Beyde Völker waren in das Land der Herniker eingefallen, denen der Consul Sp. Furius zum Beystand gesandt ward. Nach einem unglücklichen Treffen retteten sich die Römer in ihr Lager wo sie von den Feinden so eng eingeschlossen gehalten wurden daß Rom nur aus den nächsten Städten der Bundsgenossen Berichte über ihre Lage empfing. Diese schien rettungslos. Indessen be- freyten doch die Latiner und Herniker durch ein allge- meines Aufgebot den Consul, der in einem unglücklichen Ausfall großen Verlust erlitten hatte, und ohne schleu- nigen Entsatz das Gesetz des Siegers anzunehmen ge- zwungen gewesen wäre. Ein ähnliches römisches Auf- gebot schlug ein äquisches Heer zurück, welches aufs neue bis in das römische Gebiet eingedrungen war: und das consularische, welches ohne den Feind zu verfolgen sich nach Rom zurückbegab, soll den Zurückziehenden einen noch fühlbareren Verlust zugefügt haben. Doch macht die unglückliche Lage der Dinge im folgenden Jahr (291) diese Vortheile höchst zweifelhaft. Man möchte vielmehr glauben daß der Sieg den Aequern ent- schieden geblieben sey, obgleich das römische Heer vom Untergang gerettet war: denn in dem erwähnten Jahr erscheinen sie unbestritten als Herren des Feldes. Der römische Landmann dessen Habe die Kastelle gegen einen so zahlreichen Feind keinen Schutz gewährten, war mit seinem Vieh in die Stadt geflüchtet: und diese Anhäu- fung erregte, oder begünstigte, wie zu Athen im Pelo- ponnesischen Kriege, die Entwicklung einer Pest welche die Stadt entwaffnete. Diese Pest soll zuerst unter dem
Beyde Voͤlker waren in das Land der Herniker eingefallen, denen der Conſul Sp. Furius zum Beyſtand geſandt ward. Nach einem ungluͤcklichen Treffen retteten ſich die Roͤmer in ihr Lager wo ſie von den Feinden ſo eng eingeſchloſſen gehalten wurden daß Rom nur aus den naͤchſten Staͤdten der Bundsgenoſſen Berichte uͤber ihre Lage empfing. Dieſe ſchien rettungslos. Indeſſen be- freyten doch die Latiner und Herniker durch ein allge- meines Aufgebot den Conſul, der in einem ungluͤcklichen Ausfall großen Verluſt erlitten hatte, und ohne ſchleu- nigen Entſatz das Geſetz des Siegers anzunehmen ge- zwungen geweſen waͤre. Ein aͤhnliches roͤmiſches Auf- gebot ſchlug ein aͤquiſches Heer zuruͤck, welches aufs neue bis in das roͤmiſche Gebiet eingedrungen war: und das conſulariſche, welches ohne den Feind zu verfolgen ſich nach Rom zuruͤckbegab, ſoll den Zuruͤckziehenden einen noch fuͤhlbareren Verluſt zugefuͤgt haben. Doch macht die ungluͤckliche Lage der Dinge im folgenden Jahr (291) dieſe Vortheile hoͤchſt zweifelhaft. Man moͤchte vielmehr glauben daß der Sieg den Aequern ent- ſchieden geblieben ſey, obgleich das roͤmiſche Heer vom Untergang gerettet war: denn in dem erwaͤhnten Jahr erſcheinen ſie unbeſtritten als Herren des Feldes. Der roͤmiſche Landmann deſſen Habe die Kaſtelle gegen einen ſo zahlreichen Feind keinen Schutz gewaͤhrten, war mit ſeinem Vieh in die Stadt gefluͤchtet: und dieſe Anhaͤu- fung erregte, oder beguͤnſtigte, wie zu Athen im Pelo- ponneſiſchen Kriege, die Entwicklung einer Peſt welche die Stadt entwaffnete. Dieſe Peſt ſoll zuerſt unter dem
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Beyde Voͤlker waren in das Land der Herniker eingefallen,
denen der Conſul Sp. Furius zum Beyſtand geſandt
ward. Nach einem ungluͤcklichen Treffen retteten ſich die
Roͤmer in ihr Lager wo ſie von den Feinden ſo eng
eingeſchloſſen gehalten wurden daß Rom nur aus den
naͤchſten Staͤdten der Bundsgenoſſen Berichte uͤber ihre
Lage empfing. Dieſe ſchien rettungslos. Indeſſen be-
freyten doch die Latiner und Herniker durch ein allge-
meines Aufgebot den Conſul, der in einem ungluͤcklichen
Ausfall großen Verluſt erlitten hatte, und ohne ſchleu-
nigen Entſatz das Geſetz des Siegers anzunehmen ge-
zwungen geweſen waͤre. Ein aͤhnliches roͤmiſches Auf-
gebot ſchlug ein aͤquiſches Heer zuruͤck, welches aufs
neue bis in das roͤmiſche Gebiet eingedrungen war: und
das conſulariſche, welches ohne den Feind zu verfolgen
ſich nach Rom zuruͤckbegab, ſoll den Zuruͤckziehenden
einen noch fuͤhlbareren Verluſt zugefuͤgt haben. Doch
macht die ungluͤckliche Lage der Dinge im folgenden
Jahr (291) dieſe Vortheile hoͤchſt zweifelhaft. Man
moͤchte vielmehr glauben daß der Sieg den Aequern ent-
ſchieden geblieben ſey, obgleich das roͤmiſche Heer vom
Untergang gerettet war: denn in dem erwaͤhnten Jahr
erſcheinen ſie unbeſtritten als Herren des Feldes. Der
roͤmiſche Landmann deſſen Habe die Kaſtelle gegen einen
ſo zahlreichen Feind keinen Schutz gewaͤhrten, war mit
ſeinem Vieh in die Stadt gefluͤchtet: und dieſe Anhaͤu-
fung erregte, oder beguͤnſtigte, wie zu Athen im Pelo-
ponneſiſchen Kriege, die Entwicklung einer Peſt welche
die Stadt entwaffnete. Dieſe Peſt ſoll zuerſt unter dem
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 2. Berlin, 1812, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische02_1812/107>, abgerufen am 25.11.2024.
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