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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.

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den. Jhr kleiner Hang zu romantischen Gesin-
nungen, und die, von Jugend an, so gern geheg-
ten Aufwallungen der Einbildung, verschwanden,
da sie in die wichtigen Verhältnisse des wirklichen
Lebens trat. Jhre süßen empfindsamen Phanta-
sien, ersetzte ihr wirkliche Liebe, ihre unbestimmten
Aussichten auf überschwengliche himmlische Selig-
keiten, gemäßigtes, aber wahres Wohlbefinden.
Gespräch vom Wohlthun, machte thätiger Geschäff-
tigkeit Raum. Sie weihte sich ganz ihren Pflich-
ten, ward eine Landwirthinn, versorgte ihr Haus,
und erzog ihre Kinder. Sie verschmähte auch nicht
die kleinen Unannehmlichkeiten, die das häusliche
Leben mit sich führt. Jhrem edlen Geiste ward
dadurch von seiner feinen Empfindung nichts ent-
zogen, sie ward vielmehr dadurch gestärkt. Ma-
riane
empfand nunmehr, wie weit sentimentales
Gefühl, im wirklichen Leben thätig angewendet,
das leichte Geschwätz davon, überwieget. Sie merkte,
daß, Mutter und Hausfrau zu seyn, etwas mit
sich führt, was keine jugendliche Phantasey, so weit
sie zu fliegen scheint, erreichen kann.

Säug-
Dritter Theil. L



den. Jhr kleiner Hang zu romantiſchen Geſin-
nungen, und die, von Jugend an, ſo gern geheg-
ten Aufwallungen der Einbildung, verſchwanden,
da ſie in die wichtigen Verhaͤltniſſe des wirklichen
Lebens trat. Jhre ſuͤßen empfindſamen Phanta-
ſien, erſetzte ihr wirkliche Liebe, ihre unbeſtimmten
Ausſichten auf uͤberſchwengliche himmliſche Selig-
keiten, gemaͤßigtes, aber wahres Wohlbefinden.
Geſpraͤch vom Wohlthun, machte thaͤtiger Geſchaͤff-
tigkeit Raum. Sie weihte ſich ganz ihren Pflich-
ten, ward eine Landwirthinn, verſorgte ihr Haus,
und erzog ihre Kinder. Sie verſchmaͤhte auch nicht
die kleinen Unannehmlichkeiten, die das haͤusliche
Leben mit ſich fuͤhrt. Jhrem edlen Geiſte ward
dadurch von ſeiner feinen Empfindung nichts ent-
zogen, ſie ward vielmehr dadurch geſtaͤrkt. Ma-
riane
empfand nunmehr, wie weit ſentimentales
Gefuͤhl, im wirklichen Leben thaͤtig angewendet,
das leichte Geſchwaͤtz davon, uͤberwieget. Sie merkte,
daß, Mutter und Hausfrau zu ſeyn, etwas mit
ſich fuͤhrt, was keine jugendliche Phantaſey, ſo weit
ſie zu fliegen ſcheint, erreichen kann.

Saͤug-
Dritter Theil. L
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[159[158]/0173] den. Jhr kleiner Hang zu romantiſchen Geſin- nungen, und die, von Jugend an, ſo gern geheg- ten Aufwallungen der Einbildung, verſchwanden, da ſie in die wichtigen Verhaͤltniſſe des wirklichen Lebens trat. Jhre ſuͤßen empfindſamen Phanta- ſien, erſetzte ihr wirkliche Liebe, ihre unbeſtimmten Ausſichten auf uͤberſchwengliche himmliſche Selig- keiten, gemaͤßigtes, aber wahres Wohlbefinden. Geſpraͤch vom Wohlthun, machte thaͤtiger Geſchaͤff- tigkeit Raum. Sie weihte ſich ganz ihren Pflich- ten, ward eine Landwirthinn, verſorgte ihr Haus, und erzog ihre Kinder. Sie verſchmaͤhte auch nicht die kleinen Unannehmlichkeiten, die das haͤusliche Leben mit ſich fuͤhrt. Jhrem edlen Geiſte ward dadurch von ſeiner feinen Empfindung nichts ent- zogen, ſie ward vielmehr dadurch geſtaͤrkt. Ma- riane empfand nunmehr, wie weit ſentimentales Gefuͤhl, im wirklichen Leben thaͤtig angewendet, das leichte Geſchwaͤtz davon, uͤberwieget. Sie merkte, daß, Mutter und Hausfrau zu ſeyn, etwas mit ſich fuͤhrt, was keine jugendliche Phantaſey, ſo weit ſie zu fliegen ſcheint, erreichen kann. Saͤug- Dritter Theil. L

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 159[158]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/173>, abgerufen am 21.11.2024.