Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775.

Bild:

<< vorherige Seite

nächste Seite >>

"ist eben so merklich. Ja sogar, oft ist sie aus Be-
"gierde, sich von andern Glaubensgenossen zu unter-
"scheiden, entstanden, und dann ward sie ein Stück
"der Kirchengeschichte.'

,Sie scherzen. Wie kann die Glaubenslehre auf
"die Kleidertracht einen Einfluß haben! Außerdem
"sieht ja, in der ganzen protestantischen Kirche, eine
"Priesterkleidung der andern ähnlich.'

,Keinesweges! Der steife Wolkenkragen in
"Hamburg, Braunschweig, Breßlau, Leipzig, und
"das feine Ueberschlägelchen anderer Länder, die
"enge Summarie in Mecklenburg und Holstein, der
"weite Priesterrock in Sachsen und Anhalt, der
"Mantel in Brandenburg, das sammtne Kalott-
"chen, das der Danziger Prediger auf seine Perücke
"nähet, sind alles wesentliche Unterschiede, die, so
"wie alle Dinge in der Welt, ihren zureichenden
"Grund, (determinirenden Grund, dachte Sebal-
dus heimlich bey sich) und vielleicht oft zunächst
"in der Lehre haben. Hier habe ich eben eine un-
"gedruckte Handschrift: Historische Versuche über
"Berlin betitelt, in der Tasche, die mir ein Freund
"mitgetheilt hat. Jch will Jhnen daraus etwas we-
"niges von der Geschichte der Hüte und Mäntel
"der Berlinischen Geistlichkeit vorlesen. Vielleicht

"merken,

”iſt eben ſo merklich. Ja ſogar, oft iſt ſie aus Be-
”gierde, ſich von andern Glaubensgenoſſen zu unter-
”ſcheiden, entſtanden, und dann ward ſie ein Stuͤck
”der Kirchengeſchichte.‛

‚Sie ſcherzen. Wie kann die Glaubenslehre auf
”die Kleidertracht einen Einfluß haben! Außerdem
”ſieht ja, in der ganzen proteſtantiſchen Kirche, eine
”Prieſterkleidung der andern aͤhnlich.‛

‚Keinesweges! Der ſteife Wolkenkragen in
”Hamburg, Braunſchweig, Breßlau, Leipzig, und
”das feine Ueberſchlaͤgelchen anderer Laͤnder, die
”enge Summarie in Mecklenburg und Holſtein, der
”weite Prieſterrock in Sachſen und Anhalt, der
”Mantel in Brandenburg, das ſammtne Kalott-
”chen, das der Danziger Prediger auf ſeine Peruͤcke
”naͤhet, ſind alles weſentliche Unterſchiede, die, ſo
”wie alle Dinge in der Welt, ihren zureichenden
”Grund, (determinirenden Grund, dachte Sebal-
dus heimlich bey ſich) und vielleicht oft zunaͤchſt
”in der Lehre haben. Hier habe ich eben eine un-
”gedruckte Handſchrift: Hiſtoriſche Verſuche uͤber
”Berlin betitelt, in der Taſche, die mir ein Freund
”mitgetheilt hat. Jch will Jhnen daraus etwas we-
”niges von der Geſchichte der Huͤte und Maͤntel
”der Berliniſchen Geiſtlichkeit vorleſen. Vielleicht

”merken,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0098" n="92"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
&#x201D;i&#x017F;t eben &#x017F;o merklich. Ja &#x017F;ogar, oft i&#x017F;t &#x017F;ie aus Be-<lb/>
&#x201D;gierde, &#x017F;ich von andern Glaubensgeno&#x017F;&#x017F;en zu unter-<lb/>
&#x201D;&#x017F;cheiden, ent&#x017F;tanden, und dann ward &#x017F;ie ein Stu&#x0364;ck<lb/>
&#x201D;der Kirchenge&#x017F;chichte.&#x201B;</p><lb/>
          <p>&#x201A;Sie &#x017F;cherzen. Wie kann die Glaubenslehre auf<lb/>
&#x201D;die Kleidertracht einen Einfluß haben! Außerdem<lb/>
&#x201D;&#x017F;ieht ja, in der ganzen prote&#x017F;tanti&#x017F;chen Kirche, eine<lb/>
&#x201D;Prie&#x017F;terkleidung der andern a&#x0364;hnlich.&#x201B;</p><lb/>
          <p>&#x201A;Keinesweges! Der &#x017F;teife <hi rendition="#fr">Wolkenkragen</hi> in<lb/>
&#x201D;Hamburg, Braun&#x017F;chweig, Breßlau, Leipzig, und<lb/>
&#x201D;das feine <hi rendition="#fr">Ueber&#x017F;chla&#x0364;gelchen</hi> anderer La&#x0364;nder, die<lb/>
&#x201D;enge <hi rendition="#fr">Summarie</hi> in Mecklenburg und Hol&#x017F;tein, der<lb/>
&#x201D;weite <hi rendition="#fr">Prie&#x017F;terrock</hi> in Sach&#x017F;en und Anhalt, der<lb/>
&#x201D;<hi rendition="#fr">Mantel</hi> in Brandenburg, das &#x017F;ammtne <hi rendition="#fr">Kalott-<lb/>
&#x201D;chen,</hi> das der Danziger Prediger auf &#x017F;eine Peru&#x0364;cke<lb/>
&#x201D;na&#x0364;het, &#x017F;ind alles we&#x017F;entliche Unter&#x017F;chiede, die, &#x017F;o<lb/>
&#x201D;wie alle Dinge in der Welt, ihren zureichenden<lb/>
&#x201D;Grund, (determinirenden Grund, dachte <hi rendition="#fr">Sebal-<lb/>
dus</hi> heimlich bey &#x017F;ich) und vielleicht oft zuna&#x0364;ch&#x017F;t<lb/>
&#x201D;<hi rendition="#fr">in der Lehre</hi> haben. Hier habe ich eben eine un-<lb/>
&#x201D;gedruckte Hand&#x017F;chrift: <hi rendition="#fr">Hi&#x017F;tori&#x017F;che Ver&#x017F;uche u&#x0364;ber<lb/>
&#x201D;Berlin</hi> betitelt, in der Ta&#x017F;che, die mir ein Freund<lb/>
&#x201D;mitgetheilt hat. Jch will Jhnen daraus etwas we-<lb/>
&#x201D;niges <hi rendition="#fr">von der Ge&#x017F;chichte der Hu&#x0364;te und Ma&#x0364;ntel<lb/>
&#x201D;der Berlini&#x017F;chen Gei&#x017F;tlichkeit</hi> vorle&#x017F;en. Vielleicht<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201D;merken,</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>

[92/0098] ”iſt eben ſo merklich. Ja ſogar, oft iſt ſie aus Be- ”gierde, ſich von andern Glaubensgenoſſen zu unter- ”ſcheiden, entſtanden, und dann ward ſie ein Stuͤck ”der Kirchengeſchichte.‛ ‚Sie ſcherzen. Wie kann die Glaubenslehre auf ”die Kleidertracht einen Einfluß haben! Außerdem ”ſieht ja, in der ganzen proteſtantiſchen Kirche, eine ”Prieſterkleidung der andern aͤhnlich.‛ ‚Keinesweges! Der ſteife Wolkenkragen in ”Hamburg, Braunſchweig, Breßlau, Leipzig, und ”das feine Ueberſchlaͤgelchen anderer Laͤnder, die ”enge Summarie in Mecklenburg und Holſtein, der ”weite Prieſterrock in Sachſen und Anhalt, der ”Mantel in Brandenburg, das ſammtne Kalott- ”chen, das der Danziger Prediger auf ſeine Peruͤcke ”naͤhet, ſind alles weſentliche Unterſchiede, die, ſo ”wie alle Dinge in der Welt, ihren zureichenden ”Grund, (determinirenden Grund, dachte Sebal- dus heimlich bey ſich) und vielleicht oft zunaͤchſt ”in der Lehre haben. Hier habe ich eben eine un- ”gedruckte Handſchrift: Hiſtoriſche Verſuche uͤber ”Berlin betitelt, in der Taſche, die mir ein Freund ”mitgetheilt hat. Jch will Jhnen daraus etwas we- ”niges von der Geſchichte der Huͤte und Maͤntel ”der Berliniſchen Geiſtlichkeit vorleſen. Vielleicht ”merken,

Suche im Werk

Informationen zum Werk

Titeldaten
Verfügbarkeit Text (TEI-XML-, HTML-, TCF-, E-Book-Fassung): CC BY-SA 4.0.
Nutzungsbedingungen

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ^?

Language Resource Switchboard^?

Resource/URL übermitteln

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.

Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk:	https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775
URL zu dieser Seite:	https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/98
Zitationshilfe:	Nicolai, Friedrich: Das Leben und die Meinungen des Herrn Magister Sebaldus Nothanker. Bd. 2. Berlin u. a., 1775, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nicolai_nothanker02_1775/98>, abgerufen am 03.05.2024.

Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer Creative-Commons-Lizenz. Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken. Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.

Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.

2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de.

Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.