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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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keine hohe Würde belohnt. Doch erwählte das Volk
ihn und drey andre Hauptleute der Ritter seines Stan-
des 40) für das folgende Jahr zu Volkstribunen. Schon
nach der Niederlage hatte Tempanius den Unwillen des
Volks gegen den Consul zu besänftigen gestrebt: als Tri-
bune gewährten er und seine drey Collegen, mit der Pie-
tät zu der ein römischer Soldat gegen seinen Feldherrn
verpflichtet war, ihm Schutz als einer ihrer Collegen
ihn vor dem Volk anklagte. Nicht durch Hemmung des
Gerichts, sondern durch Fürbitte in Trauerkleidern: das
erschütterte den Ankläger, er nahm seine Regation zu-
rück. Aber zwey Jahre später erwachte das Andenken
der verziehenen Schuld durch des Altconsuls gehässige
Leidenschaftlichkeit gegen die Sache des Volks, er ward
angeklagt und in eine Mult verurtheilt.

Zum letztenmal war im Jahr 337 der Algidus Schau-
platz eines Kriegs mit den Aequern. Diesen, verbunden
mit den Lavicanern, gewährte die Thorheit der römischen
Militartribunen, die nur auf die Eitelkeit des Vorrangs
dachten, einen leichten Sieg. Q. Servilius, zum Dic-
tator ernannt, tilgte die Schmach der Niederlage, und
eroberte Lavici mit Sturm. Ob diese latinische Stadt
seit dem großen volskischen Krieg mit den übrigen Er-
oberungen den Aequern geblieben war, oder ob sie frey
geworden, und erst im vorhergehenden Jahre, wie er-

40) Unter diesen ist auch ein Icilius, also gehörte sein Ge-
schlecht, dessen Nahmen Livius fast gleichbedeutend für
einen Meuterer und Volksaufwiegler gebraucht, zu den ple-
bejischen Ritterfamilien.

keine hohe Wuͤrde belohnt. Doch erwaͤhlte das Volk
ihn und drey andre Hauptleute der Ritter ſeines Stan-
des 40) fuͤr das folgende Jahr zu Volkstribunen. Schon
nach der Niederlage hatte Tempanius den Unwillen des
Volks gegen den Conſul zu beſaͤnftigen geſtrebt: als Tri-
bune gewaͤhrten er und ſeine drey Collegen, mit der Pie-
taͤt zu der ein roͤmiſcher Soldat gegen ſeinen Feldherrn
verpflichtet war, ihm Schutz als einer ihrer Collegen
ihn vor dem Volk anklagte. Nicht durch Hemmung des
Gerichts, ſondern durch Fuͤrbitte in Trauerkleidern: das
erſchuͤtterte den Anklaͤger, er nahm ſeine Regation zu-
ruͤck. Aber zwey Jahre ſpaͤter erwachte das Andenken
der verziehenen Schuld durch des Altconſuls gehaͤſſige
Leidenſchaftlichkeit gegen die Sache des Volks, er ward
angeklagt und in eine Mult verurtheilt.

Zum letztenmal war im Jahr 337 der Algidus Schau-
platz eines Kriegs mit den Aequern. Dieſen, verbunden
mit den Lavicanern, gewaͤhrte die Thorheit der roͤmiſchen
Militartribunen, die nur auf die Eitelkeit des Vorrangs
dachten, einen leichten Sieg. Q. Servilius, zum Dic-
tator ernannt, tilgte die Schmach der Niederlage, und
eroberte Lavici mit Sturm. Ob dieſe latiniſche Stadt
ſeit dem großen volskiſchen Krieg mit den uͤbrigen Er-
oberungen den Aequern geblieben war, oder ob ſie frey
geworden, und erſt im vorhergehenden Jahre, wie er-

40) Unter dieſen iſt auch ein Icilius, alſo gehoͤrte ſein Ge-
ſchlecht, deſſen Nahmen Livius faſt gleichbedeutend fuͤr
einen Meuterer und Volksaufwiegler gebraucht, zu den ple-
bejiſchen Ritterfamilien.
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[206/0222] keine hohe Wuͤrde belohnt. Doch erwaͤhlte das Volk ihn und drey andre Hauptleute der Ritter ſeines Stan- des 40) fuͤr das folgende Jahr zu Volkstribunen. Schon nach der Niederlage hatte Tempanius den Unwillen des Volks gegen den Conſul zu beſaͤnftigen geſtrebt: als Tri- bune gewaͤhrten er und ſeine drey Collegen, mit der Pie- taͤt zu der ein roͤmiſcher Soldat gegen ſeinen Feldherrn verpflichtet war, ihm Schutz als einer ihrer Collegen ihn vor dem Volk anklagte. Nicht durch Hemmung des Gerichts, ſondern durch Fuͤrbitte in Trauerkleidern: das erſchuͤtterte den Anklaͤger, er nahm ſeine Regation zu- ruͤck. Aber zwey Jahre ſpaͤter erwachte das Andenken der verziehenen Schuld durch des Altconſuls gehaͤſſige Leidenſchaftlichkeit gegen die Sache des Volks, er ward angeklagt und in eine Mult verurtheilt. Zum letztenmal war im Jahr 337 der Algidus Schau- platz eines Kriegs mit den Aequern. Dieſen, verbunden mit den Lavicanern, gewaͤhrte die Thorheit der roͤmiſchen Militartribunen, die nur auf die Eitelkeit des Vorrangs dachten, einen leichten Sieg. Q. Servilius, zum Dic- tator ernannt, tilgte die Schmach der Niederlage, und eroberte Lavici mit Sturm. Ob dieſe latiniſche Stadt ſeit dem großen volskiſchen Krieg mit den uͤbrigen Er- oberungen den Aequern geblieben war, oder ob ſie frey geworden, und erſt im vorhergehenden Jahre, wie er- 40) Unter dieſen iſt auch ein Icilius, alſo gehoͤrte ſein Ge- ſchlecht, deſſen Nahmen Livius faſt gleichbedeutend fuͤr einen Meuterer und Volksaufwiegler gebraucht, zu den ple- bejiſchen Ritterfamilien.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 206. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/222>, abgerufen am 07.05.2024.