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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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hielt zwey Römer bey ihm zurück, wie einige Griechen sich
scheuten Leonidas zü verlassen, bis er sie fortsandte weil
sie nicht verpflichtet waren zu sterben. So sandte auch
Cocles seine Gefährten zurück um das Abwerfen der Brücke
zu beschlennigen, während die Etrusker durch ihren Wi-
derstand gestemmt waren. Jetzt stritt er allein wie Achil-
les oder Ajax vor der Brücke gegen das ganze Heer, des-
sen Zahl die Römer in das Innerste der Stadt verscheucht
hatte. Endlich stürzte sie krachend hinter ihm in den
Strohm; er selbst, im Schenkel verwundet, sprang in
voller Rüstung in die Fluthen hinab: Vater Tiberinus,
betete er, nimm deinen Streiter in deinem heiligen
Strohm auf und schütze ihn 14). Er entkam zur Stadt
unter allem Geschoß der Feinde 15). Zum Lohn steuerten
ihm alle Bürger, als die Hungersnoth wüthete, jeder ein
weniges von seiner Speise, sich selbst abdarbend: die Re-
publik errichtete ihm eine Statue, und schenkte ihm so viel
Land als er in einem Tage umpflügen konnte. Umpflü-
gen, in dem Sinn daß alles von einer mit dem Pflug ge-
zogenen Linie eingeschlossne Land der Gegenstand der
Schenkung gewesen wäre, in dem Sinn wie Sultan

14) Ein Fragment aus Ennius
Teque pater Tiberine, tuo cum flumine sancto
enthält fast genau die Anrede seines Gebets bey Livius, und
scheint unzweydeutig, obgleich von den Herausgebern ver-
kannt hierauf zu beziehen.
15) Vielleicht hatte Polybius andre Annalen, vielleicht wollte
er, bey einer sehr ernsten Veranlassung, das mährchenhafte
entfernen, da er die Erzählung vom Cocles damit endigt
daß er im Strohm umgekommen sey. VI. c. 55.

hielt zwey Roͤmer bey ihm zuruͤck, wie einige Griechen ſich
ſcheuten Leonidas zuͤ verlaſſen, bis er ſie fortſandte weil
ſie nicht verpflichtet waren zu ſterben. So ſandte auch
Cocles ſeine Gefaͤhrten zuruͤck um das Abwerfen der Bruͤcke
zu beſchlennigen, waͤhrend die Etrusker durch ihren Wi-
derſtand geſtemmt waren. Jetzt ſtritt er allein wie Achil-
les oder Ajax vor der Bruͤcke gegen das ganze Heer, deſ-
ſen Zahl die Roͤmer in das Innerſte der Stadt verſcheucht
hatte. Endlich ſtuͤrzte ſie krachend hinter ihm in den
Strohm; er ſelbſt, im Schenkel verwundet, ſprang in
voller Ruͤſtung in die Fluthen hinab: Vater Tiberinus,
betete er, nimm deinen Streiter in deinem heiligen
Strohm auf und ſchuͤtze ihn 14). Er entkam zur Stadt
unter allem Geſchoß der Feinde 15). Zum Lohn ſteuerten
ihm alle Buͤrger, als die Hungersnoth wuͤthete, jeder ein
weniges von ſeiner Speiſe, ſich ſelbſt abdarbend: die Re-
publik errichtete ihm eine Statue, und ſchenkte ihm ſo viel
Land als er in einem Tage umpfluͤgen konnte. Umpfluͤ-
gen, in dem Sinn daß alles von einer mit dem Pflug ge-
zogenen Linie eingeſchloſſne Land der Gegenſtand der
Schenkung geweſen waͤre, in dem Sinn wie Sultan

14) Ein Fragment aus Ennius
Teque pater Tiberine, tuo cum flumine sancto
enthaͤlt faſt genau die Anrede ſeines Gebets bey Livius, und
ſcheint unzweydeutig, obgleich von den Herausgebern ver-
kannt hierauf zu beziehen.
15) Vielleicht hatte Polybius andre Annalen, vielleicht wollte
er, bey einer ſehr ernſten Veranlaſſung, das maͤhrchenhafte
entfernen, da er die Erzaͤhlung vom Cocles damit endigt
daß er im Strohm umgekommen ſey. VI. c. 55.
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[349/0371] hielt zwey Roͤmer bey ihm zuruͤck, wie einige Griechen ſich ſcheuten Leonidas zuͤ verlaſſen, bis er ſie fortſandte weil ſie nicht verpflichtet waren zu ſterben. So ſandte auch Cocles ſeine Gefaͤhrten zuruͤck um das Abwerfen der Bruͤcke zu beſchlennigen, waͤhrend die Etrusker durch ihren Wi- derſtand geſtemmt waren. Jetzt ſtritt er allein wie Achil- les oder Ajax vor der Bruͤcke gegen das ganze Heer, deſ- ſen Zahl die Roͤmer in das Innerſte der Stadt verſcheucht hatte. Endlich ſtuͤrzte ſie krachend hinter ihm in den Strohm; er ſelbſt, im Schenkel verwundet, ſprang in voller Ruͤſtung in die Fluthen hinab: Vater Tiberinus, betete er, nimm deinen Streiter in deinem heiligen Strohm auf und ſchuͤtze ihn 14). Er entkam zur Stadt unter allem Geſchoß der Feinde 15). Zum Lohn ſteuerten ihm alle Buͤrger, als die Hungersnoth wuͤthete, jeder ein weniges von ſeiner Speiſe, ſich ſelbſt abdarbend: die Re- publik errichtete ihm eine Statue, und ſchenkte ihm ſo viel Land als er in einem Tage umpfluͤgen konnte. Umpfluͤ- gen, in dem Sinn daß alles von einer mit dem Pflug ge- zogenen Linie eingeſchloſſne Land der Gegenſtand der Schenkung geweſen waͤre, in dem Sinn wie Sultan 14) Ein Fragment aus Ennius Teque pater Tiberine, tuo cum flumine sancto enthaͤlt faſt genau die Anrede ſeines Gebets bey Livius, und ſcheint unzweydeutig, obgleich von den Herausgebern ver- kannt hierauf zu beziehen. 15) Vielleicht hatte Polybius andre Annalen, vielleicht wollte er, bey einer ſehr ernſten Veranlaſſung, das maͤhrchenhafte entfernen, da er die Erzaͤhlung vom Cocles damit endigt daß er im Strohm umgekommen ſey. VI. c. 55.

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/371>, abgerufen am 22.11.2024.