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Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.

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"einbilden. Sie hat gar nichts. Kein Mensch weiß,
"wem sie angehört.'

Der alte Säugling, der sich bey diesem Miß-
verständnisse genoß, sagte mit belehrender Geber-
de: ,Wenns kein Mensch weiß, so weiß ichs doch.
"Sehen Sie, das Mädchen, das Sie für eine
"Landläuferinn halten, ist des Herrn Pastors hier,
"einzige Tochter. Er hat in der letzten Ziehung der
"** Lotterie eine Quaterne von sunfzehntausend Tha-
"lern gewonnen. Sie ist meines Sohnes Braut,
"denn ich habe meine Einwilligung gegeben und
"ihr Vater auch. Also kommt ihr guter Rath zu
"spät, mein lieber Herr Rambold.'

Rambold war äußerst betreten. Seine natür-
liche Unverschämtheit verließ ihn. Er ward bald
blaß bald roth, sahe den Sebaldus, voll Verwir-
rung, bald an, bald wieder weg, biß sich die Nägel,
schien etwas sagen zu wollen, ohne daß er etwas
herausbringen konnte. Murmelte endlich: Aber
,wirklich, -- funfzehntausend Thaler hat dieser
"Herr gewonnen!' Sah wieder nach Sebaldus,
mit betroffner Mine, und schlug halb beschämt die
Augen nieder, wollte wieder zu reden anfangen, und
das Wort schien ihm auf dem Munde zu vergehen. --

Jndessen traten eben Säugling der Sohn und
Mariane ins Zimmer.

,Kom-



„einbilden. Sie hat gar nichts. Kein Menſch weiß,
„wem ſie angehoͤrt.‛

Der alte Saͤugling, der ſich bey dieſem Miß-
verſtaͤndniſſe genoß, ſagte mit belehrender Geber-
de: ‚Wenns kein Menſch weiß, ſo weiß ichs doch.
„Sehen Sie, das Maͤdchen, das Sie fuͤr eine
„Landlaͤuferinn halten, iſt des Herrn Paſtors hier,
„einzige Tochter. Er hat in der letzten Ziehung der
„** Lotterie eine Quaterne von ſunfzehntauſend Tha-
„lern gewonnen. Sie iſt meines Sohnes Braut,
„denn ich habe meine Einwilligung gegeben und
„ihr Vater auch. Alſo kommt ihr guter Rath zu
„ſpaͤt, mein lieber Herr Rambold.

Rambold war aͤußerſt betreten. Seine natuͤr-
liche Unverſchaͤmtheit verließ ihn. Er ward bald
blaß bald roth, ſahe den Sebaldus, voll Verwir-
rung, bald an, bald wieder weg, biß ſich die Naͤgel,
ſchien etwas ſagen zu wollen, ohne daß er etwas
herausbringen konnte. Murmelte endlich: Aber
‚wirklich, — funfzehntauſend Thaler hat dieſer
„Herr gewonnen!‛ Sah wieder nach Sebaldus,
mit betroffner Mine, und ſchlug halb beſchaͤmt die
Augen nieder, wollte wieder zu reden anfangen, und
das Wort ſchien ihm auf dem Munde zu vergehen. —

Jndeſſen traten eben Saͤugling der Sohn und
Mariane ins Zimmer.

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[155[154]/0169] „einbilden. Sie hat gar nichts. Kein Menſch weiß, „wem ſie angehoͤrt.‛ Der alte Saͤugling, der ſich bey dieſem Miß- verſtaͤndniſſe genoß, ſagte mit belehrender Geber- de: ‚Wenns kein Menſch weiß, ſo weiß ichs doch. „Sehen Sie, das Maͤdchen, das Sie fuͤr eine „Landlaͤuferinn halten, iſt des Herrn Paſtors hier, „einzige Tochter. Er hat in der letzten Ziehung der „** Lotterie eine Quaterne von ſunfzehntauſend Tha- „lern gewonnen. Sie iſt meines Sohnes Braut, „denn ich habe meine Einwilligung gegeben und „ihr Vater auch. Alſo kommt ihr guter Rath zu „ſpaͤt, mein lieber Herr Rambold.‛ Rambold war aͤußerſt betreten. Seine natuͤr- liche Unverſchaͤmtheit verließ ihn. Er ward bald blaß bald roth, ſahe den Sebaldus, voll Verwir- rung, bald an, bald wieder weg, biß ſich die Naͤgel, ſchien etwas ſagen zu wollen, ohne daß er etwas herausbringen konnte. Murmelte endlich: Aber ‚wirklich, — funfzehntauſend Thaler hat dieſer „Herr gewonnen!‛ Sah wieder nach Sebaldus, mit betroffner Mine, und ſchlug halb beſchaͤmt die Augen nieder, wollte wieder zu reden anfangen, und das Wort ſchien ihm auf dem Munde zu vergehen. — Jndeſſen traten eben Saͤugling der Sohn und Mariane ins Zimmer. ‚Kom-

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Zitationshilfe: Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776, S. 155[154]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker03_1776/169>, abgerufen am 24.11.2024.