Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

Bild:
<< vorherige Seite

nen getheilt, kann sich nur auf Servius Tullius und diese
Tribus beziehen 23).

Dabey aber scheint es ganz räthselhaft wie, wenn
schon anfangs dreyßig Stämme waren, Livius melden
könne, es wären im Jahr 259 ein und zwanzig Tribus ge-
worden 24). Die neue ein und zwanzigste ist ohne Zweifel
die Claudia, deren Stiftung keineswegs nothwendig mit
der Einwandrung des Claudischen Geschlechts gleichzeitig
zu seyn brauchte, obgleich Livius sie bey dieser meldet.
Die übrigen sind dann die ursprünglichen um ein Drittheil
vermindert: und dies erklärt sich durch Roms Schicksal
nach der Verbannung der Könige.

Die Tribus waren eine geographische Eintheilung,
wie die Phylä des Klisthenes: ursprünglich bildeten die
denen in einer bestimmten Region Landeigenthum angewie-
sen war, nachher ihre Nachkommen, und die welche in die
Gemeinde aufgenommen waren, jede einzelne. Der Be-
zirk hieß ursprünglich Region, auf dem Lande wie in der
Stadt 25), aber auch dieser selbst ward Tribus ge-
nannt 26). Auch wenn dieses erst ein späterer Sprachge-
brauch war, so ist es doch klar daß, wie die Assignation
und Uebertragung von Landeigenthum in einem bestimm-

ten
23) Aus Varro de vita pop. Rom. 1, bey Nonius Marcellus
c. 1. s. v. viritim.
24) II. c. 21.
25) Varro in der oben angeführten Stelle: und Lälius Felix
bey Gellius XV. c. 27. Cum ex regionibus et locis (suffra-
gium feratur) tributa (comitia esse).
26) Livius XXVI. c. 9. In Pupiniam exercitu demisso;
und Festus.

nen getheilt, kann ſich nur auf Servius Tullius und dieſe
Tribus beziehen 23).

Dabey aber ſcheint es ganz raͤthſelhaft wie, wenn
ſchon anfangs dreyßig Staͤmme waren, Livius melden
koͤnne, es waͤren im Jahr 259 ein und zwanzig Tribus ge-
worden 24). Die neue ein und zwanzigſte iſt ohne Zweifel
die Claudia, deren Stiftung keineswegs nothwendig mit
der Einwandrung des Claudiſchen Geſchlechts gleichzeitig
zu ſeyn brauchte, obgleich Livius ſie bey dieſer meldet.
Die uͤbrigen ſind dann die urſpruͤnglichen um ein Drittheil
vermindert: und dies erklaͤrt ſich durch Roms Schickſal
nach der Verbannung der Koͤnige.

Die Tribus waren eine geographiſche Eintheilung,
wie die Phylaͤ des Kliſthenes: urſpruͤnglich bildeten die
denen in einer beſtimmten Region Landeigenthum angewie-
ſen war, nachher ihre Nachkommen, und die welche in die
Gemeinde aufgenommen waren, jede einzelne. Der Be-
zirk hieß urſpruͤnglich Region, auf dem Lande wie in der
Stadt 25), aber auch dieſer ſelbſt ward Tribus ge-
nannt 26). Auch wenn dieſes erſt ein ſpaͤterer Sprachge-
brauch war, ſo iſt es doch klar daß, wie die Aſſignation
und Uebertragung von Landeigenthum in einem beſtimm-

ten
23) Aus Varro de vita pop. Rom. 1, bey Nonius Marcellus
c. 1. s. v. viritim.
24) II. c. 21.
25) Varro in der oben angefuͤhrten Stelle: und Laͤlius Felix
bey Gellius XV. c. 27. Cum ex regionibus et locis (suffra-
gium feratur) tributa (comitia esse).
26) Livius XXVI. c. 9. In Pupiniam exercitu demisso;
und Feſtus.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0278" n="256"/>
nen getheilt, kann &#x017F;ich nur auf Servius Tullius und die&#x017F;e<lb/>
Tribus beziehen <note place="foot" n="23)">Aus Varro <hi rendition="#aq">de vita pop. Rom.</hi> 1, bey Nonius Marcellus<lb/><hi rendition="#aq">c. 1. s. v. viritim.</hi></note>.</p><lb/>
          <p>Dabey aber &#x017F;cheint es ganz ra&#x0364;th&#x017F;elhaft wie, wenn<lb/>
&#x017F;chon anfangs dreyßig Sta&#x0364;mme waren, Livius melden<lb/>
ko&#x0364;nne, es wa&#x0364;ren im Jahr 259 ein und zwanzig Tribus ge-<lb/>
worden <note place="foot" n="24)"><hi rendition="#aq">II. c.</hi> 21.</note>. Die neue ein und zwanzig&#x017F;te i&#x017F;t ohne Zweifel<lb/>
die Claudia, deren Stiftung keineswegs nothwendig mit<lb/>
der Einwandrung des Claudi&#x017F;chen Ge&#x017F;chlechts gleichzeitig<lb/>
zu &#x017F;eyn brauchte, obgleich Livius &#x017F;ie bey die&#x017F;er meldet.<lb/>
Die u&#x0364;brigen &#x017F;ind dann die ur&#x017F;pru&#x0364;nglichen um ein Drittheil<lb/>
vermindert: und dies erkla&#x0364;rt &#x017F;ich durch Roms Schick&#x017F;al<lb/>
nach der Verbannung der Ko&#x0364;nige.</p><lb/>
          <p>Die Tribus waren eine geographi&#x017F;che Eintheilung,<lb/>
wie die Phyla&#x0364; des Kli&#x017F;thenes: ur&#x017F;pru&#x0364;nglich bildeten die<lb/>
denen in einer be&#x017F;timmten Region Landeigenthum angewie-<lb/>
&#x017F;en war, nachher ihre Nachkommen, und die welche in die<lb/>
Gemeinde aufgenommen waren, jede einzelne. Der Be-<lb/>
zirk hieß ur&#x017F;pru&#x0364;nglich Region, auf dem Lande wie in der<lb/>
Stadt <note place="foot" n="25)">Varro in der oben angefu&#x0364;hrten Stelle: und La&#x0364;lius Felix<lb/>
bey Gellius <hi rendition="#aq">XV. c. 27. Cum ex regionibus et locis (suffra-<lb/>
gium feratur) tributa (comitia esse).</hi></note>, aber auch die&#x017F;er &#x017F;elb&#x017F;t ward Tribus ge-<lb/>
nannt <note place="foot" n="26)">Livius <hi rendition="#aq">XXVI. c. 9. In <hi rendition="#i">Pupiniam</hi> exercitu demisso;</hi><lb/>
und Fe&#x017F;tus.</note>. Auch wenn die&#x017F;es er&#x017F;t ein &#x017F;pa&#x0364;terer Sprachge-<lb/>
brauch war, &#x017F;o i&#x017F;t es doch klar daß, wie die A&#x017F;&#x017F;ignation<lb/>
und Uebertragung von Landeigenthum in einem be&#x017F;timm-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ten</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[256/0278] nen getheilt, kann ſich nur auf Servius Tullius und dieſe Tribus beziehen 23). Dabey aber ſcheint es ganz raͤthſelhaft wie, wenn ſchon anfangs dreyßig Staͤmme waren, Livius melden koͤnne, es waͤren im Jahr 259 ein und zwanzig Tribus ge- worden 24). Die neue ein und zwanzigſte iſt ohne Zweifel die Claudia, deren Stiftung keineswegs nothwendig mit der Einwandrung des Claudiſchen Geſchlechts gleichzeitig zu ſeyn brauchte, obgleich Livius ſie bey dieſer meldet. Die uͤbrigen ſind dann die urſpruͤnglichen um ein Drittheil vermindert: und dies erklaͤrt ſich durch Roms Schickſal nach der Verbannung der Koͤnige. Die Tribus waren eine geographiſche Eintheilung, wie die Phylaͤ des Kliſthenes: urſpruͤnglich bildeten die denen in einer beſtimmten Region Landeigenthum angewie- ſen war, nachher ihre Nachkommen, und die welche in die Gemeinde aufgenommen waren, jede einzelne. Der Be- zirk hieß urſpruͤnglich Region, auf dem Lande wie in der Stadt 25), aber auch dieſer ſelbſt ward Tribus ge- nannt 26). Auch wenn dieſes erſt ein ſpaͤterer Sprachge- brauch war, ſo iſt es doch klar daß, wie die Aſſignation und Uebertragung von Landeigenthum in einem beſtimm- ten 23) Aus Varro de vita pop. Rom. 1, bey Nonius Marcellus c. 1. s. v. viritim. 24) II. c. 21. 25) Varro in der oben angefuͤhrten Stelle: und Laͤlius Felix bey Gellius XV. c. 27. Cum ex regionibus et locis (suffra- gium feratur) tributa (comitia esse). 26) Livius XXVI. c. 9. In Pupiniam exercitu demisso; und Feſtus.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/278
Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 256. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/278>, abgerufen am 25.11.2024.