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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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Vaterland zerstören. Darnach aber trachtete Coriolanus,
oder doch nach Tyranney und blutiger persönlicher Rache.
Auffallender aber als die unverdiente Gunst der Geschichte
ist, daß der Landesfeind ein Nationalheld ward, und daß
aller Mund fortdauernd sein Andenken verherrlichte 86):
Lobpreisungen, die, wenn sie auch ursprünglich aus der An-
hänglichkeit einer durch sein Verbrechen nicht geschreckten
Faction entstanden, doch allerdings zu verbürgen scheinen
daß in ihm ein großer Geist untergegangen ist. Helden-
thaten müssen ihm diesen Ruhm erworben haben, obgleich
sie durch keine Consulate bezeugt werden: und die einzige
in der Geschichte verzeichnete eben durch dasjenige was
sie beweisen soll, sehr zweifelhaft erscheint. Ihm wird die
Eroberung von Corioli zugeschrieben; von der alten Sage,
nach Livius, als Oberbefehlshaber des Heers: aber das
latinische Bündniß bewies die Abwesenheit des Consuls
Postumus Cominius von Rom, und daher folgerten die
Späteren dieser müsse den Volskischen Krieg geführt, C.
Marcius unter ihm gedient haben 87). In der That fin-
det sich auch in der ganzen älteren Geschichte kein Beyspiel

86) Eine eigentlichere Deutung von Dionysius Worten
(VIII. c. 62.) ou gegonen exitelos e tou andros mneme,
all adetai kai umneitai pros apanton, os eusebes
kai dikaios aner, läßt der Sprachgebrauch schwerlich zu.
87) Livius II. c. 33. Tantum sua laude obstitit famae con-
sulis C. Marcius, ut, nisi foedus cum Latinis, columna
aenea insculptum, monumento esset, ab Sp. Cassio uno,
quia collega afuerat, ictum; Postumum Cominium bel-
lum gessisse cum Volscis memoria cessisset.

Vaterland zerſtoͤren. Darnach aber trachtete Coriolanus,
oder doch nach Tyranney und blutiger perſoͤnlicher Rache.
Auffallender aber als die unverdiente Gunſt der Geſchichte
iſt, daß der Landesfeind ein Nationalheld ward, und daß
aller Mund fortdauernd ſein Andenken verherrlichte 86):
Lobpreiſungen, die, wenn ſie auch urſpruͤnglich aus der An-
haͤnglichkeit einer durch ſein Verbrechen nicht geſchreckten
Faction entſtanden, doch allerdings zu verbuͤrgen ſcheinen
daß in ihm ein großer Geiſt untergegangen iſt. Helden-
thaten muͤſſen ihm dieſen Ruhm erworben haben, obgleich
ſie durch keine Conſulate bezeugt werden: und die einzige
in der Geſchichte verzeichnete eben durch dasjenige was
ſie beweiſen ſoll, ſehr zweifelhaft erſcheint. Ihm wird die
Eroberung von Corioli zugeſchrieben; von der alten Sage,
nach Livius, als Oberbefehlshaber des Heers: aber das
latiniſche Buͤndniß bewies die Abweſenheit des Conſuls
Poſtumus Cominius von Rom, und daher folgerten die
Spaͤteren dieſer muͤſſe den Volskiſchen Krieg gefuͤhrt, C.
Marcius unter ihm gedient haben 87). In der That fin-
det ſich auch in der ganzen aͤlteren Geſchichte kein Beyſpiel

86) Eine eigentlichere Deutung von Dionyſius Worten
(VIII. c. 62.) οὐ γέγονεν ἐξιτηλος ἡ τοῦ ἀνδϱὸς μνήμη,
ἀλλ̕ ᾄδεται καὶ ὑμνεῖται πϱὸς ἁπάντων, ὡς εὐσεβὴς
καὶ δίκαιος ἀνήϱ, laͤßt der Sprachgebrauch ſchwerlich zu.
87) Livius II. c. 33. Tantum sua laude obstitit famae con-
sulis C. Marcius, ut, nisi foedus cum Latinis, columna
aenea insculptum, monumento esset, ab Sp. Cassio uno,
quia collega afuerat, ictum; Postumum Cominium bel-
lum gessisse cum Volscis memoria cessisset.
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[430/0452] Vaterland zerſtoͤren. Darnach aber trachtete Coriolanus, oder doch nach Tyranney und blutiger perſoͤnlicher Rache. Auffallender aber als die unverdiente Gunſt der Geſchichte iſt, daß der Landesfeind ein Nationalheld ward, und daß aller Mund fortdauernd ſein Andenken verherrlichte 86): Lobpreiſungen, die, wenn ſie auch urſpruͤnglich aus der An- haͤnglichkeit einer durch ſein Verbrechen nicht geſchreckten Faction entſtanden, doch allerdings zu verbuͤrgen ſcheinen daß in ihm ein großer Geiſt untergegangen iſt. Helden- thaten muͤſſen ihm dieſen Ruhm erworben haben, obgleich ſie durch keine Conſulate bezeugt werden: und die einzige in der Geſchichte verzeichnete eben durch dasjenige was ſie beweiſen ſoll, ſehr zweifelhaft erſcheint. Ihm wird die Eroberung von Corioli zugeſchrieben; von der alten Sage, nach Livius, als Oberbefehlshaber des Heers: aber das latiniſche Buͤndniß bewies die Abweſenheit des Conſuls Poſtumus Cominius von Rom, und daher folgerten die Spaͤteren dieſer muͤſſe den Volskiſchen Krieg gefuͤhrt, C. Marcius unter ihm gedient haben 87). In der That fin- det ſich auch in der ganzen aͤlteren Geſchichte kein Beyſpiel 86) Eine eigentlichere Deutung von Dionyſius Worten (VIII. c. 62.) οὐ γέγονεν ἐξιτηλος ἡ τοῦ ἀνδϱὸς μνήμη, ἀλλ̕ ᾄδεται καὶ ὑμνεῖται πϱὸς ἁπάντων, ὡς εὐσεβὴς καὶ δίκαιος ἀνήϱ, laͤßt der Sprachgebrauch ſchwerlich zu. 87) Livius II. c. 33. Tantum sua laude obstitit famae con- sulis C. Marcius, ut, nisi foedus cum Latinis, columna aenea insculptum, monumento esset, ab Sp. Cassio uno, quia collega afuerat, ictum; Postumum Cominium bel- lum gessisse cum Volscis memoria cessisset.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 430. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/452>, abgerufen am 25.11.2024.