewogene Buchſtabe dieſes Geſetzes gegen freche Ver-
letzung ſicher ſeyn wuͤrde! Waͤre einſt der alte ſtaͤndiſche
Geiſt in allgemeine Vaterlandsliebe aufgeloͤßt; kaͤmen
dann pruͤfende Tage des Ungluͤcks; dann koͤnne der beſſere
Enkel fuͤr eine Zeit die Feſſeln des Geſetzes loͤſen. Eine
Niederlage ſogar ſey ertraͤglicher als Knechtſchaft, und
verkruͤppelnde Einzwaͤngung des lebensvollen Koͤrpers.
Woher aber dieſe dunkeln Beſorgniſſe plebejiſcher Unfaͤ-
higkeit und Untugend? Doch nicht aus der Erfahrung;
denn in dem einzigen Zeitraum wo es den Patriciern nicht

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[344/0360] nur im Krieg erprobte Maͤnner ſich um’ das Conſulat be- werben duͤrfen: des groͤßten Feldherrn plebejiſcher Mit- bewerber werde dem patriciſchen nicht nachſtehen, wenn auch beyde ſeiner Groͤße ſich nicht vergleichen koͤnnten. Aber auch ein Plebejer koͤnne eben ſowohl dieſer Held ſei- ner Zeit ſeyn, wenn ihm nur nicht der belebende Sonnen- glanz freyer Obermacht entzogen wuͤrde: und einen ſol- chen wollten die Patricier der Republik ganz rauben, ihn nur dann dienſtbar dulden wenn ein patriciſcher Conſul die Geneigtheit haben moͤchte ihn zu befragen und zu hoͤ- ren. Auch waͤre die Beſtimmung welche man angreife nur wegen der Erfahrung unverbeſſerlicher Treuloſigkeit noth- wendig. Verfuͤhre der erſte Stand redlich, dann moͤchte die Wahl der Wuͤrdigſten unter den Buͤrgern ohne alle Beſchraͤnkungen des Buchſtabens erlaubt und empfohlen werden, obgleich keine freye Verfaſſung den Buchſtaben entbehren koͤnne. Wer aber duͤrfte nach ſolchen Erfahrun- gen an die gute Treue der Patricier glauben? Gluͤcklich die Republik wenn auch der heilig beſchworene, aͤngſtlich abgewogene Buchſtabe dieſes Geſetzes gegen freche Ver- letzung ſicher ſeyn wuͤrde! Waͤre einſt der alte ſtaͤndiſche Geiſt in allgemeine Vaterlandsliebe aufgeloͤßt; kaͤmen dann pruͤfende Tage des Ungluͤcks; dann koͤnne der beſſere Enkel fuͤr eine Zeit die Feſſeln des Geſetzes loͤſen. Eine Niederlage ſogar ſey ertraͤglicher als Knechtſchaft, und verkruͤppelnde Einzwaͤngung des lebensvollen Koͤrpers. Woher aber dieſe dunkeln Beſorgniſſe plebejiſcher Unfaͤ- higkeit und Untugend? Doch nicht aus der Erfahrung; denn in dem einzigen Zeitraum wo es den Patriciern nicht

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 344. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/360>, abgerufen am 26.11.2024.