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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812.

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wegraffte 7). Eben so verheerend kehrte sie nach zehn
Jahren wieder. Einer der regierenden und einer der de-
signirten Consuln, vier Volkstribunen, viele Senatoren,
ein Augur, ein Flamen, werden unter den Todten ge-
nannt 8); es mag nur eine emphatische Bezeichnung des
Umfangs der Seuche seyn wenn gesagt wird die Hälfte
des Volks sey hingestorben. So verwüstend ist nur eine
wahre Pest, wenn auch die Meinung richtig wäre daß die
Beulenpest Europa erst im dritten Jahrhundert erreicht
hätte. Die attische hatte allerdings einen andern Charak-
ter, aber sie war darum nicht weniger Pest, plötzlich aus-
gebrochen, unaufhaltsam verbreitet und alles hinraffend.
Sie war nicht so mörderisch wie diese römischen 9).
Gleichzeitig mit Athen ward Rom wieder von einer Seu-
che heimgesucht, deren Verwüstungen nicht näher bezeich-
net werden, und also weniger fürchterlich gewesen seyn
müssen: aber diese Uebereinstimmung der Zeit möchte der
Vermuthung Gewicht geben daß alle diese Pestseuchen,
seit der ersten römischen des Jahrs 291, Erscheinungen
derselben Erdplage waren. Thukydides sagt nichts weni-
ger als daß die Seuche schnell aus Aethiopien durch Ae-
gypten Athen ergriffen habe; vielmehr deutet seine Erzäh-
lung auf einen viel älteren Ursprung, nur zu Athen brach
sie damals im Piräeus, wie ein gelbes Fieber, plötzlich
aus. Er weiß, daß sie auch das persische Reich überzo-

7) Dionysius IX. c. 67. Livius III. c. 6. 7.
8) Dionysius X. c. 53. Livius III. c. 32.
9) Thukydides III. c. 87. verglichen mit der Zahl der Hopli-
ten am Anfang des Kriegs II. c. 13.

wegraffte 7). Eben ſo verheerend kehrte ſie nach zehn
Jahren wieder. Einer der regierenden und einer der de-
ſignirten Conſuln, vier Volkstribunen, viele Senatoren,
ein Augur, ein Flamen, werden unter den Todten ge-
nannt 8); es mag nur eine emphatiſche Bezeichnung des
Umfangs der Seuche ſeyn wenn geſagt wird die Haͤlfte
des Volks ſey hingeſtorben. So verwuͤſtend iſt nur eine
wahre Peſt, wenn auch die Meinung richtig waͤre daß die
Beulenpeſt Europa erſt im dritten Jahrhundert erreicht
haͤtte. Die attiſche hatte allerdings einen andern Charak-
ter, aber ſie war darum nicht weniger Peſt, ploͤtzlich aus-
gebrochen, unaufhaltſam verbreitet und alles hinraffend.
Sie war nicht ſo moͤrderiſch wie dieſe roͤmiſchen 9).
Gleichzeitig mit Athen ward Rom wieder von einer Seu-
che heimgeſucht, deren Verwuͤſtungen nicht naͤher bezeich-
net werden, und alſo weniger fuͤrchterlich geweſen ſeyn
muͤſſen: aber dieſe Uebereinſtimmung der Zeit moͤchte der
Vermuthung Gewicht geben daß alle dieſe Peſtſeuchen,
ſeit der erſten roͤmiſchen des Jahrs 291, Erſcheinungen
derſelben Erdplage waren. Thukydides ſagt nichts weni-
ger als daß die Seuche ſchnell aus Aethiopien durch Ae-
gypten Athen ergriffen habe; vielmehr deutet ſeine Erzaͤh-
lung auf einen viel aͤlteren Urſprung, nur zu Athen brach
ſie damals im Piraͤeus, wie ein gelbes Fieber, ploͤtzlich
aus. Er weiß, daß ſie auch das perſiſche Reich uͤberzo-

7) Dionyſius IX. c. 67. Livius III. c. 6. 7.
8) Dionyſius X. c. 53. Livius III. c. 32.
9) Thukydides III. c. 87. verglichen mit der Zahl der Hopli-
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[103/0119] wegraffte 7). Eben ſo verheerend kehrte ſie nach zehn Jahren wieder. Einer der regierenden und einer der de- ſignirten Conſuln, vier Volkstribunen, viele Senatoren, ein Augur, ein Flamen, werden unter den Todten ge- nannt 8); es mag nur eine emphatiſche Bezeichnung des Umfangs der Seuche ſeyn wenn geſagt wird die Haͤlfte des Volks ſey hingeſtorben. So verwuͤſtend iſt nur eine wahre Peſt, wenn auch die Meinung richtig waͤre daß die Beulenpeſt Europa erſt im dritten Jahrhundert erreicht haͤtte. Die attiſche hatte allerdings einen andern Charak- ter, aber ſie war darum nicht weniger Peſt, ploͤtzlich aus- gebrochen, unaufhaltſam verbreitet und alles hinraffend. Sie war nicht ſo moͤrderiſch wie dieſe roͤmiſchen 9). Gleichzeitig mit Athen ward Rom wieder von einer Seu- che heimgeſucht, deren Verwuͤſtungen nicht naͤher bezeich- net werden, und alſo weniger fuͤrchterlich geweſen ſeyn muͤſſen: aber dieſe Uebereinſtimmung der Zeit moͤchte der Vermuthung Gewicht geben daß alle dieſe Peſtſeuchen, ſeit der erſten roͤmiſchen des Jahrs 291, Erſcheinungen derſelben Erdplage waren. Thukydides ſagt nichts weni- ger als daß die Seuche ſchnell aus Aethiopien durch Ae- gypten Athen ergriffen habe; vielmehr deutet ſeine Erzaͤh- lung auf einen viel aͤlteren Urſprung, nur zu Athen brach ſie damals im Piraͤeus, wie ein gelbes Fieber, ploͤtzlich aus. Er weiß, daß ſie auch das perſiſche Reich uͤberzo- 7) Dionyſius IX. c. 67. Livius III. c. 6. 7. 8) Dionyſius X. c. 53. Livius III. c. 32. 9) Thukydides III. c. 87. verglichen mit der Zahl der Hopli- ten am Anfang des Kriegs II. c. 13.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/119>, abgerufen am 23.11.2024.