Saturnia, welcher Nahme nach Dionysius in den (spä- tern) Sibyllinischen Orakeln gebraucht ward, ist wohl allerdings bei den alten Latinern, in einem für uns nicht zu bestimmenden Umfang, die Benennung eines Theils des mittlern Italiens, worin Latium enthalten war, ge- wesen: daher die Saturnischen Verse, im eigenthümli- chen Rhythmus dieser Nationen gesungen. Aber die Spuren dieses Nahmens sind so schwach, daß wir nur dies mit Ueberzeugung sagen können: er galt gewiß nie allgemein für die Halbinsel.
Die Oenotrer.
Von dem Ursprung der Oenotrer sagt Phereky- des 35), Oenotrus sey einer von den zwey und zwanzig Söhnen des Lykaon, nach ihm wären die Oenotrer be- nannt, wie von seinem Bruder Peuketius die Peuketier am Jonischen Meerbusen. Sie zogen aus Arkadien 36) siebzehn Menschenalter vor den Troischen Zeiten, mit vie- len Arkadiern und andern Griechen denen das Land zu eng war; und dieses, bemerkt Pausanias 37), ist die älteste Colonie, nicht nur der Griechen sondern auch der Bar- baren, wovon sich eine Erinnerung erhalten hat.
Diese Genealogieen und diese Sagen kann kein ernst- hafter Mann als historische Erzählungen behandeln. So
pater von Thessalonike. Die nichtswürdige Orphische Argo- nautik meint unter den Ausonischen Inseln v. 1249 wohl gar Sicilien, Sardinien und Corsica.
35) Bey Dionysius I. c. 13.
36) Dionysius I. c. 11.
37)Arcad. p. 238. ed. Sylb.
Saturnia, welcher Nahme nach Dionyſius in den (ſpaͤ- tern) Sibylliniſchen Orakeln gebraucht ward, iſt wohl allerdings bei den alten Latinern, in einem fuͤr uns nicht zu beſtimmenden Umfang, die Benennung eines Theils des mittlern Italiens, worin Latium enthalten war, ge- weſen: daher die Saturniſchen Verſe, im eigenthuͤmli- chen Rhythmus dieſer Nationen geſungen. Aber die Spuren dieſes Nahmens ſind ſo ſchwach, daß wir nur dies mit Ueberzeugung ſagen koͤnnen: er galt gewiß nie allgemein fuͤr die Halbinſel.
Die Oenotrer.
Von dem Urſprung der Oenotrer ſagt Phereky- des 35), Oenotrus ſey einer von den zwey und zwanzig Soͤhnen des Lykaon, nach ihm waͤren die Oenotrer be- nannt, wie von ſeinem Bruder Peuketius die Peuketier am Joniſchen Meerbuſen. Sie zogen aus Arkadien 36) ſiebzehn Menſchenalter vor den Troiſchen Zeiten, mit vie- len Arkadiern und andern Griechen denen das Land zu eng war; und dieſes, bemerkt Pauſanias 37), iſt die aͤlteſte Colonie, nicht nur der Griechen ſondern auch der Bar- baren, wovon ſich eine Erinnerung erhalten hat.
Dieſe Genealogieen und dieſe Sagen kann kein ernſt- hafter Mann als hiſtoriſche Erzaͤhlungen behandeln. So
pater von Theſſalonike. Die nichtswuͤrdige Orphiſche Argo- nautik meint unter den Auſoniſchen Inſeln v. 1249 wohl gar Sicilien, Sardinien und Corſica.
35) Bey Dionyſius I. c. 13.
36) Dionyſius I. c. 11.
37)Arcad. p. 238. ed. Sylb.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0056"n="34"/>
Saturnia, welcher Nahme nach Dionyſius in den (ſpaͤ-<lb/>
tern) Sibylliniſchen Orakeln gebraucht ward, iſt wohl<lb/>
allerdings bei den alten Latinern, in einem fuͤr uns nicht<lb/>
zu beſtimmenden Umfang, die Benennung eines Theils<lb/>
des mittlern Italiens, worin Latium enthalten war, ge-<lb/>
weſen: daher die Saturniſchen Verſe, im eigenthuͤmli-<lb/>
chen Rhythmus dieſer Nationen geſungen. Aber die<lb/>
Spuren dieſes Nahmens ſind ſo ſchwach, daß wir nur<lb/>
dies mit Ueberzeugung ſagen koͤnnen: er galt gewiß nie<lb/>
allgemein fuͤr die Halbinſel.</p><lb/><divn="2"><head><hirendition="#b"><hirendition="#g">Die Oenotrer.</hi></hi></head><lb/><p>Von dem Urſprung der Oenotrer ſagt Phereky-<lb/>
des <noteplace="foot"n="35)">Bey Dionyſius <hirendition="#aq">I. c.</hi> 13.</note>, Oenotrus ſey einer von den zwey und zwanzig<lb/>
Soͤhnen des Lykaon, nach ihm waͤren die Oenotrer be-<lb/>
nannt, wie von ſeinem Bruder Peuketius die Peuketier<lb/>
am Joniſchen Meerbuſen. Sie zogen aus Arkadien <noteplace="foot"n="36)">Dionyſius <hirendition="#aq">I. c.</hi> 11.</note><lb/>ſiebzehn Menſchenalter vor den Troiſchen Zeiten, mit vie-<lb/>
len Arkadiern und andern Griechen denen das Land zu eng<lb/>
war; und dieſes, bemerkt Pauſanias <noteplace="foot"n="37)"><hirendition="#aq">Arcad. p. 238. ed. Sylb.</hi></note>, iſt die aͤlteſte<lb/>
Colonie, nicht nur der Griechen ſondern auch der Bar-<lb/>
baren, wovon ſich eine Erinnerung erhalten hat.</p><lb/><p>Dieſe Genealogieen und dieſe Sagen kann kein ernſt-<lb/>
hafter Mann als hiſtoriſche Erzaͤhlungen behandeln. So<lb/><notexml:id="note-0056"prev="#note-0055"place="foot"n="34)">pater von Theſſalonike. Die nichtswuͤrdige Orphiſche Argo-<lb/>
nautik meint unter den Auſoniſchen Inſeln <hirendition="#aq">v.</hi> 1249 wohl gar<lb/>
Sicilien, Sardinien und Corſica.</note><lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[34/0056]
Saturnia, welcher Nahme nach Dionyſius in den (ſpaͤ-
tern) Sibylliniſchen Orakeln gebraucht ward, iſt wohl
allerdings bei den alten Latinern, in einem fuͤr uns nicht
zu beſtimmenden Umfang, die Benennung eines Theils
des mittlern Italiens, worin Latium enthalten war, ge-
weſen: daher die Saturniſchen Verſe, im eigenthuͤmli-
chen Rhythmus dieſer Nationen geſungen. Aber die
Spuren dieſes Nahmens ſind ſo ſchwach, daß wir nur
dies mit Ueberzeugung ſagen koͤnnen: er galt gewiß nie
allgemein fuͤr die Halbinſel.
Die Oenotrer.
Von dem Urſprung der Oenotrer ſagt Phereky-
des 35), Oenotrus ſey einer von den zwey und zwanzig
Soͤhnen des Lykaon, nach ihm waͤren die Oenotrer be-
nannt, wie von ſeinem Bruder Peuketius die Peuketier
am Joniſchen Meerbuſen. Sie zogen aus Arkadien 36)
ſiebzehn Menſchenalter vor den Troiſchen Zeiten, mit vie-
len Arkadiern und andern Griechen denen das Land zu eng
war; und dieſes, bemerkt Pauſanias 37), iſt die aͤlteſte
Colonie, nicht nur der Griechen ſondern auch der Bar-
baren, wovon ſich eine Erinnerung erhalten hat.
Dieſe Genealogieen und dieſe Sagen kann kein ernſt-
hafter Mann als hiſtoriſche Erzaͤhlungen behandeln. So
34)
35) Bey Dionyſius I. c. 13.
36) Dionyſius I. c. 11.
37) Arcad. p. 238. ed. Sylb.
34) pater von Theſſalonike. Die nichtswuͤrdige Orphiſche Argo-
nautik meint unter den Auſoniſchen Inſeln v. 1249 wohl gar
Sicilien, Sardinien und Corſica.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/56>, abgerufen am 18.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.