Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.genheiten ganz und gar nicht bekümmerte, und daher, gegen Orthodoxie und Heterodoxie, gegen Duldung und Verfolgung, eigentlich ganz völlig gleichgültig war. Er würde durch Aufmerksamkeit auf diese Dinge, auch nur an seiner Lieblingsbeschäftigung, an dem süssen Umgange mit den lieblichen Musen Latiens, gehin- dert worden seyn. Er wendete alle seine Zeit auf das Studium der lateinischen Sprache, die er mit der gesuchtesten Reinigkeit schrieb. Besonders mach- te er die zierlichsten lateinischen Gedichte, und er hatte kürzlich einen Band davon drucken lassen, wo- von er nur vor acht Tagen, ein schön gebundenes Exemplar, mit einer hineingeschriebenen, Carmine elegiaco abgefaßten Epistel, ad Seb. A'Aporiagkurobo- lion V. CI. dem ehrlichen Sebaldus zur Recension ge- sendet hatte. Nun befürchtete er, daß wenn er sich in diese Sache, von der er ohnedieß keinen Zweck ab- sahe, mengen wollte, könnten seine Gedichte, für die er eine große Zärtlichkeit hegte, einem widrigen Urtheile ausgesetzt seyn; daher hielte ers fürs sicher- ste, in dieser Sache nicht mit zu erscheinen. Uebrigens sagte er darinn keine Unwahrheit, daß er term
genheiten ganz und gar nicht bekuͤmmerte, und daher, gegen Orthodoxie und Heterodoxie, gegen Duldung und Verfolgung, eigentlich ganz voͤllig gleichguͤltig war. Er wuͤrde durch Aufmerkſamkeit auf dieſe Dinge, auch nur an ſeiner Lieblingsbeſchaͤftigung, an dem ſuͤſſen Umgange mit den lieblichen Muſen Latiens, gehin- dert worden ſeyn. Er wendete alle ſeine Zeit auf das Studium der lateiniſchen Sprache, die er mit der geſuchteſten Reinigkeit ſchrieb. Beſonders mach- te er die zierlichſten lateiniſchen Gedichte, und er hatte kuͤrzlich einen Band davon drucken laſſen, wo- von er nur vor acht Tagen, ein ſchoͤn gebundenes Exemplar, mit einer hineingeſchriebenen, Carmine elegiaco abgefaßten Epiſtel, ad Seb. A’Α̕ποϱιαγϰυϱοβο- λιον V. CI. dem ehrlichen Sebaldus zur Recenſion ge- ſendet hatte. Nun befuͤrchtete er, daß wenn er ſich in dieſe Sache, von der er ohnedieß keinen Zweck ab- ſahe, mengen wollte, koͤnnten ſeine Gedichte, fuͤr die er eine große Zaͤrtlichkeit hegte, einem widrigen Urtheile ausgeſetzt ſeyn; daher hielte ers fuͤrs ſicher- ſte, in dieſer Sache nicht mit zu erſcheinen. Uebrigens ſagte er darinn keine Unwahrheit, daß er term
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genheiten ganz und gar nicht bekuͤmmerte, und daher,
gegen Orthodoxie und Heterodoxie, gegen Duldung
und Verfolgung, eigentlich ganz voͤllig gleichguͤltig war.
Er wuͤrde durch Aufmerkſamkeit auf dieſe Dinge, auch
nur an ſeiner Lieblingsbeſchaͤftigung, an dem ſuͤſſen
Umgange mit den lieblichen Muſen Latiens, gehin-
dert worden ſeyn. Er wendete alle ſeine Zeit auf
das Studium der lateiniſchen Sprache, die er mit
der geſuchteſten Reinigkeit ſchrieb. Beſonders mach-
te er die zierlichſten lateiniſchen Gedichte, und er
hatte kuͤrzlich einen Band davon drucken laſſen, wo-
von er nur vor acht Tagen, ein ſchoͤn gebundenes
Exemplar, mit einer hineingeſchriebenen, Carmine
elegiaco abgefaßten Epiſtel, ad Seb. A’Α̕ποϱιαγϰυϱοβο-
λιον V. CI. dem ehrlichen Sebaldus zur Recenſion ge-
ſendet hatte. Nun befuͤrchtete er, daß wenn er ſich
in dieſe Sache, von der er ohnedieß keinen Zweck ab-
ſahe, mengen wollte, koͤnnten ſeine Gedichte, fuͤr
die er eine große Zaͤrtlichkeit hegte, einem widrigen
Urtheile ausgeſetzt ſeyn; daher hielte ers fuͤrs ſicher-
ſte, in dieſer Sache nicht mit zu erſcheinen.
Uebrigens ſagte er darinn keine Unwahrheit, daß er
vorigen Tag auf Sebaldus Vorleſung nicht Acht ge-
geben habe, denn da er kein Liebhaber von Proſe, am
allerwenigſten von hollaͤndiſcher war, ſo hatte er un-
term
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