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Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.

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wordne, von dem Calabrischen Griechen Ennius zuerst ge-
lehrte, Unglaube und Leichtsinn das Joch eines schmähli-
chen und von der Aristocratie tyrannisch mißbrauchten
Aberglaubens. Die Etrusker theilten den Ruhm mancher
Zweige der Wahrsagerkunst mit andern Völkern Italiens,
besonders den Marsern: die Wissenschaft der Blitze war
ihr eigenthümliches Geheimniß; diese wie alle Zweige der
Aruspicin ward in Priesterschulen gelehrt 98), doch war
sie auch in den heiligen nach Tages mündlicher Lehre nie-
dergeschriebenen Büchern verzeichnet.


98) Cicero de legibus, II. c. 9. Dionysius III. c. 70. --
Vielleicht nicht ohne Verbindung mit der Sternkunde; denn
es scheint sich als natürliche Erklärung anzubieten, daß unter
Saturnus, der nach ihrer Lehre die aus der Erde auffah-
renden Blitze sandte, und Mars, der die zündenden schleu-
derte, die Planetengötter zu verstehen seyen. Mir wenig-
stens ist es sehr wahrscheinlich, daß die Beziehung der grie-
chischen Gottheiten auf die altitalischen dadurch entstanden ist,
daß man die deren Nahmen derselbe Planet trug für dieselben
hielt: auf keine andre Weise konnte Venus, (die Todesgöt-
tinn Libitina, Dionysius IV. c. 15.), auf Aphrodite gedeu-
tet werden: daher ward Wodan Mercurius, Thor aber
Mars (Tacitus de morib. German. c. 9.) genannt, weil sie
als Planeten dieselben Tage beherrschten. Dagegen aber redet,
daß Saturnus, in Latium wenigstens, der Erdgott gewesen
zu seyn scheint: und die Zahl von neun Blitze sendenden
Göttern ist, wenn wir Sterngötter suchen, schwer zu er-
gänzen, selbst wenn man nicht verwehren will den unbe-
kannten Gott Summanus, der zuverläßig der etruskischen
Mythologie angehört und auch Blitze warf, in dem für
die Auguration so wichtigen Polarstern zu suchen. (Plinius
Hist. Nat. II. c. 53.)

wordne, von dem Calabriſchen Griechen Ennius zuerſt ge-
lehrte, Unglaube und Leichtſinn das Joch eines ſchmaͤhli-
chen und von der Ariſtocratie tyranniſch mißbrauchten
Aberglaubens. Die Etrusker theilten den Ruhm mancher
Zweige der Wahrſagerkunſt mit andern Voͤlkern Italiens,
beſonders den Marſern: die Wiſſenſchaft der Blitze war
ihr eigenthuͤmliches Geheimniß; dieſe wie alle Zweige der
Aruſpicin ward in Prieſterſchulen gelehrt 98), doch war
ſie auch in den heiligen nach Tages muͤndlicher Lehre nie-
dergeſchriebenen Buͤchern verzeichnet.


98) Cicero de legibus, II. c. 9. Dionyſius III. c. 70. —
Vielleicht nicht ohne Verbindung mit der Sternkunde; denn
es ſcheint ſich als natuͤrliche Erklaͤrung anzubieten, daß unter
Saturnus, der nach ihrer Lehre die aus der Erde auffah-
renden Blitze ſandte, und Mars, der die zuͤndenden ſchleu-
derte, die Planetengoͤtter zu verſtehen ſeyen. Mir wenig-
ſtens iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß die Beziehung der grie-
chiſchen Gottheiten auf die altitaliſchen dadurch entſtanden iſt,
daß man die deren Nahmen derſelbe Planet trug fuͤr dieſelben
hielt: auf keine andre Weiſe konnte Venus, (die Todesgoͤt-
tinn Libitina, Dionyſius IV. c. 15.), auf Aphrodite gedeu-
tet werden: daher ward Wodan Mercurius, Thor aber
Mars (Tacitus de morib. German. c. 9.) genannt, weil ſie
als Planeten dieſelben Tage beherrſchten. Dagegen aber redet,
daß Saturnus, in Latium wenigſtens, der Erdgott geweſen
zu ſeyn ſcheint: und die Zahl von neun Blitze ſendenden
Goͤttern iſt, wenn wir Sterngoͤtter ſuchen, ſchwer zu er-
gaͤnzen, ſelbſt wenn man nicht verwehren will den unbe-
kannten Gott Summanus, der zuverlaͤßig der etruskiſchen
Mythologie angehoͤrt und auch Blitze warf, in dem fuͤr
die Auguration ſo wichtigen Polarſtern zu ſuchen. (Plinius
Hist. Nat. II. c. 53.)
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[94/0116] wordne, von dem Calabriſchen Griechen Ennius zuerſt ge- lehrte, Unglaube und Leichtſinn das Joch eines ſchmaͤhli- chen und von der Ariſtocratie tyranniſch mißbrauchten Aberglaubens. Die Etrusker theilten den Ruhm mancher Zweige der Wahrſagerkunſt mit andern Voͤlkern Italiens, beſonders den Marſern: die Wiſſenſchaft der Blitze war ihr eigenthuͤmliches Geheimniß; dieſe wie alle Zweige der Aruſpicin ward in Prieſterſchulen gelehrt 98), doch war ſie auch in den heiligen nach Tages muͤndlicher Lehre nie- dergeſchriebenen Buͤchern verzeichnet. 98) Cicero de legibus, II. c. 9. Dionyſius III. c. 70. — Vielleicht nicht ohne Verbindung mit der Sternkunde; denn es ſcheint ſich als natuͤrliche Erklaͤrung anzubieten, daß unter Saturnus, der nach ihrer Lehre die aus der Erde auffah- renden Blitze ſandte, und Mars, der die zuͤndenden ſchleu- derte, die Planetengoͤtter zu verſtehen ſeyen. Mir wenig- ſtens iſt es ſehr wahrſcheinlich, daß die Beziehung der grie- chiſchen Gottheiten auf die altitaliſchen dadurch entſtanden iſt, daß man die deren Nahmen derſelbe Planet trug fuͤr dieſelben hielt: auf keine andre Weiſe konnte Venus, (die Todesgoͤt- tinn Libitina, Dionyſius IV. c. 15.), auf Aphrodite gedeu- tet werden: daher ward Wodan Mercurius, Thor aber Mars (Tacitus de morib. German. c. 9.) genannt, weil ſie als Planeten dieſelben Tage beherrſchten. Dagegen aber redet, daß Saturnus, in Latium wenigſtens, der Erdgott geweſen zu ſeyn ſcheint: und die Zahl von neun Blitze ſendenden Goͤttern iſt, wenn wir Sterngoͤtter ſuchen, ſchwer zu er- gaͤnzen, ſelbſt wenn man nicht verwehren will den unbe- kannten Gott Summanus, der zuverlaͤßig der etruskiſchen Mythologie angehoͤrt und auch Blitze warf, in dem fuͤr die Auguration ſo wichtigen Polarſtern zu ſuchen. (Plinius Hist. Nat. II. c. 53.)

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Zitationshilfe: Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/niebuhr_roemische01_1811/116>, abgerufen am 25.11.2024.