Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.tiger als alle andre: in Staatsverbrechen, die oft nicht Also hätte Virginius den Patricier Appius Clau- 59) Außer dem Fall zwischen Virginius und Claudius
sind noch zwey andre keiner Mißdeutung fähig. Der erste gegen Volscius, wo Cäsos Freunde sich erboten den Beweis zu führen, daß dieser zu der Zeit wo er den Mord verübt haben solle gar nicht in der Stadt gewesen sey, also Volscius ihn durch Verläumdung in das Elend getrieben habe: ni ita esset multi privatim ferebant Volscio judices. Livius III. c. 24. Der zweyte noch viel bündigere findet sich bey Valerius Maximus VI. c. 1. n. 10. wo die Tri- bunen ihre Intercession verweigern, obgleich der Verhaf- tete, sponsionem se facere paratum diceret quod adolescens ille -- quaestum factitavisset. Also infam gewesen sey, und die Sünde, welche er nicht läugnete, nicht unter das Gesetz falle. tiger als alle andre: in Staatsverbrechen, die oft nicht Alſo haͤtte Virginius den Patricier Appius Clau- 59) Außer dem Fall zwiſchen Virginius und Claudius
ſind noch zwey andre keiner Mißdeutung faͤhig. Der erſte gegen Volſcius, wo Caͤſos Freunde ſich erboten den Beweis zu fuͤhren, daß dieſer zu der Zeit wo er den Mord veruͤbt haben ſolle gar nicht in der Stadt geweſen ſey, alſo Volſcius ihn durch Verlaͤumdung in das Elend getrieben habe: ni ita esset multi privatim ferebant Volscio judices. Livius III. c. 24. Der zweyte noch viel buͤndigere findet ſich bey Valerius Maximus VI. c. 1. n. 10. wo die Tri- bunen ihre Interceſſion verweigern, obgleich der Verhaf- tete, sponsionem se facere paratum diceret quod adolescens ille — quæstum factitavisset. Alſo infam geweſen ſey, und die Suͤnde, welche er nicht laͤugnete, nicht unter das Geſetz falle. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0170" n="154"/> tiger als alle andre: in Staatsverbrechen, die oft nicht<lb/> moraliſch verdammlich waren, oder von einer Faction<lb/> grauſam verfolgt wurden: — und auch da rettete es M.<lb/> Manlius nicht, weil ihn die Tribunen verließen; — und bey<lb/> Criminalfaͤllen wo der Angeklagte nicht als Thaͤter ergrif-<lb/> fen, oder das Verbrechen nicht als unter das Geſetz gehoͤ-<lb/> rend unzweifelhaft erwieſen war: denn auch hier ſollte die<lb/> moͤgliche Unſchuld der hoͤchſten Gunſt genießen. Es<lb/> ſcheint daß in Faͤllen dieſer Art der Klaͤger oder der Be-<lb/> klagte eine Sponſion anbieten konnte, jener um den tri-<lb/> buniciſchen Schutz aufzuheben: dieſer um ſich ihn zu<lb/> erwerben <note place="foot" n="59)">Außer dem Fall zwiſchen Virginius und Claudius<lb/> ſind noch zwey andre keiner Mißdeutung faͤhig. Der<lb/> erſte gegen Volſcius, wo Caͤſos Freunde ſich erboten den<lb/> Beweis zu fuͤhren, daß dieſer zu der Zeit wo er den Mord<lb/> veruͤbt haben ſolle gar nicht in der Stadt geweſen ſey, alſo<lb/> Volſcius ihn durch Verlaͤumdung in das Elend getrieben<lb/> habe: <hi rendition="#aq"><hi rendition="#i">ni ita esset</hi> multi privatim <hi rendition="#i">ferebant</hi> Volscio <hi rendition="#i">judices</hi>.</hi><lb/> Livius <hi rendition="#aq">III. c.</hi> 24. Der zweyte noch viel buͤndigere findet<lb/> ſich bey Valerius Maximus <hi rendition="#aq">VI. c. 1. n.</hi> 10. wo die Tri-<lb/> bunen ihre Interceſſion verweigern, obgleich der Verhaf-<lb/> tete, <hi rendition="#aq">sponsionem se facere paratum diceret quod adolescens<lb/> ille — quæstum factitavisset.</hi> Alſo infam geweſen ſey,<lb/> und die Suͤnde, welche er nicht laͤugnete, nicht unter das<lb/> Geſetz falle.</note>.</p><lb/> <p>Alſo haͤtte Virginius den Patricier Appius Clau-<lb/> dius, obwohl berechtigt ihn wegen ſeiner Amtsfuͤhrung<lb/> vor dem Volksgericht anzuklagen, nicht verhaften laſſen<lb/> koͤnnen, wenn er ihm nicht die Sponſion angeboten<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [154/0170]
tiger als alle andre: in Staatsverbrechen, die oft nicht
moraliſch verdammlich waren, oder von einer Faction
grauſam verfolgt wurden: — und auch da rettete es M.
Manlius nicht, weil ihn die Tribunen verließen; — und bey
Criminalfaͤllen wo der Angeklagte nicht als Thaͤter ergrif-
fen, oder das Verbrechen nicht als unter das Geſetz gehoͤ-
rend unzweifelhaft erwieſen war: denn auch hier ſollte die
moͤgliche Unſchuld der hoͤchſten Gunſt genießen. Es
ſcheint daß in Faͤllen dieſer Art der Klaͤger oder der Be-
klagte eine Sponſion anbieten konnte, jener um den tri-
buniciſchen Schutz aufzuheben: dieſer um ſich ihn zu
erwerben 59).
Alſo haͤtte Virginius den Patricier Appius Clau-
dius, obwohl berechtigt ihn wegen ſeiner Amtsfuͤhrung
vor dem Volksgericht anzuklagen, nicht verhaften laſſen
koͤnnen, wenn er ihm nicht die Sponſion angeboten
59) Außer dem Fall zwiſchen Virginius und Claudius
ſind noch zwey andre keiner Mißdeutung faͤhig. Der
erſte gegen Volſcius, wo Caͤſos Freunde ſich erboten den
Beweis zu fuͤhren, daß dieſer zu der Zeit wo er den Mord
veruͤbt haben ſolle gar nicht in der Stadt geweſen ſey, alſo
Volſcius ihn durch Verlaͤumdung in das Elend getrieben
habe: ni ita esset multi privatim ferebant Volscio judices.
Livius III. c. 24. Der zweyte noch viel buͤndigere findet
ſich bey Valerius Maximus VI. c. 1. n. 10. wo die Tri-
bunen ihre Interceſſion verweigern, obgleich der Verhaf-
tete, sponsionem se facere paratum diceret quod adolescens
ille — quæstum factitavisset. Alſo infam geweſen ſey,
und die Suͤnde, welche er nicht laͤugnete, nicht unter das
Geſetz falle.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |