aber nach Sebaldus Absichten arbeiteten. Er bekam also eine ausdrückliche abschlägige Antwort. Diese Widerspenstigkeit eines Antors brachte ihn nicht wenig auf, und bestärkte ihn in seinem löbli- chen Vorsatze, das Journal zu besitzen und zugleich nach eigenem Gefallen zu regieren.
Dieser Vorsatz, wobey er, nachdem er einmahl einen Schritt deshalb gethan hatte, seine Ehre in- teressirt glaubte, lag ihm beständig im Kopfe. Da er nun jetzt über das Schicksal von Sebaldus Ueber- setzung spekulirte, und einestheils wohl erwog, daß sie möchte verkäuflich seyn, anderntheils aber auch Verdrießlichkeiten mit der Geistlichkeit befürchtete, durch deren Kundschaft er so manche schöne uitleg- kundige Vermaaklykheeden, Verklaaringen und Leer- Reeden verkaufte, so konnte er mit sich noch gar nicht einig werden, wie der Gewinn davon, mit rechter Vor- sicht, und doch unbeschnitten könnte erlangt werden.
Mit einemmahle fieng seine Spekulation an, ei- nen andern Weg zu nehmen. Er hieng das Ange- sicht, krümmte die Unterlippe, legte den Zeigefin- ger der linken Hand an die Nase, und endlich schien es ihm ganz natürlich vor Augen zu stehen, daß durch diese Uebersetzung, auch wenn sie nicht gedruckt würde, das gelehrte Tagebuch sein Eigenthum wer-
den
aber nach Sebaldus Abſichten arbeiteten. Er bekam alſo eine ausdruͤckliche abſchlaͤgige Antwort. Dieſe Widerſpenſtigkeit eines Antors brachte ihn nicht wenig auf, und beſtaͤrkte ihn in ſeinem loͤbli- chen Vorſatze, das Journal zu beſitzen und zugleich nach eigenem Gefallen zu regieren.
Dieſer Vorſatz, wobey er, nachdem er einmahl einen Schritt deshalb gethan hatte, ſeine Ehre in- tereſſirt glaubte, lag ihm beſtaͤndig im Kopfe. Da er nun jetzt uͤber das Schickſal von Sebaldus Ueber- ſetzung ſpekulirte, und einestheils wohl erwog, daß ſie moͤchte verkaͤuflich ſeyn, anderntheils aber auch Verdrießlichkeiten mit der Geiſtlichkeit befuͤrchtete, durch deren Kundſchaft er ſo manche ſchoͤne uitleg- kundige Vermaaklykheeden, Verklaaringen und Leer- Reeden verkaufte, ſo konnte er mit ſich noch gar nicht einig werden, wie der Gewinn davon, mit rechter Vor- ſicht, und doch unbeſchnitten koͤnnte erlangt werden.
Mit einemmahle fieng ſeine Spekulation an, ei- nen andern Weg zu nehmen. Er hieng das Ange- ſicht, kruͤmmte die Unterlippe, legte den Zeigefin- ger der linken Hand an die Naſe, und endlich ſchien es ihm ganz natuͤrlich vor Augen zu ſtehen, daß durch dieſe Ueberſetzung, auch wenn ſie nicht gedruckt wuͤrde, das gelehrte Tagebuch ſein Eigenthum wer-
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[74[73]/0082]
aber nach Sebaldus Abſichten arbeiteten. Er
bekam alſo eine ausdruͤckliche abſchlaͤgige Antwort.
Dieſe Widerſpenſtigkeit eines Antors brachte ihn
nicht wenig auf, und beſtaͤrkte ihn in ſeinem loͤbli-
chen Vorſatze, das Journal zu beſitzen und zugleich
nach eigenem Gefallen zu regieren.
Dieſer Vorſatz, wobey er, nachdem er einmahl
einen Schritt deshalb gethan hatte, ſeine Ehre in-
tereſſirt glaubte, lag ihm beſtaͤndig im Kopfe. Da
er nun jetzt uͤber das Schickſal von Sebaldus Ueber-
ſetzung ſpekulirte, und einestheils wohl erwog, daß
ſie moͤchte verkaͤuflich ſeyn, anderntheils aber auch
Verdrießlichkeiten mit der Geiſtlichkeit befuͤrchtete,
durch deren Kundſchaft er ſo manche ſchoͤne uitleg-
kundige Vermaaklykheeden, Verklaaringen und Leer-
Reeden verkaufte, ſo konnte er mit ſich noch gar nicht
einig werden, wie der Gewinn davon, mit rechter Vor-
ſicht, und doch unbeſchnitten koͤnnte erlangt werden.
Mit einemmahle fieng ſeine Spekulation an, ei-
nen andern Weg zu nehmen. Er hieng das Ange-
ſicht, kruͤmmte die Unterlippe, legte den Zeigefin-
ger der linken Hand an die Naſe, und endlich ſchien
es ihm ganz natuͤrlich vor Augen zu ſtehen, daß durch
dieſe Ueberſetzung, auch wenn ſie nicht gedruckt
wuͤrde, das gelehrte Tagebuch ſein Eigenthum wer-
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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 74[73]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/82>, abgerufen am 24.07.2024.
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