Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 3. Berlin u. a., 1776.Gertrudtinn kannte, berechnete, daß sein Sohn keine bessere Partie thun könnte, und Frau Ger- trudtinn, welche auch wohl wußte, wie warm der alte Säugling saß, fieng an, der Sache etwas nä- her zu treten, indem sie zuweilen bemerkte, daß die Ehen im Himmel geschloßen würden, und daß die Menschen, sobald dieß ersichtlich sey, dem Himmel nicht widerstreben müßten. Säugling der Sohn, argwohnte alle diese Ab- Sechster Abschnitt. Nachdem Säugling der Vater von seiner Krank- alle H 5
Gertrudtinn kannte, berechnete, daß ſein Sohn keine beſſere Partie thun koͤnnte, und Frau Ger- trudtinn, welche auch wohl wußte, wie warm der alte Saͤugling ſaß, fieng an, der Sache etwas naͤ- her zu treten, indem ſie zuweilen bemerkte, daß die Ehen im Himmel geſchloßen wuͤrden, und daß die Menſchen, ſobald dieß erſichtlich ſey, dem Himmel nicht widerſtreben muͤßten. Saͤugling der Sohn, argwohnte alle dieſe Ab- Sechſter Abſchnitt. Nachdem Saͤugling der Vater von ſeiner Krank- alle H 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0129" n="119[118]"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/><hi rendition="#fr">Gertrudtinn</hi> kannte, berechnete, daß ſein Sohn<lb/> keine beſſere Partie thun koͤnnte, und Frau <hi rendition="#fr">Ger-<lb/> trudtinn,</hi> welche auch wohl wußte, wie warm der<lb/><hi rendition="#fr">alte Saͤugling</hi> ſaß, fieng an, der Sache etwas naͤ-<lb/> her zu treten, indem ſie zuweilen bemerkte, daß die<lb/> Ehen im Himmel geſchloßen wuͤrden, und daß die<lb/> Menſchen, ſobald dieß erſichtlich ſey, dem Himmel<lb/> nicht widerſtreben muͤßten.</p><lb/> <p><hi rendition="#fr">Saͤugling</hi> der Sohn, argwohnte alle dieſe Ab-<lb/> ſichten gar nicht, ſondern der Umgang mit einem<lb/> Frauenzimmer diente ihm nur, wie einer Uhr das<lb/> Oel, um ſeine zaͤrtlichen Phantaſien in einem glei-<lb/> chem Gange zu erhalten. Er lebte ganz unbefangen<lb/> mit der Jungfer <hi rendition="#fr">Anaſtaſia,</hi> und widmete nichts<lb/> deſtoweniger beſtaͤndig, ſeiner abweſenden <hi rendition="#fr">Mariane</hi><lb/> die zaͤrtlichſte Liebe.</p> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Sechſter Abſchnitt</hi>.</hi> </head><lb/> <p><hi rendition="#in">N</hi>achdem <hi rendition="#fr">Saͤugling</hi> der Vater von ſeiner Krank-<lb/> heit geneſen war, ward er einſt, mit ſeinem<lb/> Sohne, zu der Frau <hi rendition="#fr">Gertrudtinn</hi> in die Stadt, zu<lb/> Mittage eingeladen. Die ſchoͤne <hi rendition="#fr">Anaſtaſia,</hi> welche<lb/> des jungen <hi rendition="#fr">Saͤuglings</hi> Achtſamkeiten, gleich ihrer<lb/> Mutter, ganz ernſthaft auslegte, hatte dieſen Tag<lb/> <fw place="bottom" type="sig">H 5</fw><fw place="bottom" type="catch">alle</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [119[118]/0129]
Gertrudtinn kannte, berechnete, daß ſein Sohn
keine beſſere Partie thun koͤnnte, und Frau Ger-
trudtinn, welche auch wohl wußte, wie warm der
alte Saͤugling ſaß, fieng an, der Sache etwas naͤ-
her zu treten, indem ſie zuweilen bemerkte, daß die
Ehen im Himmel geſchloßen wuͤrden, und daß die
Menſchen, ſobald dieß erſichtlich ſey, dem Himmel
nicht widerſtreben muͤßten.
Saͤugling der Sohn, argwohnte alle dieſe Ab-
ſichten gar nicht, ſondern der Umgang mit einem
Frauenzimmer diente ihm nur, wie einer Uhr das
Oel, um ſeine zaͤrtlichen Phantaſien in einem glei-
chem Gange zu erhalten. Er lebte ganz unbefangen
mit der Jungfer Anaſtaſia, und widmete nichts
deſtoweniger beſtaͤndig, ſeiner abweſenden Mariane
die zaͤrtlichſte Liebe.
Sechſter Abſchnitt.
Nachdem Saͤugling der Vater von ſeiner Krank-
heit geneſen war, ward er einſt, mit ſeinem
Sohne, zu der Frau Gertrudtinn in die Stadt, zu
Mittage eingeladen. Die ſchoͤne Anaſtaſia, welche
des jungen Saͤuglings Achtſamkeiten, gleich ihrer
Mutter, ganz ernſthaft auslegte, hatte dieſen Tag
alle
H 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |