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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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Gränze gewesen war. Es erklärt sich nur durch den
großen Anwachs der samnitischen Macht die, eben in
diesem Zeitraum, erobernd über alle Gränzen strömte
und die noch übrigen ausonischen Stämme allenthalben
unterwarf oder verdrängte. Seit vierzig Jahren im
Besitz von Capua, drangen sie auch am obern Vultur-
nus und gegen den Liris in das Land der Volsker und
Aequer ein, welche, ihnen an dieser Gränze unterliegend,
auch den Latinern den Sieg und die gewonnenen Orte
nicht mehr streitig machen konnten. Ihre Eroberungen er-
streckten sich, freylich in einer späteren Zeit, bis Sora,
Fregellä und Fabrateria am Liris.

In den Jahren ihrer Größe hatten die Volsker
den Hernikern Ferentinum entrissen: dieses ward von
den Verbündeten im Jahr 342 erobert und den Herni-
kern zurückgegeben. Die folgenden Jahre werden nur
durch unbedeutende Unternehmungen an der Gränze be-
zeichnet. Kaum glaublich ist es daß die Römer schon
in diesem Zeitraum bis an den See Fucinus 42) vorge-
drungen wären. Der Feldzug des Jahrs 349 war wich-
tiger als irgend ein vorhergehender. Drey römisch-la-
tinische Heere rückten in das Volskerland ein; zum er-
stenmahl in der römischen Geschichte zeigen sich ver-
bundene Bewegungen abgesonderter Corps, und wir
fühlen uns befreyt von der langwierigen Einförmigkeit
kunstloser plündernder Einfälle, die ein einziges Zusam-
mentreffen endigt. Eine Abtheilung bedrohte Antium,

eine
42) Livius IV. c. 57.

Graͤnze geweſen war. Es erklaͤrt ſich nur durch den
großen Anwachs der ſamnitiſchen Macht die, eben in
dieſem Zeitraum, erobernd uͤber alle Graͤnzen ſtroͤmte
und die noch uͤbrigen auſoniſchen Staͤmme allenthalben
unterwarf oder verdraͤngte. Seit vierzig Jahren im
Beſitz von Capua, drangen ſie auch am obern Vultur-
nus und gegen den Liris in das Land der Volsker und
Aequer ein, welche, ihnen an dieſer Graͤnze unterliegend,
auch den Latinern den Sieg und die gewonnenen Orte
nicht mehr ſtreitig machen konnten. Ihre Eroberungen er-
ſtreckten ſich, freylich in einer ſpaͤteren Zeit, bis Sora,
Fregellaͤ und Fabrateria am Liris.

In den Jahren ihrer Groͤße hatten die Volsker
den Hernikern Ferentinum entriſſen: dieſes ward von
den Verbuͤndeten im Jahr 342 erobert und den Herni-
kern zuruͤckgegeben. Die folgenden Jahre werden nur
durch unbedeutende Unternehmungen an der Graͤnze be-
zeichnet. Kaum glaublich iſt es daß die Roͤmer ſchon
in dieſem Zeitraum bis an den See Fucinus 42) vorge-
drungen waͤren. Der Feldzug des Jahrs 349 war wich-
tiger als irgend ein vorhergehender. Drey roͤmiſch-la-
tiniſche Heere ruͤckten in das Volskerland ein; zum er-
ſtenmahl in der roͤmiſchen Geſchichte zeigen ſich ver-
bundene Bewegungen abgeſonderter Corps, und wir
fuͤhlen uns befreyt von der langwierigen Einfoͤrmigkeit
kunſtloſer pluͤndernder Einfaͤlle, die ein einziges Zuſam-
mentreffen endigt. Eine Abtheilung bedrohte Antium,

eine
42) Livius IV. c. 57.
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[208/0224] Graͤnze geweſen war. Es erklaͤrt ſich nur durch den großen Anwachs der ſamnitiſchen Macht die, eben in dieſem Zeitraum, erobernd uͤber alle Graͤnzen ſtroͤmte und die noch uͤbrigen auſoniſchen Staͤmme allenthalben unterwarf oder verdraͤngte. Seit vierzig Jahren im Beſitz von Capua, drangen ſie auch am obern Vultur- nus und gegen den Liris in das Land der Volsker und Aequer ein, welche, ihnen an dieſer Graͤnze unterliegend, auch den Latinern den Sieg und die gewonnenen Orte nicht mehr ſtreitig machen konnten. Ihre Eroberungen er- ſtreckten ſich, freylich in einer ſpaͤteren Zeit, bis Sora, Fregellaͤ und Fabrateria am Liris. In den Jahren ihrer Groͤße hatten die Volsker den Hernikern Ferentinum entriſſen: dieſes ward von den Verbuͤndeten im Jahr 342 erobert und den Herni- kern zuruͤckgegeben. Die folgenden Jahre werden nur durch unbedeutende Unternehmungen an der Graͤnze be- zeichnet. Kaum glaublich iſt es daß die Roͤmer ſchon in dieſem Zeitraum bis an den See Fucinus 42) vorge- drungen waͤren. Der Feldzug des Jahrs 349 war wich- tiger als irgend ein vorhergehender. Drey roͤmiſch-la- tiniſche Heere ruͤckten in das Volskerland ein; zum er- ſtenmahl in der roͤmiſchen Geſchichte zeigen ſich ver- bundene Bewegungen abgeſonderter Corps, und wir fuͤhlen uns befreyt von der langwierigen Einfoͤrmigkeit kunſtloſer pluͤndernder Einfaͤlle, die ein einziges Zuſam- mentreffen endigt. Eine Abtheilung bedrohte Antium, eine 42) Livius IV. c. 57.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 208. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/224>, abgerufen am 27.11.2024.