Niebuhr, Barthold Georg: Römische Geschichte. T. 1. Berlin, 1811.wilde Revolution wie sie Toskana im Mittelalter häufig 71) Ebendas. c. 5. 72) Aus diesem Zeitraum ist die sogenannte Aristotelische
Sammlung von Wundergeschichten, wo sich (p. 725. ed. Duval) eine Erzählung von der Verfassung einer tyrrheni- schen Stadt Oinarea findet, welche ohne Zweifel Volsinii seyn soll, mag nun der Nahme vom Verfasser oder von Ab- schreibern verdreht seyn. Wäre die höchste Gewalt in den Händen freygelassener Haussklaven gewesen, -- einem Grie- chen konnte die italische Clientel kaum anders erscheinen, denn Thessalier schrieben nicht -- so gehört die Sache aller- dings unter Wundergeschichten. Aber sie ist geschichtlich, und erfordert also vernünftige Deutung. wilde Revolution wie ſie Toskana im Mittelalter haͤufig 71) Ebendaſ. c. 5. 72) Aus dieſem Zeitraum iſt die ſogenannte Ariſtoteliſche
Sammlung von Wundergeſchichten, wo ſich (p. 725. ed. Duval) eine Erzaͤhlung von der Verfaſſung einer tyrrheni- ſchen Stadt Οἰναϱέα findet, welche ohne Zweifel Volſinii ſeyn ſoll, mag nun der Nahme vom Verfaſſer oder von Ab- ſchreibern verdreht ſeyn. Waͤre die hoͤchſte Gewalt in den Haͤnden freygelaſſener Hausſklaven geweſen, — einem Grie- chen konnte die italiſche Clientel kaum anders erſcheinen, denn Theſſalier ſchrieben nicht — ſo gehoͤrt die Sache aller- dings unter Wundergeſchichten. Aber ſie iſt geſchichtlich, und erfordert alſo vernuͤnftige Deutung. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0104" n="82"/> wilde Revolution wie ſie Toskana im Mittelalter haͤufig<lb/> wiederſah: auch im Geiſt dieſer unſeligen Fehden, und<lb/> ganz unroͤmiſch, war es daß dieſes Geſchlecht durch Ver-<lb/> mittelung der Roͤmer, der Landesfeinde, zuruͤckkehrte <note place="foot" n="71)">Ebendaſ. <hi rendition="#aq">c.</hi> 5.</note>.<lb/> Die Erzaͤhlung von der Tyranney der Sklaven zu Volſinii<lb/> iſt in den ſehr unzuverlaͤſſigen Schriftſtellern, die unſre<lb/> Quellen uͤber dieſen Zeitraum ſind, ins Unglaubliche uͤber-<lb/> trieben: etwas Schlimmeres haͤtte weder die Zeit der<lb/> Wiedertaͤufer noch eine Regerempoͤrung gezeigt. Es war<lb/> aber dieſe Herrſchaft des Geſindels ein bleibender und zur<lb/> Verfaſſung gewordener Zuſtand in dem Zeitraum zwiſchen<lb/> dem Kriege des Pyrrhus und dem erſten puniſchen <note place="foot" n="72)">Aus dieſem Zeitraum iſt die ſogenannte Ariſtoteliſche<lb/> Sammlung von Wundergeſchichten, wo ſich (<hi rendition="#aq">p. 725. ed.<lb/> Duval</hi>) eine Erzaͤhlung von der Verfaſſung einer tyrrheni-<lb/> ſchen Stadt Οἰναϱέα findet, welche ohne Zweifel Volſinii<lb/> ſeyn ſoll, mag nun der Nahme vom Verfaſſer oder von Ab-<lb/> ſchreibern verdreht ſeyn. Waͤre die hoͤchſte Gewalt in den<lb/> Haͤnden freygelaſſener Hausſklaven geweſen, — einem Grie-<lb/> chen konnte die italiſche Clientel kaum anders erſcheinen,<lb/> denn Theſſalier ſchrieben nicht — ſo gehoͤrt die Sache aller-<lb/> dings unter Wundergeſchichten. Aber ſie iſt geſchichtlich,<lb/> und erfordert alſo vernuͤnftige Deutung.</note>.<lb/> Der herrſchende Stand zu Volſinii hatte ſeine Leibeignen<lb/> bewaffnet: dieſe retteten den Staat nicht vom roͤmiſchen<lb/> Joch, aber ihre innere Verfaſſung war den abhaͤngigen<lb/> Staͤdten uͤberlaſſen, die neuen Buͤrger bemeiſterten ſich<lb/> der Gewalt, und uͤbten ſie mit empoͤrendem Frevel. Jene<lb/> Ohnmacht des Vaterlands, ſeine Unterjochung und ihr<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [82/0104]
wilde Revolution wie ſie Toskana im Mittelalter haͤufig
wiederſah: auch im Geiſt dieſer unſeligen Fehden, und
ganz unroͤmiſch, war es daß dieſes Geſchlecht durch Ver-
mittelung der Roͤmer, der Landesfeinde, zuruͤckkehrte 71).
Die Erzaͤhlung von der Tyranney der Sklaven zu Volſinii
iſt in den ſehr unzuverlaͤſſigen Schriftſtellern, die unſre
Quellen uͤber dieſen Zeitraum ſind, ins Unglaubliche uͤber-
trieben: etwas Schlimmeres haͤtte weder die Zeit der
Wiedertaͤufer noch eine Regerempoͤrung gezeigt. Es war
aber dieſe Herrſchaft des Geſindels ein bleibender und zur
Verfaſſung gewordener Zuſtand in dem Zeitraum zwiſchen
dem Kriege des Pyrrhus und dem erſten puniſchen 72).
Der herrſchende Stand zu Volſinii hatte ſeine Leibeignen
bewaffnet: dieſe retteten den Staat nicht vom roͤmiſchen
Joch, aber ihre innere Verfaſſung war den abhaͤngigen
Staͤdten uͤberlaſſen, die neuen Buͤrger bemeiſterten ſich
der Gewalt, und uͤbten ſie mit empoͤrendem Frevel. Jene
Ohnmacht des Vaterlands, ſeine Unterjochung und ihr
71) Ebendaſ. c. 5.
72) Aus dieſem Zeitraum iſt die ſogenannte Ariſtoteliſche
Sammlung von Wundergeſchichten, wo ſich (p. 725. ed.
Duval) eine Erzaͤhlung von der Verfaſſung einer tyrrheni-
ſchen Stadt Οἰναϱέα findet, welche ohne Zweifel Volſinii
ſeyn ſoll, mag nun der Nahme vom Verfaſſer oder von Ab-
ſchreibern verdreht ſeyn. Waͤre die hoͤchſte Gewalt in den
Haͤnden freygelaſſener Hausſklaven geweſen, — einem Grie-
chen konnte die italiſche Clientel kaum anders erſcheinen,
denn Theſſalier ſchrieben nicht — ſo gehoͤrt die Sache aller-
dings unter Wundergeſchichten. Aber ſie iſt geſchichtlich,
und erfordert alſo vernuͤnftige Deutung.
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