glück am Cremera Rom an den Rand des Verderbens brachte, aber glücklicher als dieser endigte. In jenem späteren Kriege eroberten die Vejenter ebenfalls das Ja- niculum, und verfolgten die fliehenden Römer, aber be- greiflich nach einer Niederlage im Felde: ein Horatius rettete die Stadt, der Cousul, welcher im Augenblick der Gefahr mit Eilmärschen aus dem Volskerlande mit dem Heer eintraf: die Sieger, auf dem Janiculum ge- lagert, begnügten sich auf dem linken Ufer des Strohms das Land zu verwüsten, und wurden durch ein nachthei- liges Gefecht vor dem collinischen Thor gedemüthigt. Eine solche Uebereinstimmung ist mehr als eine Wieder- hohlung desselben Gangs der Begebenheiten, wie sie auf einem beschränkten Schauplatz allerdings möglich wäre. Rein dichterisch aber sind die glänzenden Ausschmückun- gen welche die Entwickelung herbeyführen, gleich ihr selbst. In einem historischen Zeitalter ist es allerdings ein unedles Streben das Heroische zu vertilgen: aber im Gebiet der mythischen Geschichte lasse es sich keiner verdrießen daß ernste Kritik als unhistorisch und unmög- lich bezeichnet was durch innern Widerspruch nicht beste- hen kann. Wer recht schätzt wird dadurch keinen Verlust zu empfinden glauben, es bleibt dem Abgesonderten das Leben der Dichtkunst. Sonst wäre es allerdings ein Jammer dieses schöne Gebäude zu zerstören; wir kön- nen die Kritik nicht übergehen weil der Verfolg der Er- zählung nicht so ganz unverkennbar bloßes Dichterwerk ist, wie die Schlacht des Cocles. Wer glaubte nicht gern an das historische Daseyn des Mucius Scävola,
gluͤck am Cremera Rom an den Rand des Verderbens brachte, aber gluͤcklicher als dieſer endigte. In jenem ſpaͤteren Kriege eroberten die Vejenter ebenfalls das Ja- niculum, und verfolgten die fliehenden Roͤmer, aber be- greiflich nach einer Niederlage im Felde: ein Horatius rettete die Stadt, der Couſul, welcher im Augenblick der Gefahr mit Eilmaͤrſchen aus dem Volskerlande mit dem Heer eintraf: die Sieger, auf dem Janiculum ge- lagert, begnuͤgten ſich auf dem linken Ufer des Strohms das Land zu verwuͤſten, und wurden durch ein nachthei- liges Gefecht vor dem colliniſchen Thor gedemuͤthigt. Eine ſolche Uebereinſtimmung iſt mehr als eine Wieder- hohlung deſſelben Gangs der Begebenheiten, wie ſie auf einem beſchraͤnkten Schauplatz allerdings moͤglich waͤre. Rein dichteriſch aber ſind die glaͤnzenden Ausſchmuͤckun- gen welche die Entwickelung herbeyfuͤhren, gleich ihr ſelbſt. In einem hiſtoriſchen Zeitalter iſt es allerdings ein unedles Streben das Heroiſche zu vertilgen: aber im Gebiet der mythiſchen Geſchichte laſſe es ſich keiner verdrießen daß ernſte Kritik als unhiſtoriſch und unmoͤg- lich bezeichnet was durch innern Widerſpruch nicht beſte- hen kann. Wer recht ſchaͤtzt wird dadurch keinen Verluſt zu empfinden glauben, es bleibt dem Abgeſonderten das Leben der Dichtkunſt. Sonſt waͤre es allerdings ein Jammer dieſes ſchoͤne Gebaͤude zu zerſtoͤren; wir koͤn- nen die Kritik nicht uͤbergehen weil der Verfolg der Er- zaͤhlung nicht ſo ganz unverkennbar bloßes Dichterwerk iſt, wie die Schlacht des Cocles. Wer glaubte nicht gern an das hiſtoriſche Daſeyn des Mucius Scaͤvola,
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gluͤck am Cremera Rom an den Rand des Verderbens
brachte, aber gluͤcklicher als dieſer endigte. In jenem
ſpaͤteren Kriege eroberten die Vejenter ebenfalls das Ja-
niculum, und verfolgten die fliehenden Roͤmer, aber be-
greiflich nach einer Niederlage im Felde: ein Horatius
rettete die Stadt, der Couſul, welcher im Augenblick
der Gefahr mit Eilmaͤrſchen aus dem Volskerlande mit
dem Heer eintraf: die Sieger, auf dem Janiculum ge-
lagert, begnuͤgten ſich auf dem linken Ufer des Strohms
das Land zu verwuͤſten, und wurden durch ein nachthei-
liges Gefecht vor dem colliniſchen Thor gedemuͤthigt.
Eine ſolche Uebereinſtimmung iſt mehr als eine Wieder-
hohlung deſſelben Gangs der Begebenheiten, wie ſie auf
einem beſchraͤnkten Schauplatz allerdings moͤglich waͤre.
Rein dichteriſch aber ſind die glaͤnzenden Ausſchmuͤckun-
gen welche die Entwickelung herbeyfuͤhren, gleich ihr
ſelbſt. In einem hiſtoriſchen Zeitalter iſt es allerdings
ein unedles Streben das Heroiſche zu vertilgen: aber
im Gebiet der mythiſchen Geſchichte laſſe es ſich keiner
verdrießen daß ernſte Kritik als unhiſtoriſch und unmoͤg-
lich bezeichnet was durch innern Widerſpruch nicht beſte-
hen kann. Wer recht ſchaͤtzt wird dadurch keinen Verluſt
zu empfinden glauben, es bleibt dem Abgeſonderten das
Leben der Dichtkunſt. Sonſt waͤre es allerdings ein
Jammer dieſes ſchoͤne Gebaͤude zu zerſtoͤren; wir koͤn-
nen die Kritik nicht uͤbergehen weil der Verfolg der Er-
zaͤhlung nicht ſo ganz unverkennbar bloßes Dichterwerk
iſt, wie die Schlacht des Cocles. Wer glaubte nicht
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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 354. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/376>, abgerufen am 22.11.2024.
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