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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.

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"sicht redlicher Leute, unterhalten und ausrüsten
"liesse. Aber, bis einst ein Menschenfreund, die
"Stimme der Nothleidenden bis zu den Ohren
"derer bringt, die dem Elende bis in die geheimsten
"Winkel nachspüren, und ihm abhelfen können; --
"möchten doch diese schreyenden Ungerechtigkeiten,
"wenigstens in Deutschland bekannt seyn, möchte
"man sie doch in den Seestädten, auf allen Straffen,
"in allen Wirthshäusern, bey allen Zünften bekannt
"machen, möchte man auf den Kanzeln dafür war-
"nen. Denn die Bösewichter schicken ihre Unter-
"händler nicht nur bis an die Gränze, sie schicken sie
"bis Hamburg, Bremen und Stade. Sie ge-
"brauchen unzähliche Ränke, um den unvorsichtigen
"Seemann, den einfältigen Handwerker, den treu-
"herzigen Bauer in ihre Schlingen zu ziehen. Jch
"selbst bin von ihnen, aus Bremen, durch die süßesten
"Vorspiegelungen, weggelockt und in diesen elenden
"Zustand gebracht worden, ich habe aber zur Vorsicht
"das Vertrauen, daß er sich nun bald endigen wird.'

Hier schwieg der Kranke, aus Entkräftung, und
Sebaldus war wieder seinen traurigen Gedanken
überlassen. Er blieb darinn den ganzen übrigen Tag,
die Zeit ausgenommen, da eine sparsame Mahlzeit
verzehrt wurde, die zugleich so elend war, daß kaum

der



„ſicht redlicher Leute, unterhalten und ausruͤſten
„lieſſe. Aber, bis einſt ein Menſchenfreund, die
„Stimme der Nothleidenden bis zu den Ohren
„derer bringt, die dem Elende bis in die geheimſten
„Winkel nachſpuͤren, und ihm abhelfen koͤnnen; —
„moͤchten doch dieſe ſchreyenden Ungerechtigkeiten,
„wenigſtens in Deutſchland bekannt ſeyn, moͤchte
„man ſie doch in den Seeſtaͤdten, auf allen Straffen,
„in allen Wirthshaͤuſern, bey allen Zuͤnften bekannt
„machen, moͤchte man auf den Kanzeln dafuͤr war-
„nen. Denn die Boͤſewichter ſchicken ihre Unter-
„haͤndler nicht nur bis an die Graͤnze, ſie ſchicken ſie
„bis Hamburg, Bremen und Stade. Sie ge-
„brauchen unzaͤhliche Raͤnke, um den unvorſichtigen
„Seemann, den einfaͤltigen Handwerker, den treu-
„herzigen Bauer in ihre Schlingen zu ziehen. Jch
„ſelbſt bin von ihnen, aus Bremen, durch die ſuͤßeſten
„Vorſpiegelungen, weggelockt und in dieſen elenden
„Zuſtand gebracht worden, ich habe aber zur Vorſicht
„das Vertrauen, daß er ſich nun bald endigen wird.‛

Hier ſchwieg der Kranke, aus Entkraͤftung, und
Sebaldus war wieder ſeinen traurigen Gedanken
uͤberlaſſen. Er blieb darinn den ganzen uͤbrigen Tag,
die Zeit ausgenommen, da eine ſparſame Mahlzeit
verzehrt wurde, die zugleich ſo elend war, daß kaum

der
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[45[44]/0053] „ſicht redlicher Leute, unterhalten und ausruͤſten „lieſſe. Aber, bis einſt ein Menſchenfreund, die „Stimme der Nothleidenden bis zu den Ohren „derer bringt, die dem Elende bis in die geheimſten „Winkel nachſpuͤren, und ihm abhelfen koͤnnen; — „moͤchten doch dieſe ſchreyenden Ungerechtigkeiten, „wenigſtens in Deutſchland bekannt ſeyn, moͤchte „man ſie doch in den Seeſtaͤdten, auf allen Straffen, „in allen Wirthshaͤuſern, bey allen Zuͤnften bekannt „machen, moͤchte man auf den Kanzeln dafuͤr war- „nen. Denn die Boͤſewichter ſchicken ihre Unter- „haͤndler nicht nur bis an die Graͤnze, ſie ſchicken ſie „bis Hamburg, Bremen und Stade. Sie ge- „brauchen unzaͤhliche Raͤnke, um den unvorſichtigen „Seemann, den einfaͤltigen Handwerker, den treu- „herzigen Bauer in ihre Schlingen zu ziehen. Jch „ſelbſt bin von ihnen, aus Bremen, durch die ſuͤßeſten „Vorſpiegelungen, weggelockt und in dieſen elenden „Zuſtand gebracht worden, ich habe aber zur Vorſicht „das Vertrauen, daß er ſich nun bald endigen wird.‛ Hier ſchwieg der Kranke, aus Entkraͤftung, und Sebaldus war wieder ſeinen traurigen Gedanken uͤberlaſſen. Er blieb darinn den ganzen uͤbrigen Tag, die Zeit ausgenommen, da eine ſparſame Mahlzeit verzehrt wurde, die zugleich ſo elend war, daß kaum der

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 45[44]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/53>, abgerufen am 25.11.2024.